Die Macht des trügerischen Scheins

Sarah Weitnauer
Sarah Weitnauer

Die Psychologin Sarah Weitnauer befasst sich seit über zehn Jahren mit Psychologie und Online-Marketing, war SEO-Managerin in einer Agentur und führt seit diesem Jahr ihre Agentur PSYKETING. Hier berät sie Kunden zu Synergieeffekten von Marketing und Psychologie unter Berücksichtigung von SEO.

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Du hast das sicherlich schon mal erlebt: Du bist auf einer Party bei Freunden. Plötzlich betritt eine unglaublich attraktive Person die Szenerie. Du denkst dir „wow!“ und freust dich, mit dieser Person ein Gespräch beginnen zu können. Nicht einmal zwei Minuten später urteilst du bestürzt: „Boah, Alter, dieser Mensch ist ja strunzdumm, das hatte ich so nicht erwartet.“

Was ist denn da passiert? Du hast den Haloeffekt erlebt! Wenn das hervorstechende Merkmal einer Person (oder einer Website) wie ein Heiligenschein (Halo) strahlt, schließen wir automatisch unbewusst auf weitere Eigenschaften. In diesem Beispiel unterstellst du einer besonders attraktiven Person auch Intelligenz – obwohl du noch gar keine Informationen über ihre intellektuellen Fähigkeiten hast. Dein positives Bild von diesem Menschen ist also erst einmal nichts als Fantasie, hervorgerufen durch Fehlschlüsse deines Gehirns. Denn Form und Äußeres wirken immer auf die Erwartungshaltung.

Was fängst du damit nun für dein Online-Marketing an?

Schauen wir uns eine Website an: Der Haloeffekt kann in beide Richtungen wirken – positiv oder negativ. Stell dir vor, du hast ein Unternehmen, dessen hoher Technologisierungsgrad du visuell abbilden möchtest. Analog zur attraktiven Person wirkt eine ordentliche, sauber strukturierte Website mit ansprechenden, scharfen Bildern schon mal positiv auf den User. Doch baust du dann noch kleine Gadgets wie AR-Animationen oder zumindest 3-D-Varianten von Produkten oder 360-Grad-Ansichten ein, erzeugt dies zusätzlich zum guten Eindruck auch die Aura der Moderne. Der User assoziiert mit den Website-Elementen Hightech und innovativen Spirit.

Andersherum verursacht es einen negativen Haloeffekt, wenn die auf der Website verwendete Darstellungstechnik überholt ist und die Produkte auf anderen Seiten bereits über trendigere Techniken präsentiert werden. Egal, wie gut und modern die Produkte tatsächlich sind – der User wird sie eher für altmodisch halten. Beim Haloeffekt ist also auch der Zeitgeist relevant.

Grafik und Orthografie spielen ebenfalls eine große Rolle: Sind Bilder in einem Webshop unregelmäßig angeordnet, sind sie dunkel oder unscharf oder enthalten die Texte Rechtschreib- oder Grammatikfehler, wirkt sich das negativ auf die Erwartungshaltung gegenüber den Website-Inhalten und -Angeboten aus.

Beispielsweise könnten Personen, die die Websites besuchen, hier denken:

„Dieser Webshop versendet bestimmt trödelig.“
„Was ich hier kaufe, kann nicht makellos sein.“
„In diesem Hotel (bei einer Hotelwebsite) wird nicht ordentlich geputzt.“

Wichtig: Diese Übertragungen laufen unterbewusst ab! Sie wirken, aber woher sie kommen, verdeutlichen wir uns selten.

Psyketing Take-aways:

Sei dir bewusst: Immer strahlt Äußerliches auf anderes (Inhaltliches) aus.
Der Haloeffekt kann nicht nur positive, sondern auch negative Assoziationen bewirken.
Vermeide alle negativen Haloeffekte auf deiner Website!