Nahezu jedes Unternehmen und jeder selbstständige Künstler oder Publizist in Deutschland ist von der Künstlersozialversicherung bzw. Künstlersozialabgabe betroffen. Entweder als freischaffender Künstler oder Publizist, der Leistungen bezieht, oder als verwertendes Unternehmen, welches eine Abgabe auf bezogene Kreativleistungen zahlen muss. „Stimmt nicht, wir beschäftigen keine Künstler und haben auch nichts mit Künstlern zu tun“, denken einige jetzt vermutlich. Nicht wenige davon erleben dann jedoch nach der nächsten Sozialversicherungsprüfung eine böse Überraschung. Stimmt doch! Denn die Gruppe der „Künstler und Publizisten“ ist sehr weit gefasst und die Prüfung der Abgabe wurde seit 2007 erheblich verstärkt. Jedes Unternehmen, das künstlerische Leistungen von Selbstständigen in Anspruch nimmt, muss Künstlersozialabgabe zahlen, unabhängig davon, ob der Dienstleister, der diese erbracht hat, über die KSK versichert ist oder nicht. Gerade junge Unternehmen, die als Agentur oder Freelancer für das Web Dienstleistungen erbringen, wissen oft noch gar nicht einmal, dass sie davon betroffen sind. Viele dieser Unternehmen befinden sich sogar in einer „Zwitterstellung“. Sie sind einerseits über die KSK versichert und erhalten Beitragszuschüsse, andererseits müssen sie gleichzeitig Künstlersozialabgabe auf die Leistungen abführen, die sie von extern einkaufen.
Dazu kommt, dass die Prüfungen auf Abgabepflicht früher aus Kapazitätsgründen nicht bis zum letzten Unternehmen betrieben wurden. Seit einer Gesetzesänderung 2015 wurden die Betriebsprüfungen durch die Deutsche Rentenversicherung jedoch deutlich ausgeweitet; die Zahl dieser Prüfungen verfünffachte sich seither. Wer also bisher damit vermeintlich nichts am Hut hatte, für den können die unerwarteten Nachzahlungen samt Säumniszuschlägen und ggf. sogar einem Bußgeld durchaus finanziell schmerzhaft werden. Unwissenheit schützt bekanntlich nicht vor Strafe.
Was ist die Künstlersozialversicherung eigentlich? Warum wurde sie gegründet? Wer muss in die Versicherung einzahlen und wer erhält Leistungen? Worauf sollten abgabepflichtige Unternehmen achten? Welche Risiken bestehen? Fragen über Fragen, auf die Mario Fischer und Wolfgang Jung im folgenden Artikel einige wichtige Antworten geben. Ohne die aktive Hilfe eines versierten Experten, Rechtsanwalt Dr. Florian Sperling, wäre das allerdings gar nicht möglich gewesen. Die Materie ist am Ende doch deutlich komplexer, als man vielleicht vermutet…
Das Schwert des Damokles? Haftungsfalle Künstlersozialabgabe
Die Webagentur Webbofix (Name fiktiv) staunte nicht schlecht. Über 6.500.- € plus Säumniszuschlag sollte sie nach einer erfolgten Prüfung an die Künstlersozialkasse bezahlen. Und das, obwohl man mit „Kunst“ nach eigenem Verständnis doch gar nichts zu tun hatte. Was war passiert? Man hatte sich regelmäßig u. a. von Studierenden, die dafür ein kleines Gewerbe angemeldet hatten, jeweils auf Rechnung durchaus auch umfangreiche Texte für die Websites von Kunden schreiben lassen. Für einige international tätige Kunden wurden diese dann teilweise von freiberuflichen Übersetzern in andere Sprachen transferiert. Bilder wurden von freischaffenden Fotografen zugekauft. Bei den häufig auftretenden Kapazitätsengpässen ließ man sich, ebenfalls natürlich korrekt auf Rechnung, von externen Webdesignern aushelfen. Diese Kosten wurden den Kunden dann entsprechend wie üblich weiterverrechnet. Was man allerdings nicht wusste, war, dass für den Zukauf all dieser Tätigkeiten jeweils eine Abgabe an die Künstlersozialkasse (KSK) zu leisten gewesen wäre. Selbst für die Rechnungen der Studenten, die ja nur nebenbei tätig, gar nicht über die KSK versichert waren und daher auch keinerlei Leistungen bezogen, fiel die Abgabe an. Ja selbst für das Lektorat, über das man aus Qualitätsgründen alle Texte laufen ließ, wurde die Abgabe fällig.
Die Künstlersozialversicherung – was ist das eigentlich genau?
Die Bundesregierung stellte Ende der 1970er-Jahre fest, dass es um die Vorsorge für Krankheit und Alter bei den meisten freien Künstlern und Publizisten eher schlecht bestellt war. Außerdem war und ist es so, dass die überwiegende Zahl dieser Menschen nur über ein sehr geringes Einkommen verfügt, und das zumeist nicht regelmäßig. Also beschloss man, dass diese Selbstständigen genauso gut abgesichert werden sollten wie Angestellte. Das Resultat war die in Europa in dieser Art bis dato einzigartige Einrichtung der Künstlersozialversicherung im Jahr 1983. Die Künstlersozialversicherung ermöglicht selbstständigen Kreativen die Versicherung in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Sie finanziert sich zu 50 % aus Beiträgen der Versicherten, zu 20 % aus einem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt und zu 30 % aus der Künstlersozialabgabe der Unternehmen, die Leistungen der Künstler in Anspruch nehmen.
Die Künstlersozialkasse (KSK) verwaltet die Zahlungen der abgabepflichtigen Unternehmen und sorgt mit der Durchführung des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) dafür, dass die Leistungsempfänger ähnliche Leistungen in der gesetzlichen Sozialversicherung erhalten wie Angestellte. Künstlern und Publizisten steht dadurch der komplette gesetzliche Leistungskatalog zu. Die KSK prüft, ob ein Antragsteller als Leistungsempfänger anerkannt wird, berechnet die Beitragsanteile, zieht diese ein und leitet dann den vollen Betrag an die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung weiter.
„Wer z. B. einen freiberuflichen Fotografen etwa für Produkt- oder Unternehmensfotos engagiert, muss zusätzlich zum Honorar auch eine pauschale Abgabe an die KSK abführen.“
Unternehmen sind seit 1983 grundsätzlich dazu verpflichtet, diese Abgabe zu zahlen. Sie errechnet sich aus den Entgelten selbstständiger Künstler und Publizisten, die das Unternehmen im abgelaufenen Jahr an diese gezahlt hat. Im Juli 2014 wurden mit der Verabschiedung des Künstlersozialabgabestabilisierungsgesetzes und dessen Inkrafttreten zum 1. Januar 2015 nochmals erhebliche Änderungen umgesetzt. Durch die Änderungen wird die regelmäßige Überprüfung und Beratung der Arbeitgeber im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe sichergestellt und deutlich ausgeweitet. Die Prüfungen werden nicht mehr alleine von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) vorgenommen. Die Künstlersozialkasse erhielt ein eigenes Prüfrecht, um branchenspezifische Schwerpunktprüfungen und anlassbezogene Prüfungen selbst durchzuführen. Durch die erhöhten Kapazitäten werden aktuell jährlich über 400.000 Prüfungen statt vorher etwa 70.000 Prüfungen durchgeführt.
Es ist also durchaus plausibel, dass künftig immer mehr auch kleine Unternehmen erstmals mit einer solchen Prüfung konfrontiert werden und nennenswerte Nachzahlungen leisten müssen. Das Fatale daran ist, dass diese Kosten oft aus Unkenntnis in der Vergangenheit gar nicht mit in die eigenen Kalkulationen eingerechnet wurden. Damit kein Missverständnis entsteht: Abgabepflichtig waren und sind all diese Unternehmen aus rechtlicher Sicht schon immer. Nur viele wissen das eben noch gar nicht oder schlüpften unwissend durch die Maschen. Und Nachforderungen können für bis zu fünf Jahre – in Ausnahmefällen bei vorsätzlichem Verhalten sogar für bis zu dreißig Jahre – rückwirkend entstehen.
„Statt früher 70.000 Prüfungen werden nun über 400.000 Prüfungen jährlich durchgeführt.“
Welche Unternehmen müssen zahlen?
Der Gesetzgeber hat im Prinzip nahezu alle Unternehmen auch außerhalb der klassischen Kreativbranche abgabepflichtig gemacht. Abgabepflichtig sind Unternehmer unabhängig von ihrer Rechtsform. Im Gesetz (§ 24 KSVG) werden drei Gruppen unterschieden:
- Typische Verwerter wie zum Beispiel Verlage, Presseagenturen und Bilderdienste
- Unternehmen, die eigene Werbung und/oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben
- Sonstige Unternehmen, die unter die Generalklausel fallen
Wie die Punkte 2. und 3. vermuten lassen, gehören in Deutschland fast alle Unternehmen zu den abgabepflichtigen. Denn welches Unternehmen macht heutzutage überhaupt kein eigenes Marketing? Die Begriffe Eigenmarketing und Öffentlichkeitsarbeit sind dabei so weit gefasst, dass selbst kleinste Maßnahmen schon zur Abgabepflicht führen können. Zu den Werbemaßnahmen werden zum Beispiel Visitenkarten, Flyer, Broschüren, Anzeigen und Veranstaltungen ebenso gezählt wie Werbegeschenke.
Auch eine eigene Internetseite gilt in der Regel bereits als Werbemaßnahme und führt zur generellen Abgabepflicht, sofern sie von einem selbstständigen Webdesigner gestaltet wurde. Spätestens mit der Formulierung der Generalklausel sind wirklich nahezu alle Unternehmen betroffen. Nach dieser Klausel fallen auch Unternehmen unter die Abgabepflicht, die unabhängig vom eigentlichen Zweck des Unternehmens nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke des Unternehmens zu nutzen und damit Einnahmen zu erzielen. Es kann sich dabei zum Beispiel um Unternehmen handeln, die Produkte oder Verpackungen gestalten lassen. Also der klassische Fall: Ein Unternehmen beauftragt einen Grafiker, eine Verpackung zu gestalten.
Abgabepflichtig sind auch Unternehmen, die jährlich mehr als drei Veranstaltungen mit selbstständigen Künstlern und Publizisten organisieren und damit Einnahmen erzielen. Bei der Abgabepflicht spielt es übrigens keine Rolle, ob eine Gemeinnützigkeit vorliegt. Das bedeutet, auch Vereine sind abgabepflichtig, wenn entsprechende Veranstaltungen durchgeführt oder Leistungen in Anspruch genommen wurden. Um zu prüfen, ob eine Abgabepflicht vorliegt, kann man sich am sogenannten „Künstlerkatalog“ der KSK orientieren. Dieser ist als Informationsschrift Nr. 6 im „Mediencenter Unternehmen und Verwerter“ auf der Webseite der KSK oder per Direktlink unter einfach.st/ksk3 abrufbar. In diesem Abschnitt der Website findet man auch weitere hilfreiche Informationsschriften sowie unter dem Navigationspunkt „Unternehmen und Verwerter“ eine FAQ-Liste.
„Alle Webdesigner fallen unter die gesetzliche Definition eines Künstlers, soweit sie gestalterische Leistungen erbringen.“
Wer ist eigentlich ein „Künstler“?
Künstler im Sinne der Versicherung ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Publizist ist, wer als Schriftsteller oder Journalist oder in ähnlicher Weise wie diese Berufsgruppen arbeitet und Rechnungen stellt oder Publizistik lehrt. Zum Beispiel fallen alle Presse- und Werbefotografen und Webdesigner in die Kategorie Künstler nach dem Gesetz. Die Liste der Berufe ist lang und unübersichtlich. Im „Ratgeber Künstlersozialversicherung“ von Andri Jürgensen ist ein ganzer Anhang den Zuordnungen gewidmet. Unbedingt sollte eine Prüfung im Einzelfall erfolgen, sofern Zweifel bezüglich der Zuordnung bestehen.
Wie werden die monatlichen Beiträge für die Künstler und Publizisten berechnet?
Die grundsätzliche Institutionalisierung der Versicherung ist sicher im Sinne der Künstlerinnen und Künstler. Dass diese Berufsgruppen eine soziale Absicherung haben müssen, steht außer Frage. Wie bereits erwähnt, zahlen die Versicherten, wie alle Angestellten, nur 50 % des gesamten Beitrages selbst. Die Höhe der Beiträge zur Künstlersozialversicherung knüpft, wie bei Arbeitnehmern, an das Arbeitseinkommen an. Eine Besonderheit besteht darin, dass die Beiträge bei selbstständigen Künstlern und Publizisten, die üblicherweise kein festes monatliches Einkommen haben, nach einer Einkommensschätzung berechnet werden. Normalerweise wird eine Prognose zugrunde gelegt, welche auf den Werten der Vergangenheit basiert. Die KSK bietet folgendes Rechenbeispiel an:
RECHENBEISPIEL BEITRAG
Ist ein Jahresarbeitseinkommen von 12.000 € zu erwarten, sind für die Rentenversicherung bei dem 2017 geltenden Beitragssatz von 18,7 % (hiervon hat der Versicherte die Hälfte zu tragen, also 9,35 %) monatlich 93,50 € zu zahlen, also in Summe 1.122.- € im Jahr.
Welchen Monatsbeitrag ein Künstler oder Publizist insgesamt an die KSK zahlt, hängt von der Höhe seines Arbeitseinkommens ab. Wenn dieses nicht über der Geringfügigkeitsgrenze von 3.900,00 Euro jährlich liegt, kann die KSK im Regelfall nicht genutzt werden. Konkrete Berechnungsbeispiele für die einzelnen Beitragsarten stehen ebenfalls auf der Internetseite der KSK unter: www.kuenstlersozialkasse.de/kuenstler-und-publizisten/beitrag.html.
Wie wird die Künstlersozialabgabe für Unternehmen berechnet?
Die Abgabepflicht und die betroffenen Unternehmen sind zwar klar gesetzlich definiert; die Abgrenzung im Einzelfall bleibt aber leider oft sehr schwierig. Unternehmen sind übrigens verpflichtet, Listen über die abgabepflichtigen Leistungen, die sie in Anspruch genommen haben, zu führen. Diese Listen müssen mindestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistung erbracht wurde, aufbewahrt werden. Schwierig wird es für Unternehmen jedoch fast immer, wenn die Höhe der Abgabe berechnet werden soll. Die KSK stellt mittels eines Fragebogens fest, ob ein Unternehmen grundsätzlich abgabepflichtig ist. Wenn die grundsätzliche Abgabepflicht feststeht, stellt sich die Frage: Wie läuft das denn genau mit der Abgabe und wie hoch ist die eigentlich?
„Führen Sie als Unternehmen eine Liste über alle an die Künstlersozialkasse abgabepflichtigen Leistungen, die sie einkaufen?“
Die betreffenden Rechnungen der Künstler, sagen wir des Fotografen und des Webdesigners, werden für ein Jahr gesammelt. Am Ende werden die Rechnungssummen addiert und die USt und andere Leistungen wie zum Beispiel die Reisekosten abgezogen. Welche Kosten tatsächlich abgezogen werden dürfen, sollte mit einem Berater geprüft werden. Auch dazu stehen auf der Website der KSK weitere Informationen zur Verfügung. Die Meldung des Unternehmens an die KSK muss im Folgejahr bis zum 31.03. erfolgen. Auf die endgültige Rechnungssumme wird dann eine pauschale Abgabe festgelegt. Diese Abgabe sank, zur Freude der betroffenen Unternehmen, in den vergangenen Jahren stetig. Im Jahr 2016 lag sie noch bei 5,2 %, betrug 2017 4,8 % und liegt in diesem Jahr sogar nur noch bei 4,2 %. Die Höhe der Abgabe wird nach den Angaben des Unternehmens festgestellt und regelmäßig vor Ort geprüft. Beträgt die Höhe der an selbstständige Kreative gezahlten Nettoentgelte in einem Jahr also zum Beispiel 10.000 Euro, so liegt die Abgabesumme bei 420.- Euro.
„Auch für überwiegend kreativ tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss ggf. eine Abgabe auf deren Gehalt abgeführt werden.“
Die Abgabe wird mit einem Bemessungssatz berechnet, der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales jährlich neu festgelegt wird. Dabei kommt es naturgemäß zu unterschiedlichen Interpretationen, ob eine Abgabepflicht vorliegt oder nicht. Zum Beispiel können auch Entgeltzahlungen einer GmbH oder UG an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer abgabepflichtig sein, wenn der Gesellschafter als selbstständig anzusehen ist und überwiegend kreativ arbeitet. Im Fall der team digital GmbH, der Agentur des Autors Wolfgang Jung, wurden z. B. die Gehälter der seit vielen Jahren in Vollzeit im Unternehmen angestellten Geschäftsführer von den Prüfern als abgabepflichtig eingestuft. Die Begründung war, dass überwiegend eine permanente künstlerische Wertschöpfung vorläge. Durch die genaue Darlegung der Aufgabenbereiche konnte dann im Nachgang nachgewiesen werden, dass dies nicht der Fall ist. Eine hohe Nachforderung der Abgabe summiert über mehrere Jahre stand zunächst im Raum und konnte nur mit erheblichem Aufwand und der Unterstützung eines externen Beraters ausgeräumt werden. Danach zeigten sich die Prüfer einsichtig und erkannten an, dass tatsächlich keine künstlerische Wertschöpfung vorlag. Dieser Fall zeigt jedoch exemplarisch genau die Problematik: Die Prüfer müssen in jedem Fall anhand der gestellten Rechnungen des abgabepflichtigen Unternehmens und aufgrund der Rechnungen der Dienstleister dieses Unternehmens beurteilen, ob eine Abgabepflicht vorliegt.
„Formulierungen auf Rechnungen können das Zünglein an der Waage der Abgabepflicht bedeuten.“
Gerade im IT- und Webbereich ist dies jedoch oft schwierig und erfordert eine hohe Fachkompetenz der Prüfer für diesen speziellen Bereich. Diese ist leicht einsehbar nicht immer vorhanden und so gilt es, bereits im Vorfeld durch die detaillierte, exakte und rechtskonforme Bezeichnung der Rechnungspositionen vorzubeugen.
Eine gute Anlaufstelle dafür ist neben anderen die Website von Rechtsanwalt Dr. Florian Sperling, der unter www.kuenstlersozialabgabe-hilfe.de viele Tipps und Informationen hinterlegt hat. So zählt beispielsweise die grafische Gestaltung einer Internetseite als eine künstlerische Tätigkeit, alles, was in den Bereiche Datenbankprogrammierung, Updates und Hosting fällt, in der Regel aber nicht. Werden diese Positionen auf Rechnungen nicht klar ausgewiesen oder gar vermischt, kann dies zu erheblichen Problemen und letztlich zu unnötigen Diskussionen über Nachforderungen oder gar zur Abgabepflicht führen.
Einige Tipps, um Probleme zu verhindern
Wer nicht regelmäßig meldet und die Abgabe zahlt, setzt sich gleich mehreren Risiken aus. Es drohen bei der nächsten Prüfung entsprechende Nachzahlungen (in der Regel für die letzten fünf Jahre) sowie Säumniszuschläge und im schlimmsten Fall sogar ein Bußgeld.
Grundsätzlich gilt: Wurde die kreative Leistung von einer GmbH, UG, OHG, GmbH & Co. KG oder KG erbracht, hat also ein Dienstleister eine dieser Rechtsformen, fällt keine Abgabe an. Wenn die Möglichkeit besteht, leistungs- und kostenmäßig in etwa identisch einzukaufen, kann der Einkauf der Kreativleistung bei einem Anbieter dieser Rechtsformen durchaus attraktiver erscheinen. Ob diese kategorische Ausweichmöglichkeit den freischaffenden, freiberuflichen Künstlern hilft, wäre freilich zu hinterfragen.
„Auch für die Rechnungen von Kreativen, die selbst nicht in der KSK sind bzw. von dort keine Versicherungsleistungen erhalten, besteht Abgabepflicht.“
Ganz wichtig: Ob der Künstler oder Publizist selbst nach dem KSVG versichert ist und Leistungen bezieht, ist für die Abgabe nicht relevant! Das bedeutet, jede Kreativleistung führt generell zur Abgabepflicht. Dies gilt auch für ausländische Kreative oder, wie erwähnt, für solche, die gar nicht von der Versicherung profitieren (können). Und gut zu wissen: Es gibt eine Bagatellgrenze. Wer regelmäßig pro Jahr in Summe nicht mehr als 450.- € an selbstständige Kreative zahlt, muss ebenfalls keine Künstlersozialabgabe abführen.
INFO: ABGABEPFLICHTIGE RECHTSFORMEN
Rechtsform des Leistungserbringers | Muss Künstlersozialabgabe gezahlt werden? |
GmbH/GmbH & Co. KG | Nein |
UG (haftungsbeschränkt) | Nein |
AG | Nein |
e. V. | Nein |
OHG | Nein |
KG | Nein |
GbR | Ja |
Einzelfirma/freischaffender Kreativer | Ja |
(Quelle: www.kuenstlersozialabgabe-hilfe.de)
Droht eine Nachzahlung, sollte auf jeden Fall ein Experte zurate gezogen werden, denn häufig ist es schwer zu ermitteln, ob eine Leistung künstlerisch ist oder nicht. Allerdings darf man mit einem eventuellen Widerspruch nicht allzu lange warten, die Frist dafür beträgt nämlich lediglich einen Monat.
Schließlich sollte jeder Betroffene sich auf dem Laufenden halten. Auf den genannten Internetseiten und in diversen Fachbüchern gibt es jede Menge weiterführendes Infomaterial. Die KSK bietet auf ihrer Internetseite im Bereich „Die KSK bei Ihnen“ seit Herbst 2017 zudem kostenfreie Info-Webinare an. Darüber hinaus stellt sie umfangreiche Informationsmaterialien und, auf Wunsch, auch Referenten für Präsentationen vor Ort zur Verfügung. Wer sich also regelmäßig präventiv informiert und seine Abgaben durchführt und diese ggf. in seine weiterverrechneten Leistungen einkalkuliert, lebt auch unter dem Damoklesschwert „KSK“ ohne Sorgen.
Die Künstlersozialversicherung ist erwartungsgemäß nicht ganz unumstritten. Geschaffen wurde sie für echte Künstler, Journalisten oder Musiker, deren finanzielles Auskommen oft nicht so hoch angesiedelt ist. Diese Gruppe will und wollte man zum Schutz und der Erhaltung der Kultur und eines freien Journalismus völlig zu Recht entsprechend unterstützen. Der Bund der Selbstständigen mahnt indes an, dass auch viele andere Kleinunternehmer am Existenzminium leben und eben keine solche besondere soziale Absicherung genießen. Ebenso wird nicht selten von Unternehmen der als zu hoch empfundene Verwaltungsaufwand beklagt, vom wirklich extrem hohen Zusatzaufwand bei einer anstehenden Prüfung ganz zu schweigen. Für den juristischen Laien ist sicher auch schwer einzusehen, warum Zwangsabgaben auch für Leistungen von Personen anfallen, die selbst gar nicht KSK-Mitglied sind oder sein können und somit keinerlei (Gegen-)Leistungen erhalten können. Hinzu kommt vielleicht noch, dass mit der fast explosionsartigen Ausbreitung webbezogener Dienstleistungen aller Art nun vergleichsweise vieles unter die Abgabepflicht fällt, was den ursprünglichen Zweck dieser Abgabe vielleicht gar nicht mehr im Kern trifft. Ob z. B. die Gestaltung einer Weboberfläche eine Tätigkeit darstellt, die im Sinne des kulturellen Erhalts für Deutschland besonders schützenswert ist, bleibt der eigenen Einschätzung überlassen.
Fazit
Das Ziel, Ihnen handfeste Entscheidungsregeln an die Hand zu geben, mussten wir leider aufgeben. Die vielen Rückfragen an Rechtsanwalt Sperling zeigten, dass es tatsächlich oft auf den Einzelfall ankommt. So sehr man sich auch belastbare und allgemeingültige Aussagen und Hinweise wünscht, wie z. B., dass ein Fotograf eindeutig immer unter die Abgabe fallen würde – es hilft nichts. Und Gespräche mit betroffenen Unternehmen bestätigten dies. Die Pflichtigkeit zu beurteilen, kann manchmal ganz schön kniffelig werden, und die Hinzunahme eines versierten Experten scheint durchaus eine gute Strategie zu sein. Der eigene Steuerberater bzw. die Steuerberaterin hilft zwar beim Thema KSK spontan auch oft sehr gerne, aber bei Weitem nicht alle haben bisher echte Erfahrung mit der Komplexität. Vielleicht sind das gerade mit die wichtigsten Learnings: Auf die leichte Schulter nehmen sollte man das nicht. Ein allzu sorgloser Umgang mit dem Thema kann später durchaus arge finanzielle Kopfschmerzen bereiten. Spätestens bei der nächsten Prüfung.