Sind holistische Landingpages das neue SEO-Gold?

Leonard Metzner
Leonard Metzner

Leonard Metzner studierte Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt E-Commerce in Würzburg. Anschließend war er als Inhouse SEO bei der internetstores GmbH für die Optimierung mehrerer Shops zuständig. Seit 2013 ist er als Freelancer im Bereich SEO selbstständig und hilft seinen Kunden dabei, mehr relevanten Traffic über die organische Suche zu generieren. Er gibt sein Wissen außerdem als Berater an Agenturen weiter und schreibt für verschiedene Blogs und Magazine.

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Sven Käppner
Sven Käppner

Sven Käppner startete seine professionelle Laufbahn als Entwickler und gründete 2003 das IT-Unternehmen lucidlogic, welches er 2012 verkaufte. Seitdem ist Sven Käppner als Head of SEO für die Neuffer Fenster + Türen GmbH in Stuttgart tätig und leitet dort das Team aus SEO-Experten und Textern. Als Marktführer im E-Commerce für Fenster und Türen in Deutschland und Europa werden hier Online-Shops wie fensterversand.com verwaltet und optimiert. Neben der konstanten Shop-Optimierung widmet sich Sven Käppner als Whitehat überwiegend OnPage-Themen und bringt sein extensives Know-how im Technical-SEO-Bereich ein, um die Marktführung des Unternehmens auch international weiter auszubauen.

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Die Zeiten, in denen man als SEO aus einer Liste mit 100 Keywords 100 verschiedene Seiten erstellte, sind lange vorbei. Ebenso reicht es nicht mehr aus, die zu optimierenden Suchterme an bestimmten Stellen zu integrieren, um eine gute Platzierung (Ranking) bei Google dafür zu erhalten. Denn insbesondere durch die Updates Hummingbird und RankBrain entwickelt Google ein fast schon semantisches Verständnis für Suchanfragen und schafft es damit immer besser, die Absicht (User-Intention) hinter einer Suchanfrage zu erkennen. Die SEO-Antwort, so scheint es, ist die holistische Landingpage (HLP). Die beiden Experten Leonard Metzner und Sven Käppner haben für Sie zusammengetragen, warum das Thema auch für Sie wichtig ist und wie man vorgeht, um die eigenen Webseiten entsprechend zu optimieren. Und wer der Meinung ist, dass dies sehr viel Aufwand sei, nur um Google zu gefallen, der denkt viel zu kurz. Letztlich danken es Ihnen Ihre Besucher, nehmen Sie als kompetenter wahr, werden eher zu Kunden und kommen am Ende wahrscheinlich auch über neue Links von anderen Stellen des Webs zu Ihnen.

Was bedeutet Holismus?

Der Begriff holistisch wird häufig etwas plump mit ganzheitlich beschrieben. Das ist nicht falsch, reicht aber nicht aus, um bewusst zu machen, worum es dabei geht. Hinter dem Holismus (griechisch holos „ganz“) als Denkansatz steht folgende Annahme: Ein Ganzes, das sich aus vielen Einzelteilen zusammensetzt, definiert sich nicht ausschließlich über die Eigenschaften der Bestandteile und deren Beziehung zueinander, sondern ist sprichwörtlich mehr als die Summe seiner Teile. Da ist er wieder, der Mehrwert, den heute jedes Stück Content haben sollte. Es geht beim holistischen Ansatz also nicht um die bloße Aneinanderreihung aller Informationen zu einem Thema wie bei FAQs, sondern um die Betrachtung dieser Informationen aus verschiedenen Blickwinkeln, und das in einer sinnvollen Struktur, die dem Betrachter damit einen Mehrwert liefert.

Was ist eine Landingpage?

Häufig wird unter einer Landingpage eine einzelne Seite verstanden, die unabhängig vom Rest einer Website existiert und dieser gewissermaßen vorgeschaltet ist. Auch ein vorhandener Call-to-Action (CTA) oder die fehlende Hauptnavigation werden als beschreibende Kriterien genannt. Zumindest für SEO hinken diese Annahmen jedoch, weil ein Nutzer über jede URL einer Domain, die Google im Index hat, auf einer Seite landen kann und sie damit zur „Landingpage" macht.

Somit ist eine HLP eine Seite, auf der ein Thema mit all seinen Facetten vollumfänglich behandelt und geeignet strukturiert wird. Die Inhalte werden dabei gebündelt, wodurch ein Mehrwert für den Nutzer entsteht, da dieser seine Antworten nicht mehr aus verschiedenen Quellen zusammentragen muss.

Warum holistische Landingpages (HLP)?

Das Ziel einer HLP ist aus Nutzersicht betrachtet, all seine Fragen zu einem Thema zu beantworten. Somit muss der Nutzer keine weitere Suche mehr starten, was für den Anbieter die Wahrscheinlichkeit verringert, dass der Kunde beim Wettbewerber konvertiert.

Wurde der Kunde kompetent beraten und von der Leistung nicht enttäuscht, kommt er auch eher wieder zum gleichen Anbieter zurück.

Durch umfassende Aufklärung des Nutzers, nennen wir ihn ab jetzt Peter, ergeben sich außerdem Möglichkeiten für Zusatzverkäufe. Geht es z. B. um den Winterreifenwechsel, könnte das die Einlagerung der Sommerreifen sein. Liest Peter auf der Suche nach jemandem, der für ihn den Reifenwechsel durchführt, nun "„Einlagerung der Sommerreifen" als reine Aufzählung in einer Liste von Leistungen, hat das einen anderen Effekt, als wenn ihm auf der HLP über Reifenwechsel erklärt wird, dass eine Lagerung der Sommerreifen unter bestimmten Bedingungen erfolgen und der Druck vor dem Einlagern um 0,5 bar erhöht werden sollte, da die Reifen sonst Schaden nehmen können.

Die HLP bietet die Möglichkeit, einen Aspekt eingebettet im richtigen Kontext aufzumachen. Peter grübelt, hatte er doch noch mit dem Gedanken gespielt, die Reifen selbst zu wechseln – aber was man da alles beachten muss. Er denkt an den frei werdenden Platz im sowieso schon zu vollen Keller, und als er weiter liest und erfährt, dass sich die Kosten der Einlagerung durch eine längere Haltbarkeit der korrekt gelagerten Reifen amortisieren, fällt seine Entscheidung: Reifenwechsel beauftragen und die Sommerreifen gleich mit einlagern.

Mit der SEO-Brille betrachtet erzeugt eine HLP eine sehr breite Sichtbarkeit zu einem Thema. Zu besseren Rankings führen dabei:

  • Gute Nutzer-Signale, da die Notwendigkeit einer weiteren Suche (Refined Search) entfällt.
  • Abdeckung diverser Keyword-Kombinationen (Longtails), die in kurzen Texten nicht sinnvoll unterzubringen wären.
  • In der Folge der Optimierung vieler Longtails kann die HLP über ein Ranking zu diesen bei guten User-Signalen auch einfacher ein Shorthead-Ranking erreichen.
  • Google verarbeitet noch immer am besten textuelle Informationen und nutzt diese zur Bestimmung der Relevanz zwischen einem Dokument und einer Suchanfrage. Die Begriffswolke, die zur Erzeugung von Relevanz nötig ist, unterzubringen, ist bei umfangreichem Content wesentlich einfacher.
  • Platz für verschiedene Formate wie Tabellen, Bilder und Videos, die andere Suchergebnis-Arten bedienen können (z. B. Bildersuche oder Direct Answers).
  • Gute Eignung zur Offpage-Optimierung, da umfangreiche Inhalte mit Mehrwert bei potenziellen Link-Gebern ebenso wie in Social Media besser funktionieren.

Insgesamt profitiert der Anbieter von:

  • Einer gesteigerter Conversion Rate
  • Höherer Kundentreue
  • Upselling-Möglichkeiten
  • Besseren Rankings

Nebenbei bemerkt ist ein Vorteil für den Suchmaschinenoptimierer, der für den Auftraggeber eine HLP konzipiert, eine erhöhte Identifikation bei Selbigem. Durch den Aufwand und das damit verbundene Budget, das in die Erstellung der HLP gegenüber z. B. einer gewöhnlichen Kategorie-Beschreibung fließt, steigt die Motivation, diese Inhalte zu pflegen und weiterzuentwickeln.

Wann ist eine HLP sinnvoll?

Dass es Sinn machen kann, eine holistische Landingpage zu erstellen, bezweifelt wohl aus genannten Gründen kaum jemand. Strittiger als das Warum ist dagegen die Frage nach dem Wann.

  • Für stark umkämpfte Keywords?
  • Für solche mit viel Suchvolumen?
  • Wenn alle Wettbewerber umfangreiche Seiten haben?
  • Wenn es das Thema zu erfordern scheint?
  • Oder eher ausgehend von Peter (unserem Nutzer), wenn sich dieser eine HLP zum Keyword wünscht?

Um der Antwort näherzukommen, hilft es, sich klarzumachen, wozu Peter die Google-Suche überhaupt nutzt. Er sucht nach Informationen, nach Antworten auf Fragen, nach Lösungen für seine Probleme oder einfach nur dem besten Anbieter zum Winterreifenwechsel (das ist eigentlich aber auch nur eine Frage, die mithilfe von Google beantwortet werden soll).

Sicher lässt sich argumentieren, dass es auch kommerziell orientierte Suchbegriffe gibt, bei denen Tausende Wörter Text fehl am Platz sind. Aber mal ehrlich, wer würde auf die Idee kommen, für „Britax go next grey melange" eine HLP zu bauen? Wer keine Kleinkinder hat, der hat womöglich nicht die leiseste Ahnung, worum es hier überhaupt geht (u. a. ein sicheres Zeichen dafür, dass es keine HLP wert ist). Und geht Peter, wenn er wirklich keine Fragen mehr hat und kaufen will, nicht außerdem direkt zum Shop seines Vertrauens, auf Amazon oder einen Preisvergleicher?

Wer aber generisch sucht, ob mit eher kommerziellen oder eher informativen Keywords, und dabei die organischen Ergebnisse in Betracht zieht, der hat Fragen im Kopf und braucht Informationen. Wer noch nicht weiß, dass er den „Britax go next grey melange" will, sucht vielleicht wie Peter zunächst nach „Kinderwagen kaufen". Nach einigen Klicks in Produktkatalogen und dem Lesen der Beschreibungen stellt Peter erschrocken fest: „Alles nicht so einfach ..." Er wird mehr Zeit für die Recherche einplanen müssen und es wird nicht bei dem naiven Einstieg in die Such-Session mit  Kinderwagen kaufen" bleiben.

Häufig wird auch darauf hingewiesen, dass bei konkreten Fragen, auf die eine eindeutige und kurze Antwort gegeben werden kann, keine HLP nötig sei. Die Ausspielung von Direct Answers oder Informationen aus dem Knowledge-Graphen können andeuten, dass es um solche von Google als Know Simple Queries bezeichnete Anfragen geht.

Häufig ist die Quelle für Direct Answers jedoch Wikipedia oder eine andere Seite, die eine Suchanfrage holistisch beantwortet. Nur zur Beantwortung einer einfachen Frage macht eine HLP also tatsächlich keinen Sinn. Jedoch ist andersherum die Einbettung dieses Stückes Information in einen größeren Kontext durchaus empfehlenswert. Auf die Frage „Was ist eine Spinalkanalstenose?" liefert Google Peter eine Direct Answer mit einer Definition, hinter der aber eine Seite von netdoktor mit weit über 1.000 Wörtern Inhalt steht, also mehr als nur die kurze Antwort auf die eigentliche Frage (siehe Abbildung 1). Nach der Lektüre schwant Peter Übles, seine Frau leidet wohl unter genau dieser Erkrankung und er selbst wird den Kinderwagen nicht nur kaufen, sondern auch schieben müssen. 

Wie erstelle ich eine HLP?

Ist ein Themenkomplex vorgegeben oder eine erste Idee vorhanden, sollten diese verifiziert und abgegrenzt werden. Es ist wohl der kritischste Punkt überhaupt zu entscheiden, wann genug Informationen vermittelt werden, wo ein Thema beginnt, wo es aufhört und auf welcher Abstraktionsebene begonnen werden sollte. Um auf den eingangs eingeführten Begriff Holismus zurückzukommen – ein Ganzes bzw. System definiert sich vor allem über seine Grenzen zur Umwelt.

Von der langen Recherche nach dem geeigneten Kinderwagen gezeichnet, sucht Peter nun nach „Schulterschmerzen". Sollte das Thema der HLP nun „Gelenkschmerzen in der Schulter" oder eher abstrakter „Schulterschmerzen" sein? Um diese Frage zu beantworten, hilft es, bewusste Generalisierung und Spezialisierung ausgehend vom ersten Gedanken des Themas zu betreiben:

Generalisierung

Betrachtet man die Suchanfrage „Schmerzen Schultergelenk", so wäre eine Verallgemeinerung davon „Schulterschmerzen", ein weiterer Schritt führt zu „Schmerzen" oder „Schultergelenk". Häufig liegt das Ideal in der Mitte. Diese Technik hilft vor allem, ein Thema nach oben hin abzugrenzen.

Spezialisierung

Von „Schulterschmerzen" aus betrachtet wäre „Schulterschmerzen Therapie" eine Spezialisierung und in nächster Stufe „Konservative Behandlung Schulterschmerzen“. Man findet so die Details und kleine, aber wichtige Fragen von Peter, in SEO-Sprache die Longtails.

Beides fügt man am besten in einer Mindmap zusammen (siehe Abbildung 2), die dann einen Überblick über das Thema und seine Teilaspekte gibt. Zur weiteren Abgrenzung, was alles auf die HLP gehört oder ein für sich ausreichend großer Teilbereich ist, helfen z. B. Wikipedia, eine Keyword-Recherche und die Google-Suchergebnisse weiter:

Wikipedia

Mit einem über 16 Jahre sowohl in die Breite wie auch in die Tiefe gewachsenen Content, der stetig neu strukturiert wird, ist Wikipedia eine gute erste Anlaufstelle für die ganzheitliche Erfassung eines Themenkomplexes. Im Wikipedia-Artikel zu „Kinderwagen" kann man erkennen, dass es zum einen verschiedene Typen von Kinderwagen gibt, zum anderen wird klar, wo die Abgrenzung stattfinden sollte.

Ein „Roller Buggy" z. B. wird zwar erwähnt, jedoch in detaillierter Form in einem anderen Artikel beschrieben. Ein erster Hinweis darauf, dass dieser Aspekt zu viel ist für die HLP über Kinderwagen. Hier könnte in dieser Richtung die thematische Grenze des Themas liegen, nämlich spezifische Kinderwagenarten wie einen Roller Buggy oder einen Geschwisterwagen im Detail zu beschreiben.

Gekauft hat Peter den Kinderwagen am Ende bei Baby-Walz, einem Online-Shop, der ihm nicht nur Produkte präsentiert, sondern über die Vorteile eines Kombikinderwagens aufgeklärt und von Luftkammerreifen für den teils holprigen Untergrund in seiner Wohngegend überzeugt hat (siehe Abbildung 3).

Nachdem der Kinderwagen angeschafft und eine Weile geschoben wurde, plötzlich wieder der Schmerz, diesmal nicht in der Schulter, sondern im Rücken. „Rückenschmerzen" lautet diesmal die Suche von Peter, direkt bei Wikipedia, auf anderen Seiten wollen sie ihm schließlich meist gleich etwas verkaufen. Peter lernt etwas über den Unterschied von LWS-Syndrom und HWS-Syndrom und erfährt, dass die Ursache von Rückenschmerzen spinale Stenosen sein können. Sollte ihn etwa das Schicksal seiner Frau ereilen?

Keyword-Recherche

Über die Recherche einzelner Keywords zeigt sich, wie viel ein Thema hergibt und ob es sich damit für eine HLP eignet. Wichtig ist dabei auch, die Keyword-Recherche holistisch anzugehen, d. h., neben Keywords für den Teilaspekt Therapie („Bandscheibenvorfall Behandlung") sollten auch weniger offensichtliche Keywords wie „Bandscheibenvorfall alternativ behandeln" oder „Ambulante Schmerztherapie bei Bandscheibenvorfall" berücksichtigt werden. Die Anzahl an ermittelten Keyword-Kombinationen für einen bestimmten Aspekt und deren Suchvolumina im Verhältnis zum Hauptkeyword (Shorthead) kann dann andeuten, wie wichtig der Teilbereich für das Thema ist (siehe Tabelle 1).

Teilaspekt

Suchvolumen

% Anteil am Shorthead-
Suchvolumen

% Anteil am gesamten
Suchvolumen

Shorthead („Bandscheibenvorfall")

74.000

100,00 %

57,97 %

Symptome

41.730

56,39 %

32,69 %

Ursachen

860

1,16 %

0,67 %

Diagnose

1.800

2,43 %

1,41 %

Therapie

8.920

12,05 %

6,99 %

Folgen

340

0,46 %

0,27 %

Summe

127.650

 

 

Tabelle 1: Keywords aus den Bereichen Symptome und Therapie haben einen besonders hohen Anteil am gesamten Suchvolumen und am Suchvolumen des Shortheads Bandscheibenvorfall

Gibt man z. B. in den Google-Keyword-Planer den Begriff „Bandscheibenvorfall" ein, lädt sich die Ideen von Google dazu herunter und filtert die nicht sinnvollen Vorschläge (z. B. „Schulterschmerzen") weg, erhält man diverse Keyword-Kombinationen, die folgende Cluster hervorbringen könnten:

  • Symptome („Bandscheibenvorfall LWS Symptome"),
  • Therapie („Akupunktur bei Bandscheibenvorfall"),
  • Arten („Medialer Bandscheibenvorfall"),
  • W-Fragen („Bandscheibe kaputt, was hilft?")

Ziemlich viel Material also, mit dem sich auf einer HLP arbeiten ließe. Letztere Frage stammt übrigens von Peter, die Ergebnisse der MRT waren eindeutig. Die Suchergebnisse von MDR und welt.de blendet er aus, da steht nur das, was er eh schon weiß, aber auf Platz 4 gelenk-klinik.de klingt gut, die müssen es wissen (siehe Abbildung 4).

Auch andere Tools liefern natürlich Vorschläge zu möglichen Keywords. Diese gehen jedoch meist vom eingegebenen Hauptkeyword aus, während der Keyword-Planer auch verwandte Suchanfragen zurückliefert, die nicht zum gleichen Wortstamm gehören oder in einem Google-Suggest auftauchen. So geht der „Bandscheibenprolaps" als interessantes Synonym vielleicht an einem vorbei.

Die HLP der Gelenk-Klinik zum Thema Bandscheibenvorfall umfasst knapp 9.000 Wörter, gespickt mit unzähligen Abbildungen (siehe Abbildung 5). Die Seite könnte moderner aufbereitet sein, denkt sich das Unterbewusstsein des Grafikers Peter. Er findet aber letztlich die Informationen, die ihm fehlten, und sein Unterbewusstsein denkt sich: „Endlich jemand mit Expertenwissen, sie sollen schließlich meine Bandscheibe wieder in Ordnung bringen und keinen Design-Award gewinnen", und vereinbart einen Termin.

Google-Suchergebnisse

Über die Analyse der Suchergebnisse (SERPs) zu verschiedenen Keywords, die für die Teilaspekte der HLP im vorherigen Schritt identifiziert wurden, lassen sich die Grenzen der HLP für potenzielle Rankings ausloten. Prüft man die Top-10-Ergebnisse, stellt man fest, dass es keine einzige URL schafft, gleichzeitig für „Bandscheibenvorfall" und „Bandscheibenoperation" oder „Bandscheibenprothese" zu ranken.

Das heißt sicher nicht, dass das nicht machbar ist oder der Teilaspekt für die HLP nicht interessant wäre. Möchte man für dieses Unterthema aber gut ranken und es vollumfänglich behandeln, macht eine eigene Seite mehr Sinn. Dagegen ranken innerhalb der Top 10 mehrerer Domains die gleichen URLs für Bandscheibenvorfall und Bandscheibenprolaps (siehe Abbildung 6). Eine getrennte Optimierung ist hier also wenig sinnvoll.

Eine Betrachtung der Suchergebnisseiten (SERPs) hilft somit einzuschätzen, ob verschiedene Keywords auf einer (holistischen) Landingpage erfolgreich zusammen optimiert werden können. Sind zu den Keywords völlig andere URLs oder sogar Domains platziert, deutet das auf eigene Themen hin, die groß genug sind, um auf getrennten Seiten optimiert zu werden.

Der rote Faden – Storytelling

Bevor der Content nun umgesetzt werden kann, geht es darum, die Teilaspekte in eine lineare Reihenfolge zu bringen. Hilfreich ist es dabei, einen roten Faden auf der Grundlage von Storytelling zu entwickeln. Der Aufbau anhand einer Geschichte stiftet Sinn und vermittelt implizit Erkenntnisse, die über reine Faktenaufnahme hinausgehen (das ist Mehrwert!).

Folgende Elemente helfen neben einer guten Story dabei, dass der Text, auch wenn er umfangreich ist, nicht lang wirkt:

  • Navigationselemente und Sprungmarken
  • Zwischenüberschriften
  • Kurz gehaltene Absätze
  • Bilder in Form von Fotografien, Grafiken oder Illustrationen
  • Tabellen
  • Aufzählungen
  • Hervorgehobene Boxen
  • Experten-Interviews
  • Rechner und interaktive Tools
  • Videos
  • Teaser zu verwandten Themen

Textlänge als Kriterium für eine HLP?

Immer wieder geistern Statistiken durchs Netz, in denen festgestellt wird, dass die Anzahl an Wörtern auf gut platzierten Seiten höher ist. Daraus wird dann häufig der Schluss gezogen, für Keyword X brauchen wir min. 1.500 Wörter. Die Frage wäre nun, ob der Google-Algorithmus wirklich auf lange Inhalte oder nicht eher auf gute Inhalte reagiert. Oder haben lange Inhalte möglicherweise eine im Durchschnitt höhere Qualität und stehen deshalb weiter oben? Was wohl Peter dazu sagen würde?

Die Vorgabe, zu einem bestimmten Thema 5.000 Wörter zu schreiben, mit denen dieses holistisch abgearbeitet wird, ist deshalb Unsinn. Der Mehrwert eines Textes nimmt nicht zwingend mit mehr Wörtern zu. Ebenso falsch ist aber die Antwort, dass gute Inhalte eher kurz als lang sein sollten, die auch gelegentlich gegeben wird.

Peter hat im Moment der Suche vielleicht eine Erwartungshaltung, aber gleichzeitig auch eine Informationslücke, ob wissentlich oder unwissentlich. Hätte er diese nicht, würde er schließlich nicht generisch nach einem „Bandscheibenvorfall" suchen, sondern mit seiner Suchanfrage in die Richtung „Klinik zur konservativen Therapie von Bandscheibenvorfällen in Nürnberg" gehen.

Soll heißen:

1. Für die Berechnung des Rankings ist reine Textlänge mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Kriterium, sehr wohl aber die Qualität.

2. Wer generisch sucht, weiß noch nicht, was er will. Um das herauszufinden und eine Entscheidung zu treffen, braucht er Informationen. Die Vermittlung dieser Informationen braucht Platz und das können auch mal mehr als 5.000 Wörter sein.

Was tun mit der Description für eine HLP?

Läuft die HLP gut, rankt sie für viele Hundert oder sogar Tausend verschiedene Keywords. Das kann vermeintlich zum Problem werden, weil die Meta-Description, die Google in den Suchergebnissen anzeigt, dann unmöglich zu jeder Suchanfrage passen kann. Nachdem Peters Arzt ihm zur weiteren Genesung etwas Sport empfohlen hat, sucht er nach „Bandscheiben schonenden Fahrradsattel kaufen".

Peter reibt sich die Augen. So weit ist Google also mit der künstlichen Intelligenz, von der er kürzlich gelesen hat (siehe Abbildung 7)!? In der Regel ist Google aber zugegeben schon recht gut darin, das Snippet (Title & Description), wenn es nicht passend erscheint, mit Inhalten aus der gerankten URL selbst zusammenzustellen. Zwingen kann man Google dazu, indem man, wie Wikipedia, einfach keine Description angibt. Das Ergebnis zeigt sich z. B. bei der Suche nach „Bequemer Fahrradsattel", die Refined Search von Peter, nachdem er sich über die Prostata-Sättel gewundert hat. Sieht nicht schön aus, ist aber relevant (siehe Abbildung 8).

Hat die HLP schon Rankings und ist klar, über welche Keywords der meiste Traffic kommt, kann auch eine längere optimierte Description hinterlegt werden. Anders als von vielen Snippet-Generatoren suggeriert, ist die Länge nämlich nicht auf 156 Zeichen bzw. exakter auf 930 px begrenzt. Das Snippet wird ungefähr hier zwar abgeschnitten, d. h. aber nicht, dass die Description nicht länger sein darf und sich Google dann das passende Segment für die SERPs auswählt.

Holistic vs. Mobile

Mobile nur das Nötigste! So zumindest lautet meist das Mantra. Das kann schon stimmen, wenn jemand wirklich mobil unterwegs ist (bezogen auf die Nutzungssituation) und schnell die Öffnungszeiten abfragen oder direkt Kontakt aufnehmen will. Großformatige Teaser, die für lange Ladezeiten sorgen, und ein langer Text, aus dem Peter erst die Informationen filtern muss, sind hier hinderlich. „Peter, ich lese ...", erwidert seine Frau entnervt, als er sie fragt, ob sie dem Kleinen nicht die Windeln wechseln wolle. Eine halbe Stunde lang starrt sie schon in dieses Ding und liest, denkt sich Peter.

Nicht jeder Zugriff über ein Smartphone findet tatsächlich auch mobil, in einer hektischen Situation, statt. Viele Menschen sind inzwischen daran gewöhnt, auch mit dem Smartphone zu recherchieren, und nutzen lange Zugfahrten & Co. zur Lektüre auf diesem. Wer das nicht glaubt, kann einen Blick in seine Webanalytics werfen und die durchschnittliche Sitzungsdauer oder Seiten pro Sitzung von Desktop und Mobile vergleichen. Mobile liegt hier meist unter Desktop, jedoch nicht wesentlich.

„Mache doch noch mal bitte den Laptop an", schallt es Peter jetzt entgegen. „Da fehlt doch wieder die Hälfte auf dem Smartphone bei der Seite, als ich die Seite auf der Arbeit aufgemacht habe, waren da viel mehr Infos."

Also bitte mobil nichts Wertvolles ausblenden. Mit angepassten Darstellungen und Navigationskonzepten arbeiten ja, Content weglassen – nein!

Fazit

Mit einer holistischen Landingpage (HLP) lässt sich eine sehr breite Sichtbarkeit erzeugen. Neben besseren Shorthead-Rankings und einer höheren Anzahl an Longtail-Rankings verbessert der Ansatz aber auch das Erlebnis der Nutzer. Darüber hinaus produzieren HLP regelmäßig auch bessere Offpage-Signale. Möglich ist eine HLP keineswegs nur für informative Themen, auch bei der Annahme einer kommerziellen User-Intention des Keywords kann eine HLP zum Erfolg führen. Um ein Themenfeld umfassend zu behandeln, aber nicht übers Ziel hinaus zu schießen, ist wesentlich mehr Zeit für Konzeption und Analyse nötig als bei gewöhnlichen Landingpages. Gleiches gilt auch für die Aufbereitung des Contents, wenn wirklich eine HLP und nicht lediglich ein langer Text produziert werden soll.