Der ultimative Linkaudit-Guide

Jan Hauf
Jan Hauf

Jan Hauf ist SEO-Analyst bei Performics und seit fünf Jahren im SEO aktiv. Bei Performics arbeitet er an nationalen sowie internationalen Kundenprojekten.

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Eric Warsow
Eric Warsow

Eric Warsow ist Group Lead Organic Search bei Performics Germany am Standort Berlin. Durch die Zusammenarbeit mit internationalen Brands, aber auch mit Start-ups, sammelte er wertvolle Erfahrungen in der Suchmaschinenoptimierung. Er ist für verschiedene Kundenprojekte sowie für die strategische Weiterentwicklung des Content-Marketings verantwortlich.

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Mittlerweile sind Linkaudits zu einem wesentlichen Bestandteil einer nachhaltigen SEO-Strategie geworden. Zu groß ist die Gefahr für Website-Betreiber, durch Backlinks, die nicht mit den Google-Richtlinien konform sind, in einen algorithmisch oder manuell gesteuerten Filter zu geraten. Die (wirtschaftlichen) Folgen können verheerend sein und vom Verlust guter Ranking-Positionen bis hin zur vollständigen Deindexierung einer betroffenen Website reichen. Die Bereinigung des Linkprofils kann dann zu einem langwierigen und komplizierten Akt werden, und zwar ohne Gewissheit zu haben, wann und in welchem Umfang die zuvor erreichten Rankings abermals erzielt werden.

Der Beitrag von Jan Hauf und Eric Warsow zeigt auf, wie man sich vor linkbasierten Abstrafungen seitens Google besser schützen kann und welche Möglichkeiten es gibt, um seine Website wieder aus einer solchen Filterung herauszubekommen – sofern man sich bereits darin verfangen hat.

Notwendigkeit von Linkaudits

„Backlinks sind tot. Es leben die Backlinks!“ – so häufig, wie man diesen Spruch hören konnte, so häufig wurde 2017 auch über die Notwendigkeit und Wirksamkeit von Backlinks diskutiert.

Allein die Tatsache, dass Google an diesem Ranking-Faktor festhält, der augenscheinlich zur Manipulation einlädt, ruft nach wie vor viele Kritiker auf den Plan.

Und tatsächlich: Im März 2016 bestätigte Andrey Lipattsev, Senior Search Quality Strategist bei Google, dass Backlinks nach wie vor einer der drei wichtigsten Ranking-Faktoren seien (Quelle: http://bit.ly/2zR1C6g). Allein die Gewichtung und die Qualitätsanforderungen haben sich demnach im Laufe der Jahre maßgeblich verändert.

Während vor einigen Jahren noch „harte“ Ankertexte und Kommentarspam die Linkprofile vieler SEOs überfluteten, ergriff Google im Rahmen zahlreicher Iterationen seiner Suchmaschine Maßnahmen, Webspam zu entwerten und sogar durch deutliche Ranking-Zurücksetzungen abzustrafen (siehe Abbildung 1).

Daraus lässt sich die offensichtliche Notwendigkeit von Linkaudits ableiten: Sie stellen die Basis eines Recovery-Prozesses dar, der nach einer Abstrafung seitens Google notwendig wurde. Daneben gibt es noch einige weitere gute Gründe, Linkaudits zu einer (täglichen) Routine werden zu lassen. Welche das sind, wird im Folgenden beschrieben.

Die Abstrafungsmöglichkeiten: algorithmisch vs. manuell

Grundsätzlich gibt es zwei mögliche Formen einer linkbasierten Abstrafung (Penalty): die algorithmische Penalty, die in der SEO-Branche als eng verknüpft mit dem sogenannten „Penguin-Update“ gilt, und die manuelle Abstrafung, über die ein betroffener Webmaster in der Google Search Console sogar explizit informiert wird.

Penguin-Updates seit April 2012

Algorithmische Maßnahmen sind die unter dem Codenamen „Penguin“ laufenden Anpassungen und Data Refreshes von Googles Ranking-Algorithmus seit April 2012. Googles erklärtes Ziel dabei war (und ist) es, linkbasierten Webspam-Stategien und somit Manipulationen der Google-Rankings durch Website-Betreiber entgegenzuwirken.

Spätestens mit dem Penguin-2.0-Update vom Mai 2013 wurde dann die SEO-Branche zum Umdenken gezwungen. Der PageRank verlor immer mehr an Bedeutung, qualitative Aspekte des Backlinkprofils rückten dafür in den Vordergrund – „Qualität statt Quantität“ war seitdem das Credo. Viele Unternehmen büßten bei der Sichtbarkeit in den Suchergebnissen ein, und zwar aufgrund von Verlinkungen durch minderwertige Websites und Linknetzwerke. Doch wie so oft wurde auch hier aus der Not eine Tugend und Linkaudits nehmen seither im SEO-Alltag einen wichtigen Stellenwert ein, gewinnen gar noch weiter an Bedeutung.

Dieser Trend setzt sich auch nach dem im September 2016 ausgerollten Penguin-4.0-Update fort, welches seither Teil des Core-Algorithmus ist und Backlinkdaten in Echtzeit evaluiert.

Manuelle Abstrafungen

Es kann sich nicht nur aus einer algorithmischen, sondern auch aus einer manuellen Abstrafung die Notwendigkeit eines Linkaudits ergeben. Bei einer solchen greifen Mitarbeiter des Webspam-Teams (sogenannte „Quality Rater“) bei Google händisch in die Bewertung des Linkprofils einer Website ein. Grund dafür kann beispielsweise eine Häufung unnatürlich wirkender Backlinks sein, die gegen die Google-Richtlinien verstoßen. Ein sicheres Indiz für eine manuelle Penalty ist eine Benachrichtigung in der Google Search Console.

Link-Risk-Management

Die Bemühungen Googles im Kampf gegen Webspam erfordern bei den Website-Betreibern ein Link-Risk-Management, welches es ihnen ermöglicht, Risiken in ihrem Backlinkprofil frühzeitig zu identifizieren und zu beseitigen. Das Risiko besteht dabei in einer ursachenbezogenen negativen Abweichung von einem Erwartungswert bzw. einer spezifischen Zielvorgabe. In unserem Kontext können „negative Abweichungen“ als Ranking-Einbußen und der damit verbundene Verlust an organischem Traffic verstanden werden. Ursächlich können selbst-, aber auch fremdverschuldete („Negativ-SEO“) Webspam-Strategien sein, welche Einfluss auf die „Qualität“ der eigenen Domain haben.

Das Link-Risk-Management minimiert dieses Risiko und kann entweder „inhouse“ oder extern in einer Agentur als kontinuierlicher Prozess in den Arbeitsalltag implementiert werden.

Dieser Prozess lässt sich in vier Phasen unterteilen (Abbildung 2).

Risiko-Identifizierung

Grundsätzlich weist jedes Backlinkprofil (genau genommen sogar jeder einzelne Backlink) ein gewisses Risikopotenzial auf. Bestimmte Auffälligkeiten können als ernsthafte Bedrohungen eingestuft werden, etwa drastische Anstiege der Domain- oder Linkpopularität innerhalb eines kurzen Zeitraumes, starke Schwankungen bei Trust Flow und Citation Flow (Majestic) oder eine Häufung themenfremder Ankertexte. Ebenso kann eine hohe Zahl ausländischer Backlinks ein bedrohliches Indiz für unnatürliche Vorgänge sein (siehe Abbildung 3).

Risikobewertung

Nach der Identifizierung bestehender Risiken im Backlinkprofil müssen diese hinsichtlich ihrer Relevanz bewertet werden. Dafür sind die kritischen Verlinkungen zu sichten und das von ihnen ausgehende Risiko ist abzuschätzen. Eine Orientierung an den Google-Richtlinien für Webmaster ist dafür die Voraussetzung. Weiterhin kann es hilfreich sein, sich in die Lage eines Quality Raters zu versetzen, um die Natürlichkeit bzw. Unnatürlichkeit eines Backlinks besser einschätzen zu können. Eine detailliertere Betrachtung unterschiedlicher Bewertungsgrundlagen und Linkarten folgt in einem späteren Kapitel.

Risikosteuerung

Nachdem alle kritischen Backlinks identifiziert und bewertet wurden, müssen Maßnahmen ergriffen werden, diese zu „entwerten“ und das von ihnen ausgehende Risikopotenzial zu minimieren. Dafür eignen sich folgende Vorgehensweisen, die an späterer Stelle noch genauer beleuchtet werden:

  1. Entwertung kritischer Verlinkungen durch Nutzung des Google-Disavow-Tools
  2. Kontaktieren des Publishers mit dem Ziel
    1. den Follow-Link auf nofollow umzustellen
    2. den Backlink zu löschen

Je nach Dringlichkeit des Linkaudits (präventiv vs. akut) sollte das Vorgehen bei der Entwertung schädlicher Backlinks genau dokumentiert werden („Reconsideration Request“).

Risikokontrolle

Am Ende des Link-Risk-Management-Prozesses sollte das Backlinkprofil noch einmal evaluiert werden, um sicherzustellen, dass alle Backlinks einer Bewertung unterzogen wurden. Zusätzlich empfiehlt es sich, ab diesem Zeitpunkt einen kontinuierlichen Linkaudit-Prozess aufzusetzen. Dieser Schritt hilft dabei, neue Verlinkungen zu identifizieren, einer Risiko-Einschätzung zu unterziehen und somit das Risiko einer Abstrafung seitens Google zu minimieren.

Qualitätssteigerung des Linkprofils

Freilich führt nicht jeder minderwertige Backlink direkt zu einer Abstrafung seitens Google. Erst das Überschreiten einer kritischen Masse schädlicher Verlinkungen (auf Domain- und/oder URL-Ebene) erhöht das Risiko deutlich. Daraus ergibt sich eine weitere Notwendigkeit des Linkaudits: das Anheben der Gesamtqualität des Linkprofils durch Entwertung einzelner schlechter Verlinkungen mit dem Ziel, bessere Rankings zu erzielen. Die Chance besteht also darin, sich gegenüber Google als vertrauenswürdiger Anbieter einer Dienstleistung oder als eine Autorität in einem Themengebiet zu positionieren.

Viele SEO-Tool-Anbieter haben diesen Trend erkannt und entsprechend auf Qualitätskriterien basierende Metriken entwickelt, die Webmaster bei der Evaluierung hochwertiger (bzw. minderwertiger) Backlinks unterstützen. Eine dieser Metriken ist der Trust Flow von Majestic, ein Maß für die Qualität eines eingehenden Links, basierend auf der Qualität der Links, die ihrerseits auf die linkgebende Website verweisen. Zur Gewinnung der Trust-Flow-Metrik wurde eine große Anzahl vertrauenswürdiger Seed-Websites einer manuellen Überprüfung unterzogen und zur Bewertung herangezogen (siehe Abbildung 4).

Analyseprozess – präventiv vs. akut

Die Analyse des Backlinkprofils kann vor (präventiv) oder nach (akut) einer Abstrafung durchgeführt werden.

Präventiv – initial vs. kontinuierlich

Als „präventiv“ können sämtliche Bemühungen verstanden werden, die das Ziel verfolgen, linkbasierte Abstrafungen frühzeitig zu erkennen und abzuwehren. Das präventive Linkaudit kann dabei hinsichtlich seiner Durchführungsfrequenz unterschieden werden, wobei das initiale Audit konsequenterweise immer die Basis des kontinuierlichen Audits bildet.

Initiales Linkaudit

Zum besseren Verständnis wird die Notwendigkeit eines initialen Linkaudits anhand zweier Szenarien veranschaulicht:

Szenario 1: Eine Online-Marketing-Agentur wird beauftragt, für Kunde XY Linkaufbau-Maßnahmen durchzuführen. Linkbuilding wurde in der Vergangenheit „inhouse“ durch Praktikanten und Trainees durchgeführt. Von einer Abstrafung blieb der Kunde allerdings bisher verschont. Die Agentur kann zu diesem Zeitpunkt kaum eine verlässliche Aussage zur Wirksamkeit neuer Backlinks oder zur Nachhaltigkeit des aktuellen Linkprofils machen. Die für den Linkaufbau zuständigen Mitarbeiter haben das Unternehmen längst verlassen. Der Kunde selbst ist sich des Risikos eines minderwertigen Linkprofils nicht bewusst, weshalb bis heute keine Überprüfung der Verlinkungen stattfand.

Es bestehen also zwei Risiken, die sich unter den oben erwähnten Begriffen des Link-Risk-Managements und der Qualitätssteigerung zusammenfassen lassen. Die Notwendigkeit eines präventiven ersten Linkaudits ergibt sich einerseits aus der Gefahr einer zukünftigen linkbasierten Abstrafung, von welcher sich sowohl der Kunde als auch die Agentur frei machen möchten. Andererseits können wirtschaftliche Gründe genannt werden. Ein zu hoher Anteil minderwertiger Verlinkungen wirkt sich auf die Gesamtqualität des Backlinkprofils aus. Zukünftige hochwertige Verlinkungen könnten ihre Wirkung nicht voll entfalten. Ausgaben stünden nicht mehr im Verhältnis zu den aus dem Linkaufbau resultierenden Ergebnissen.

Szenario 2: Ein Unternehmen stellt einen neuen Inhouse-SEO-Mitarbeiter ein. Der bisherige entsprach längst nicht mehr den Anforderungen, die an ihn gestellt wurden. Zwar gab es keine signifikanten Ranking-Verluste, aber der seit Längerem anhaltende Seitwärtstrend der Sichtbarkeit soll nun durchbrochen werden. Diese Aufgabe und die damit einhergehende Verantwortung liegen nun beim neuen SEO-Mitarbeiter. Zu diesem Zweck macht er sich an die Ursachenforschung und stellt sich zwei grundlegende Fragen: Worin liegen die Ursachen für die Stagnierung der Ranking- und Traffic-Entwicklung? Und: Wie kann diesem Trend zukünftig entgegengewirkt werden?

Neben Onpage-bezogenen Optimierungspotenzialen muss auch das Backlinkprofil kritisch hinterfragt werden. Ein initiales Linkaudit ist in diesem Kontext unerlässlich.

Kontinuierliches Linkaudit

Im Anschluss an das initiale Linkaudit empfiehlt es sich, einen kontinuierlichen Analyseprozess aufzusetzen. Kern dieses Prozesses ist das regelmäßige Monitoring und Screening neuer Verlinkungen. Abhängig von der Ausprägung des Backlinkprofils, des Risikopotenzials und der Anzahl neuer Verlinkungen kann dieser Prozess monatlich, quartalsweise oder halbjährlich durchgeführt werden. Diverse SEO-Tools unterstützen bei der Identifizierung neuer Backlinks mithilfe einer Alert-Funktion (siehe Abbildung 5).

Das Implementieren eines kontinuierlichen Linkaudits in den Arbeitsprozess ist besonders vor dem Hintergrund negativer SEO-Attacken wichtig. Diese kommen meist unverhofft und haben das Ziel, einem unliebsamen Mitbewerber durch eine Masse unnatürlicher Backlinks in den Rankings zu schaden. Derartige Backlinks weisen nicht selten harte Money-Anchor oder Ankertexte aus dem PPP-Bereich („porn, Poker, pills“) auf. Die linkgebenden Domains sind dabei meist minderwertig und stehen in keinem (thematischen) Zusammenhang zur verlinkten Website. Die Entwertung dieser Backlinks sollte umgehend mithilfe des von Google bereitgestellten Disavow-Tools durchgeführt werden.

Akut – algorithmisch vs. manuell

„Akut“ beschreibt in diesem Kontext die Dringlichkeit eines Linkaudits. Diese ist am höchsten, wenn eine offensichtliche Abstrafung seitens Google vorliegt. Das Vorgehen beim Audit unterscheidet sich allerdings, je nachdem, ob die Penalty algorithmischer oder manueller Natur ist.

Algorithmisch

Bis September 2016 kommunizierte bzw. bestätigte Google noch größere Anpassungen des Penguin-Algorithmus, was es Webmastern ermöglichte, zumindest die Ursache ihrer Ranking-Verluste zu bestimmen. Eine Benachrichtigung seitens Google in der Search Console blieb in diesem Zusammenhang aus.

Der wesentliche Unterschied zur manuellen Penalty lag darin, dass – trotz Bemühungen der Website-Betreiber – die Dauer der Abstrafung ungewiss war. Diese hing maßgeblich vom Rollout des darauffolgenden Penguin-Updates ab (siehe Abbildung 6).

In der Zwischenzeit war es daher umso wichtiger, das Backlinkprofil von sämtlichen Altlasten in Form unnatürlicher Verlinkungen zu bereinigen und parallel mit hochwertigen Backlinks zu stärken.

Mit dem Pinguin-4.0-Update vom 23. September 2016 und der Migration in den Kernalgorithmus gingen zwei wesentliche Änderungen einher:

1. Die Be- und Entwertung der Backlinks geschieht nun in Echtzeit.

Der linkbasierte Algorithmus bewertet Backlinks jetzt in Echtzeit, was bedeutet, dass Strafen für Websites verhängt oder aufgehoben werden, sobald Google eine Seite crawlt und neu indiziert. Dies bedeutet laut Google auch, dass in Zukunft nicht mehr über Aktualisierungen (Penguin-Updates) informiert wird.

2. Sie sollen wesentlich granularer sein.

Im Webmaster-Blog erklärt Google die Änderungen folgendermaßen: „Die Penguin-Auswirkungen sind jetzt detaillierter. Penguin wirkt sich jetzt auf Spam aus, indem das Ranking basierend auf Spamsignalen angepasst wird, statt das Ranking der gesamten Website zu betreffen“ (Quelle: http://bit.ly/2haBMT1).

Änderungen bzgl. Rankings und Traffic werden nun wesentlich schneller sichtbar. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, Linkaudits vollständig in den SEO-Prozess zu integrieren, um auf etwaige Änderungen gezielt und effektiv reagieren zu können. Folgende Schritte sind zu beachten:

  1. Datensammlung und -aufbereitung
  2. Bewertung der Backlinks
  3. Linkabbau – direkte Kontaktaufnahme vs. Disavow-Tool

Manuell

Die Gefahr einer manuellen Abstrafung ist auch seit dem Penguin-4.0-Update nicht gebannt. Weiterhin gilt, dass eine übermäßige Anhäufung unnatürlicher Backlinks zu einer Benachrichtigung in der Search Console führen kann.

Zusätzlich zum Abbauprozess bei einer algorithmischen Abstrafung muss bei einer manuellen Penalty ein „Reconsideration Request“ gestellt werden. Wie dies in der Praxis aussieht, wird in den folgenden Kapiteln aufgezeigt.

Screening-Prozess

Bei der Durchführung eines Linkaudits, ob akut oder präventiv, ist es ratsam, einem geordneten Prozess zu folgen. Im Folgenden werden die Datensammlung, die Aufbereitung der Daten, Bewertungskriterien sowie der Abbauprozess näher erklärt. 

Datensammlung in der Praxis

Mit der Search Console gibt Google jedem Webmaster die Möglichkeit, kostenfrei Backlinks einzusehen, welche auf die eigene Domain verweisen. Man sollte sich jedoch nicht nur komplett auf die Daten aus der Search Console verlassen, da die Datenmenge, verglichen mit SEO-Link-Datenbanken, stark abweichen kann. Ziel sollte es sein, so viele Daten wie möglich aus verschiedenen Tools zusammenzufassen. Spezialisierte Tools sowie allgemeine SEO-Tools ermöglichen den Export zusätzlicher Backlinks (Ahrefs, Majestic, SISTRIX, SEMrush etc.).

Aufbereitung der Daten

Sofern kein Tool zur Verfügung steht, welches die Aufbereitung der gesammelten Link-Daten übernimmt, können diese aus den verschiedenen Link-Datenbanken in Excel zusammengefasst werden. Folgende Informationen erleichtern den späteren Bewertungsprozess: 

  • Spezifische Quell-URL (URL, die den Link zur eigenen Website beinhaltet)
  • Linkziel (URL, auf die der Nutzer weitergeleitet wird)
  • Linktext (sichtbarer und klickbarer Text einer Verlinkung)
  • Linkstatus follow/nofollow (HTML-Element für Suchmaschinen. Das Attribut rel=nofollow zeigt, dass dem Link durch Google nicht gefolgt und kein PageRank weitergegeben werden soll.)

Alle gängigen Link-Datenbanken geben die oben aufgelisteten Daten pro Backlink aus. Es ist jedoch nur möglich, die Quell-URLs aus der Search Console zu exportieren. Über einen Umweg, mithilfe des Tools Screaming Frog, ist es dennoch möglich, sich die weiteren Informationen zu beschaffen. Wenn diese Möglichkeit nicht besteht, reichen die Quell-URLs aus, da diese die Grundlage für die Bewertung darstellen. Liegen außerdem interne Daten aus vergangenen Linkmarketing-Maßnahmen oder PR-Aktionen vor, ist es ratsam, diese Daten mit aufzunehmen. Gerade diese Daten können bei zweifelhafter Umsetzung für eine Abstrafung verantwortlich sein. Nachdem alle Daten in einer Excel-Tabelle zusammengefasst sind, können Duplikate entfernt werden, um eine bereinigte Tabelle zu erhalten.

Spezialisierte Tools wie Link DTOX aus den LinkresearchTools helfen dabei, ein Linkaudit strukturiert durchzuführen, da das Tool neben der Beschaffung von Linkdaten (25 Quellen) Links auch erneut auf ihre Aktualität crawlt und eine hilfreiche Oberfläche für die Analyse und Bewertung bietet. Gerade bei großen Domains mit vielen Backlinks kann so ein kompletter Datensatz und ein strukturierter Prozess gewährleistet werden.

Tipp

Neben der Analyse der Linkquellen können gleichzeitig die Linkziele hinsichtlich 404-Fehlern untersucht und im Optimalfall abgepasst werden.

Bewertungskriterien für Backlinks

Es gibt eine Vielzahl an Faktoren, an denen man erkennt, dass ein Link dem Backlinkprofil eher schadet, als es zu unterstützen. Im Grunde genommen sollten bei der Bewertung stets die Google-Qualitätsrichtlinien beachtet werden sowie das Grundprinzip dessen, was Links eigentlich sind: Empfehlungen. Prinzipiell lassen sich zwei Arten von kritischen Verlinkungen unterscheiden. Die erste Art sind Verlinkungen eigenen Ursprungs, sprich: Sie wurden in der Vergangenheit selber aufgebaut. Zu diesem Zweck wurden einst beispielsweise Webkataloge, Artikelverzeichnisse, Presseportale sowie Domains genutzt, die lediglich zum Linkverkauf geschaffen wurden. Bei der zweiten Art handelt es sich um Verlinkungen, auf deren Entstehung man selber keinen direkten Einfluss hatte. Dies können minderwertige automatisch generierte Verlinkungen sein, welche die Gesamtqualität des Linkprofils beeinträchtigen, aber genauso manipulative Angriffe von Konkurrenten, die bewusst darauf abzielen, Schaden zuzufügen (Negativ-SEO). Bei selbst aufgebauten Verlinkungen sollten vor allem die oben angesprochenen Altlasten, Verlinkungen mit überoptimierten Linktexten sowie gekennzeichnete Bloggerkooperationen mit Follow-Verlinkung gelöscht oder entwertet werden. Gerade diese spezifischen Praktiken spricht Google in den Qualitäts-Richtlinien zu unnatürlichen Links an.

Webkataloge, Artikelverzeichnisse, Social Bookmarks und Presseportale

Auch wenn es vereinzelt hochwertige Webkataloge und Presseportale gibt, bei denen eine Verlinkung sinnvoll ist, entstand der Großteil dieser Portale, um manipulativ Verlinkungen zu generieren.

Blogkommentare/Forenprofil-Links

Links in Blogkommentaren sowie Forenprofilen wurden in der Vergangenheit missbraucht, da diese kostenfrei und schnell in großem Stile zu generieren waren.

SEO-Domains

SEO-Domains wurden ausschließlich dazu geschaffen, Links in redaktionellen Artikeln zu verkaufen. Identifizieren lassen sich solche Websites oftmals dadurch, dass sie keinen spezifischen thematischen Fokus und eine Vielzahl an ausgehenden Verlinkungen aufweisen. Weitere Hinweise können ein Bildimpressum sowie die häufige Nutzung von Keyword-Linktexten in den Artikeln darstellen.

Advertorials/Sponsored Posts

Google formuliert deutlich, dass gekaufte Verlinkungen in Kombination mit einem Follow-Link gegen die Qualitäts-Richtlinien verstoßen. Da in diesem Fall eine deutliche Kennzeichnung vorliegt, dass es sich um Werbung handelt, sind diese Verlinkungen für Google leicht zu identifizieren. Hier bietet es sich an, den Webmaster zu kontaktieren und um eine Umstellung des Links auf nofollow zu bitten. Durch diese Maßnahme entfällt zwar der SEO-Effekt des Links, er kann jedoch gerade bei reichweitenstarken Portalen als Branding-Maßnahme und Traffic-Quelle dienen.

Neben den vier angesprochenen kritischen Arten gibt es noch eine Vielzahl an weiteren als schlecht zu klassifizierenden Sorten von Verlinkungen. Bei Verlinkungen, welche auf Domains liegen, die ohne thematischen Zusammenhang zur eigenen Domain sind, sollte kritisch hinterfragt werden, ob eine Verlinkung sinnvoll erscheint. Genauso können Domains eher als zweifelhaft klassifiziert werden, wenn diese zu unseriösen Keywords ranken oder von einer Abstrafung betroffen waren. Mithilfe von Tools wie beispielsweise SISTRIX lässt sich dies leicht feststellen. Vorsichtig sollte man damit sein, Domains allein anhand des Designs oder geringer Sichtbarkeit als schlecht einzustufen. Ältere oder private Websites haben eventuell nicht das modernste Design oder sind nicht suchmaschinenoptimiert, sie sind jedoch natürlich entstanden und können durch ihre Themennähe sehr relevante Linkquellen sein.

Abbauprozess

In Bezug auf den Abbauprozess lassen sich zwei verschiedene Szenarien unterscheiden. Liegt der Abstrafung der Website eine manuelle Maßnahme zugrunde, sind ein sauberer Prozess sowie eine detaillierte Dokumentation erforderlich, welche beim Antrag auf erneute Prüfung („Reconsideration Request“) über die Search Console an Google übermittelt werden. Handelt es sich um eine präventive Bereinigung des Linkprofils oder eine algorithmische Abstrafung, muss ein solcher Antrag nicht eingereicht werden. Ein genaues Festhalten der unternommenen Aktivitäten ist jedoch für die eigene Dokumentation hilfreich.

Direkte Kontaktaufnahme vs. Disavow-Tool

Zum Entfernen schädlicher Links haben Webmaster zwei Möglichkeiten. Durch Kontaktaufnahme kann der Webmaster der linkgebenden Domain gebeten werden, die Verlinkung zu entfernen. Da dies bei manchen Websites aus verschiedenen Gründen – zum Beispiel mangels vorhandener Kontaktdaten, keiner Reaktion des Webmasters, Vorliegen einer fremdsprachigen Website – nicht möglich ist, hat Google das Disavow-Tool (goo.gl/1qZyWR) erschaffen. Über dieses Tool haben Webmaster die Möglichkeit, Google mitzuteilen, welche eingehenden Verlinkungen nicht weiter in die Berechnung der Rankings einfließen sollen.

Eine unsachgemäße Nutzung des Disavow-Tools kann jedoch auch negative Auswirkungen nach sich ziehen. Es sollten somit nur Backlinks für ungültig erklärt werden, wenn diese mit großer Wahrscheinlichkeit für Probleme verantwortlich sind oder dazu führen können. Einträge auf der Disavow-Liste können auf URL- bzw. Domainlevel erfolgen. Ein Eintrag auf URL-Level ist sinnvoll, wenn es sich um einen vereinzelten schlechten Backlink auf einer Domain handelt. In diesem Falle wird Google signalisiert, nur diese spezifische URL zu ignorieren. Dies hat den Vorteil, dass zukünftige hochwertige Verlinkungen weiterhin von Google gewertet werden. Handelt es sich um einen oder mehrere Backlinks auf Domains, von denen definitiv kein Verweis gewünscht ist, sollte der Disavow auf Domainlevel erfolgen. Google ignoriert auf die Weise jeglichen existierenden und zukünftigen Verweis dieser Domain. Das vorgeschriebene Format einer Disavow-Liste ist eine Textdatei (.txt) im UTF-8-Format. In Abbildung 9 ist zu sehen, wie Einträge auf URL- bzw. Domainlevel aufgelistet werden. Mithilfe von Hashtags können Bemerkungen für die eigene Dokumentation in der Disavow-Liste aufgenommen werden.

Reconsideration Request

Im Gegensatz zum präventiven Entfernen schädlicher Backlinks oder dem Bereinigen einer algorithmischen Abstrafung müssen bei einer manuellen Maßnahme und dem dazugehörigen „Reconsideration Request“ bestimmte Schritte berücksichtigt werden.

Dokumentation

Für eine erneute Prüfung erwartet Google das Entfernen nicht-konformer Verlinkungen, die genaue Dokumentation der unternommenen Schritte (Identifizierung der schädlichen Verlinkungen, Kontaktaufnahme mit den Webmastern und eventuelles Disavow) sowie ein Anschreiben/eine Stellungnahme bei Beantragung der erneuten Prüfung. Somit ist es bei einer manuellen Maßnahme umso wichtiger, einem strukturierten Prozess zu folgen. Ziel sollte es sein, nach der Bewertung der Backlinks eine Liste mit als schädlich identifizierten Links zusammenzustellen. Im nächsten Schritt müssen für alle Domains, auf denen kritische Links identifiziert wurden, die Kontaktdaten der Webmaster recherchiert werden, um diese dann via E-Mail um eine Löschung der Verlinkungen zu bitten. Das Anschreiben sollte höflich die Bitte der Linkentfernung formulieren und mit Quell-URL und Linktext dem Webmaster alle nötigen Informationen zur Bearbeitung liefern. Der Status der Abbau-Bemühungen wird während des Abbauprozesses in der Dokumentationstabelle festgehalten und stetig aktualisiert.

Folgende Informationen bieten sich dafür an, in der Dokumentationstabelle festgehalten zu werden:

  • Domain
  • Quell-URL
  • E-Mail-Adresse des Webmasters
  • Datum der ersten Kontaktaufnahme
  • Datum der zweiten Kontaktaufnahme
  • Status (Link gelöscht oder mit Disavow entwertet)
  • Begründung für Disavow

Die Dokumentationstabelle wird anschließend in ein Google-Doc kopiert, welches den Status „öffentlich zugänglich“ erhalten muss, sodass ein Google-Mitarbeiter für die erneute Prüfung auf das Dokument zugreifen kann.

Upload der Disavow-Liste

Auf Basis der Dokumentationstabelle können alle Verlinkungen, die nicht über die Kontaktaufnahme entfernt werden konnten, abschließend über das Disavow-Tool entwertet werden. Der Upload der Textdatei muss mindestens 48 Stunden vor dem Einreichen des „Reconsideration Request“ erfolgen.

Anschreiben an Google

Im Anschreiben an Google sollten folgende Aspekte formuliert werden:

  • Nennung der Verstöße und Erklärung, dass diese zukünftig unterlassen werden
  • Anzahl der als kritisch identifizieren Verlinkungen
  • Status des Prozesses der Kontaktaufnahme und Nennung des Grundes, warum die restlichen Domains über das Disavow-Tool entwertet werden sollen

Nach erneuter Prüfung durch einen Google-Mitarbeiter wird der Website-Betreiber über die Search Console benachrichtigt, ob der Bitte um Aufhebung der manuellen Maßnahme stattgegeben wurde. Werden von Google weiterhin Verstöße beanstandet, müssen der Analyseprozess, die Entfernung weiterer Backlinks sowie der Dokumentationsprozess wiederholt werden. Als Hilfestellung für den Webmaster liefert Google drei Beispiele an Verlinkungen, welche unter anderem der Auslöser für die manuelle Maßnahme sind.

Fazit

Ein gesundes und natürliches Linkprofil ist ein wichtiger Bestandteil der ganzheitlichen SEO-Strategie. Gerade wenn in der Vergangenheit Linkaufbau-Maßnahmen durchgeführt wurden, sollte man sicherstellen, dass Altlasten nicht den aktuellen Traffic gefährden. Wenn eine Abstrafung erst einmal vorliegt, ist ein Handeln zwingend erforderlich. Warum also nicht lieber vorsorgen? Mit einem strukturierten und kontinuierlichen Linkaudit-Prozess können Gefahren minimiert und Potenziale des eigenen Backlinkprofils weiter ausgebaut werden.