Der Plan: Hauptformat, Nebenformate
Während ich bei der Zielgruppe eher nach Bauchgefühl agierte, steckte ich meine Formatziele vor Antritt der Reise konkret und hoch: Täglich ein Video vom Weg veröffentlichen und zeigen, wie es mir wirklich ergeht. Darüber hinaus wollte ich mich dem Thema Live-Video widmen. Es ist ein Megatrend, wird aber leider noch viel zu oft ziemlich platt umgesetzt. Gerade das Live-Video-Format bei Facebook hatte es mir angetan. Außerdem wollte ich Bilder und Texte auf den Social-Media-Plattformen Facebook und Twitter veröffentlichen. Das Hauptziel war für mich, aus dem erstellten Videomaterial für ein iPhone-Festival einen Film über die gesamte Reise zu erstellen. Ich hatte mir zwar viel vorgenommen, aber keine großen Erwartungen. Es sollte ein Test bleiben. Und so war es auch: Am Ende kam alles anders, als ich gedacht hatte.
Die Wirklichkeit: Erfahrungswissen
In diesem Abschnitt fasse ich zusammen, was ich aus den wirklichen Erfahrungen auf dem Jakobsweg über den Umgang mit authentischem Content-Marketing lernte. Wer wissen möchte, was ich an den einzelnen Tagen erlebte, der kann sich die Videos anschauen.
Vorbereitung
Wenn du an eine Idee glaubst, dann investiere in sie. In diesem Punkt war ich leider nicht konsequent genug, denn ich hätte schon vor Beginn meiner Tour die entsprechende Landingpage besser aufbauen sollen. Im Nachhinein scheint es also, als hätte ich noch überzeugter an die Sache herangehen können.
Ich hätte im Vorfeld die Community aktivieren können. Auch hier brachte ich meine Bemühungen an dem Punkt, an dem ein wenig Gegenwind aufkam, nicht konsequent zu Ende. Hier hätte ich bereits die Grundlagen für den Verlauf legen können.
Es ist gut, mit sehr hochgesteckten Zielen an den Start zu gehen. Selbst wenn man sich – wie ich – entscheidet, doch nicht alles öffentlich zu machen, bleibt noch genügend Stoff, und keiner merkt, dass man die Ziele nicht vollständig erreicht hat.
Auf der Tour
Die wichtigste Erkenntnis auf der Tour war, dass Formate relativ egal sind. Es reicht, wenn sie einem gewissen Grundstandard genügen. Das iPhone erfüllt diesen Standard. So gab ich mir zu Beginn beispielsweise sehr viel Mühe, die Kamera ruhig zu halten, bis ich aus der Community hörte, dass meine Berichte von unterwegs durch das Wackeln erst richtig authentisch wirken.
Das Wichtigste für die Zielgruppe ist die Identifikation. Es ist also egal, ob anamorphes Filmen, Nutzung eines Gimbal zur Bildstabilisierung oder Überbelichtungen. Am Ende zählt in diesem Format nur der Kern. Die Leute wollen sehen, ob und wie ich es schaffe – oder wie ich scheitere.
Das Schneiden und Vertonen eines Videos kostete mich täglich ca. zwei bis drei Stunden Zeit. Ich hätte gedacht, dass ich schneller damit durchkomme. Hätte ich vorher mehr geübt, hätte ich es gewusst.
Die Geschichte der Tour auf dem Jakobsweg brauchte kein Skript. Es zeigte sich, dass das Leben die besten Geschichten parat hält. Jeden Tag geschahen rechts und links witzige oder besondere Sachen, die ich in die Videos aufnehmen konnte.
Facebook-Live-Videos sind eine fantastische Sache. Leider muss man immer schauen, ob man genug Netz zur Verfügung hat. Ich entschied mich nach ein paar Versuchen gegen Facebook-Live-Videos, da sie zu oft schlechtes Bild und schlechten Ton hatten. Außerdem hatte ich für Live-Videos keinen direkten Plan. Um den Versuch erfolgreicher zu machen, hätte ich vorab mehr Gehirnschmalz in das Format investieren müssen.
Es gab Tage, an denen lief es bzw. lief ich einfach nicht gut. Es lief authentisch gesprochen „kacke“. Irgendwann begann ich dann zu überlegen, ob zu viele Negativbotschaften schlecht sind. Ich stand also immer kurz davor, das Authentische zu verlassen. Aber mir fehlte irgendwann tatsächlich die Kraft, mich auch nur im Mindesten zu verstellen. Daher entschloss ich mich am Ende zu sagen, wenn es nicht gut lief. Das führte dazu, dass ich an solchen Tagen schnell negative Reaktionen bekam. Leute schrieben, dass sie ein Video wegen meiner Flucherei nicht bis zum Ende ansehen konnten. Dennoch blieb ich bei meiner Strategie, Einblick in meine Tiefs zu geben. Dramaturgen im Storytelling sagen: Zeige Höhen und Tiefen. Aber mir war an einigen Tagen egal, ob meine Zuschauer jedes Video zu Ende schauten. Ich musste ehrlich meine negativen Erfahrungen schildern können. Das ist authentisch – und das Gegenteil dessen, was Online-Marketer auf Konferenzen über das Thema Storytelling erzählen.