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Editorial

Sprich mit mir!

Auf der letzten Entwicklerkonferenz I/O von Google stellte Sundar Pichai „Google Home“ vor. Das ist ein Lautsprecher, der auch zuhören kann und ähnlich funktioniert wie Amazons Echo, der allerdings in Deutschland noch nicht zu haben ist. Nach eigenen Angaben habe man über ein Jahrzehnt daran gearbeitet, „die beste Spracherkennung“ zu entwickeln. Anwendungsszenarien sind das heimische Wohnzimmer, aber natürlich auch das Büro. Nach einem Sprachbefehl (OK Google) aktiviert sich das System automatisch und man kann in natürlicher Sprache eine Frage formulieren. Anschließend erhält man verbal eine Antwort. Angst vor Überwachung? Zumindest Amazons Echo lauscht zwar ständig, aktiviert sich aber erst nach einem erkannten Sprachbefehl und überträgt erst dann die gesprochene Frage. Aber das ist gar nicht der entscheidende Punkt.

Weiterhin stellte Google den Messenger Allo vor. Auch dieser ist für eine Spracheingabe vorgesehen und antwortet mit künstlicher Intelligenz dem Vernehmen nach eben auch recht intelligent. „Wann läuft der neue Star-Wars-Film im Kino?“ Eine passende Antwort darauf mag heutzutage niemanden mehr vom Hocker zu reißen. Aber eine passende Antwort auf die Nachfolgefrage „Und welche Filme laufen aktuell noch?“ vielleicht bei längerem Nachdenken schon. Denn durch die inhaltliche Verbindung aufeinanderfolgender Fragen und der richtigen Extraktion der Suchintention lässt sich sehr viel „menschlicher“ mit der Maschine kommunizieren. Aber auch das ist gar nicht der entscheidende Punkt.

Der entscheidende Punkt ist, dass Google jetzt die wahre Power der Abermillionen von Maschinen und der dort gespeicherten Daten wirklich für alle bemerkbar nutzt. Spracherkennung und eine darauf folgende einfache Wissensextraktion für eine Antwort können heutige Systeme wie Siri, Cortana & Co. schon. Stellt man komplexere Fragen, machen die meisten Systeme schnell schlapp. Warum? Weil die Datenbasis fehlt. Zukünftig wird es also nicht um eine gute Spracherkennung gehen oder darum, darauf folgend Infos aus Wikipedia oder Datenbanken zu ziehen. Ein intelligentes System muss neben eigenen Daten eben auch live auf das gesamte Web zugreifen und die dort gefundenen Worte oder Bilder semantisch erkennen und verknüpfen können. Nur so wird es zu einem echten „Buddy“.

Und was bedeutet das für das Online-Marketing? Da werden wir uns wohl darauf einstellen müssen, dass die Bedeutung der berühmten zehn blauen Links in Suchergebnissen schnell abnehmen wird. Chancen wird bei kommerziellen Anfragen nur haben, wer als erstes Ergebnis „vorgesprochen“ wird. Ob es wohl neue Schnittstellen für Shops geben wird für die Nutzerantwort: „O. k., das will ich haben!“?

Verdammt spannende Zeiten, finden Sie nicht?