Streitgespräch: WordPress oder TYPO3?

Patrick Fiedorowicz
Patrick Fiedorowicz

Patrick Fiedorowicz absolvierte 2010 erfolgreich seine Ausbildung zum IT-Kaufmann. Nun koordiniert er bei der Agentur Weder & Noch ein Entwicklerteam von fünf Personen und hat für jedes technische Problem eine Lösung parat. Seine langjährige Berufserfahrung als Web-Developer sowie das Beherrschen von 12 Programmiersprachen machen ihn zum zentralen Ansprechpartner bei der Realisierung von Webseiten und Online-Shops.

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Markus Zarte
Markus Zarte

Markus Zarte ist langjähriger WordPress- und Online-Marketing-Spezialist. Seit über zehn Jahren betreut er Solo-Selbstständige sowie kleine und mittelständische Unternehmen auf ihrem Weg ins und im Internet. Er zeigt, was eine gute Website ausmacht, wie die passende Zielgruppe am besten erreicht und Kunden über das Internet angesprochen werden können. Parallel dazu ist er als WordPress-Dozent tätig und hat bisher über 700 Teilnehmer in WordPress-Kursen & -Workshops betreut.

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Standpunkt von Patrick Fiedorowicz

 

TYPO3 – das Enterprise CMS

Bereits der Beiname zum Titel verrät, dass man hier Qualität und Professionalität von einem System erwarten kann, welches bereits seit über 20 Jahren am digitalen Markt etabliert ist. Von der kleinen Website für den Handwerker von nebenan bis hin zum riesigen Online-Portal mit Tausenden Content-Seiten ist TYPO3 flexibel einsetzbar. Dies wird durch die Websites vieler Global Player bewiesen. An Bord sind zahlreiche nützliche Features, welche vom Developer bei der Einrichtung und Programmierung bis hin zum Content-Manager bei der Befüllung und Pflege der Seiteninhalte tatkräftig unterstützen. Dabei wird die Performance der gesamten Website nie außer Acht gelassen. Und im Gegensatz zu WordPress ist das alles bereits direkt im Standard enthalten, es müssen nicht erst eine Vielzahl an Zusatz-Plug-ins gekauft und installiert werden.

Content is king

Der Content steht bei TYPO3 schon immer im Fokus. Deshalb werden viele nützliche Features geboten, die das Leben des Content-Managers erleichtern und so nicht in anderen CM-Systemen zu finden sind. Kennen Sie beispielsweise schon den Seitenbaum? Hier verwalten Sie übersichtlich die gesamte Seitenstruktur von der Startseite bis hin zu beliebig vielen Unterseiten und -ebenen ganz einfach per Drag & Drop. Kein Vergleich zur rudimentären Listenansicht in WordPress.

Außerdem bringt TYPO3 bereits verschiedene Inhaltselemente für alle gängigen Verwendungszwecke mit, welche modular auf beliebig vielen Unterseiten wiederverwendbar sind, ähnlich zum neuen Gutenberg-Konzept von WordPress, aber eben umfangreicher. Schneiden Sie Ihre Bilder im Backend bequem auf den gewünschten Ausschnitt zu und legen Sie verschieden große Bildvarianten für unterschiedliche Bildschirmgrößen fest. Selbst moderne Technologien wie das WebP-Format für besonders komprimierte, Traffic-schonende Bilder werden hier bereits seit Längerem unterstützt. Und sollte die Projekt-Anforderung noch mehr benötigen, als ohnehin bereits zur Verfügung steht, dann kann mit einfachen Programmierkenntnissen der Umfang durch eigene Elemente erweitert werden.

Soll die Website auch mehrsprachig werden? Dann richten Sie sich beliebig viele Sprachvarianten mit der Option von Fallbacks auf andere Sprachen ein und pflegen Sie Ihre Übersetzungen bequem im Backend. Auch das wird bereits im Standard ohne zusätzliche Plug-ins ermöglicht. Ein weiteres Highlight sind die detaillierten Möglichkeiten beim Rechtemanagement. Während WordPress nur eine Handvoll Benutzerrollen bietet, lassen sich mit TYPO3 beliebig viele unterschiedliche Rollen anlegen. Selbst jedes einzelne Eingabefeld im Backend lässt sich genau steuern, ob es einem bestimmten Redakteur angezeigt werden soll oder eben nicht. Sein Zugang wird somit auf das gerade Notwendigste beschränkt, womit ein hoher Grad an Übersichtlichkeit erreicht werden kann.

Performance und SEO

TYPO3 bietet ideale Voraussetzungen, um eine gute Platzierung bei Suchmaschinen zu ermöglichen. Hierfür stehen auf technischer und inhaltlicher Ebene alle gängigen SEO-Maßnahmen zur Verfügung, um ein erfolgreiches Online-Marketing zu gewährleisten. Der Developer muss sich darum weniger Gedanken machen, die wichtigsten Funktionen sind bereits von Haus aus aktiv. Und dank des integrierten Caching-Frameworks wird die Ausgabe des Inhalts zwischengespeichert und bei jedem weiteren Aufruf stets schnell ausgeliefert – sowohl der User als auch Google werden es belohnen.

Zahlreiche Analysen von TYPO3- und WordPress-Websites mit Googles Qualitätsmessungs-Tool „Lighthouse“ sprechen hier eine eindeutige Sprache: Bei ähnlichem Funktionsumfang erreichen TYPO3-Websites am Desktop stets mehr Performance-Punkte als jene mit WordPress. Bei Mobile-Analysen klafft dieser Unterschied sogar noch viel weiter auseinander. Dies ist meist darauf zurückzuführen, dass WordPress die erforderlichen Optimierungen nicht mitbringt oder eine zu große Anzahl an zusätzlichen Plug-ins sich negativ auf die Ladezeiten auswirkt.

Sicherheit und Verfügbarkeit

Neben der Performance der Website ist auch die Sicherheit sehr wichtig, um eine hohe Verfügbarkeit des gesamten Webauftritts zu gewährleisten. TYPO3 ist bekannt dafür, durch seine Codequalität eine besonders hohe Herausforderung für potenzielle Hacker-Angriffe darzustellen. Jede TYPO3-Version durchläuft hierbei Lebenszyklen von drei Jahren und wird durch regelmäßige Aktualisierungen von einem Entwicklerteam up to date gehalten. Die Vorteile liegen auf der Hand: Zum einen wird Planungssicherheit für einen in der IT-Welt langen Zeitraum gewährleistet. Zum anderen wird durch die Unabhängigkeit von individuellen externen Plug-in-Entwicklern vermieden, dass Sicherheitslücken im Code ungeschlossen bleiben oder ein Modul von heute auf morgen verwaist und nicht mehr weiterentwickelt wird.

Also: WordPress oder TYPO3?

Wie bei so vielen technischen Themen ist es immer schwierig, eine allgemeingültige Antwort zu finden. Starten wir mit einem neuen Web-Projekt, hat so mancher Kunde bereits eine konkrete Vorstellung zur Umsetzung und damit auch bezüglich der Wahl des CMS. Doch wenn dies nicht der Fall ist, können wir oft mithilfe einiger Fragen das richtige CMS bestimmen:

  • Wie groß ist der geplante Umfang der Website und was wird zukünftig noch ergänzt?
  • Wird die Website mehrsprachig?
  • Wie viele Redakteure arbeiten im System und sind unterschiedliche Berechtigungsebenen notwendig?
  • Welche Rolle spielen Performance und SEO?
  • Wie hoch ist die Anzahl der zu erwartenden Seitenbesucher?

Natürlich gibt es noch deutlich mehr Faktoren, welche wir intern und extern diskutieren, um eine sinnvolle Entscheidung zu treffen. Aber aufgrund der hohen Skalierbarkeit und der Fülle an Features eignet sich TYPO3 am besten bei großen und komplexen Projekten – aber am Ende ist es selbstverständlich immer eine individuelle Entscheidung.

Standpunkt von Markus Zarte

Warum ich mich vor über zehn Jahren auf WordPress (WP) spezialisiert habe? Ich habe zuvor mit Typo3 gearbeitet und bin immer wieder auf Probleme mit schwierigen, nicht zeitgemäßen Lösungsansätzen gestoßen. Eine Designvorlage musste kompliziert eingebunden werden und das Backend ist alles andere als selbsterklärend. Dabei sind die Kosten für Unternehmen, die TYPO3 einsetzen wollen, immens. Dies alles waren Gründe, um auf WordPress umzusteigen. Dort sieht alles ganz anders aus.

Hier ein paar Fakten zum Start: Immer mehr kleine und mittelgroße Unternehmen setzen auf WordPress als Basis ihrer Websites. Der Marktanteil von WordPress bei den Content-Management-Systemen liegt bei ca. 60 Prozent. TYPO3 erreicht gerade mal etwa 6 Prozent. Laut WordPress.org verwenden über 60 Millionen Menschen WP als virtuelles Zuhause ihrer Website. Jeden Tag gehen etwa 500 Websites, die auf WP basieren, an den Start. Allein die aktuelle Version 5.7 wurde über 63 Millionen Mal heruntergeladen (Stand 06/2021).

Schnell installiert und einfach im Handling

Die Grundversion von WordPress lässt sich mit wenigen Klicks installieren und ohne Programmierkenntnisse professionell bedienen. Das System ist im Grunde selbsterklärend. Die Einarbeitung – auch durch Laien – gelingt in wenigen Stunden. Der laufende Betrieb, das Einspielen von Updates sowie die regelmäßige Wartung gehen einfach von der Hand, lassen sich mit geringem Aufwand durchführen und sind im Gegensatz zu TYPO3 recht einfach.

Einfache Erweiterung des Systems

In der Basisversion ist WordPress für den Betrieb einer Website und/oder eines Blogs ausgelegt. Um unterschiedliche Anforderungen, wie beispielsweise die Anbindung eines Shopsystems, in WP abbilden zu können, gibt es die Möglichkeit, sogenannte Plug-ins zu installieren. Dabei kann man auf eine riesige Anzahl kostenloser und kostenpflichtiger Erweiterungen zugreifen. Allein das offizielle WordPress-Plug-in Directory enthält über 55.000 kostenlose Plug-ins. Mit diesen kleinen Helferlein lassen sich alle erdenklichen Ideen umsetzen und die WordPress-Installation ordentlich aufrüsten.

Große Auswahl beim Design

Neben einem schicken Layout ist es heute wichtiger denn je, dass die eigene Website auf unterschiedlichen Geräten wie Smartphones, Tablets und Rechnern eine gute Figur macht und sich dem jeweiligen Ausgabegerät anpasst. Dafür gibt es für WordPress zahlreiche vorgefertigte Designs (in WordPress Themes genannt) – auch hier kostenlos und kostenpflichtig. Die kostenpflichtigen Varianten verfügen meist über deutlich mehr Features als die kostenlosen Themes. Ein zeitgemäßes Design lässt sich in WordPress aber auch mit einem sogenannten Visual Composer (der Platzhirsch hier: Elementor) per Drag-and-drop zusammenstellen. Mit ein wenig grafischem Gespür und minimalen HTML/CSS-Kenntnissen lässt sich in kurzer Zeit eine ansehnliche Website erstellen. Auch das sieht bei TYPO3 anders aus. Meist muss für TYPO3 ein entsprechendes Layout programmiert werden. Das dauert nicht nur lange, sondern kostet auch deutlich mehr.

Kosten

Da das Content-Management-System WordPress (wie auch TYPO3) in der Grundversion als Open-Source-Lösung angeboten wird, entstehen erst einmal keine Kosten. Der preisliche Unterschied ergibt sich bei der Einrichtung des Systems und dessen Betrieb. Hier punktet klar WordPress. Der Zeitaufwand, um die neue Website an den Start zu bringen, ist überschaubar. Aber auch die regelmäßige Wartung und Pflege der Website kostet bei WordPress deutlich weniger. So lässt sich mit wenig Budget eine sichere Installation betreiben. Auch Updates sind bei TYPO3 komplizierter und damit kostspieliger.

Ist WordPress sicher?

Oft hört man, dass TYPO3 das Bollwerk für Websites sei. Das mag sein. Doch steht einem einfachen Betrieb auch hier wieder die Komplexität im Weg. Durch die weite Verbreitung von WordPress ist das System oft das Ziel von Hackerangriffen. In den vergangenen Jahren hat WP bei den Sicherheitsstandards ordentlich zugelegt. Die Entwickler erkennen schnell existierende Lücken und geben entsprechende Updates heraus. Auch mit Plug-ins wie beispielsweise Wordfence Security oder Sucuri Security lässt sich zusätzlich viel erreichen und die Website sicher wie Fort Knox machen.  

Suchmaschinenoptimierung

Wer weit oben bei Google gefunden werden möchte, hat mit WordPress ein einfaches, aber effektives Content-Management-System an der Hand. Google liebt WordPress. Das ist nicht verwunderlich, da Inhalte schnell geladen und für die Suchmaschine bereitgestellt werden. Um eine fundierte Suchmaschinenoptimierung betreiben zu können, wird ebenfalls auf ein Plug-in gesetzt. Egal ob RankMath oder YOAST SEO, beide Erweiterungen bieten in der kostenlosen Version alles, was für eine gute Position in Google benötigt wird.

Bei TYPO3 sieht das in der Regel anders aus. Um eine gute Optimierung zu erreichen, muss das System oft angepasst werden. Aber wer will schon seine Zeit mit der Einrichtung verschwenden, wenn er sie in die Optimierung stecken kann.

Fazit: Wenn Sie Zeit und Geld im Überfluss haben, dann setzen Sie gerne auf TYPO3. In allen anderen Fällen empfehle ich WordPress. Damit lassen sich zeitgemäße, schicke und für alle Geräte angepasste Websites, Blogs und Shops erstellen, mit wenig Aufwand und einem überschaubaren Budget.