Bing Ads – lohnt der Aufwand?

Cora Rothenbächer
Cora Rothenbächer

Cora Rothenbächer ist Online-Marketing-Managerin bei der Online-Marketing-Agentur Bloofusion. Ihre AdWords- und Bing-Ads-Expertise aus ihrer täglichen Arbeit als SEA Consultant gibt sie unter anderem im suchradar, dem Magazin für SEO, SEA und E-Commerce, und im Bloofusion-Blog Internetkapitäne wieder. Zudem ist sie Gastbloggerin des offiziellen Bing-Ads-Blogs.

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Im letzten Jahr erreichte Bing einen zweistelligen Marktanteil in Deutschland – der Durchbruch hierzulande, wurde die Suchmaschine davor doch eher stiefmütterlich behandelt. Immer mehr Werbetreibende sehen seitdem in Bing Ads die Chance, mit wenig Aufwand neue Zielgruppen zu erreichen und die Umsätze zu erhöhen. Schließlich lassen sich die Kampagnen aus AdWords mit wenigen Klicks dorthin importieren. Dank der hohen optischen und funktionalen Ähnlichkeit zu Google AdWords wird gewohnten AdWords-Nutzern der Einstieg sehr leicht gemacht. Doch gibt es auch gravierende Unterschiede – sowohl in der Funktionsweise als auch in der strategischen Anwendung. Cora Rothenbächer erklärt, ob und für wen sich der Aufwand für eine Werbeschaltung bei Bing lohnt.

Bing Ads erfreut sich seit letztem Jahr wachsender Beliebtheit. Die Werbeplattform zur Suchmaschine Bing entstand in Deutschland vor knapp fünf Jahren und kann als Pendant zu Google AdWords betrachtet werden. Denn hierbei handelt es sich ebenfalls um ein Pay-per-Click-Modell: Der Werbetreibende bezahlt pro Klick auf seine Werbung. Dazu bucht er Keywords oder Ausrichtungen – wie beispielsweise eine Website – ein.

In den letzten drei Jahren hatte das Bing-Netzwerk stets einen Marktanteil von ca. 5 %, bis 2016 endlich die zweistellige Hürde geknackt wurde (Quelle: comScore). Da zum aktuellen Stand (März 2017) noch keine neuen Daten herausgegeben wurden, müssen wir davon ausgehen, dass der Marktanteil in Deutschland noch immer 10,2 % beträgt. Hierbei muss explizit betont werden, dass dieser Marktanteil das Bing-Netzwerk und nicht Bing alleine als Suchmaschine betrifft. Diese hat einen derzeitigen Marktanteil von fast 5 % (Quelle: statcounter).

Das starke Wachstum und der große Sprung von 7,6 % auf 10,2 % innerhalb nur eines halben Jahres sind auf viele Faktoren zurückzuführen, wie die Einführung von Bing Shopping in Deutschland sowie zahlreiche neue Partnerschaften von Bing (s. Abbildung 1). Es wurden Kooperationen mit Amazons Kindle Fire, Apples Siri, Facebook und Twitter eingegangen, die allesamt Bing in ihren Produkten nutzen. Das entstandene Suchvolumen auf den Plattformen trägt folglich durch die starke Verzahnung mit Bing zum Wachstum bei. Doch auch die Einführung von Windows 10 und Cortana 2016 waren starke Wachstumsfaktoren. Schließlich gab es dank Windows 10 nun 30 % mehr Suchanfragen im Bing-Netzwerk. Der Grund dafür sind Cortana als Sprachsuche, welche immer beliebter wird, und Bing als festgelegte Standard-Suchmaschine auf Windows 10.

Info

Der Kampagnen-Import in Bing Ads ist wegen der vielen zu beachtenden Details fast schon eine NeverEnding Story. Dieses Advisory widmet sich daher gänzlich dem Thema: http://bloo.link/bingads2016

 

Ähnlichkeiten zu AdWords

Zwischen den beiden Werbeplattformen gibt es starke visuelle und funktionelle Ähnlichkeiten. Angefangen beim Interface wird gewohnten AdWords-Nutzern deutlich, dass die Struktur der Kampagnenauswahl bis hin zur gemeinsam genutzten Bibliothek & Co. hier gleich aufgebaut ist (s. Abbildung 2). Diese Ähnlichkeit ist vermutlich beabsichtigt. Schließlich ist Google Marktführer. Um gewohnten AdWords-Werbetreibenden nun die zusätzliche Verwendung von Bing Ads schmackhaft zu machen, haben solche Ähnlichkeiten sicherlich einen rein strategischen Hintergrund. Bing-Ads-Einsteiger müssen das Programm somit nicht neu erlernen, haben weniger Probleme mit der Einarbeitung und auch einen geringeren zeitlichen Aufwand.

Deutlich wird beim Vergleich allerdings auch, dass das Bing-Ads-Interface eingeschränktere Funktionen als das AdWords-Interface bietet. Schließlich gibt es in Bing Ads weniger Einstellungsmöglichkeiten als in AdWords sowie weniger Kampagnentypen zur Auswahl. Dies ist auf die unterschiedlichen Netzwerke und Partner der Webeplattformen zurückzuführen. Zur Erinnerung: In AdWords kann zum einen in Googles Suchnetzwerk samt Hunderter Partner-Websites geworben werden. Hierbei wird der Nutzer aktiv und der Werbetreibende geht mittels Keywords oder anderer Ausrichtungen auf seine Anfragen ein. Zum anderen kann in Googles Display-Netzwerk geworben werden, welches neben dem Giganten YouTube über zwei Mio. Websites, Videos und mobile Apps umfasst. Hier äußert der Nutzer keine Anfragen, erhält aber anhand seines Suchverhaltens oder seiner (vermuteten) Bedürfnisse die Werbung ausgespielt. In Bing Ads hingegen entfällt diese letzte Option gänzlich.

„Bing Ads haben weniger Funktionen als AdWords.“

Werbetreibende, für die visuelle Werbung wie Banner- oder Video-Werbung unverzichtbar ist, haben bei Bing Ads keine Chance. Hier haben deutsche Werbetreibende allein die Möglichkeit, im Suchnetzwerk zu werben, da es kein Display-Netzwerk gibt. Dies minimiert natürlich das Potenzial von Bing Ads, der Grund für diese Verteilung jedoch ist nachvollziehbar: Schließlich gehen die meisten Websites eher eine Kooperation mit dem weltweiten Marktführer Google ein als mit der Nummer zwei Bing. Neben den Suchkampagnen gibt es seit Mai letzten Jahres auch die Möglichkeit, Bing Shopping (sog. „Einkaufskampagnen“) einzusetzen. In den USA gibt es diese Option bereits seit 2010.

Kampagnen-Import – Fluch und Segen zugleich

Eine sehr praktische, manchmal aber auch tückische Funktion, über die sich AdWords-Werbetreibende freuen dürfen, ist der Import von AdWords-Kampagnen in Bing Ads – samt den dortigen Einstellungen, Anzeigenerweiterungen usw. Hierbei ist allerdings Vorsicht geboten, da bei Missachtung bestimmter Einstellungen die Einschränkung der gesamten Konto-Performance droht oder dies zu vermeidbar hohen Kosten führen kann.

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, die Kampagnen aus AdWords zu importieren: im Interface oder im Editor. Letzteres ist besonders empfehlenswert, da die Kampagnen und eventuelle Fehl-Importe offline leichter bearbeitet und rückgängig gemacht werden können. Auf beiden Wegen können Werbetreibende genau auswählen, welche Elemente sie importieren möchten, z. B. auszuschließende Keywords, Anzeigenerweiterungen oder etwa alle Elemente.

Besonders beim erstmaligen Kampagnen-Import in Bing Ads sollte man darauf achten, dass die Kampagnen auch generische Begriffe enthalten. Durch die geringere Anzahl an Nutzern der Suchmaschine (im Vergleich zu Google) ist das Suchvolumen in Bing niedriger, weswegen man mit eher generischen Keywords z. T. bessere Ergebnisse erzielen kann.

„Achten Sie auf Ihre Gebotsstrategien – sonst kann es teuer werden.“

In jedem Fall sollte man den Import vor der Veröffentlichung noch einmal genau überprüfen. Eine besondere Stolperfalle, die extrem teuer werden kann, stellen hier nämlich die unterschiedlichen Gebotsstrategien der Werbeplattformen dar. In Bing Ads existieren weniger solcher Strategien als in AdWords. Zur Auswahl stehen hier manuelle Kosten pro Klick (AdWords: „Manueller CPC“) und seit August 2016 auch erweiterte Kosten pro Klick (AdWords: „Auto-optimierter CPC“). Problematisch können daher AdWords-Kampagnen mit der Strategie Ziel-CPA werden. Denn beim Import erkennt das System von Bing Ads diese Strategie nicht als solche. Stattdessen wird das CPA-Gebot in der importierten Anzeigengruppe als CPC-Gebot eingefügt. So kann ein CPA-Gebot von 55 Euro in AdWords leicht zu einem CPC-Gebot von 55 Euro in Bing Ads werden. Erkennt man die fehlerhafte Einstellung nicht und lässt das Bing-Ads-Konto anschließend womöglich ohne Überprüfung laufen, können dort binnen kürzester Zeit sehr hohe Kosten entstehen.

Weitere Konflikte beim Bing-Ads-Import können sich durch unterschiedliche Spracheinstellungen ergeben. In AdWords muss die Spracheinstellung vom Browser des Nutzers mit den Spracheinstellungen in der bezahlten Suche übereinstimmen, damit die Anzeigen ausgespielt werden können. Dort wird die Einstellung auf Kampagnenebene festgelegt. Ist die Kampagne beispielsweise auf „alle Sprachen“ ausgerichtet, werden ebenfalls deutschsprachige Kunden, die ihren Browser z. B. auf Isländisch eingestellt haben, erreicht. In Bing Ads hingegen werden die Anzeigen ungeachtet der Spracheinstellungen im Browser des Nutzers ausgespielt. Die Anzeigenschaltung richtet sich dort stets nach dem Zielland: In Deutschland werden also nur deutsche Anzeigen ausgespielt, in Island nur isländische usw. Einzige Ausnahme stellt die englische Sprache dar.

Bei den Spracheinstellungen in Bing Ads ist besonders zu beachten, dass diese auf Anzeigengruppen-Ebene vorgenommen werden und je Anzeigengruppe nur eine Sprache festgelegt werden kann. Stimmt diese nicht mit der im Zielland gesprochenen Sprache überein (ausgenommen Englisch), können die Anzeigen nicht ausgespielt werden. Achtung: Werden im Bing-Ads-Editor-Kampagnen aus AdWords importiert, übernimmt der Editor die erste Sprache aus der in AdWords festgelegten Liste von Sprachen; bei der Option „alle Sprachen“ aus AdWords ist dies meist Englisch. Mit wenigen Klicks lässt sich diese Einstellung noch vor dem Import der AdWords-Kampagnen ändern – wurde die Kampagne jedoch schon hochgeladen, haben sich hierdurch die Spracheinstellungen fixiert. Eine Änderung ist nicht mehr möglich. Alternativ lässt sich zu diesem Zeitpunkt also nur noch die Kampagne kopieren, um die Einstellungen in der Kopie zu ändern.

Aufwand für Bing Ads

Hat man als Werbetreibender die ersten Stolpersteine, wie die Importoptionen und die grundlegenden Kampagnenunterschiede zwischen AdWords und Bing Ads, erkannt und in der Kontoeinrichtung beachtet, ist der höchste Aufwand auch schon überwunden. Im weiteren Verlauf sollten Werbetreibende nun noch die Gebote in Bing Ads korrekt anpassen und sich dort herantasten. Diese sind häufig – allerdings nicht immer – niedriger als in AdWords. Schätzungen erhält man u. a. mittels Bing Ads Intelligence (BAI). Dabei handelt es sich um ein umfangreiches und kostenfreies Add-in, das als Erweiterung schnell und einfach in Excel eingebaut werden kann. Dort lassen sich dann auch weitere Statistiken zu ausgewählten Keywords abrufen, wie das Suchvolumen. Die Informationen beziehen sich stets auf die innerhalb der letzten 30 Tage generierten Daten. Das Tool erinnert leicht an den Keyword-Planer von Google.

„Schauen Sie nicht nur auf die Anzahl der Impressions.“

Im Vergleich der beiden Werbeplattformen lassen sich in Bing Ads in der Regel wesentlich weniger Impressionen und damit verbunden auch Conversions generieren. Für viele Werbetreibende ist dies häufig der Grund, sich eher dem AdWords-Konto zu widmen und dort die Datenpflege, Keyword-Ausweitung usw. vorzunehmen. Mithilfe des regelmäßigen Imports (s. Abbildung 3) von AdWords-Elementen in Bing Ads gestaltet sich diese Arbeitsweise umso einfacher. Der automatische Import lässt sich im Interface zu gewünschten Zeiträumen einrichten, um beispielsweise die in AdWords regelmäßig gepflegten auszuschließenden Keywords stets in Bing Ads zu übertragen. Doch sollte man hier keine komplizierten oder gar zu viele Elemente auf einmal importieren lassen, wie zum Beispiel alle neuen Kampagnen oder Anzeigentexte. Andernfalls droht der Kontrollverlust, falls die neuen Kampagnen etwa CPA-Gebote enthalten, Anzeigenanpassungen oder auch Trackingvorlagen, die in Bing Ads nicht existieren.

Durch solche Vorgehensweisen minimiert sich der Aufwand für Bing Ads im Verlauf der Arbeit. Doch sollte man das Bing-Ads-Konto nicht komplett stiefmütterlich behandeln, sondern neben dem Bid-Management auch dort – vor allem am Anfang – die Suchanfragen kontrollieren, ggf. mehr generische Keywords hinzufügen etc. Schließlich erreicht man auf Bing manchmal gänzlich andere Zielgruppen als auf Google, die eines anderen Umgangs bedürfen.

Zielgruppen

Das durchschnittliche Alter der Bing-Nutzer variiert von Branche zu Branche und von Geschäft zu Geschäft. Demografische Anhaltspunkte je nach Branche können bei Bing Ads Insights eingeholt werden (ads.bingads.microsoft.com/de-de/cl/47050/bing-audience-demographic). Wissenswert ist auch, dass sich Bing-Nutzer in der Regel als zahlungskräftiger als Google-Nutzer erweisen (Quelle: comScore). AdWords-Werbetreibende, die den zusätzlichen Einsatz von Bing Ads planen, um neue Zielgruppen zu erreichen, sollten sich auf solche und ähnliche statistische Angaben allerdings nicht komplett verlassen, sondern sich auch hier herantasten.

Lohnenswert ist der zusätzliche Einsatz von Bing Ads meist dennoch – alleine, um neue Zielgruppen zu erreichen und auch auf der Suchmaschine Bing Präsenz zu zeigen. Bieten beispielsweise Mitbewerber auf den Brand-Namen, so können Werbetreibende hier mit einer eigenen Brand-Kampagne schnell eingreifen. Doch auch für Werbetreibende, die in den USA ihre Werbung schalten möchten, ist Bing Ads besonders ratsam. Dort beträgt der Marktanteil des Bing-Netzwerks 31,3 % und ist somit weltweit am höchsten (s. Abbildung 4). In Europa erreichen neben Deutschland bloß noch England, Frankreich und Norwegen Werte im zweistelligen Bereich.

„Mit Bing Ads kann man durchaus neue Zielgruppen erreichen.“

Ebenfalls lohnt sich der Einsatz von Bing Ads besonders für pharmazeutische Unternehmen. Anzeigen werden hier wesentlich seltener abgelehnt, da die Richtlinien nicht so strikt sind wie in AdWords. Denn hier wiederum haben Werbetreibende aus der Pharma-Branche oftmals mit Anzeigen- oder gar kompletten Shopping-Feed-Ablehnungen zu kämpfen, sofern bestimmte Inhaltsstoffe auf der Zielseite stehen. Dennoch ist und bleibt die große Reichweite des Google-Netzwerkes nicht zu unterschätzen.

Fazit

Bing wird zweifelsohne immer präsenter, auch die Zahl der Bing-Ads-Werbetreibenden wächst. Schließlich wird gewohnten AdWords-Werbetreibenden der Einstieg durch die hohe Ähnlichkeit leicht gemacht. Doch sollte man dabei unbedingt die Stolpersteine beachten, um keine (teuren) Fehler zu begehen. Dies betrifft auch den Kampagnen-Import von AdWords-Daten. Hier sollte man stets achtsam vorgehen und besser zu viel als zu wenig Zeit investieren, um einen soliden Grundstein zu legen. Ist dieser erst einmal richtig gesetzt, ist der laufende Aufwand für die Pflege des Bing-Ads-Kontos vergleichsweise gering. Für einige Werbetreibende, wie beispielsweise aus dem pharmazeutischen Bereich, kann der Einsatz besonders lohnenswert sein. Für alle anderen gilt: Mit dem richtigen Know-how sollte man sich einfach mal an Bing Ads herantasten.