Neues Umsatzpotenzial für Online-Händler – Amazon Produktanzeigen

Waldeis Stephan
Waldeis Stephan

Stephan Waldeis ist seit 1997 im deutschen und internationalen E-Commerce-Umfeld aktiv. In über 15 Jahren hat er bei diversen Handels- & Industrieunternehmen die Konzeption und Umsetzung von Online-Aktivitäten verantwortet.

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Axel Scheuring
Axel Scheuring

Axel Scheuering belegte mit seinem Team bei der Google Online Marketing Challenge 2009 den 2. Platz unter den Final 15 weltweit und wurde dafür mit dem Marketingpreis Mainfranken ausgezeichnet. Nach dem Studium der Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt E-Commerce gründete er die eology GmbH. Mit seinem Team betreut er Kundenwebsites in den Bereichen SEO, PPC und CRO.

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Die klassischen Performance-Marketing-Kanäle wie Google AdWords gehören zu den wichtigen Umsatzquellen für viele Online-Händler; für viele ist AdWords sogar die wichtigste Umsatzquelle. Weil im AdWords-Bereich in den vergangenen Jahren eine starke Professionalisierung aufseiten der Händler und Dienstleister stattfand, ist dieser Kanal heutzutage stark umkämpft. Deshalb wünschen sich viele schon lange eine Alternative zu Google AdWords. Ein ernst zu nehmender Wettbewerber zu Google war bisher nicht in Sicht. Jetzt scheint ein neuer Stern am CPC-Himmel aufzugehen. Mit Amazons neuem Werbeprogramm, den Amazon Produktanzeigen, haben Online-Händler erstmals die Möglichkeit, auf einer der größten und reichweitenstärksten Produktsuchmaschinen, nämlich auf Amazon, Werbeanzeigen zu schalten und dort qualifizierte Besucher für ihren Shop einzukaufen.

Amazon ist für viele Online-Händler inzwischen ein nicht mehr wegzudenkender Absatzkanal geworden. In den letzten Jahren konnte Amazon seinen Marktanteil enorm ausbauen. Darum kommen viele Händler nicht mehr an Amazon vorbei und verkaufen über den sog. Marketplace ihre Produkte. So lassen sich viele Kunden erreichen, die sie ohne Amazon nicht hätten.

Jedoch hat das Händlerdasein auf Amazon auch einige Nachteile, die manchem Shop-Betreiber Bauchschmerzen bereiten. Beispielsweise fressen die hohen Amazon-Gebühren die Gewinnmargen vieler Händler auf. Auch viele Restriktionen erschweren den Verkauf bei Amazon oder machen ihn gar unmöglich. So können z. B. Produkte von bestimmten Herstellern nicht bei Amazon verkauft werden, wogegen der Bundesverband Onlinehandel e. V. sogar eine Initiative gestartet hat (www.choice-in-ecommerce.org/de/). Auch der Verkauf individualisierter Produkte, die von Kunden konfiguriert werden müssen, ist über Amazon nicht möglich.

Seit Kurzem hat Amazon eine Möglichkeit geschaffen, wie Online-Händler ohne diese Nachteile von der enormen Reichweite und den kaufinteressierten Nutzern profitieren können. Amazon hat das in den USA längst etablierte Werbeprogramm „Amazon Produktanzeigen“ endlich für Deutschland freigeschaltet. Händler können nun ihre Produkte bei Amazon listen, ohne sie dort verkaufen zu müssen. Der Amazon-Nutzer landet bei einem Klick auf das Produkt bzw. auf den abgeänderten Warenkorb-Button der Produktdetailseiten nämlich im externen Shop des Werbetreibenden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Keine Gebühren mehr an Amazon zahlen und der Kunde „gehört“ dem Shopbetreiber, denn schließlich kauft er ja dort ein. Aber nicht nur die Nachteile des Verkaufens über den Amazon Marketplace fallen weg. Die Amazon Produktanzeigen eröffnen darüber hinaus weitere völlig neue Absatzmöglichkeiten.

Betrachtet man sein AdWords-Konto kritisch, sieht es oft wie folgt aus: Was wirklich gut performt, sind Brand-Keywords (und hier oft der klassische Vertipper bzw. „faule“ Google-Nutzer, die die Internetadresse des Shops in den Google-Suchschlitz statt in die Adresszeile des Browsers eingeben) sowie Google-Shopping-Anzeigen.

Warum ist das so? Hierfür gibt es sicherlich zahlreiche Erklärungen, wobei die offensichtlichste doch wohl diese zu sein scheint:
Google ist der Ausgangspunkt für eine Web-Recherche – nicht der Punkt, an dem man schon aktiv über den Kauf nachdenkt bzw. in Kauflaune ist. Fast ein Drittel startet die Produktsuche laut einer Forrester-Studie aus dem Jahr 2012 bei Amazon und eben nicht bei Google (siehe http://einfach.st/vba1 und einfach.st/fam1). Was liegt also näher, als Amazon stärker als Performance-Kanal in Betracht zu ziehen?

Wie sehen die Amazon Produktanzeigen aus und wo findet man diese?

Amazon platziert Produkte aus dem Anzeigenprogramm hauptsächlich auf Produktdetailseiten und auf Kategorie-/Suchergebnisseiten. Die Darstellung der Anzeigen erfolgt in unterschiedlichen Formaten.

Auf Produktdetailseiten

Wenn bei Amazon ein Produkt verkauft wird, zu dem ähnliche oder identische Produkte über das Werbeprogramm beworben werden, wird ein zusätzlicher Container auf dessen Produktdetailseite eingeblendet: „Produktanzeigen von externen Websites“ (Abb. 1).

Eine weitere Stelle auf Produktdetailseiten, an der die Anzeigen auftauchen können, sind die Produktempfehlungen unter der Überschrift „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch“ (Abb. 2).

In der Anbieterliste für ein Produkt

Wird ein Produkt von mehreren Anbietern bei Amazon verkauft, werden diese in einer Anbieterliste aufgeführt. Sie ist über die Produktdetailseite erreichbar. In dieser Liste werden auch Amazon Produktanzeigen präsentiert (Abb. 3).

Auf den Suchergebnisseiten/in den Produktkategorien

Amazon listet Produkte, die über das Anzeigenprogramm beworben werden, auf den Suchergebnisseiten bzw. in den Produktkategorien. Die Darstellung ist genauso wie bei Produkten, die ganz normal bei Amazon verkauft werden. Ein Hinweis, dass das Produkt auf einer externen Website erhältlich ist, kennzeichnet die Produktanzeige (Abb. 4). Klickt der Amazon-Nutzer auf das Produkt, landet er auf einer Amazon-Produktdetailseite, die das beworbene Produkt präsentiert. An der Stelle des Amazon-Warenkorb-Buttons befindet sich dort dann eine Schaltfläche, die auf die Produktseite des externen Shops führt (Abb. 5).

Klickt der Nutzer in der Produktliste statt auf das Produkt auf den Anbieternamen, gelangt er dagegen direkt auf die entsprechende Produktseite auf der externen Website.

Mit den Amazon Produktanzeigen starten

Produktanzeigen können bei Amazon schon mit sehr wenig Aufwand geschaltet werden. Alles, was dazu nötig ist, sind ein Amazon-Händlerkonto und eine Datei mit den Daten der zu bewerbenden Produkte (Datenfeed). Sollen jedoch sehr viele Produkte beworben und das Optimum aus dem Werbebudget herausgeholt werden, ist der Anfangsaufwand jedoch beachtlich, denn dann muss z. B. ein für Amazon optimierter Datenfeed mit vielen Produktinformationen bereitgestellt werden. Für erste Gehversuche mit den Amazon Produktanzeigen reicht jedoch ein Standard-Datenfeed mit wenigen Produkten. So kann man schnell erste Daten und Erfahrungen sammeln.

Unter sellercentral.amazon.de muss zunächst ein kostenloses Händlerkonto angelegt werden (Abb. 6). Ein bereits vorhandenes Händlerkonto kann für die Produktanzeigen nur genutzt werden, wenn darüber noch keine Produkte bei Amazon verkauft werden. Verkaufen und Werben sind damit bei Amazon komplett getrennt.

Datenfeed erstellen

Im Händlerkonto kann man sich eine Dateivorlage für den Datenfeed herunterladen (Lagerbestand > mehrere Artikel hochladen > Button „Vorlage herunterladen“). In diese Excel-Datei werden die Daten der zu bewerbenden Produkte eingetragen. Folgende Pflichtangaben müssen gemacht werden:

  • Produkttyp (laut Amazon-Spezifikation)
  • Titel (Produktname)
  • Link (URL des Produktes im Shop; idealerweise verwendet man Tracking-Parameter, um im Webanalysesystem den Erfolg der Amazon-Anzeigen zu messen)
  • SKU (Lagerhaltungsnummer)
  • Preis
  • Bild (Hauptbild-URL)

In der Excel-Vorlage (Abb. 7) sind in einer Arbeitsmappe alle Attribute detailliert beschrieben sowie zulässige Werte und Beispiele enthalten.

Amazon empfiehlt dringend, mindestens noch folgende Informationen anzugeben:

  • Hersteller-Barcode
  • Barcode-Typ
  • Marke
  • Hersteller
  • Produktkategorisierung (Kategorienummer von Amazon)
  • Produktbeschreibung
  • Artikelnummer (Hersteller-Artikelnummer)
  • Versandkosten
  • Anzahl (verfügbare Menge)

Darüber hinaus kann eine Vielzahl weiterer Produktdaten hinterlegt werden, was jedoch für einen ersten Test nicht nötig ist.

Datenfeed-Tipp 1: Lieferbarkeit und Versandkosten in die Bulletpoint-Hinweise eintragen (Feld „Attribut 1 – Attribut 5“), da Amazon diese für viele Kunden kaufentscheidenden Informationen ansonsten nicht sehr prominent bzw. gar nicht anzeigt.

Datenfeed-Tipp 2: Keyword-Feld nutzen: Keywords sind wichtig für die Auffindbarkeit in der Suchfunktion. Es können bis zu fünf Keywords pro Produkt angegeben werden. Amazon übernimmt automatisch den Produkttitel und die Marken in den Suchindex, man muss also diese Begriffe nicht wiederholen, sondern kann zusätzliche Suchworte hinterlegen.

Datenfeed-Tipp 3: Mehrere Produktbilder angeben! Amazon erlaubt neben der Übermittlung der Hauptbild-URL, acht weitere Bilder pro Produkt im Datenfeed anzugeben. Je mehr Bilder man übermittelt, desto besser können sich die potenziellen Kunden das Produkt bei Amazon ansehen und die Klick- und Kaufwahrscheinlichkeit steigt.

Die so mit den Produktdaten gefüllte Excel-Datei muss dann noch als Tabstopp-getrennte TXT-Datei abgespeichert werden und kann anschließend über das Händlerkonto bei Amazon hochgeladen werden. Auch ein FTP-Upload ist möglich und bei häufigen Änderungen des Datenfeeds sinnvoll, denn die FTP-Methode spart Zeit. Es geht einfach schneller, eine Datei mit einem FTP-Programm hochzuladen, als sich jedes Mal im Händlerkonto anzumelden und einen manuellen Upload zu starten.

Gebote festlegen

Die Anzeigenplatzierung der Amazon Produktanzeigen wird nach dem CPC-Prinzip (Cost-per-Click) geregelt, also nach einem ähnlichen Gebotssystem wie bei Google AdWords. Im nächsten Schritt müssen deshalb die Gebote für Klicks festgelegt werden.

Das Klickpreismodell der Amazon Produktanzeigen besteht aus zwei wesentlichen Bestandteilen. Je nach Produktkategorie legt Amazon unterschiedliche Mindestgebote fest, die ein Werbetreibender zahlen muss. Werden im Händlerkonto keine Gebote festgelegt, bietet man automatisch mit den Mindestgeboten. Abbildung 7 enthält eine Übersicht der aktuellen Mindestgebote. Oft ist es sinnvoll, die Mindestgebote zu erhöhen, um genügend Anzeigenschaltungen und damit Klicks zu erreichen.

Wie man in Abbildung 8 erkennen kann, können Amazon Produktanzeigen momentan nur für bestimmte Produktkategorien geschaltet werden. Beispielsweise kann man keine Softwareprodukte bewerben. Weiterhin sieht man, dass die Mindestgebote in einer gewissen Preisspanne angegeben sind. Hintergrund ist, dass die einzelnen Kategorien von Amazon noch in Unterkategorien aufgeteilt sind, bei denen die Mindestgebote variieren. Beispielsweise enthält die Kategorie „Baumarkt“ die beiden Subkategorien „Baumarkt“ (gleicher Name wie die Hauptkategorie) und „Elektro- und Handwerkzeuge“. Das Mindestgebot in der Subkategorie „Elektro- und Handwerkzeuge“ beträgt für Produkte mit einem Preis zwischen 0,01 Euro und 15,00 Euro derzeit 10 Cent, für Produkte mit einem Verkaufspreis zwischen 15,01 Euro 40,00 Euro 34 Cent und für Produkte ab einem Preis von 40,01 Euro 45 Cent. Die Mindestgebote für die Subkategorien können in der Amazon Seller Central eingesehen werden.

Für jede Produktkategorie können die Gebote erhöht werden. Ähnlich wie bei Google AdWords zahlt man jedoch nur 0,01 Euro mehr als das niedrigere Gebot eines Mitbewerbers.

Zuletzt muss nur noch ein Tagesbudget festgelegt werden, also der maximale Geldbetrag, den man pro Tag für die Klicks auf die Produktanzeigen zu zahlen bereit ist. Wenn ein Tagesbudget nicht ausgeschöpft wird, ist es am folgenden Tag höher. Beispiel: Bei einem Tagesbudget von 1.000 Euro werden nur 500 Euro ausgegeben. Dann beträgt das Tagesbudget am nächsten Tag 1.500 Euro. Wenn sich die Amazon Produktanzeigen rechnen und man „den Hahn aufdrehen möchte“, gibt es jedoch eine Höchstgrenze für das Tagesbudget. Amazon begrenzt aus technischen Gründen das Tagesbudget auf 10 Billionen Euro pro Händler ;-)

Fazit: Vielversprechendes Umsatzpotenzial mit Amazon Produktanzeigen

Amazon ist für Online-Werbeanzeigen ein prädestinierter Kanal. Verglichen mit anderen neuen Online-Werbemöglichkeiten, z. B. mit Facebook-Werbung, sind Amazon-Nutzer sehr kauforientiert. Deshalb können auch überdurchschnittlich hohe Conversion-Rates über diesen Kanal erzielt werden. Erste Tests, Studien und Händlerbefragungen belegen diese Vermutungen. Die Conversion-Rate von Amazon Produktanzeigen lag in vielen Tests nicht nur über der von Facebook-Werbung, sondern teilweise sogar deutlich über der von Google AdWords.

Ersetzen können die Amazon Produktanzeigen aber Google AdWords nicht, denn die Reichweite der Amazon Produktanzeigen ist deutlich geringer. Über Amazon kann man sich bei Weitem (noch) nicht so viele Klicks einkaufen wie bei Google. Doch schon jetzt sind die Amazon Produktanzeigen ein ernst zu nehmender Traffickanal, der Online-Händlern einen signifikanten Anstieg des CPC-Traffics bescheren kann – Traffic, der möglicherweise überdurchschnittlich gut konvertiert. Für viele lohnt es sich deshalb, die Amazon Produktanzeigen einmal auszuprobieren.