Website-Relaunch, aber richtig!

Karsten Kilian
Karsten Kilian

Dr. Karsten Kilian ist Professor für Marketing und Markenmanagement an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt und leitet dort den Masterstudiengang Marken- und Medienmanagement. Daneben berät er mittelständische Unternehmen in Markenfragen und betreibt mit Markenlexikon.com das größte Markenportal im deutschsprachigen Raum. Er ist Mitglied im Herausgeberbeirat der Fachzeitschrift „Transfer“ und Gründungsmitglied des „Expertenrat Technologiemarken“. Seit mehreren Jahren erklärt er jeden Monat in der Fachmagazin „Markenartikel“ in „Kilians Markenlexikon“ Fachbegriffe aus der Welt der Marken.

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Cyra Isabella Bock
Cyra Isabella Bock

Cyra Isabella Bock arbeitet als Junior Digital Marketing Managerin bei der Constantin Film und ist studierte Marken- und Medienmanagerin. Sie hat einen abgeschlossenen Bachelor der Jade Hochschule Wilhelmshaven in Medienwirtschaft und Journalismus und konnte während und nach ihrem Studium zahlreiche Praxiserfahrungen unter anderem bei der BMW Group und der Werbeagentur Kolle Rebbe sammeln.

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Jedes Jahr werden Millionen Websites überarbeitet und optimiert. Wie man dabei idealtypisch vorgeht, haben Cyra Bock und Karsten Kilian praxisnah erforscht und daraus einen holistischen Website-Relaunch-Ansatz entwickelt, der alle wichtigen Aufgaben in den vier Projektabschnitten Vorbereitung, Planung, Realisierung und Realbetrieb aufzeigt.

Wichtigkeit von Website-Relaunches

In Deutschland betreiben 89 Prozent der Unternehmen eine eigene Website. Die Websites weisen zum Teil deutliche Unterschiede in Bezug auf Technik, Gestaltung und Erfolg auf. Insbesondere technisch und gestalterisch veraltete Websites können eine Kaufbarriere für potenzielle und bestehende Kunden darstellen, wenn die Bedienung der Website umständlich ist statt intuitiv. Zudem gilt es, Websites technisch und gestalterisch immer auf dem neuesten Stand zu halten, was bei größerem Anpassungsbedarf meist im Rahmen eines Website-Relaunchs erfolgt. Der Relaunch-Erfolg bleibt in vielen Fällen jedoch aus, weil nicht strukturiert und umfassend vorgegangen wurde. An der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt wurde deshalb von den Autoren in einem mehrstufigen Prozess ein umfassender Ansatz entwickelt. Dazu wurden zahlreiche Praxisansätze gesichtet, acht von ihnen detailliert analysiert, miteinander verglichen und literaturbasiert verdichtet. Anschließend wurde der Ansatz mit acht Website-Experten einzeln in acht dreistufigen Expertenworkshops weiter optimiert – und hier nun erstmals präsentiert.

Anforderungen an Websites

Im Vorfeld der Entwicklung des Website-Relaunch-Ansatzes wurde zunächst geklärt, welche Anforderungen grundsätzlich an eine Website als digitale Schnittstelle zwischen Unternehmen und Kunden sowie weiteren Interessengruppen gestellt werden. Zentral sind dabei die Nutzer selbst, das Design und die Technik (siehe Abbildung 1).

Die benutzerbasierten Anforderungen lassen sich unterteilen in User Experience, Usability und Barrierefreiheit. Die drei Kriterien stellen sicher, dass der Besuch der Website positiv erlebt wird, die Website benutzerfreundlich gestaltet ist und barrierefrei bedient werden kann. Daneben spielt das Design eine wichtige Rolle bei der Konzeption und Umsetzung einer Website. Neben dem Screen und User Interface Design, das die Verbindung zu den Besuchern der Website hergestellt, gilt es, das Unternehmen markenkonform gemäß Corporate Design (CD) darzustellen. Die Website soll zudem durch technische Anforderungen funktionell und bedienfähig gestaltet sein. Das Responsive Design sorgt für die richtige Darstellung der Website auf den Endgeräten. Zudem gilt es, die Website suchmaschinenfreundlich zu konzipieren und zu realisieren. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Inhalte mithilfe eines passenden Content-Management-Systems (CMS) leicht eingegeben und angepasst werden können.

Anlässe für Website-Relaunches

Bevor sich Unternehmen über die Durchführung eines Website-Relaunchs Gedanken machen, sollten sie sich über die dafür relevanten Gründe und Anlässe im Klaren sein. Einer der wichtigsten Gründe für einen Website-Relaunch stellt der nicht zeitgemäße Zustand der Website dar. Hierunter fallen veraltete Komponenten, Funktionen und Inhalte genauso wie überholte Technik und ein nicht mehr zeitgemäßes Design. Darüber hinaus fällt es Website-Benutzern oft schwer, Websites bei unübersichtlicher User-Führung zu benutzen, weshalb auch die Verbesserung der Usability Anlass für einen Relaunch sein kann. Weitere Anlässe können negatives Kundenfeedback, die Änderung der Markenidentität und des Markendesigns des Unternehmens oder die Suchmaschinenoptimierung sein. Schließlich nutzen einige Websites noch immer kein Responsive Design oder es bieten sich deutliche Verbesserungspotenziale im Hinblick auf die CMS-Software oder Performance.

Durchführung von Website-Relaunches

In der Praxis finden sich zahlreiche Ansätze, die den Relaunch von Websites beschreiben. Aus einer Vielzahl von Ansätzen wurden im ersten Schritt acht fundiert dargestellte Ansätze ausgewählt, analysiert und in mehreren Iterationsschleifen zu einem übergreifenden Ansatz verdichtet. Anschließend wurden acht Website-Experten aus Agenturen, Beratungen und Unternehmen im Rahmen von Einzelworkshops online befragt. Dabei wurde insbesondere der bisherige Stand des Relaunch-Ansatzes diskutiert und weiter optimiert. Im Ergebnis teilt sich der finale Website-Relaunch-Ansatz in die vier übergreifenden Projektabschnitte und Phasen Vorbereitung, Planung, Realisierung und Realbetrieb (siehe Abbildung 2).

Der erste Projektabschnitt „Vorbereitung“ besteht aus den Aufgaben „Status Quo“ und „Zielfestlegung“. Innerhalb des „Status Quo“ erfolgt zunächst eine Bestandsaufnahme der Website mit Screening und Dokumentation der Website. Anschließend werden aktuelle Trends und Keywords recherchiert und relevante User profiliert, zum Beispiel mit Personas. Zudem erfolgt eine Analyse von Website-Benchmarks. Zur zweiten Aufgabe „Zielfestlegung“ gehört es, die Projektziele auf Basis der Bestandsaufnahme, Recherche und Analyse festzulegen. Auch gilt es, die Markenidentität zu berücksichtigen. Darüber hinaus muss die Projektaufgabe spezifiziert bzw. ein Briefing erstellt und ein Re-Briefing mit den Projektbeteiligten durchgeführt werden.

Der zweite Projektabschnitt „Planung“ umfasst die Aufgaben „Konzeption“, „Technik“, „Design“ und „Inhalte“. Alle vier Aufgaben finden parallel statt. Die verantwortlichen Personen und Teams stimmen sich eng miteinander ab, sodass auftretende Probleme oder Änderungen schnell und direkt gelöst werden können. Im Rahmen der „Konzeption“ geht es vor allem um den Aufbau der Informationsarchitektur und die Festlegung der Seitenstruktur (Sitemap), der Seitentypen, der Inhaltsstruktur und des Wireframing. Zudem wird mithilfe der User Experience (UX) die Usability verbessert und typische Customer Journeys werden herausgearbeitet. Auch rechtliche Aspekte werden bei der „Konzeption“ betrachtet, insbesondere das Impressum und die Datenschutzrichtlinien.

Die Aufgabe „Technik“ wiederum wird in die Bereiche „Hardware“ und „Software“ unterteilt. Zum einen gilt es, ein passendes Hosting und einen geeigneten Server auszuwählen sowie die gewünschte Domain festzulegen, zum anderen muss ein geeignetes CMS gefunden werden. Zur Aufgabe „Design“ zählen vor allem das Screen und User Interface Design. Konkret müssen das Branding, das Responsive Design, das Motion Design, der Grafikstil und das Layout festgelegt werden. Durch Wireframes, Mockups und einen ersten Prototyp beispielsweise lässt sich das Layout konkretisieren. Im Rahmen der Aufgabe „Inhalte“ geht es um die Erstellung von Content für die Website. Dazu werden vorhandene Inhalte auf der aktuellen Website aussortiert, ausgewählt, optimiert oder ganz neue Inhalte recherchiert und formuliert. Zu den inhaltlichen Bestandteilen einer Website gehören neben dem Fließtext und den Keywords auch Bild, Video und Sound. Außerdem findet eine inhaltliche Suchmaschinenoptimierung statt, die mit einer weiteren Überprüfung, Überarbeitung und Optimierung einzelner Inhalte einhergeht. Über alle vier parallel bearbeiteten Aufgaben hinweg erfolgt das Pre-Testing. Es dient dazu, erste Schwachstellen aufzudecken und zeitnah zu beheben.

Als dritter Projektabschnitt des Relaunch-Prozesses folgt die „Realisierung“, die in die Aufgaben „Umsetzung“ und „Testing“ der neuen Website unterteilt werden kann. Im Rahmen der „Umsetzung“ wird die Website im CMS implementiert, die Inhalte werden in die Website migriert und die zuvor festgelegten Designvorgaben umgesetzt. Zudem wird sichergestellt, dass die neue Website den Datenschutz und die Sicherheit der Website-Nutzer gewährleistet. Dabei sind die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu beachten und ist die Website durch eine SSL-Verschlüsselung abzusichern. Ergänzend zur inhaltlichen Suchmaschinenoptimierung im Rahmen der Aufgabe „Inhalte“ findet jetzt die technische Suchmaschinenoptimierung statt. Insbesondere werden 301-Redirects und eine Linkstruktur eingerichtet.

Im vierten und letzten Projektabschnitt des Relaunch-Prozesses erfolgt der „Realbetrieb“ der Website. Die Aufgabe „Go-Live“ ist geprägt vom Launch der Website im Anschluss an ein Back-up der bisherigen Website und einen eventuellen Serverwechsel. Abschließend wird die Website im Rahmen der Aufgabe „Live-Betrieb“ weiterbetreut. Damit die Website kontinuierlich auf dem neuesten Stand gehalten werden kann und Verbesserungspotenziale erkannt werden, gilt es, die gesammelten Daten der Tracking Tools regelmäßig auszuwerten. Darüber hinaus sollte die Conversion-Rate, hier verstanden als Umwandlung eines Interessenten in einen Kunden, fortlaufend verbessert werden. Daher sind auftauchende Probleme umgehend zu beheben, die Erreichung der festgesetzten Ziele regelmäßig zu überprüfen und zeitnah relevante Aktualisierungen der CMS-Software durchzuführen.

Parallel zum Website-Relaunch-Prozess findet das Projektmanagement statt. Der oder die Verantwortliche steuert und regelt insbesondere die Teamzusammensetzung und ist für die Erstellung des Projektplans verantwortlich. Das Projektmanagement geht nach Abschluss des Relaunch-Projekts in der Aufgabe „Live-Betrieb“ in das Website-Management über, das dafür sorgt, dass die Website kontinuierlich gemanagt, weiterentwickelt und optimiert wird (siehe Abbildung 3).

Abschließende Bemerkung

Zum Abschluss der Vorstellung unseres Relaunch-Ansatzes sei darauf hingewiesen, dass ein Website-Relaunch nicht als abgeschlossenes Projekt aufgefasst werden sollte: Vielmehr handelt es sich dabei um einen kontinuierlichen Prozess, der bei größeren Änderungen die vier genannten Projektabschnitte durchläuft, wie jedes andere Projekt gemanagt und im Live-Betrieb mit deutlich reduziertem personellen Ressourceneinsatz weitergeführt werden sollte. Websites sind heute nur erfolgreich, wenn sie immer wieder überabeitet und ständig up to date gehalten werden.