Wer die Generation Z nicht kapiert, verliert

Felix Beilharz
Felix Beilharz

Felix Beilharz ist „einer der führenden Berater für Online- und Social Media Marketing“ (RTL). Er hat 10 Bücher veröffentlicht, Seminare und Vorträge in 16 Ländern gehalten und unterrichtet an mehreren Hochschulen in Deutschland und der Schweiz. Seine Expertise wird von Medien wie ARD, ZDF, RTL, SAT. 1, Handelsblatt, F. A. Z. oder der Süddeutschen geschätzt.

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Über die Generation Z wird viel diskutiert. Faul, illoyal, nicht belastbar und als Kunden kaum zu überzeugen. Was davon ist Fakt und was Mythos? Und was sollten Marken tun, um die junge Generation zu erreichen? Unser langjähriger Autor Felix Beilharz bringt Licht ins Dunkel der Generationen.

Wer ist die Generation Z eigentlich? 

Die Generation Z ist definiert als alle zwischen 1995 und 2012 geborenen Menschen. Die genauen Geburtsjahrgänge sind je nach Quelle unterschiedlich, manche Autoren legen auch 1997 oder 2010 als Anfangs- und Endjahrgänge fest. So genau lässt sich das ohnehin nicht einordnen. Es geht mehr um eine ungefähre Abgrenzung. Jedenfalls sind Vertreter der Generation Z aktuell zwischen dem jungen Teenageralter und knapp unter 30 angesiedelt. Das trifft sich ganz gut, da manche Publikationen zum Beispiel das Medienverhalten von 14- bis 29-Jährigen zusammenfassen – das umfasst dann die Generation recht genau. 

Vorausgegangen ist der Gen Z die Generation Y, auch Millennials genannt. Die aktuell als Kinder heranwachsende Generation wird mangels weiterer Buchstaben des Alphabets als Generation Alpha bezeichnet und beginnt folgerichtig ab circa 2010. 

Manche Soziologen lehnen das komplette Generationendenken übrigens ab oder kritisieren den Vergleich zwischen den jetzt Jungen mit den jetzt Alten. Für einen aussagekräftigeren Vergleich müsste man natürlich die jetzt Jungen mit den damals Jungen vergleichen. Dafür liegen aber in der Regel keine verwertbaren Daten vor. Ein Teil der Generationenunterschiede geht einfach auf den Faktor „Jugend“ zurück. Für die Praxis ist diese Unterscheidung jedoch kaum entscheidend. Unternehmen wollen verstehen, wie junge Menschen heute ticken, und zum Beispiel auswerten, welche Ansprüche sie an ihre Arbeitgeber haben. Darüber geben Studien und Befragungen Aufschluss und liefern Handlungsempfehlungen. Dass eine saubere Abgrenzung, wie die Einstellungen junger Menschen vor 30 Jahren aussahen, nicht möglich ist, mindert die praktische Relevanz kaum. Wir vergleichen vielmehr die Ansprüche heutiger Jugendlicher mit heutigen Älteren.

„Unternehmen wollen verstehen, wie junge Menschen heute ticken.“

Über eine Tatsache muss man sich allerdings im Klaren sein: Es gibt nicht DIE Generation Z. Wie jede Generation besteht auch diese aus einer breiten und diversen Ansammlung von Individuen, die nicht „alle gleich“ sind. Tatsächlich finden sich auch in der Generation Z sämtliche Extrempunkte, von radikalem Klimaschutz bis Fast-Fashion-Konsumenten und Vielfliegern, von Null-Bock-Schluffis bis zu Leistungsträgern und Unternehmertypen. Bei jeder Verallgemeinerung sollte man also beachten: Nicht jede Aussage trifft auf jeden jungen Menschen zu und für jede Behauptung gibt es auch Gegenbeispiele, die sich komplett anders verhalten oder anders ticken. 

Was macht die Gen Z aus? 

Das zentrale und prägende Merkmal der Generation Z ist die Digitalisierung, mit der ihre Vertreter groß geworden sind. Der Name „Digital Natives“ rührt auch daher, dass es für sie kein „vor“ der Digitalisierung mehr gibt. Sie sind von klein auf nicht nur mit dem Internet, sondern vor allem auch mit dem Smartphone sozialisiert worden. Entsprechend leicht fällt ihnen der Umgang mit digitalen Endgeräten und Anwendungen, zumindest was Games, Apps und Social Media angeht. Beruflich relevante Anwendungen wie Excel, Outlook oder gar Programmiersprachen sind dagegen (auch altersbedingt) meist Neuland, wie Führungskräfte bei neuen Mitarbeitern oft erstaunt feststellen. 

Das rührt auch daher, dass zwar circa 96 % der Jugendlichen ein Smartphone besitzen (Mpfs: Grunddaten Jugend und Medien 2023), in vielen Haushalten aber gar kein Desktop-PC oder Laptop mehr vorhanden ist oder die Kids keinen Zugang dazu haben. Viele junge Menschen haben daher so manche Website oder Social-Media-Kanäle noch nie in ihrer Desktopversion gesehen. Das zeigt schon: Unternehmen, die die Gen Z erreichen wollen, müssen sich auf das Mobile-only-Denken einstellen. 

Die Relevanz des Smartphones zeigt sich auch in aktuellen Jugendstudien. Befragt man die Generation Y, was das zentrale und wichtigste Merkmal ihres Lebens ist, lautet die häufigste Antwort „Familie“. Bei der Generation Z dagegen tatsächlich „Smartphone“. 

„In vielen Haushalten gibt es gar keinen Desktop-PC mehr.“

Ein weiteres prägendes Element dieser Generation ist die Allgegenwärtigkeit von Krisen. In den wenigen Jahren ihres Lebens hat die Generation Z unter anderem bereits Banken- und Finanzkrisen, Eurokrise, Migrationskrisen, eine weltweite Pandemie, Energiekrisen, Rekordinflation, Krieg in Europa sowie den Austritt eines ersten Landes aus der EU aktiv oder passiv miterlebt. Und über allem schwebt das Damoklesschwert der Klimakrise, die für junge Menschen starke Zukunftsängste schürt. 

Da ist es kein Wunder, dass die Unsicherheit, mentale Belastung bis hin zu psychischen Problemen in der Generation Z am stärksten ausgeprägt sind. Gerade die allgegenwärtig wahrgenommene Unsicherheit wirkt sich aus: Jobs im Beamtenwesen sind plötzlich wieder attraktiv, weil sie Stabilität und Sicherheit versprechen. „Arbeitsplatzsicherheit“ ist in allen Umfragen auf den obersten Plätzen, wenn man die Gen Z zu ihren Wünschen an Arbeitgeber befragt. Und auch die Relevanz von Online-Bewertungen, Social-Media-Empfehlungen oder den Empfehlungen von Influencern lässt sich zum großen Teil durch die starke gefühlte Unsicherheit erklären.

Warum ist die Generation Z so relevant?

Die Bedeutung der Generation Z liegt ganz einfach in den Zahlen. Weltweit ist sie bereits jetzt die größte Generation überhaupt. In Deutschland lässt dieser Zustand noch etwas auf sich warten, aber auch hier wird die Gen Z in einigen Jahren (manche Studien sprechen bereits von 2025) die zahlenmäßig größte Generation am Arbeitsmarkt und bald darauf die kaufkräftigste Generation am Konsumentenmarkt sein. 

Unternehmen, die also künftig Bewerber, Mitarbeitende und Kunden gewinnen wollen, kommen nicht darum herum, sich mit dieser Generation und ihren Einstellungen, Wünschen und Bedürfnissen zu beschäftigen. 

Wie erreichen Unternehmen die Generation Z im Marketing? 

Die Antwort auf die Frage, wo man die Generation Z erreicht, lautet wenig überraschend: online. Etwa 94 % der Jugendlichen nutzen das Internet täglich oder mehrmals pro Woche. Damit ist das Internet die am häufigsten genutzte Kommunikationsform, weit vor Fernsehen (circa 77 %) und Radio (circa 56 %). Zeitungen und Zeitschriften liegen weit abgeschlagen auf den letzten Plätzen mit 12 bis 15 % (Mpfs: Grunddaten Jugend und Medien 2023). 

Die Internetnutzung findet allerdings weit überwiegend auf dem Smartphone statt. Wie bereits festgestellt, ist das Smartphone das prägendste Element dieser Generation. Wer junge Menschen in der Familie oder im Umfeld hat, wird das auch aus praktischer Sicht bestätigen können – oftmals scheint das Handy „an der Hand festgeklebt“ zu sein. 

Damit zwingt die junge Generation Unternehmen aber auch dazu, was wir im Online-Marketing ohnehin schon lange predigen: Mobile first, wenn nicht gar Mobile only denken. Die Website, die Landingpages, die Inhalte, die Ads, die Funnels, die Kommunikation, einfach alles muss auf dem Smartphone perfekt funktionieren, wenn junge Menschen die Zielgruppe sind. 

Damit ist geklärt: Die Generation Z ist vor allem digital über das Smartphone zu erreichen. Doch wo konkret? Auch hier keine große Überraschung: in Social Media. 

Die junge Generation ist die aktivste Altersgruppe in den sozialen Medien. Hier lohnt es sich gar nicht, eine bestimmte Studie zu zitieren, weil sie alle die gleiche Erkenntnis liefern. Die Generation Z nutzt Social Media am häufigsten und intensivsten, verbringt am meisten Zeit in den sozialen Medien, lässt sich am stärksten von ihnen beeinflussen und leidet auch am meisten unter den Schattenseiten (wie Cybermobbing, Suchtpotenzial oder die Gefahr von Depressionen und Minderwertigkeitsgefühlen). 

„Mobile first – oder gar Mobile only?“

Für Unternehmen führt daher kein Weg am Social-Media-Marketing vorbei, um die Gen Z zu erreichen. Doch Facebook ist dabei nicht der ideale Kanal. Die Zahlen widersprechen sich hier häufig, die Tendenz aber lautet: Facebook spielt nach wie vor in der Generation Z eine Rolle, wenn auch längst nicht mehr eine so große wie noch vor zehn Jahren. Sowohl die Nutzungshäufigkeit als auch die Dauer sind gesunken, diese Generation ist zu anderen Kanälen abgewandert und beehrt Facebook nur noch gelegentlich.

Die Hauptkanäle der Generation Z sind Instagram, TikTok, Snapchat und YouTube. In der genauen Verteilung widersprechen sich die Studien zwar, die Tendenz ist aber eindeutig: Instagram ist zahlenmäßig noch der größte Kanal in dieser Generation. Die meiste Zeit verbringt die Gen Z aber auf TikTok. Gemäß der Studie „Generation 9:16“ von WeCreate entfallen 22 % der gesamten Smartphone-Screentime der Gen Z auf TikTok – ganze 9 % mehr als in der Gen Y. 

„Generation 9:16“

Instagram ist nach wie vor der größte Kanal in der Gen Z – auch wenn die Verbreitung in der Generation Y noch größer ist und auch wenn, wie gerade angemerkt, die Verweildauer bei TikTok höher ausfällt. Für die meisten Unternehmen dürfte eine parallele Ansprache der Gen Z auf Instagram und TikTok der richtige Weg sein. Hierbei gilt die Faustregel: Erfolgreiche TikTok-Videos laufen oft auch als Reels (oder Shorts) gut – umgekehrt muss das nicht unbedingt gelten. Ein „TikTok first“-Ansatz ist daher häufig die beste Wahl. 

Gewisse Unterschiede sollten dabei allerdings beachtet werden. So ist die Akzeptanz von Marken-Content auf Instagram generell höher als auf TikTok – auf letzterem Kanal funktioniert daher Creator-Content deutlich besser als reiner Brand-Content. Schlaue Unternehmer setzen daher verstärkt auf Creator, dazu später aber mehr. 

TikTok hat auch die Eigenschaft, die Nutzeraufmerksamkeit stark zu binden. Nur 10 % lassen TikTok nebenher laufen, in der Regel ist man dort voll auf den Content fokussiert. Deshalb ist TikTok auch ein „Sound on“-Medium, 85 % nutzen TikTok mit Ton (WeCreate: Generation 9:16 – Was passiert auf den Smartphones von Gen Z & Gen Y, 2022). Instagram dagegen nutzen 72 % der jüngeren User ohne Ton – virale Sounds haben daher eine geringere Bedeutung, die Botschaft muss aber unbedingt auch ohne Sound vermittelt werden können.

„Ohne TikTok kommt man nur schwer an die Generation Z heran.“

TikTok sollte also zentraler Baustein jeder Generation-Z-Strategie sein. Dabei stellt der Kanal durchaus höhere Anforderungen an Unternehmen. Die üblichen Werbebotschaften, Imagevideos oder selbst klassischer Social-Media-Content funktionieren meist nicht sonderlich gut. Stattdessen finden Unternehmen dort eine ganz eigene Welt mit eigenen Trends, Sounds, Memes, Gepflogenheiten und Persönlichkeiten vor. Diese Welt erfordert ein deutliches Umdenken und ein Sich-Einlassen. Bei kaum einer Marke kann man das so gut erkennen wie bei der Deutschen Bahn. Der Staatskonzern ist nicht gerade für besondere Lockerheit bekannt (sorry, Bahn, nicht böse gemeint), hat sich aber komplett auf das TikTok-Game eingelassen. Junge Protagonisten, schnelle Schnitte, kreative Inszenierung. Verarbeitet werden TikTok-Trends, bekannte Memes und einiges mehr, was kaum jemand abseits der TikTok-Bubble versteht. Ein „klassischer Marketer“ der älteren Generation, der die pixeligen und grob zugeschnittenen Video-Overlays oder bewusst „hemdsärmelig“ gestalteten Videoschnipsel sieht, würde wohl das kalte Grausen kriegen. Aber genau das kommt bei der Generation Z an – über eine Viertelmillion Menschen folgen der Bahn, womit der Konzern in den Top Ten der beliebtesten deutschen Brands rankt. Die Videos sind lustig, kurzweilig und vor allem nativ. Sie vermeiden den „Werbeverdacht“ und umgehen so mentale Werbefilter in den Köpfen der Jugend.

Wie sucht die Gen Z?

Immer mehr Such-Journeys in der Generation Z beginnen nicht etwa bei Google oder Amazon, sondern direkt bei TikTok. Sogar Google musste zugeben, dass dieser Trend eindeutig zu erkennen ist und das eigene Geschäftsmodell bedroht. Für Marketer ist es also unumgänglich, auch auf TikTok auffindbar zu sein (TikTok-SEO hat sich dafür als eigene Disziplin herauskristallisiert). 

Eine Maßnahme, die besonders gut das TikTok-Spiel zeigt, sind die „comment wars“, bei denen die Bahn zusammen mit vielen anderen Brands regelmäßig mitspielt. Bereits seit circa zwei Jahren nutzen Marken die Kommentare unter fremden Videos, um Aufmerksamkeit zu generieren. Und das teilweise mit großem Erfolg – gute Kommentare erhalten oft Tausende von Likes, oft sogar fünf- oder gar sechsstellig. Auch die Bahn mischt da fleißig mit, disst andere Marken oder antwortet so frech auf Kommentare, wie man es von unserer Bundesbahn nie erwartet hätte. All das hat die Bahn aber für junge Menschen als lustige, beliebte Brand positioniert. Etwas, was mit klassischer Werbung kaum funktioniert hätte (oder deutlich teurer gewesen wäre). 

Aber auch abseits der dominanten 9:16-Videos hat Video-Content eine große Bedeutung. Eine Marke, die das verstanden und einen grandiosen Strategiewechsel vollzogen hat, ist die Baumarktkette OBI. Auf YouTube ist OBI schon seit 2005 mit dem Kanal „OBI Baumarkt“ vertreten. In dieser Zeit wurden 669 Videos hochgeladen und 36 Millionen Aufrufe sowie 68.000 Abonnenten generiert. Die Videos sind bereits sehr „youtubey“ gestaltet und bestehen aus DIY-Tutorials, Eventberichten oder Gartentipps. Alles in allem keine schlechte Arbeit.

Vor einigen Jahren hat OBI aber einen weiteren, deutlich stärker auf die Generation Z fokussierten Kanal eröffnet: „MACH MAL mit OBI“ besteht aus sehr viel „abgedrehteren“ Videos: Mehr oder weniger bekannte Creator durchlaufen Challenges im Baumarkt, versuchen, mit einem selbst gebauten Gleitschirm zu fliegen (inklusive Sprung vom Sprungturm im Schwimmbad) oder spielen „Verstecken EXTREM“ im Baumarkt. Nicht das, was man vor fünf Jahren von einer Baumarktkette erwartet hätte, aber genau das, was bei der jungen Generation funktioniert. Das Sich-Einlassen auf die Creator-Szene, die YouTube-Welt und die deutlich verrückteren Inhalte zeigen Wirkung: Obwohl der Kanal erst drei Jahre alt ist und lediglich 226 Videos hochgeladen wurden, liegen sowohl die Abonnentenzahl (über 320.000) als auch die Aufrufe (93 Millionen) deutlich über dem „konservativeren“ Corporate-Kanal. 

Die Macht der Creator

Überhaupt ist die Einbeziehung der Influencer und Creator bei der Ansprache der Generation Z fast unverzichtbar. Studien belegen reihenweise: Von allen Altersklassen haben Influencer in der Generation Z die größte Reichweite, die höchste Glaubwürdigkeit, den wichtigsten Einfluss auf die Kaufentscheidung und das höchste Identifikationspotenzial. Kein Wunder, dass laut einer Untersuchung über 40 % der Abiturienten in Deutschland gern Creator bzw. Influencer werden wollen (70 % haben sich auch bereits von Influencern zum Kauf verleiten lassen; PFH Private Hochschule Göttingen, 2023).

Influencer oder Creator?

Die Begriffe „Creator“ und „Influencer“ werden oftmals synonym genutzt und sind auch in weiten Teilen deckungsgleich. Ein Creator muss jedoch nicht unbedingt selbst hohe Reichweite haben, was ja das wichtigste Merkmal des Influencers ist. Sein Fokus liegt mehr auf der Content-Erstellung, teilweise tritt er im Content selbst gar nicht in Erscheinung oder erstellt Inhalte im Auftrag anderer, zum Beispiel Unternehmen. Viele reichweitenstarke Social-Media-Persönlichkeiten lehnen die mittlerweile etwas anrüchige Bezeichnung „Influencer“ ab und bezeichnen sich selbst als (Content-)Creator.

Influencer und Creator haben weitgehend deren Vorgänger, die Blogger, abgelöst und tummeln sich heute überwiegend auf Instagram, YouTube und TikTok – also genau da, wo auch die Generation Z unterwegs ist. Die Arten, wie diese Creator und Influencer eingesetzt werden, sind dabei ganz unterschiedlich: 

  • Viele Unternehmen buchen Influencer einfach für einmalige oder wiederholte Kooperationen. In diesem Fall stellt der Influencer zum Beispiel ein Produkt in seinen Videos vor, besucht ein Event, testet ein Produkt oder macht bei einer vom Unternehmen ausgerufenen Challenge mit. 
  • Auch Influencer für klassische virale Kampagnen einzukaufen, ist ein beliebter Weg. KAUFLAND hat so zum Beispiel bereits mit Influencern wie Moneyboy, Knossi oder den Atzen sehr virale Videos kreiert, die allein bei YouTube bis zu zehn Millionen Aufrufe generierten. 
  • Manche Unternehmen nutzen Creator-Content auch, um damit die eigenen Kanäle teilweise oder vollständig zu füllen. Die Schuhmarke Deichmann zum Beispiel startete auf TikTok komplett ohne eigenen Content. Creator erstellten sämtliche Videos, die daraufhin eingekauft wurden („Buy-outs“). Erst später erstellte die Marke eigene Videos ohne externe Creator. 
  • In letzter Zeit wurden Produkte, die ein Creator allein oder mit Unternehmen gemeinsam herausgegeben hat, sehr populär. So können Konsumenten der Generation Z auf Pflegeprodukte (Bibi), Kartoffelchips (CrispyRob), Kaugummi (HeyMoritz), Pizza (CapitalBra), Likör (Knossi) oder diverse Energydrinks und Eistees (Shirin David, CapitalBra, Montana Black etc.) zurückgreifen. Influencer-Marken wie Bilou (Bibi), naturally PAM (Pamela Reif) oder Sallys Welt behaupten sich seit Jahren mit relevanten Marktanteilen in hoch umkämpften Märkten.
  • Andere Brands bringen Special Editions bekannter Produktreihen mit Influencern als Markengesichter heraus. So spendierte Lipton dem Influencer Twenty4tim eine Eisteekollektion, Simon Unge bekam eine Gewürzmischung bei Just Spices. 
  • Und letztlich gibt es eigene Kategorien mit von Influencern herausgegebenen, favorisierten oder nur öffentlich genutzten Produkten zum Beispiel in den Online-Shops von EDEKA, Tamaris, Purelei oder Etsy. 

Besonders von der Macht der Influencer profitieren konnte die Fahrschule „Fischer Academy“, mittlerweile mit 170.000 Abonnenten bei YouTube und jeweils knapp 30.000 Followern bei Instagram und TikTok die wohl bekannteste und größte Fahrschule im Social Web. Auch diese Erfolgsgeschichte begann mehr oder weniger zufällig, als die ersten Influencer sich für die kompakte einwöchige Führerscheinausbildung anmeldeten. Die dadurch entstandenen Videos führten zu so einer großen Popularität, dass die ins Fahrschulinternat angereisten Fans das normalerweise eher ruhige Leben in Gera gehörig durcheinanderbrachten, wie Fahrschulinhaber Mike Fischer berichtet. Auf dem YouTube-Kanal finden sich Videos der Fahrausbildung von Emilia (1,3 Millionen TikTok-Abonnenten), Nika Sofie (1 Millionen bei Instagram) oder Katja Krasavice. Die Fahrschule war so clever, diesen Hype zu nutzen, eigene Kanäle aufzubauen und mittlerweile regelmäßig eigenen Content auch ohne externe Influencer zu produzieren. 53 Millionen Aufrufe bei YouTube und 14,3 Millionen Views bei TikTok sind der Beweis für die Relevanz ihrer Arbeit.

Häufig kommt bei diesen Influencer-Produkten und Kooperationen übrigens ein weiterer, wirksamer Hebel bei der Ansprache der Gen Z zum Einsatz: Verknappung. Viele der Produkte sind nur für begrenzte Zeit verfügbar, haben eine limitierte Auflage oder sind sonst wie exklusiv. Die Generation Z scheint wie kaum eine andere Kohorte empfänglich für „FOMO“ („fear of missing out“) zu sein und solche limitierten Aktionen triggern den Kaufknopf so wirksam, dass sich mittlerweile Beratungsfirmen auf genau diese Produktkonzepte (Creator + Story + Verknappung) für die Generation Z spezialisiert haben. 

E-Sports und Gaming – noch wenig genutzt, aber hoch wirksam

Natürlich gibt es auch neben Social Media noch digitale Wege, junge Menschen zu erreichen. Spannende Möglichkeiten bietet vor allem der Gaming- und E-Sports-Sektor. Gerade bei Jungen, aber auch zunehmend bei Mädchen im jugendlichen Alter spielt Gaming eine große Rolle im Alltag. 40 % der Generation Z spielen täglich Online-Spiele, weitere 17 % mehrmals pro Woche (PwC: Gen Z is talking – are you listening?, 2020). Der Anteil der Generation Z, die Gaming-Influencern folgt, ist mehr als dreimal so hoch wie in der Gesamtbevölkerung (YouGov: Game Changers: The power of Gaming Influencers, 2021).

Für Unternehmen ergeben sich hier zahlreiche Möglichkeiten. Vom Product-Placement in digitalen Spielen oder ganz simpel dem Targeting bekannter Spiele als Kriterium in Social-Media-Ads über Kooperationen mit Gaming-Influencern oder das Sponsoring von E-Sports-Teams ist prinzipiell für (fast) jeden Geldbeutel etwas dabei. 

Gerade das Sponsoring von E-Sports-Teams oder Twitch-Kanälen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Kaufland, ALDI, EDEKA und REWE sponsern oder betreiben E-Sports-Teams oder beteiligen sich anderweitig an Veranstaltungen der Branche, um nur mal die bekanntesten Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels zu nennen. Für viele Branchen ist dieser Sektor jedoch noch Neuland, sodass sich viel Potenzial ergibt. 

Dass man durchaus unkonventionelle Wege gehen kann und dass das sehr erfolgreich sein kann, zeigt (wieder einmal) das schwäbische Familienunternehmen ZIEHL-ABEGG. Das Unternehmen ist nicht nur mit seinem TikTok-Engagement sehr bekannt in der Generation Z geworden, sondern nutzt auch den E-Sports-Trend clever aus. Im Unternehmen entschied man sich jedoch gegen Sponsoring, sondern stieg gleich eine Ebene höher ein: Bereits mehrmals veranstalte ZIEHL-ABEGG internationale E-Sports-Tourniere auf dem Unternehmensgelände. Die Teilnahme steht Firmenmitarbeitern (Stichwort Mitarbeiterbindung) wie auch externen Spielern offen. Die bisherigen Teilnehmer kamen aus ganz Europa – für ein internationales Unternehmen hochinteressant. Auch setzen so viele junge Menschen erstmals den Fuß in die Fabrikhalle (wo die Turniere stattfinden) und kommen so in Kontakt mit dem Unternehmen. Die Turniere (gespielt werden unter anderem Pokémon Unite, aber auch Rocket League und sogar Counter Strike) werden live auf Twitch gestreamt und über einen eigens angelegten X-Kanal promotet. 

Durch die E-Sports-Events steigt nicht nur die Reichweite in der Gamer- und E-Sports-Szene, sondern sogar in der Fachpresse, die begeistert über den innovativen Ansatz berichtet. Aber am wichtigsten: zahlreiche Einstellungen, vor allem im IT-Bereich, wie der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit und Kopf hinter dieser und weiteren kreativen PR-Aktionen, Rainer Grill, berichtet. 

Was sollten Arbeitgeber beachten? 

Auch wenn der Fokus dieses Artikels auf dem Marketingaspekt liegt, dürfen ein paar Ergänzungen zu Employer-Branding und Recruiting nicht fehlen. 

Auch hier gilt natürlich: In aller erster Linie informiert sich die Generation Z online, wenn es um Arbeitgeber und Stellen geht. Alles bisher Gesagte gilt also auch hier. 

Die gute Nachricht für alle SEOs ist allerdings, dass die Jobsuche auch in der Generation Z sehr stark über Google getrieben wird. Organische Rankings sowie die Optimierung für Google Jobs spielen daher immer noch eine große Rolle, wenn es darum geht, junge Mitarbeitende zu gewinnen. Die Generation Z nutzt Google bei der Jobsuche sogar deutlich mehr als die älteren Generationen. 

„Die Generation Z sucht Jobs nach wie vor bei Google.“

Aber auch hier kommt Social Media eine hohe Bedeutung zu: Die Nutzung von LinkedIn zur Jobsuche ist in der Gen Z am stärksten ausgeprägt, mehr als doppelt so hoch wie bei den Ü50-Jährigen. Stellenanzeigen in der Tageszeitung schneiden dagegen erwartungsgemäß am schlechtesten ab – hier erreichen Recruiter nur 10 % der Generation Z und damit nur ein Drittel oder gar ein Viertel der nächstälteren Kohorten (Schnetzer: Trendstudie „Jugend in Deutschland – 2023 mit Generationenvergleich“, 2023). 

Übrigens unterscheidet sich auch die Art, wie genau gegoogelt wird, zwischen den Altersgruppen. Jüngere Nutzer klicken verstärkt auf die Plätze eins und zwei, entscheiden sich also schneller für ein Ergebnis und vertrauen dem Ranking durch Google deutlich mehr (MOZ: We surveyed 1.400 searchers about Google – here’s what we learned, moz.com/blog/new-google-survey-results, 2019). Ältere Nutzer scrollen dagegen eher durch die Top Ten (oder sogar noch tiefer) und entscheiden sich dann erst für einen Klick, der nicht unbedingt Platz eins sein muss. Das „Ich klicke normalerweise immer auf Platz eins oder zwei“-Suchverhalten ist linear mit dem Alter konnotiert – bei Jugendlichen am höchsten ausgeprägt und bei der Generation 70+ gar nicht mehr. 

Wenn Unternehmen die Gen Z über Google erreichen wollen, wird professionelles SEO also noch wichtiger, als es ohnehin schon ist.

Aber auch abseits der klassischen Jobsuche kommt digitalen Kanälen eine hohe Bedeutung bei der Ansprache der Generation Z zu. Die Rede ist von Employer-Branding – also das Positionieren als attraktiver Arbeitgeber. Dafür bieten soziale Medien nie da gewesene Chancen und verschiedene Ansätze.

Viele Unternehmen betreiben explizite Employer-Branding-Kanäle mit verstärkter Ausrichtung auf die Generation Z, zum Beispiel OTTO mit @otto_inside bei Instagram. Hier erhalten potenzielle Bewerber Einblicke hinter die Kulissen, können via Reels an Events oder dem Arbeitsalltag junger Mitarbeiter teilhaben oder sich über die Jobs im Konzern informieren. Die bei der Generation Z wichtigen Themen Diversity und Nachhaltigkeit werden direkt über Highlight-Stories hervorgehoben. 

Auch für das Employer-Branding der Gen Z ist TikTok einer der wichtigsten Kanäle. Das bereits vorgestellte Industrieunternehmen ZIEHL-ABEGG gilt hier als Vorreiter. Bereits vor über zwei Jahren begann ein kleines Team um Rainer Grill damit, TikTok-Videos zu produzieren, damals noch ohne Wissen oder Freigabe des Vorstands und bis heute ohne festes Budget, Strategie oder Zielvorgaben. Die Ergebnisse können sich sehen lassen: über 110.000 Follower, TV-Erwähnungen auf allen relevanten Sendern, diverse gewonnene Preise, Livestreams mit der Lufthansa oder Bundesministern und vor allem signifikant höhere Einstellungen, auch bei relativ exotischen Stellen (zum Beispiel einer Fachkraft für Zoll- und Außenhandelswirtschaft, die man jetzt nicht unbedingt an jeder Ecke findet). 

Hier zeigen sich auch sehr gut die Synergieeffekte von Social-Media-Marketing. Wie Abbildung 8 zeigt, nutzt die Generation Z auch bevorzugt Job- und Karrieremessen zur Jobsuche. Und auch hier hat ZIEHL-ABEGG einen enormen Vorteil: Durch die hohe Bekanntheit von TikTok strömen junge Menschen an den Stand und wollen Selfies mit den Protagonisten der Videos machen (und sich ganz nebenbei informieren, was das Unternehmen eigentlich genau macht). Dieser Effekt zeigt sich im Übrigen auch auf klassischen Veranstaltungen wie der Hannover Messe, wo Dutzende von Besuchern nur wegen Selfies zum Stand kamen. 

Letztlich geht es bei der Ansprache der Generation Z, egal ob als Konsumenten oder Bewerber, vor allem darum, sich auf die Wünsche, Ansprüche und Besonderheiten dieser Generation einzulassen, die richtigen Kanäle zu nutzen und den Content in entsprechender Weise aufzubereiten. Dazu ist es enorm hilfreich, Vertreter der Generation Z selbst im Team zu haben – die haben meist besser verstanden, wie „ihre“ Kanäle funktionieren, als es ein Marketingleiter mit 20 Jahren Erfahrung je könnte. In der Zusammenarbeit der Generationen zeigt sich meist schnell, wie effektiv und wertvoll eine solche Synergie sein kann. Dann klappt’s auch mit der Gen Z.

5 Tipps zur Ansprache der Generation Z

Schnelligkeit:
Die Gen Z ist mit digitalen Medien aufgewachsen, die enorme Geschwindigkeit versprechen. Das zeigt sich heute in allen Belangen: Sie verlassen langsame Websites viel früher als ältere Nutzer, deinstallieren langsame Apps eher, erwarten viel zeitnaher eine Antwort auf Anfragen. Schnelligkeit ist der vielleicht wichtigste Faktor bei der Kommunikation mit den Digital Natives. 

Werte:
Egal ob Konsum oder Arbeitgeberauswahl, der Generation Z sind Werte wie Nachhaltigkeit, Diversity oder politisches Engagement wichtiger als älteren Generationen. Das sollten Unternehmen in ihrer Positionierung, Werbung und Kommunikation beachten und nutzen. 

Authentizität: 
Der Generation Z wird nachgesagt, über einen eingebauten „Bullshit-Detektor“ zu verfügen. Greenwashing oder ähnliche Formen der vorgetäuschten Social Responsibility kommen nicht gut an und werden schnell durchschaut. 

Unterhaltung:
Werbung ist in der Gen Z vor allem dann beliebt, wenn sie unterhaltsam ist. Content und Werbung sollten also eher lustig und kurzweilig gestaltet sein, die Werbebotschaft sich dann in diesen Rahmen einfügen. Kurzvideos wie TikToks, Reels oder Shorts sowie Memes sind die idealen Träger für unterhaltsame Inhalte. 

Fachbuch „Manual Generation Z“

Das brandneue Fachbuch „Manual Generation Z“ von Felix Beilharz ist erst vor wenigen Wochen erschienen. Wer mehr zu dem Thema wissen möchte, findet dort eine umfassende „Gebrauchsanweisung“ für diese spannende Generation, egal ob in Marketing, Führung, Teamarbeit, Recruiting oder Employer-Branding. Das Buch enthält dazu viele Fallbeispiele, Checklisten und Online-Materialien wie Videointerviews, Analysen und Downloads. Der Preis für die gebundene Ausgabe beträgt 34,90 Euro, die Kindle-Version liegt bei 32,99 Euro.