Egal ob Content-Marketing, Inbound-Marketing oder SEO – erfolgreiche Inhalte tragen in jeder guten Online-Marketing-Strategie entscheidend zum Erfolg bei. Schlechte oder ungeeignete Inhalte können diesem Ziel im Wege stehen und den Nutzer von einer Konversion abhalten oder gar von der Webseite verjagen. Zielgerichtet gute von schlechten Inhalten unterscheiden zu können, ist daher eine essenzielle Aufgabe jeder Maßnahme, über Inhalte Reichweite, Bekanntheit oder gar Kunden zu gewinnen. Ein datengestützter Content-Audit kann hierbei helfen. Allerdings gibt es ebenso viele Vorbereitungen zu treffen wie Fallstricke und Fehler zu vermeiden. Mit welchen Vorbereitungen es dennoch gelingen kann, versucht Kai Spriestersbach im ersten Teil des Artikels zu erläutern.
Content-Audit done right – Teil 1/2
Die Anforderungen an hochwertige Inhalte nehmen aus Sicht der Suchmaschine ebenso zu wie auch der Wettbewerbsdruck, den der vom Marketingspezialisten Mark Schaefer 2014 postulierte Content-Schock auslöst. Laut PQ Medias „Global Content Marketing Forecast 2015-19“ (www.marketingmag.com.au/news-c/content-marketing-will-300-billion-industry-2019/) werden die Content-Marketing-Budgets in den nächsten Jahren weiter zweistellig wachsen und bis 2019 auf satte 300 Milliarden Dollar anschwellen. Laut einem Forrester-Report aus dem Jahre 2014 (www.forrester.com/report/US+Digital+Marketing+Forecast+2014+To+2019/-/E-RES116965) wird dann bis 35 % des Marketing-Budgets für Inhalte ausgegeben (derzeit sind es 29 %). Was im digitalen Marketing längst Standard ist, nämlich die Performance jedes Kanals zu messen und bis auf das einzelne Werbemittel auszuwerten, scheint in den Content-Marketing-Agenturen und SEO-Abteilungen jedoch bislang sträflich vernachlässigt zu werden. So haben laut einer Studie der Content-Marketing-Plattform Curata (www.curata.com/blog/content-marketing-strategy-2016/) ganze 37 % der befragten Content-Marketer noch nie einen Content-Audit durchgeführt. Dabei kann eine gut durchgeführte Inhaltsprüfung helfen, das eingesetzte Budget effizienter zu nutzen, besonders erfolgreiche und schwache Inhalte zu identifizieren, und ermöglicht es somit, kontinuierlich und nachhaltig die Content-Qualität zu steigern. Langsam, aber sicher setzt sich die Erkenntnis durch, dass es lohnender sein kann, auf eine nachhaltige Content-Strategie zu setzen, seine vorhandenen Assets zu analysieren und nach und nach zu verbessern, anstatt blind neue Inhalte zu erstellen und zu veröffentlichen.
Mit Content-Audits zum SEO-Erfolg
Ein guter Content-Audit umfasst die Analyse und Bewertung sämtlicher vorhandener Inhalte und ermöglicht es, die Stärken und Schwächen der Inhalte aufzudecken, um diese an die aktuellen Marketingziele und -aktivitäten anzupassen. Gerade in der Suchmaschinenoptimierung sollte man seine Arbeit eher als einen andauernden Prozess verstehen, der die kontinuierliche Verbesserung der internen Strukturen, der Website-Texte und -Interaktionen sowie der Verlinkungen von externen Webseiten umfasst, um die Sichtbarkeit von Websites in der Suchmaschine nachhaltig zu verbessern. Dabei steht, spätestens seit den Umwürfen der Panda-Updates und der Einführung der Generation selbstlernender Algorithmen, endlich der Nutzer und seine Zufriedenheit im Zentrum der Bemühungen. Die Gebrauchstauglichkeit und Benutzerfreundlichkeit der Webseite sollte also sowohl aus gestalterischer und struktureller als auch aus inhaltlicher Sicht kontinuierlich gesteigert werden.
Zitatkasten am Rand: Das Ziel erfolgreicher und nachhaltiger Suchmaschinenoptimierung ist es also, nicht nur die oberste Position einer Suchmaschinenergebnisseite zu erreichen, sondern diese auch durch die Befriedigung der Bedürfnisse der Suchenden zu behalten.
Die Qualität von Inhalten zu messen, ist nicht einfach
Um Inhalte sinnvoll datengestützt bewerten zu können, ist es unerlässlich, erweiterte Messmethoden einzusetzen. Standard-Metriken wie Absprungrate, Verweildauer oder die Anzahl besuchter Seiten können zwar als Anhaltspunkte dienen, haben isoliert betrachtet jedoch keine Aussagekraft über die Qualität des Contents. So wäre beispielsweise ein Nutzer, der mittels geschlossener Frage nach einer einzigen Information sucht, wie der aktuellen Wasser-Temperatur des Mittelmeeres, bereits mit deren Angabe zufrieden und wird in der Regel weder besonders lange auf der Seite verweilen noch eine weitere Seite benötigen.
Vorsicht! Ein Dokument mit einer Absprungrate von annähernd 100 %, weniger als drei Sekunden Aufenthaltsdauer und nur 1,01 Seiten je Besuch, kann eine hervorragende Performance im Sinne der Nutzerzufriedenheit besitzen. Sehen Sie also genauer hin!
Die gute Nachricht lautet jedoch: Ausgefeilte Messmethoden für Inhaltsbewertungen in der Webanalyse existieren bereits und können teilweise als Best Practices adaptiert und auf die eigenen Inhalte angepasst werden. So lassen sich Fragen beantworten wie: „Welche Autoren oder Kategorien in meinem Blog liefern eigentlich den meisten Traffic auf die Verkaufsseiten?“, oder: „Welche Inhalte führen zu Newsletter-Anmeldungen und mit welchen davon wird später auch tatsächlich Umsatz generiert?“ Einen Einstieg in das Thema liefert beispielsweise dieser Artikel bei Builtvisible.com (builtvisible.com/measuring-content-success-with-gtm/). Doch um die Zielerreichung der veröffentlichten Inhalte exakter messen zu können, muss zunächst einmal das Ziel klar sein.
Ziele der Inhalte definieren und deren Zielerreichung messen
Dass Content- Marketing kein Selbstzweck ist, sollte angesichts der eingesetzten Budgets klar sein, jedoch machen sich die wenigsten Marketer das konkrete Ziel des Inhaltes, also dessen „Sinn“, wirklich klar. Natürlich ist es viel einfacher, ziellos irgendwelchen Suchvolumina und Content-Trends hinterherzujagen, doch es lohnt, sich Gedanken über den Zweck der Inhalte zu machen. So sollte jeder Inhalt, also jedes Stückchen Information, jede Grafik, jedes Video, ja jede Landingpage und auch jeder Blogbeitrag einem bestimmten Zweck dienen und demnach auch darauf ausgerichtet, gemessen, analysiert und verbessert werden können.
Die konkreten Content-Ziele sind dabei jedoch so individuell, wie es Ihr Geschäftsmodell und Ihr Unternehmen sind. Daher müssen Sie für sich selbst das richtige Content-Measuring-Framework finden. Ein guter Anfang wäre es, unterschiedliche Inhaltsarten separat zu betrachten. So sollten Blogeinträge beispielsweise getrennt von Nachrichten, Produktbeschreibungen oder Landingpages analysiert werden. Eine weitere sinnvolle Trennung bei der Betrachtung der Content-Performance stellt die Phase der Customer Journey (Awareness, Consideration, Decision) dar, für welche der Inhalt gedacht ist. Ihr „Awareness-Inhalt“ kann beispielsweise sehr viel Traffic anziehen, aber eine geringe Konversionsrate aufweisen, wo hingegen der „Consideration-Inhalt“ zwar wenig Traffic, aber dafür viele Leads generieren kann.
Idealerweise definieren Sie das jeweilige Ziel einer Seite vor deren Erstellung und Veröffentlichung. Allerdings können Sie auch nachträglich noch Ziele für vorhandene Seiten festlegen. Dabei stoßen Sie eventuell bereits auf Inhalte, die mehrere Ziele adressieren, also weder Fisch noch Fleisch sind. Zwar können Sie durchaus einen primären Call-to-Action (CTA) mit einer sekundären Handlung ergänzen, jedoch müssen diese schon relativ nahe innerhalb der Customer Journey beieinanderliegen, damit das Ganze sinnvoll für den Nutzer ist. So könnten Sie beispielsweise in einem Artikel über die Bedeutung einer professionellen Dienstleistung den Nutzer auffordern, direkt eine Anfrage an Sie zu senden. Falls der Nutzer an diesem Punkt jedoch noch nicht überzeugt ist oder noch keinen konkreten Bedarf verspürt, können Sie ihn auch mit dem sekundären CTA auf eine Newsletter-Anmeldung oder einen weiteren Artikel aufmerksam machen.
Die Ziele müssen zum Inhalt passen!
Natürlich kann nicht jeder Artikel direkt verkaufen, daher kann auch der Umstand, dass ein Artikel bis zu Ende gelesen wurde, durchaus als Soft-Konversion gemessen werden. Virale Inhalte und spezielle Seeding-Inhalte, die Verlinkungen anziehen sollen, sollten Sie wiederum eher nach der Anzahl der entstandenen Verlinkungen oder der Anzahl der Shares im Verhältnis zu den Aufrufen betrachten. Content, der zur Diskussion aufruft, kann auch an der Anzahl der Kommentare gemessen werden – und so weiter.
Sie benötigen sozusagen die richtige KPI für jedes Ziel!
Interessante Einblicke bei der Content-Bewertung liefert auch die Erfassung des Autors (falls Sie mehrere Autoren haben). Hier können Stärken und Schwächen von Autoren erkannt und diese zukünftig besser eingesetzt werden. Beispielsweise schreibt Autor A erfolgreichere Seeding-Inhalte, aber schlechte Verkaufstexte, und bei Autor B ist dies gerade umgekehrt. Auch das Publikationsdatum bzw. das Datum der letzten Änderung sollten Sie in Ihrem Content-Audit berücksichtigen. Auswertungen nach dem Alter des Inhalts können notwendige Überarbeitungen aufzeigen oder aggregierte Shares und Backlinks in einen zeitlichen Kontext stellen. Ein zwei Jahre alter Artikel mit 20 Likes ist ggf. nicht so erfolgreich wie ein neuerer Beitrag, der in einer Woche schon 15 Likes gesammelt hat.
Eine weitere sinnvolle Metrik stellt das Verhältnis aus dem Umfang des Textes und der Aufenthaltsdauer dar. Hiermit kann quasi berechnet werden, ob die Nutzer den Text innerhalb der Besuchsdauer überhaupt gelesen haben können; das relativiert die absoluten Zahlen bei einem Vergleich von Inhalten unterschiedlicher Länge. Aber auch hier ist Vorsicht geboten, denn die Lesegeschwindigkeit variiert ebenfalls sehr stark. Ein geübter Leser kann etwa 200 bis 300 Wörter pro Minute erfassen, sofern der zu lesende Text nicht übermäßig kompliziert ist. Schnelle Leser schaffen jedoch bis zu 1.000 Wörter pro Minute. Je nach Zielgruppe und Inhalts-Typ gehen die Werte hier ebenfalls stark auseinander, was eine getrennte Betrachtung notwendig machen kann. Beispielsweise sollten Inhalte für Kinder und Inhalte für Erwachsene getrennt voneinander analysiert werden.
SEO-Content-Performance messen
Als Suchmaschinen-Marketer sollten Sie in einem Content-Audit zusätzlich auf zwei Metriken einen besonderen Blick werfen. Zum einen auf die sogenannte „Return-to-SERP-Rate“, also den Anteil der Besucher, die über die Suchmaschine gekommen sind und mittels Zurück-Button wieder zur Suchergebnisseite zurückkehren. Zum anderen auf die SERP-CTR, also den Anteil der Nutzer, die von der Suchergebnisseite auf Ihre Seite gelangt sind und nicht woanders geklickt haben.
Der Web-Analytics-Experte Simo Ahava hat bereits 2015 eine Technik in seinem Blog vorgestellt, mit welcher die Return-to-SERP-Rate und auch die Zeit bis zum „Zurück-Klick“ erfasst werden kann (www.simoahava.com/analytics/measure-serp-bounce-time-with-gtm/). Der grobe Ablauf ist wie folgt: Wenn der Benutzer über die organische Google-Suche auf der Website landet, wird ein neuer Eintrag in der Browser-Historie erstellt. Wenn später der Nutzer auf den Back-Button klickt, registriert ein JavaScript die URL-Änderung und löst erst ein Google-Analytics-Ereignis aus und anschließend das „Zurück“ in der Browser-Historie.
Die Click-Through-Rate auf der Suchergebnisseite kann direkt aus der Google Search Console abgerufen werden, allerdings tut sich hier bereits die nächste Schwierigkeit auf: Zum einen ist die CTR extrem abhängig von der Position des Ergebnisses und zum anderen von der Art der Suchanfrage. Eine CTR von 10 % kann auf Position 8 hervorragend sein, wäre auf Position 1 ggf. jedoch eine Katastrophe. Glücklicherweise erhalten Sie in der Search Console nicht nur die CTR für jede URL, sondern auch die jeweiligen Suchanfragen und die durchschnittliche Position des Eintrags. Eine rein programmatische Analyse ist dennoch nicht empfehlenswert, denn die Statistiker unter Ihnen werden wahrscheinlich schon bemerkt haben, dass die Betrachtung der nicht linear verteilten Click-Through-Rate in Abhängigkeit von der durchschnittlichen gewichteten Position aus der Google Search Console wenig sinnvoll ist.
Verstehen Sie den User-Intent
Doch auch Suchmaschinen sind nicht perfekt und so kann es passieren, dass Ihr Inhalt eigentlich direkt verkaufen will, aber zu Suchanfragen gefunden wird, bei denen die Nutzer noch gar keine Kaufentscheidung gefällt haben. Daher sollten Sie Nutzersignale immer nur für die Verbindung von Keyword und Content betrachten und sich dabei Gedanken über den tatsächlichen Bedarf hinter der Suchanfrage machen. Besonders für die Priorisierung von Themen und die Optimierung der Inhalte ist es von zentraler Bedeutung, die Bedürfnisse der Suchenden zu kennen und diese bei der Gestaltung der Webseite und deren Inhalte zu berücksichtigen.
Die Kenntnis der Intention hinter der Suchanfrage liefert demnach einen echten Wettbewerbsvorteil. Daher sollten Sie die Suchergebnisse überprüfen, die bei Google ausgegeben werden, um ein besseres Gefühl für den Bedarf zu bekommen, welchen der Nutzer offensichtlich durch die Suche zum Ausdruck bringt.
Sorgen Sie für einen klaren Content-Fokus!
Haben Sie den tatsächlichen Bedarf hinter einer Suchanfrage bzw. einer Gruppe von Suchanfragen erfasst, können Sie bereits im SERP-Snippet, also dem angezeigten Titel und der Meta-Beschreibung, auf der Suchergebnisseite auf diesen eingehen und somit eine Befriedigung versprechen. Die klare Ausrichtung auf einen Bedarf je URL macht Ihre Snippets relevanter, wird also Ihre CTR deutlich steigern und ermöglicht Ihnen, für den Inhalt die notwendigen Informationen zu definieren und schließlich ein Ziel festzulegen, dass der Nutzer auf dieser Seite erreichen soll.
Für die Analyse, aber auch die Konzeption, Gestaltung und Optimierung Ihrer Inhalte ist es viel einfacher, wenn Sie jedem Inhalt einen glasklaren Fokus zuweisen. Mischen Sie keine Suchanfragen mit unterschiedlichen Suchintentionen auf einer Seite zusammen, denn so können Sie diesen Inhalt weder korrekt bewerten noch das SERP-Snippet optimieren. Abbildung 1 zeigt den Nutzerfluss im SEO vom Eintreten eines Ergebnisses in der „echten“ Welt, das ein konkretes Bedürfnis weckt, welches sich dann in unterschiedlichen Suchanfragen ausdrücken kann. Ein Top-10-Ranking sorgt dafür, dass das Snippet gesehen wird und die Chance bekommt, mit einem Befriedigungsversprechen den Nutzer auf die Seite zu holen. Dort angekommen, muss der Inhalt der Seite dafür sorgen, dass der Nutzer auch wirklich findet, was er erwartet.
Bewerten Sie Ihre Inhalte sorgfältig!
Alle Ihre Content-Metriken, von der SERP-CTR über die Bounce-Rate und Verweildauer bis hin zu Lesefortschritt oder Konversionsraten, müssen also als Ganzes betrachtet werden, um ein klares Bild ihrer Qualität und Eignung zu erhalten. Zum Beispiel kann eine Seite viele Besucher anziehen, aber eine hohe Bounce-Rate und eine geringe Sitzungsdauer aufweisen. Das kann bedeuten, dass die Nutzer an Ihrem Thema interessiert sind, aber der Inhalt hat ihnen nicht das geboten, wonach sie gesucht haben. In diesem Fall müssen Sie verschiedene Elemente Ihrer Inhalte bewerten, um zu verstehen, warum Benutzer Ihr Web verlassen. Das Problem kann in einem falschen Versprechen im Snippet, der inhaltlichen Relevanz, unklarer CTA oder gar der Ladezeit der Seite begründet sein.
Wenn sich die Suchmaschinen, allen voran Google mit seinem Rankbrain-Algorithmus, die Frage stellt: „Welche Seiten braucht der Nutzer wirklich, um zu seinem Ziel zu gelangen?“, so sollten Sie sich die Frage stellen: „Welche Inhalte brauche ich, damit der Nutzer zu seinem Ziel gelangt?“ So haben Sie gute Chancen, dass der Nutzer in seiner Customer Journey nicht nur einen kleinen Schritt weiterkommt, sondern ein zufriedener und treuer Kunde bei Ihnen wird.
In der nächsten Ausgabe geht es im zweiten Teil dieses Beitrags um konkrete Beispiele für Datenauswertungen und praktische Ansätze, Tools und Lösungen für effektive Content-Audits.