2024 wird das Jahr der großen Entscheidungen. Das Jahr der Gegensätze. Nichts wird so sehr das kommende Jahr prägen wie das eigene persönliche Wachstum und die daran gekoppelten Entscheidungen. Das Persönliche ist in diesem Jahr nicht mehr so vom Beruflichen zu trennen, wie es bisher war. Es wird eine gemeinsame Transformation geben müssen. In die eine oder andere Richtung. Der Gesamtkontext muss gesehen werden, um es dann ins kleinste Detail übersetzen und herunterbrechen zu können. Ein Artikel, der den großen Wurf betrachtet, um das Jahr über in die Details zu gehen.
Batman vs. Joker
2024 ist das Jahr der Entscheider
Seit Corona, und verstärkt seit dem Ukraine-Russland-Konflikt, stehen wir als Gesellschaft in einer Art Wartehaltung. Das zeigt sich deutlich in der Behavioral-Jahresanalyse 2023 der Stapelfux GmbH. Das Warten auf ein Normal, das Aufhören des Luftanhaltens, der Wunsch nach „guter Führung“, es ist immer noch da. Dieses Mal aber gepaart mit dem dumpfen Angstgefühl, dass sich etwas ändern muss. Warten oder handeln.
2024 wird einiges abverlangen, denn das Ökosystem Welt zwingt uns, endlich etwas zu tun.
Ökosysteme haben das natürliche Bestreben der Selbstregulation. Sobald das eine Extrem erreicht ist, geht es in ein anderes Extrem über, sofern es keinen Mechanismus der Balance findet oder bekommt. Diese Balance bekommt es durch einen Kraftaufwand, der das Ausschwingen des Pegels in die andere Richtung aufhält: Entscheidungen und Selbstwirksamkeit eines jeden Einzelnen.
Die aktuelle Form der Makroökonomie verursacht eine gesellschaftliche Gruppenveränderung, die sich auf der mikroökonomischen Ebene bemerkbar macht.
In Deutschland sehen wir uns zusätzlich mit der Tatsache konfrontiert, dass eine gemeinsame Basis (zum Beispiel Religion, Essen, Traditionen, Kultur) fehlt, auf deren Rücken man verbindlich und sicher streiten und die Probleme der heutigen Zeit lösen kann. Wir haben zudem mit einer Erhöhung der Komplexität bei gleichzeitig sinkender Lösungskompetenz zu tun.
Dieses Dilemma spiegelt sich bereits deutlich wider, wie hier in diesem aktuellen Beispiel zu sehen ist:
Bei dieser scheinbar neutralen Anzeige, die keinerlei Provokationspotenzial in sich trägt, muss das Unternehmen feststellen, dass die Abbildung zahlreiche diskriminierende, rassistische Kommentare und aggressive Reaktionen auslöst. Das Unternehmen reagierte dementsprechend.
Hier ein kleiner Auszug der Kommentare:
Ein derartiges Beispiel zeigt sehr deutlich, wie unvorhersehbar aktuell Reaktionen sind, da sich scheinbar die Spielregeln verändern. Eine Intensivierung derartiger Geschehnisse wird zunehmen.
Die Spielregeln werden durch den Handlungsspielraum bestimmt. Dieser ergibt sich bei jedem Menschen aus dem eigenen Denk- und Bewertungssystem. Das hängt auch vom Umfeld, von Erfahrungen und der jetzigen Situation ab.
So sind Menschen aktuell beispielsweise entscheidungsmüde und mit der Komplexität der Situation überfordert. Was sie suchen, sind einfache Erklärungen und sichere Lösungen. Das spiegelt sich auch im Agenturalltag wider – längere Entscheidungswege der Kunden, höherer Beratungsbedarf sowie veränderte Kommunikationskultur mit (potenziellen) Kunden sowie (neuen) Mitarbeitern. Die scheinbare Überforderung sorgt für vermehrt negative und schwächende Emotionen, die sich häufig in selbst- und fremdschädigendes Verhalten oder aber in Stagnation entladen. Das Gesamte macht sich also sowohl auf der persönlichen als auch auf der beruflichen Ebene bemerkbar, in kleinen, zarten Nuancen und genauso auch im großen Stil.
Zwischen Batman und dem Joker – das Jahr steckt voller Möglichkeiten und Chancen. Wir sehen das Jahr der Extreme. Und aufgepasst: Dem Gefühl der Machtlosigkeit und des Chaos steht gerade das eigene mentale Ausrichten und Handeln gegenüber. In jeder Begegnung. In jeder noch so kleinen Entscheidung. In jedem Tun. In jedem Augenblick. Die Machtlosigkeit hat einen Gegenpol.
Schauen wir uns einige an:
KI vs. Mensch
Hier stehen sich der Wunsch nach einfachen Lösungen und der Preis der Qualität und gesellschaftlichen Verantwortung gegenüber. Die Auswirkungen von KI sind nicht nur unerwartet schnell, sondern auch ein weltweiter Paradigmenwechsel. Hier kann mitgestaltet werden, mitverantwortet werden. Die Output-Qualität erfordert allerdings ein sorgsames, aufmerksames und sozialverträgliches Auseinandersetzen und Umgehen. In Betracht dessen, dass der gesamte Intelligenzquotient abnimmt (Anti-Flynn-Effekt), braucht es hier verantwortungsbewusste und innovative Vordenker, die sich des Themas führend annehmen. Apropos Führung:
Führung vs. Selbstführung
Die Aufgabe von Führungskräften wurde jahrelang erfolgreich ignoriert. Woran stets gearbeitet wurde, war, wie Führung zu sein hat. Nett, fürsorglich, coachend, verständnisvoll, geradlinig etc. Dabei wurden die wesentlichen Aufgaben ignoriert, Basics, wie beispielsweise Zielsteuerung. Wie ist das möglich? Die Position der Führungskraft wurde auf ein Podest gehoben, die dafür gesorgt hat, dass Führung eine Machtposition bekam und somit auch oft Bedarfsträger angezogen hat, die diese Rolle gut ausgeführt haben. Führungskraft ist sachlich gesehen ein Job wie jeder andere auch. Man muss ihn halt machen. Nüchtern betrachtet ist es allerdings einer der Jobs, bei dem es keinerlei Ausbildung zwingend erfordert. Die Art der Scheinmacht hat bei vielen Mitarbeitern für Autoritätsangst gesorgt, was ein simples „Hey, Chef – warum soll ich das hier machen?“ nicht zugelassen hat. Spannenderweise ist die Zeit der starken/autoritären Führung wieder auf dem aufsteigenden Ast und steht Kopf an Kopf dem Mitarbeiter gegenüber, der sich auch auf Selbstwirksamkeit und Verantwortung seines eigenen Tuns verlassen kann. Auch dieses Verhalten wäre eine Transformation: weg von der emotionalen Sicht auf Führung, hin zum Sachlichen.
Big Brand vs. Ergebnisse
Es geht um Vertrauen. Die Entscheidung, wem wir Vertrauen schenken. Den großen Marken, weil sie eine Marke sind. Den Großen und Lauten, weil sie präsent sind. Dem erzeugten Image, das mein eigenes Ansehen steigert, wenn ich es like. Oder wird es einen Vertrauens-Shift geben, weg von reinen Worten, hin zu Taten und Ergebnissen. Der Fokus auf Ergebnisse ist ein nicht ganz leichter Prozess, der ebenfalls das eh schon ermüdete Gehirn erschöpft. Das kann man wohl nicht von der großen Masse der User und Kunden in jeder Situation erwarten, es ist vielmehr die Entscheidung derer, die für User und Kunden gestalten, welchen Weg sie einschlagen.
Beispiel: Awards, wie „Shop des Jahres“, entpuppen sich bei genauem Hinschauen als Non-Performer, die es an Kundenorientierung vermissen lassen. Mit Manipulationstricks arbeiten, nicht konstruktiv mit Kundendaten wachsen, aber den Hype und Jubel mitnehmen. Wem nützt es?
Ergebnisfokussierung wird sich natürlich aber auch beim User/Kunden niederschlagen, sobald die Ware nicht den gewünschten Erwartungen entspricht. Aktuell schon zu beobachten auf Marktplätzen wie Amazon.
Ego vs. Kunde
Karriere vor Kunde kostet Unternehmen aktuell viele Ressourcen. Zu sehen ist das in vielen Dingen. Im Prozessmanagement, das immer noch auf Silos und Mini-Ökosysteme ausgelegt ist. Der Umgang miteinander, Budgetkämpfe, schwerwiegende Entscheidungen, Verantwortlichkeiten, das Verständnis für den Kunden, eine gemeinsame Arbeitskultur – all das muss neu gedacht werden. Aus konsequenter Perspektive dessen, was für den Kunden und die Gemeinschaft ist. Das zu entscheiden, kostet einiges an Egos. Eine derartige Transformation würde eine neue Unternehmens- und Arbeitswelt bedeuten. Die Fusion der Abteilungen in ein Gemeinsames.
Fakes vs. Verantwortung
Es gibt bereits Arbeitsmodelle, wie OKR, New Work etc., die Versuche darstellen, etwas zu bewegen. Sie gehen leider immer noch davon aus, dass jeder einzelne Mitarbeiter den gleichen Performanceanspruch an sich hat. Derartige Modelle sind darauf ausgelegt, dass angestellte Mitarbeiter sich wie Selbstständige verhalten. Auch da gibt es erste sichtbare Bemühungen, wie Unternehmensbeteiligungen und Ähnliches. Allerdings nicht mit durchschlagendem Erfolg.
Es bedarf eines Mindsets, was Führung schaffen muss: Der Fokus auf Ergebnisse schafft eine enorme Freiheit für die Mitarbeiter, das Wie zu entwickeln und aneinander zu wachsen. Ergebniskontrolle wird nicht mehr als etwas Negatives gesehen, sondern vielmehr als die neue Währung: Geld gegen Ergebnis, statt Zeit gegen Geld.
Führung fordert Ergebnisse und legt die Ausführung in die Hände der Fachkräfte. Somit kommen wir von einer Beschäftigung hin zur Entwicklung, sofern die Entscheidung für die Übernahme der Verantwortung getroffen wird.
Omnipräsenz vs. Datenliebe
TikTok Shop, Threads, Meta and Konsorten – es besteht ein Überangebot an Spielwiesen, auf die die eigene und berufliche Präsenz gestreut wird. Das Zuviel widerspricht dem, was Kunden tatsächlich brauchen. Sie brauchen Verlässlichkeit, Transparenz und Verbindlichkeit. Das zu bedienen, bedeutet eine tiefe Auseinandersetzung mit den eigenen Datenschätzen: Wo brauchen Kunden welche Inhalte? Wie kann sich das eigene Unternehmen zusammen mit Kunden weiterentwickeln? Das bedarf einer Reduktion und Intensivierung. Eine Omnipräsenz unterstützt Oberflächlichkeit und breite Streuung, was der derzeitigen Marktentwicklung nicht mehr entspricht. Gezielte Verbesserung der Inhalte braucht eine neue Perspektive, die sich aus den Silos herausbewegen muss. Die saubere und gnadenlose Fokussierung auf die eigenen Daten erfordert, den Blick konsequent auf das eigene Tun zu richten. Weg vom Wettbewerb, von scheinbar allgemeingültigen und leichten Maßnahmenregeln und Mutlosigkeit. Datenliebe schafft Innovation und steht Auge in Auge mit oberflächiger Streuung im Omnipräsenzstil.
Tempo vs. Nachhaltigkeit
Die schnelle Conversion, der schnelle Abschluss, die Masse an Traffic. Doch was bleibt?
Sind Umsatz und Gewinn noch die zukunftsträchtigen Alleinherrscher der KPI-Welt? Oder gibt es weitere KPI, die mit in die erste Reihe gehören, damit Kunden- und Mitarbeiterbeziehungen gehaltvoller sind, globale Themen wie Klima ihren Vorstandsplatz am Konferenztisch bekommen und auf Langstrecke im Sinne einer Gemeinschaft gedacht werden kann.
Wie sehen digitale Verkaufsprozesse aus, wenn wir das Tempo einmal herausnehmen, Nachhaltigkeit und wertstiftende Elemente berücksichtigen? Auch hier kann jeder Einzelne entscheiden, nicht nur „Entscheider“.
Bonus: Klare Botschaften, die Nachhaltigkeit und Werte transportieren, gepaart mit entsprechender Handlung, werden auf Langstrecke Erfolg haben.
Manipulation vs. Beziehung
„Mach das, dann machen 67 % der User genau das, was du willst.“
Der aktuelle Status quo von Websites und Shops hat den Shift in eine bedarfsgerechte Kommunikation nicht geschafft. Gemessen an der durchschnittlichen CR von 3 bis 6 % bringen Manipulationen und verkaufspsychologische Tricks sowie der Fokus auf SEO nicht ansatzweise das, was eine gute Beziehung in ihrer Gesamtheit bieten könnte. Da gab es im vergangenen Jahr kaum deutliche Veränderungen, wohingegen sich das Kunden- und Besucherverhalten enorm verändert hat.
Die Investition in eine ernst gemeinte Beziehung, in der man an den Bedarfen und Bedürfnissen des Gegenübers interessiert ist und bereit ist, ihm genau das zu geben, schafft CR um die 80 %. Das bedarf aber auch der Aufgabe von Silos und Egos sowie des Zulassens eines Paradigmenwechsels im Verständnis zwischen Sales, Marketing und Customer-Success.
Weitere Themen
Das Jahr hält noch einige Themen bereit, die hier im Laufe des Jahres detailliert beleuchtet werden, aber der Basisschwerpunkt wird bei allen gleich bleiben: Es gibt aktuell eine sehr starke Schwarz-Weiß-Situation, in der jeder Einzelne gezwungen wird, eine Entscheidung zu treffen, um aktiv zu gestalten. Keep that in mind.
Fazit – das Treffen der richtigen Entscheidungen
- KI geht in die nächste Runde – mit oder ohne Qualität.
- Führung wird bleiben – mit oder ohne Performance.
- Trust – wem wir es schenken, entscheidet zwischen Leid und Freude.
- Kunden wird es geben – nur mit Ego halt woanders.
- KPI werden bleiben – entweder nur Umsatz oder eben Nachhaltigkeit und Gesamtheit.
- Arbeit wird bleiben – mit oder ohne Sinn.
- Social Media und Co. werden da sein – konstruktiv oder destruktiv.
Wandlung wird es geben. Ob hinein ins Chaos oder in eine gute, neue Richtung. Im großen Ganzen liegt die Macht der Entwicklung zum Guten in jedem einzelnen Menschen. 2024 ist das Jahr der großen Chancen. Selten hat man die Option, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Wandel als Gruppe zu gestalten. In diesem Jahr spielt Kontext die größte Rolle: das Gesamtbild auf makroökonomischer Ebene betrachten zu können und logische Detailschritte für den eigenen Kosmos daraus abzuleiten sowie den Mut aufzubringen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Bei all den Themen, die uns das Jahr erneut präsentiert, müssen Entscheidungen getroffen werden. Aktuell ist die Entscheidung für „das Richtige“ der durchaus unbequemere und anstrengendere Weg. Allerdings wird er auch mit der größten Karotte am Ende des Tunnels belohnt.
Das Gewahrwerden der eigenen Handlungskraft und Wirkungsmacht kann zum persönlichen und beruflichen Gamechanger werden.
Hilfreiche Skills für 2024
Emotionalität:
- Reflexionsfähigkeit
- Kritikfähigkeit
- Resilienz
- Selbstgewahrsein
- Ruhe
- Wohlwollen
- Sozialkompetenz
Sachlichkeit:
- Datenkompetenz
- Ergebnisorientiertes Prozessmanagement und Aufgabe der Silos
- Verhaltensökonomische Analysekompetenz
- Entwicklung von Performance-Marketing durch Sales-Expertise
- Konzentrations- und Achtsamkeitstraining
- Bildung
Willkommen im Jahr 2024!