YouTube kann mehr als Image-Werbung

Christoph Seehaus
Christoph Seehaus

Christoph Seehaus (27) arbeitet als YouTube Advertising Specialist bei der Hamburger Performance-Marketing-Agentur eprofessional, wo er unter anderem für die YouTube-Kampagnen von Kabel Deutschland und Tchibo verantwortlich ist. Darüber hinaus kümmert sich Seehaus um die Weiterentwicklung des Produktportfolios der Agentur rund um den Performance-Kanal YouTube.

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27,3 Millionen deutsche Nutzer tummeln sich laut Nielsen auf YouTube. Wäre das Videoportal ein Fernsehsender, nähme es hinsichtlich der Bruttoreichweite den dritten Platz hinter RTL und SAT.1 ein. Während Unternehmen Millionen in TV-Werbung investieren, sehen die meisten in YouTube lediglich eine Plattform zur Zweitverwertung ihrer Spots. Wer die Reichweite des Videoportals nur fürs Branding nutzt, schöpft das Potenzial dieses Kanals nicht aus. YouTube verfügt über Werbeformate und Metriken, die echtes Performance-Marketing ermöglichen. Die Werkzeuge, die YouTube dafür bereitstellt, sind mächtig, wenn man sie einzusetzen weiß.

Vor fast 15 Jahren revolutionierte Google AdWords die Online-Werbung. Noch heute ist Suchmaschinenmarketing (SEA) einer der wichtigsten und effizientesten Online-Marketing-Kanäle für Unternehmen. Gibt ein User einen Suchbegriff in die Suchmaschine ein, sieht er ausschließlich Anzeigen, die zu seiner Suchanfrage passen. Der Werbungtreibende zahlt nur, wenn der Nutzer tatsächlich auf die Anzeige klickt. So profitieren beide. Der Suchende erhält relevante Informationen und derjenige, der Anzeigen schaltet, findet Nutzer mit einem konkreten Interesse an seinem Produkt. Werben auf YouTube funktioniert ähnlich, geht aber noch einen Schritt weiter.

TrueView – nur zahlen, wenn der User zuschaut

Die Algorithmen der zweitgrößten Suchmaschine, die YouTube auch ist, sorgen dafür, dass die Werbespots nicht nur in den Suchergebnissen des Portals erscheinen, sondern zusätzlich in thematisch passenden Umfeldern. Jemand, der auf YouTube eine Anleitung für seinen Internetanschluss sucht und diesen Begriff in die Suchmaske eingibt, würde neben „How-to“-Videos die Werbung entsprechender Anbieter sehen. Der Werbungtreibende kann aber seinen Spot nicht nur auf das Keyword „Internetanschluss“ ausliefern lassen, sondern auch passende Kategorien wie zum Beispiel „Internet und Telekommunikation“ buchen. Dort sind bestimmte Keywords hinterlegt, zu denen die Bewegtbild-Werbung dann ebenfalls ausgespielt wird.

YouTube hat gegenüber der klassischen Suche einen klaren Vorteil: Die Nutzer sind eher geneigt, die für sie relevanten Inhalte kompakt in Form multimedialer Inhalte zu konsumieren als z. B. FAQs der Internetanbieter nach der gewünschten Information zu durchsuchen.

Alle über ein Google-AdWords-Konto erstellten Videokampagnen werden nach „TrueView“ abgerechnet. Anders als beim klassischen SEA, wo man für den Klick auf die Anzeige zahlt, misst TrueView, ob sich der Nutzer das Werbevideo tatsächlich anschaut. Erst dann muss der Anbieter zahlen. Auch hier entsteht also eine Win-win-Situation: Die Zuschauer sehen nur Videoanzeigen, die sie interessieren, und die Unternehmen zahlen nur, wenn relevante Nutzer ihre Videos auch wirklich konsumieren. 

TrueView-Abrechnungsmodell in zwei Werbeformaten:

  • Das Format InStream ist mit einem klassischen TV-Spot vergleichbar. Es erscheint vor einem vom Nutzer aufgerufenen Video. Die User können die Anzeige nach fünf Sekunden überspringen. Der Werbungtreibende aber zahlt erst, wenn der Zuschauer den Spot mindestens 30 Sekunden angeschaut hat, oder die gesamte Anzeige, wenn diese kürzer ist. InStream-Anzeigen sind besonders effektiv, wenn man sie um ein kostenloses Companion-Banner und ein Call-to-Action Overlay ergänzt. Diese bieten zusätzliche Fläche, um Angebote prominent zu inszenieren und Interessenten direkt auf die Homepage zu leiten.
  • Das InDisplay-Format kann auf der YouTube-Suchergebnisseite bei passenden Suchanfragen und neben thematisch passenden YouTube-Videos in der rechten Spalte der empfohlenen Videos oder im Google-Display-Netzwerk platziert werden. Erst wenn ein Nutzer auf die InDisplay-Anzeige klickt und das Video startet, entstehen für den Anbieter Kosten.

Targeting + Optimierung = Performance

Wenn sich Nutzer ein Video anschauen, haben sie in der Regel danach gesucht oder auf einen Vorschlag aus der Liste der empfohlenen Videos zurückgegriffen. Sie sind also hochinvolviert und wertvoll für den Werbungtreibenden. TrueView-Formate sind vor allem dann effektiv, wenn die Zielgruppe sehr präzise festgelegt ist. YouTube bietet dazu umfangreichere Targetingoptionen als viele andere Kanäle. Neben Keywords und demografischen Daten kann man viele weitere Kriterien zur Aussteuerung der Kampagnen festlegen.

Zielgruppenfilter:

  1. Demografie: Alter, Geschlecht.
  2. Geografie: Land, Bundesland, Ort.
  3. Endgeräte: Betriebssysteme (Android, iOS etc.), Geräte (iPad, iPhone, HTC etc.), Mobilfunkbetreiber (O2, Vodafone etc.) und Endgeräte, die sich im WLAN befinden.
  4. Placements: Ein frei definierbares Set von Flächen, auf denen die TrueView-Anzeigen ausgespielt werden sollen. Das können einzelne YouTube-Videos, YouTube-Kanäle und Websites im Google-Display-Netzwerk (GDN) sein.
  5. Themen: YouTube-Kanäle und Webseiten im GDN werden anhand ihrer (Video-)Inhalte gruppiert und vordefinierten Themenkategorien zugeordnet. Wird beispielsweise die Kategorie „Kunst und Unterhaltung“ ausgewählt, werden die Anzeigen auf Kanälen und Seiten mit dem passenden Schwerpunkt geschaltet. Über Unterkategorien lässt sich diese Auswahl weiter eingrenzen, in diesem Fall zum Beispiel „Fernsehen und Video“ oder „Filme“.
  6. Auszuschließende Ziele: Bei der YouTube-Kampagnensteuerung können sowohl einzelne demografische und geografische Kriterien als auch themen- und interessenbasierte Kategorien ausgeschlossen werden.

Wie im SEA gilt auch bei YouTube: Testen. Optimieren. Testen. Das Targeting bietet viel Optimierungspotenzial, das sich aber erst im Laufe der Kampagne zeigt. Nur wer es regelmäßig anpasst, kann die volle Wirkung für Branding und Performance erzielen.

Placements beispielsweise sollten während der Kampagnenlaufzeit ständig daraufhin analysiert werden, ob sie die gewünschten Ergebnisse erzielen, und gegebenenfalls angepasst werden. So wird die Zielgruppe sukzessive verfeinert und die Kampagneneffizienz steigt. Wenn es sehr aufwendig ist zu ermitteln, welche Nutzer mit den Anzeigen interagieren, ist ein Split in einzelne Alters- und Geschlechtersegmente auf Kampagnenebene empfehlenswert. Außerdem sollte man die Leistung einzelner TrueView-Anzeigenformate überprüfen, um schnell ein detailliertes Bild über die Kampagnenperformance zu erhalten. Daraus lassen sich unmittelbar Erkenntnisse ableiten.

Nachhaltige Reichweite mit Remarketing generieren

Ein spannendes Feature für Unternehmen sind die sogenannten Remarketing-Listen. Mit Remarketing bietet YouTube die Möglichkeit, die Wirkung von YouTube-Anzeigen auf andere Kanäle zu erweitern. In einer Remarketing-Liste können Werbungtreibende YouTube-Nutzer, die bestimmte Kriterien erfüllen, markieren und erfassen. Ein Beispiel hierfür sind Besucher, die einen Spot bis zum Ende gesehen haben. Wer diese markierten User über SEA oder das GDN später erneut anspricht, erhöht signifikant die Klickwahrscheinlichkeit. Markierte Nutzer können auch für weitere Einblendungen eines Spots auf YouTube ausgeschlossen werden. So lassen sich ausschließlich neue Nutzer ansprechen und die Netto-Reichweite erhöhen.

Fazit

YouTube hat sich inzwischen nicht nur unter Branding-Aspekten zu einem Schwergewicht im Online-Marketing-Mix entwickelt. Die genannten Performance-Werkzeuge, eine stetig steigende Qualität der Inhalte sowie eine verbesserte Erfolgskontrolle durch das Zusammenwachsen von Google Analytics und YouTube steigern die Attraktivität des Kanals für performanceorientierte Werbungtreibende. Wer YouTube-fähige Spots produziert, kann auf der Plattform sehr effektiv User erreichen und neue Kunden gewinnen. Dabei kann der Bewegtbild-Kanal im Hinblick auf das Erreichen von Performance-Zielen durchaus mit Display-Kampagnen konkurrieren. Entscheidend sind ein gutes Targeting sowie eine kontinuierliche Optimierung der Kampagnenauslieferung anhand definierter Kennzahlen. Performance-Marketing mit YouTube ist längst kein Zukunftsszenario mehr, sondern Realität.

Fallstudie: Kabel Deutschland senkt Cost per Order von YouTube-Kampagne durch Performance-Ansatz um die Hälfte

Ziel:

Über den Kanal YouTube Reichweite aufbauen, den Abverkauf der Produkte Internet-Flatrates und Kabelanschlüsse Digitales Fernsehen in HD ankurbeln, und das zu einem wettbewerbsfähigen Cost per Order  – mit dieser Aufgabe wandte sich Kabel Deutschland, der größte Kabelnetzbetreiber in Deutschland, im November 2013 an die Hamburger Performance-Agentur eprofessional. Konkret lautete das Ziel: Diejenigen Zielgruppen auf YouTube identifizieren, die eine hohe Abschlusswahrscheinlichkeit versprechen, und diesen gezielt die Werbevideos von Kabel Deutschland ausspielen. Dabei sollte zunächst ein CPO ermittelt und dieser dann durch Performance-Optimierung auf ein konkurrenzfähiges Niveau gesenkt werden. Für Kabel Deutschland zudem besonders wichtig: Qualitätssicherung der Werbeumfelder zum Schutz der Marke.

Lösung:

Für die YouTube-Kampagne stellte Kabel Deutschland zwei verschiedene Werbevideos zur Verfügung. Die YouTube-Advertising-Experten wählten für die Kampagne das TrueView-InStream-Format aus.TrueView-InStream-Anzeigen können als Pre-Roll-Videoanzeigen in Partner-Content erscheinen, der auf YouTube abgespielt wird. Nach fünf Sekunden erhalten die Nutzer die Option, sich die Anzeige vollständig anzusehen oder sie zu überspringen. Kosten entstehen nur dann, wenn sich der Nutzer die Anzeige mindestens 30 Sekunden lang oder ganz ansieht. Zu Kampagnenbeginn testete das Team auch TrueView-InSearch-Anzeigen. Da diese allerdings schlechte Klickraten erzielten, wurden sie nach kurzer Zeit wieder abgeschaltet.

Um Vertragsabschlüsse für die Internet-Flatrates und Kabelanschlüsse Komfort HD (von Kabel Deutschland) zu möglichst niedrigen Kosten zu erreichen, setzte das Team darauf, alle Performance-Tools, die YouTube bietet, maximal auszuschöpfen. Über verschiedene dynamische Signale, den Content-Typ des Umfeldes und wie ein Nutzer auf das Video gestoßen war, wurde die Auslieferung der Anzeigen nach Tageszeit und nach Endgerät optimiert. Auch die Zielgruppen-Cluster wurden anhand der Performance-Werte kontinuierlich verfeinert. So wurden beispielsweise im Lauf der Kampagne verschiedene Altersgruppen ausgeschlossen, bei denen sich herausstellte, dass sie nicht entsprechend den Kampagnenzielen auf die Werbung reagierten. Ein weiterer Erfolgsfaktor im Kampagnenmanagement ist das granulare Targeting der User nach Interessen und Themen. Um die Nutzer nicht zu überfrachten und keine negativen Effekte zu riskieren, indem man den User mit zu häufigen Werbemittelkontakten nervt, wurde ein Frequency Capping von maximal zwei Kontakten pro Woche gesetzt. Auch Remarketing-Listen kamen zum Einsatz.

Das YouTube-Advertising-Team unterstützte die InStream-Kampagne durch Call-to-Action Overlays und Companion-Banner. Durch diese Maßnahme konnten zusätzlich Kaufimpulse angeregt und die User direkt in den Bestellprozess übergeleitet werden.

Maßgeblich für den Erfolg der YouTube-Kampagne von Kabel Deutschland war nicht zuletzt auch ein kanalübergreifendes Tracking, das die effektive Orchestrierung der Werbemittel, Kanäle und Budgets ermöglichte. Parallel zur YouTube-Kampagne wurden, darauf abgestimmt, SEA-Anzeigen, Display-Werbung und Gmail Sponsored Ads geschaltet. Kabel Deutschland begleitete die Online-Kampagne außerdem zeitweise mit TV-Spots, Print- und Out-of-Home-Anzeigen.

Ergebnisse

  • Innerhalb von acht Wochen wurde der CPO um 50 Prozent gesenkt.
  • Der Cost per View (CPV) konnte um 60 Prozent gesenkt werden und liegt bei sieben Cent.
  • Die Aufrufrate (d. h. der Spot wurde vollständig angeschaut) liegt konstant bei sieben Prozent.