Welche Inhalte werden angeklickt? Welche Teile einer Seite erhalten die höchste bzw. geringste Aufmerksamkeit? Wo springen Nutzer auf einer Seite ab? Diese Fragen stellen sich Website-Betreiber und Marketer sehr häufig. Analyse-Tools wie Google Analytics liefern bereits viele Möglichkeiten, das Verhalten auf Webseiten zu messen. Um das Nutzerverhalten zu verstehen, benötigt man jedoch meist A/B-Testing-Tools, die entweder sehr teuer sind oder die Ladezeit stark beeinflussen. Microsoft hat 2020 mit Clarity eine kostenlose Alternative auf den Markt gebracht, die Website-Betreibern hilft, die eigene Seite besser zu verstehen.
Nutzerverhalten besser verstehen mit Microsoft Clarity
Was ist Microsoft Clarity und für was wird es eingesetzt?
Clarity ist ein kostenloses Analyse-Tool, das von Microsoft bereitgestellt wird. Es soll vor allem Website-Betreibern und Marketingverantwortlichen helfen, das Verhalten der Nutzer auf der eigenen Seite besser zu verstehen und dadurch die User Experience und Conversion-Rate zu optimieren. Dafür stellt Microsoft drei wesentliche Funktionen sowie unterschiedliche Erweiterungen bereit.
Der Funktionsumfang
Heatmaps stehen für die Klickverteilung und die Scroll-Tiefe zur Verfügung. Auf Seitenebene zeigen die Heatmaps, worau Nutzer klicken und wie weit sie scrollen. So erhält man Einblicke, welche Bereiche keine oder nur wenig Aufmerksamkeit erhalten bzw. ob wesentliche Conversion-Bausteine passend platziert sind. Clarity bietet hier auch die separate Betrachtung einer Seite für verschiedene Gerätetypen (Mobile/Tablet/Desktop). Zudem können zwei Seiten miteinander verglichen werden, um etwa die Unterschiede in der Seitenstruktur zu erkennen.
Abbildung 1 zeigt die Heatmap-Funktion in Microsoft Clarity: In der Menüleiste kann zwischen unterschiedlichen Gerätetypen sowie „Klicks und Scrolling“ der ausgewählten Seite gewechselt werden (1). Links erhält man je Ansicht eine Auflistung der meistgeklickten Elemente bzw. Scroll-Verteilung (2). Am rechten Rand findet sich die Vergleichsoption (3).
Session Records bzw. Aufnahmen ermöglichen das Aufzeichnen einzelner Sessions. Diese können später über die Clarity-Benutzeroberfläche abgespielt werden. So lassen sich für einzelne Sessions die Bewegung und Interaktion von Nutzern nachvollziehen und Schwachstellen identifizieren. Mit der Filterfunktion lässt sich nach spezifischen Sessions suchen (z. B. nur Mobile Sessions via Chrome) sowie Zeiträume oder bestimmte Seiten auswählen.
In Abbilddung 2 ist die Auflistung der aufgezeichneten Sessions nach Aktualität (1) mit einigen Eckdaten wie Sitzungsdauer oder das verwendete Gerät zu sehen. Nach Auswahl einer Aufzeichnung öffnet sich ein Videoplayer, der die Aufzeichnung abspielt. Wichtige Aktionen werden in der Videozeitleiste mit einem Strich markiert (2). Die zugehörige Aktion wird im Video mit einem Punkt gekennzeichnet.
Das Insights Dashboard zeigt – wie auch viele andere Analytics-Tools – ausgewählte KPIs:
- Anzahl Sessions
- Seiten pro Sitzung und durchschnittliche Scroll-Tiefe
- Meistbesuchte Seiten
- Sessions nach Gerätetyp/Land/Browser bzw. Betriebssystem
- Top-verweisende Seiten
Interessanter als diese allgemeinen Infos, die den meisten Webmastern aus Google Analytics oder anderen Tools wohl bekannt sind, sind die Berichte zu „tote Klicks“, „schnelle Rückkehrer“ oder „JavaScript Fehler“. Sie helfen, besser zu verstehen, wo Nutzer weiterführende Informationen durch einen Link etc. erwarten.
Was sind tote Links?
Unter „toten Links“ versteht man Klicks auf Bereiche, die eigentlich gar keinen Link oder keine Funktion beinhalten oder wo die Funktion zur Verlinkung defekt ist, zum Beispiel aufgrund eines fehlerhaften JavaScripts. Nutzer erwarten hier einen Link bzw. weiterführende Infos zum Beispiel durch Ausklappen zusätzlichen Contents.
„Schnelle Rückkehrer“ sind Nutzer, die durch einen Klick auf eine neue Seite geführt werden, jedoch direkt wieder zur vorherigen Seite zurücknavigieren. Dies deutet entweder auf falsch platzierte Verlinkungen oder unzureichende oder falsche Inhalte auf der geladenen Seite hin. Bei mobilen Geräten können „schnelle Rückkehrer“ auch ein Zeichen für zu kleine oder dicht beieinanderliegende Elemente sein. Für beide Kennziffern können einzelne Aufnahmen im Session Record herangezogen/betrachtet werden, um die genauen Stellen der falschen Klicks zu identifizieren und so die Usability zu verbessern.
Neben den drei genannten Kernfunktionen bietet Clarity weitere Verknüpfungsmöglichkeiten zu anderen Analyse-Tools wie Google Analytics, Optimizely oder Google Optimize. Dadurch können spezifische Segmente aus Analytics genauer untersucht werden, um detaillierte Einblicke in das Verhalten bestimmter Benutzergruppen zu erhalten. Eine weitere neue Integration ist die KI-Funktion. Im Bereich Session Records lassen sich aus den einzelnen aufgezeichneten Sitzungen beispielsweise automatisch die wichtigsten Erkenntnisse generieren. Dazu werden die gesammelten Daten ausgewertet und die wichtigsten Erkenntnisse herausgearbeitet. Neben diesen beiden Funktionen bietet Microsoft für Clarity noch weitere Plug-ins und Connectoren, um das Tool für Website-Betreiber attraktiv zu gestalten.
Vor- und Nachteile von Microsoft Clarity
- + Kostenlos und ohne Traffic-Limitierung nutzbar: Es wird lediglich ein Microsoft-, Google- oder Facebook-Account zur Einrichtung und Nutzung benötigt.
- + Schnelle und unkomplizierte Einrichtung: Clarity kann via Google-Tag-Manager eingebaut werden und benötigt somit keine Entwicklerressourcen.
- + Umfangreiche Einblicke in das Benutzerverhalten: Clarity bietet detaillierte Informationen über das Verhalten der Nutzer auf einer Website.
- + Verständnis der Effektivität von Designänderungen: Durch die Verfolgung des Nutzerverhaltens vor und nach Designänderungen können Unternehmen die Auswirkungen ihrer Änderungen besser verstehen.
- - DSGVO: Der Consent muss vorab eingeholt werden. Zudem liegen Daten auf den Microsoft-Servern, die hauptsächlich in Amerika beheimatet sind.
- - Begrenzte Funktionen im Vergleich zu anderen Tools: Clarity bietet nicht die gleiche Bandbreite an Funktionen und Anpassungsmöglichkeiten wie spezialisierte Tools von Drittanbietern. So gibt es keine Möglichkeit, A/B-Tests durchzuführen.
- - Eingeschränkte Unterstützung und Dokumentation: Clarity ist möglicherweise nicht so weitverbreitet wie einige andere Analyse-Tools, was bedeutet, dass die Community-Unterstützung begrenzt sein kann – insbesondere für Benutzer, die Hilfe bei spezifischen Problemen oder Fragen benötigen.
Integration von Microsoft Clarity
Am schnellsten und einfachsten lässt sich die Einrichtung über den Google-Tag-Manager durchführen. Dazu ist eine vorherige Registrierung auf der Microsoft-Seite mit einem Google- oder Microsoft-Konto notwendig. Anschließend kann ein neues Projekt für die jeweilige Website angelegt werden, in dem man schließlich ein JavaScript Snippet für die Integration in den Tag-Manager erhält. Alternativ lässt sich das Snippet natürlich auch direkt in die Seite einbauen. Zudem gibt es mittlerweile Anleitungen und Integrationen, um Clarity auf diversen Drittanbieterplattformen wie Adobe, Shopify oder WordPress zu installieren.
Nach dieser initialen Einrichtung lassen sich in den Einstellungen von Clarity noch einige Anpassungen vornehmen. So sollten hinsichtlich des Datenschutzes die eingegebenen Informationen von Nutzern (wie Kontaktdaten in Formularen) maskiert werden, damit diese nicht an den Server übermittelt werden. Es werden drei verschiedene Stufen der Maskierung angeboten: „Streng“, „Ausgewogen“ und „Entspannt“.
Fazit
Insgesamt ist Microsoft Clarity eine gute Alternative zu kostenpflichtigen Tools und eine wertvolle Ressource für die Verbesserung der Benutzererfahrung auf Websites. Die detaillierten Einblicke in das Benutzerverhalten helfen dabei, Schwachstellen sowie Potenziale zu identifizieren und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der User Experience sowie zur Steigerung der Conversion-Raten umzusetzen. Gerade für kleinere Seiten, die nicht die Ressourcen für aufwendige A/B-Tests haben, oder zur schnellen Analyse von einzelnen Seiten ist es eine solide Lösung. Ausprobieren lohnt sich auf jeden Fall.