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Editorial

Lauschende Zumpfelblondinen? Mir woschd!

Zwei Jahre – so lange plant man bei Spielzeughersteller Mattel, alles, was in Kinderzimmern gesprochen und über die neue Barbie 2.0 per WLAN an die Server des Unternehmens übertragen wird, zu speichern. Da erscheinen die zehn Wochen Speicherfrist der umstrittenen und kürzlich hastig durchgewinkten Vorratsdatenspeicherung ja fast kuschelig. Gut, dieses Gesetz ist etwas breiter angelegt und erfasst sogar die Kommunikation der ab 2018 zur Pflicht erhobenen Zwangsvernetzung (Notruffunktion) neuer Autos zur Standortmeldung. Drei Dinge kann man den meisten Politikern sicher nicht absprechen: Fantasie, strategisches Denken und das Wissen über die Trägheit (vulgo: Wurschtigkeit) ihrer Wähler. Die Mautbrücken an deutschen Autobahnen sind übrigens seit dem Start technisch dazu in der Lage, auch PKW-Bewegungen zu erfassen und sogar auf die Insassen zu achten. Man nutzt das zwar nicht, hat es aber vorsorglich schon mal mit eingebaut. Natürlich. Aber falls, nur falls, und wenn man mal ein Gesetz einschmuggeln kann, dass dies erlaubt (Raser ermitteln, Drogenkuriere verfolgen, Fahrtenbuchschummler etc.), dann muss man nicht alles neu hinstellen. Das ist vorausschauend und sparsam gedacht. Dazu passt, dass sich jetzt auch Europol meldet und ohne Umweg über das jeweilige Land den direkten Zugriff auf alle in den Euroländern gespeicherten Daten haben möchte – als neue Superbehörde auch ohne richterlichen Beschluss, versteht sich.  

Aber zumindest die Behörden in Deutschland kommen doch nur ran, wenn Richter da zustimmen? Im Prinzip ja. Rechtsexperten munkeln allerdings, dass Richter alle Anträge auf Datenzugriff bisher einfach durchgewinkt haben. Bei einer Ablehnung müssen sie eine ausführliche Begründung schreiben. Für ein Ja genügt eine Unterschrift, die Gründe für eine Zustimmung müssen nicht erläutert oder dokumentiert werden. Hmmm … Praktischerweise ist es jetzt auch noch illegal geworden, personenbezogene Daten außerhalb Europas zu speichern und damit dem bequemen Zugriff interessierter Behörden zu entziehen. Unsafe Harbour? Daten müssen gespeichert werden, da beißt die Sammelmaus keinen Trackingfaden ab. Wenn da nicht die Unsicherheit über problematische Datensammlungen wäre. Gehackte Shopdaten hier, im Web veröffentlichte Passwörter dort. Und wie reagieren wir? Mit Schulterzucken. Was, wenn Gespräche aus Kinderzimmern demnächst im Web für jeden nachhörbar werden, weil auch Mattel die erlauschten Worte ihrer kleinen Zumpfelblondinen nicht sicher genug verwaltet? Ach komm, so schlimm wird´s schon nicht werden. Worschd – oder?

Macht Ihnen die explosionsartige Datensammlung mit völlig undefinierten Sicherheitsleveln Angst? Oder geht es realistischerweise gar nicht anders? Bringt der Staat mit seinem unprofessionellen Datengehabe die Onlinewelt in Misskredit? Oder ist es gar umgekehrt?

Schreiben Sie mir, ich freu mich auf Ihre Meinung!