Micro-Influencer zählen mit bis zu 100.000 Followern zu den authentischsten und glaubwürdigsten Meinungsbildnern im Social Web. 63 % der Unternehmen bevorzugen laut einer BVDW-Umfrage Micro-Influencer, um die Zielgruppen passend anzusprechen. Maria Gillich erklärt, für welche Unternehmen Micro-Influencer Sinn machen, mit welchen Methoden und Tools man geeignete Influencer findet, Fake-Follower und -Engagement ausfindig macht und schlussendlich, wie man eine Influencer-Kampagne erfolgreich umsetzt und die Ergebnisse am Ende auch messbar macht.
Micro-Influencer: Die Hidden Champions im Social Web
Die Influencer-Marketing-Industrie wächst und professionalisiert sich stetig weiter. Mittlerweile ist die Zusammenarbeit mit Influencern zum Mainstream geworden und Instagram, YouTube und Blogs entwickeln sich zu bewährten Plattformen für Werbetreibende.
Laut einer aktuellen Befragung des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) haben über 70 % der befragten Personen keine Probleme damit, dass Influencer „Werbung machen“. 40 % gaben allerdings an, dass dies nur der Fall sei, wenn die Werbung auch als solche gekennzeichnet werde und damit die nötige Transparenz gegeben sei. Zudem liegt der Fokus in der Zusammenarbeit klar auf Bloggern, Nischen- und Micro-Influencern. Es sollen also gezielt bestimmte Zielgruppen und nicht eine größere Masse adressiert werden.
Um die eigene Zielgruppe mit Influencer-Marketing bestmöglich zu erreichen, ist eine durchdachte Strategie nötig und Kreativität gefragt. Den kreativen Input bringen Influencer meist selbst ein, da sie am besten wissen, wie sie ihre Follower erreichen und aktivieren können. Auf Unternehmerseite ist nach der Zielfestsetzung strategisch gesehen die wichtigste Entscheidung, welche Influencer ausgewählt werden. Es gibt eine Vielzahl an Influencer-Typen. Um den idealen Influencer für seine Marke zu finden, ist es nötig, zunächst einmal die unterschiedlichen Arten an Influencern und deren Vorteile und Nachteile zu kennen.
Unterscheidung der Kern-Influencer-Typen
Influencer ist nicht gleich Influencer. Es gibt viele verschiedene Arten von Influencern – von den großen Stars wie Chiara Ferragni mit 16,3 Mio. Followern auf Instagram oder Zack King mit 20,5 Mio. Followern auf Instagram und 3,6 Mio. Abonnenten auf YouTube über viele mittelgroße und kleine Mami-Blogger, Travel-Influencer und Co.
Immer mehr Unternehmen integrieren Influencer-Marketing nachhaltig in ihre Marketing-Strategie. Umso wichtiger ist es daher, die unterschiedlichen Creator-Gruppen zu identifizieren, deren einzigartige Charakteristiken zu verstehen und für die eigene Kampagne zu nutzen.
Die Influencer-Welt unterteilt sich in drei Hauptgruppen. Zum einen gibt es die Mega-Influencer oder auch Social-Media-Stars, deren Follower-Anzahl bei über einer Million liegt. Unter Macro-Influencern versteht man professionelle Creators, die viel Zeit und Leidenschaft in einen bestimmten Bereich wie beispielsweise Gaming, Fotografie oder auch Kosmetik investieren. Die Spannbreite der Follower bewegt sich hier zwischen 100.000 und 1 Million. Micro-Influencer haben zwischen 10.000 und 100.000 Follower und werden von ihrem Publikum am authentischsten wahrgenommen. Sie haben eine sehr starke Bindung zu ihrer Community und dadurch meist auch eine starke Interaktion.
Nur ein Follower oder doch ein Freund?
Nichts ist mehr wert als eine Empfehlung durch einen guten Freund. Sie genießen aufgrund der hohen Vertrautheit und Glaubwürdigkeit einen besonderen Stellenwert. Genau an diesem Punkt setzen Micro-Influencer an. Während Social-Media-Stars an einem Tag Nike und am anderen Adidas anpreisen, gelten Micro-Influencer als Personen, die Produkte aus Überzeugung bewerben. Oftmals sind sie Experte in einem bestimmten Gebiet oder haben eine besondere Leidenschaft für ein Thema. Ihre Followerschaft besteht aus Familie, Freunden, Freundesfreunden und Gleichgesinnten, die sich aufgrund der gleichen Passion mit dem Influencer verbunden fühlen. Dadurch sind für Micro-Influencer nahezu alle Follower auf eine gewisse Weise auch Freunde, mit denen sie in regem Austausch stehen, deren Meinung sie schätzen und denen sie dafür auch gerne einen echten Mehrwert bieten möchten.
Vorteile der Zusammenarbeit mit Micro-Influencern
Viele Social-Media-Stars und Macro-Influencer sind durch ihr Ansehen und ihre hohe Follower-Anzahl in der Position, sehr wählerisch im Bezug auf die Zusammenarbeit mit Unternehmen sein zu können. Sie bekommen eine Vielzahl an Anfragen und können sich daher aussuchen, mit wem sie am liebsten zusammenarbeiten, und sich die Kooperation auch entsprechend hoch honorieren lassen. Für viele Unternehmen liegt eine Kooperation daher nicht im Rahmen ihres Budgets.
Betrachtet man die Situation aus einer rein finanziellen Sicht, macht dies die Zusammenarbeit mit Micro-Influencern speziell für kleine und mittelständische Unternehmen besonders attraktiv.
Viele Micro-Influencer betreiben ihr Social-Media-Profil oder ihren Blog als Hobby neben ihrem Vollzeit-Job. Sie haben also ein fixes Einkommen, das unabhängig vom Entgelt durch Influencer-Kooperationen monatlich einfließt. Zudem wird die Follower-Anzahl oftmals als Grundlage der Vergütung herangezogen. Das bedeutet, je weniger Follower ein Influencer hat, desto niedriger sind oftmals auch die Kosten. In manchen Fällen reicht es bereits aus, das zu bewerbende Produkt kostenfrei zur Verfügung zu stellen, ohne eine zusätzliche entgeltliche Vergütung zu leisten.
Aufgrund der vergleichsweise geringen Kosten haben Marken zudem die Möglichkeit, mit mehreren Influencern parallel zusammenzuarbeiten und dadurch eine breitere Zielgruppe anzusprechen. Auch können sie gegentesten, mit welchen Influencern oder Bereichen der größte Erfolg erzielt wurde, und die dadurch gesammelte Erfahrung in zukünftige Kampagnen einfließen lassen.
Auch decken Micro-Influencer eine große Spannbreite an Nischen ab. Durch die Vielzahl an Themengebieten findet jede Marke die passende Nische und den passenden Influencer, um ihr Produkt optimal zu präsentieren. Unternehmen können also ihre Zielgruppe entsprechend dem Geschlecht, dem Alter oder auch den Interessen exakt ansprechen. Zudem können durch Kooperationen mit speziellen Nischen-Influencern auch neue Zielgruppen erschlossen werden.
Micro-Influencer pflegen eine sehr enge und aktive Beziehung zu ihren Followern. Sie profitieren von ihrer geringen Reichweite, da sie dadurch im persönlichen Austausch stehen können. Ihre Follower sind sehr interessiert an ihrer Meinung und schätzen ihre Empfehlungen. Zudem ähneln sich Follower und Influencer oftmals in der Persönlichkeit und den Interessen. Gefällt einem Micro-Influencer eine Marke, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass seine Community ebenfalls großes Interesse dafür zeigt. Dies führt dazu, dass die Engagement-Rate deutlich höher ist als bei Macro-Influencern.
„Die Engagement-Rate gibt an, inwiefern Follower tatsächlich mit den Inhalten der Influencer interagieren. Da Micro-Influencer eine sehr loyale und aktive Community haben, ist diese meist deutlich höher als bei Macro-Influencern.“
Herausforderungen in der Zusammenarbeit mit Micro-Influencern
Die Zusammenarbeit mit Micro-Influencern bringt viele Vorteile mit sich. Jedoch gibt es auch ein paar Aspekte, die beachtet werden sollten, um die Kooperation und deren Ergebnisse realistisch bewerten zu können.
Die Reichweite von Micro-Influencern ist mit maximal 100.000 Followern vergleichsweise niedrig. Ist das Ziel einer Marke, möglichst viel Reichweite zu generieren und die Markenbekanntheit zu steigern, macht es daher durchaus Sinn, eine Zusammenarbeit mit einem Macro-Influencer in Erwägung zu ziehen. Zwar haben Micro-Influencer eine höhere Engagement-Rate, das tatsächliche Volumen an Interaktionen kann jedoch aufgrund der hohen Follower-Anzahl oftmals nicht übertroffen werden.
Influencer-Marketing ist kein Abverkaufskanal, sondern dient in erster Linie dem Branding. Möchte man mit der Influencer-Kampagne jedoch einen bestimmten ROI (der Return-on-Investment beschreibt das Verhältnis zwischen Investition und Gewinn) erzielen, sollten Macro-Influencer die erste Wahl sein. Um also direkte Abverkaufsziele umzusetzen, sollte man auf größere Macro-Influencer setzen, da diese besonders unter den jüngeren Generationen wahren Star-Status genießen und die beworbenen Produkte unter anderem gekauft werden, um sich den Idolen möglichst nah zu fühlen.
Auch gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Micro-Influencern meist aufwendiger, da sie aufgrund ihrer fehlenden Erfahrungswerte an die Hand genommen werden müssen. Macro-Influencer können auf langjährige Erfahrung zurückgreifen und haben bereits unzählige Kooperationen hinter sich, was bedeutet, dass sie sich mit Verträgen, Briefings und der korrekten Werbekennzeichnung bestens auskennen und daher weniger Zeit für diese Bereiche aufgewendet werden muss.
Den idealen Influencer finden
Relevante Influencer sind schwer zu finden. Immer mehr Personen versuchen, in diesem Business Fuß zu fassen und sich eine entsprechende Community auf den Social-Media- Kanälen aufzubauen. Zudem besteht besonders in der Anfangszeit der Influencer die Gefahr, dass Bots und andere Methoden angewendet wurden, um sich schnell die ersten 10.000 Follower aufzubauen und aufgrund der dann freigeschalteten Swipe-up-Funktion erst interessant für Kooperationen zu werden. Sich durch die vielen Accounts zu klicken und diese manuell zu überprüfen, kostet enorm viel Zeit. Um sich die Suche zu erleichtern, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten.
Die einfachste und effektivste Methode ist, zunächst die eigenen Follower anzusehen, denn die besten Influencer sind die, die bereits Fan der eigenen Marke und des Produktes sind. Befinden sich also unter den eigenen Followern relevante Micro-Influencer, die die entsprechende Reichweite und das nötige Engagement mit sich bringen? Auch wenn das Durchstöbern etwas Zeit in Anspruch nimmt, ist dafür die Ansprache einfacher, da die Influencer die Vorteile ihrer Lieblingsprodukte bereits kennen und sie aus Überzeugung bewerben. Zudem wirkt die Bewerbung sehr authentisch, da sie die Produkte im tatsächlichen Leben nutzen und eventuell bereits in der Vergangenheit davon berichtet haben.
Auch kann nach relevanten Hashtags gesucht werden, die Influencer in ihren vergangenen Postings genutzt haben. Um die Suche effektiv zu gestalten, sollten die Hashtags möglichst präzise gewählt werden. Beispielsweise sollte statt #food lieber nach #veganfood gesucht werden. Das reduziert die Anzahl an Posts enorm und grenzt passende Influencer ein.
Blender erkennen und Fake-Follower ausfindig machen
Es gibt viele kostenfreie und kostenpflichtige Tools auf dem Markt, die zudem die Suche nach geeigneten Influencern erleichtern. Das bekannteste Tool ist InfluencerDB. Aber auch Socialblade, Likeometer oder HypeAuditor bieten die Möglichkeit, geeignete Influencer herauszufiltern. Mithilfe der Tools lassen sich Influencer beispielsweise nach geografischer Lage, Anzahl Followern, Publikums-Alter und -Geschlecht filtern. Zudem analysieren diese Tools die Follower- und Interaktions-Qualität der einzelnen Influencer, wodurch gekaufte Follower und anderweitige Fraudversuche schnell ausfindig gemacht werden können.
An einem konkreten Beispiel könnte das wie folgt aussehen: Ein Influencer mit 100.000 Followern verlangt für einen Instagram-Post 1.000 €. Wenn bei der Analyse mithilfe eines Tools herauskommt, dass sich unter den Followern 10 % Massen-Follower und 15 % Bots befinden, sind das insgesamt 25 % an Followern, die für eine Zusammenarbeit unbrauchbar sind. Es wurden also 250 € für Follower gezahlt, die einem im Endeffekt keinen Nutzen bringen.
Kampagnen-Ergebnisse messbar machen
Ist der passende Influencer gefunden, geht es an die Kampagnenumsetzung entsprechend den vorab definierten Zielen und Rahmenbedingungen.
Bereits während der Kampagnenlaufzeit können erste Entwicklungen beobachtet und dadurch direkt auf aktuelle Gegebenheiten reagiert und das Ergebnis positiv beeinflusst werden. Lief die Kampagne nicht gut an, kann gegebenenfalls noch etwas nachjustiert werden. Verlief der Start der Kampagne erfolgreich, kann diese durch Interaktion mit der Community weiter gestärkt werden.
Die Followeranzahl (= Reichweite) der Influencer gibt einen groben Richtwert, wie viele Personen mit der Kampagne erreicht werden können. Anhand dieser Kennzahl werden oftmals die Preise der Influencer festgelegt. Durch die Instagram-Insights, auf die Business-Profile Zugriff haben, kann die tatsächliche Anzahl an erreichten Personen herausgefiltert werden. Daher sind diese Impressions relevanter und aussagekräftiger als die reine Reichweite. Auch die kumulierte Anzahl an Likes, Kommentaren und Shares ist eine wichtige Kennzahl zur Bewertung der Kampagne, da dieses Engagement die Interaktion der Follower mit dem Content widerspiegelt.
Zu den wichtigsten Metriken, die sich außerhalb der Social-Media-Profile der Influencer beobachten lassen, zählt beispielsweise auch der Webseiten-Traffic. Steigt dieser während der Laufzeit der Kampagne an, so kann dies eindeutig auf die Influencer Kampagne zurückgeführt werden. Ebenso verhält es sich mit dem Anstieg neuer User oder Kunden. Beides sind gute Indizes, dass die Kampagne erfolgreich war und die Brand-Awareness gesteigert wurde.
Verfolgt man mit der Influencer-Kampagne bestimmte Absatzziele, können Saleszahlen ebenso gemessen werden. Hierfür kann man die Sales während der Kampagnenlaufzeit entweder auf besonderen Anstieg messen oder mit exklusiven Gutscheincodes arbeiten, die den Influencern zur Verfügung gestellt werden.
„Alle relevanten Meriken sollten klar definiert, gemessen, ausgewertet und dann für zukünftige Kooperationen entsprechend optimiert werden.“
Neue Unternehmens-Chancen durch Micro-Influencer
Bis zum Jahr 2020 werden sich Influencer-Kooperationen laut der Influencer-Marketing-Marktstudie von Goldmedia in der DACH-Region zu einem Milliarden-Markt entwickeln.
Durch die Zusammenarbeit mit Micro-Influencern haben besonders auch kleine und mittelständige Unternehmen die Chance, sich mit geringem Budget auf dem stetig weiterwachsenden Markt zu positionieren und ihre Produkte und Marken authentisch und zielgruppengerichtet zu präsentieren.
Wir können also festhalten: Wenn bei der Influencer-Auswahl auf den nötigen Brand-Audience-Fit geachtet wird, wenn man Mut zu neuen Ideen hat und den Influencern den nötigen kreativen Freiraum lässt, kann sich die Zusammenarbeit zu einer wertvollen Marketingstrategie entwickeln. Influencer-Marketing befindet sich aktuell im Aufschwung der Professionalisierung, was die Zusammenarbeit jetzt besonders attraktiv macht, um sich an das Thema heranzutasten und es gegebenenfalls langfristig im unternehmensinternen Marketing-Mix zu integrieren.