Neben aktuellen Hype-Themen wie Social Influencing und Growth Hacking standen vor allem die nachhaltige Traffic- und Neukunden-Generierung sowie die Akquise werthaltiger Affiliates und der zielgerichtete Einsatz von Daten im Fokus der jährlich – dieses Jahr in Amsterdam – stattfindenden Konferenz. Markus Kellermann, Romy Habelt und Wolfgang Polzer sahen sich dort für Sie um.
Die Trends der digitalen Werbewelt von der Performance Marketing Insights Europe in Amsterdam
Am 04. und 05. Juli fand im Okura-Hotel in Amsterdam die Performance Marketing Insights (PMI), die führende europäische Konferenz im Performance-Marketing, mit rund 650 Teilnehmern statt.
Das Programm spaltete sich in drei Bereiche auf: Affiliate-Marketing und Lead-Generierung, Paid Search und Programmatic Buying sowie Panels und Diskussionen. Die Besucher hatten somit an beiden Konferenztagen die Möglichkeit, während jeder Session zwischen drei Themenbereichen zu wählen. Zusätzlich wurden Bootcamp-Workshops wie z. B. Conversion-Optimierung in kleineren Gruppen angeboten. Im Mittelpunkt der beiden Konferenztage standen die nachhaltige Zusammenarbeit mit Affiliates, die zielgerichtete Datennutzung, die Produktion von relevantem Content sowie neue Vermarktungsansätze.
Suchmaschinenoptimierung 2016
Malte Landwehr, Produkt-Marketing-Manager bei searchmetrics, zeigte in seinem Vortrag „Search 2016 - Understanding and Mastering SEO on All Devices" einige wichtige Faktoren, die bei der Optimierung der eigenen Website beachtet werden sollten.
Lag die SEO-Strategie der Shop- bzw. Webseitenbetreiber bisher auf der Optimierung bestimmter Keywords, so sollte der Fokus inzwischen darauf liegen, sich inhaltlich allumfassend mit einem Thema auseinanderzusetzen anstatt mit einzelnen Suchbegriffen. Google versteht mittlerweile, dass verschiedene Keywords zu einem Thema zusammengehören, dadurch ranken Seiten mit relevanten Inhalten über bestimmte Topics zu Suchanfragen wie beispielsweise Fragestellungen sehr gut. Zudem ist es auch nicht mehr unbedingt nötig, relevante Keywords in den Titel einer Seite zu integrieren. Hatten 2015 noch circa 70–75 % der ersten drei Suchergebnisse den Titel mit Keywords befüllt, so sind es 2016 nur noch durchschnittlich 55 % der Webseiten unter den Top 10.
Eine weitere Herausforderung für die Zukunft wird sein, dass Google bereits jetzt immer mehr Antworten direkt in den SERPs liefert. Wenn der User die gesuchte Information bereits in den Suchergebnissen angezeigt bekommt, hat er keine Intention mehr, eine Website anzuklicken. Dies kann vor allem zu Trafficeinbußen bei informationsorientierten Suchanfragen führen. Liegen Direct Answers in Deutschland noch bei durchschnittlich 2 %, so sind es in den USA bereits 26 %.
Dass Google den Traffic anderer Webseiten aktuell bereits beeinflusst, wird am Beispiel von Google Flight deutlich. Hier kann der User seine Flüge direkt über die Suchmaschine buchen und benötigt keine Online Travel Agencies mehr. Aber auch Preisvergleichsseiten geraten durch Google-Shopping-Ergebnisse in den Hintergrund.
The Future of Programmable Marketing
Programmatic Advertising wird inzwischen von 87 % der Advertiser und 93 % der Agenturen in Europa eingesetzt. Dies ergab eine Umfrage von IAB Europe 2016. Wie wichtig dabei eine individuelle Kampagnenerstellung ist, zeigten Nigel Gilbert von VP Europe und Sebastiaan Schepers von Bannerconnect in Ihrem Vortrag.
„Add your intelligence to existing algorithmus.”
Aufgrund der stets steigenden Werbevielfalt wird es für Unternehmen zunehmend schwieriger, die Aufmerksamkeit eines Users zu erhalten. Hinzu kommt, dass alle Systeme den gleichen bzw. einen ähnlichen Algorithmus nutzen. Daher ist es für Unternehmen umso wichtiger, sich mit individuellen User-Daten, die einen Brand einzigartig machen, abzuheben. Erst ein bestehender Algorithmus, angereichert mit den eigenen Daten, ergibt die perfekte Kombination für den zielgerichteten Einsatz von Programmatic Advertising.
Europa – ein Kontinent mit vielen unterschiedlichen Märkten
Eine kürzlich von RetailMeNot veröffentlichte Studie ergab, dass der Umsatz 2016 in Europa im Online-Retail hochgerechnet um 16,7 % im Vergleich zum Vorjahr steigen wird. Laut Teodora Dobjanschi, Senior Affiliate Recruiter Avangate, wird aber noch lange nicht das volle Potenzial ausgeschöpft, da eine länderübergreifende Vermarktung oftmals noch an den Grundlagen scheitert. Baustellen sind dabei die getrennten Märkte und damit verbundene Barrieren wie unterschiedliche Sprachen und Währungen, abweichende Steuern und kulturelle Unterschiede. Es ist noch nicht allgemein verbreitet, dass länderübergreifend ohne Nachteile für potenzielle Kunden wie z. B. höhere Preise oder Lieferkosten bestellt werden kann. Ziel sollte es daher für Unternehmen sein, diese Baustellen zu beheben, um das volle Potenzial ausschöpfen zu können.
Florian Wallner, Global-Project-Manager bei zanox, ging in seinem Vortrag auf die Länderunterschiede auf Publisher-Ebene ein. So haben Affiliate-Modelle in der Customer Journey länderbezogen einen komplett unterschiedlichen Einfluss. In der gezeigten Case Study wurden branchengleiche Advertiser aus Frankreich und den Niederlanden mit denselben Publisher-Modellen verglichen. Führen in den Niederlanden beispielsweise Display-Partner zu den meisten Neukundenabschlüssen, sind es in Frankreich die Content- und Social-Media-Affiliates. Zanox verdeutlicht damit, wie unterschiedlich die Märkte in Europa sind und dass es keine einheitliche Publisher-Portfolio-Strategie gibt! Deswegen sollten Advertiser, die in mehreren Ländern aktiv sind, Märkte immer einzeln analysieren und nicht einfach eine bestehende Strategie auf ein weiteres Land übertragen.
Neue Vermarktungsansätze
Wallner ging in seinem Vortrag „The next Wave of Customer Acquisition Techniques“ zusätzlich auf neue erfolgreiche Vermarktungsmodelle ein. So entstanden in den letzten Jahren viele Advertiser-Advertiser-Partnerschaften, bei denen Unternehmen von der gegenseitigen Vermarktung profitieren. Als Beispiel zeigte er den Case einer „Billig-Fluglinie“. Diese kann durch die Vermarktung weiterer Zusatzprodukte im Bestellprozess wie Kreditkarten, Hotels, Mietauto etc. sehr günstige Flugpreise anbieten. Aber auch kleinere Shops können vom Cross-Selling profitieren, indem sie auf Ihrer Bestellabschlussseite passende Produkte von anderen Advertisern mit anbieten und dafür zusätzliche Provision für einen Verkauf erhalten.
In einem Workshop von CJ Affiliate by Conversant ging es um die Einbettung von Social Influencern in den Affiliate-Kanal. Social Influencer arbeiten in den meisten Fällen nicht für einen CPA. Die Aufgabe der Netzwerke und Agenturen muss es daher sein, Advertiser davon zu überzeugen, welchen Einfluss Social Influencer auf ihre Follower haben. CJ ermutigte die Teilnehmer, die Werthaltigkeit von Social Influencern anhand von Faktoren wie Lifetime Value, Browser Time, Visits uvw. zu bewerten.
Growth Hacking als Trend im Online-Marketing
Zur Keynote am ersten Tag stand Digital-Marketing- und Social-Media-Experte Chris Perks auf dem Podium.
Sein Vortrag über Growth Hacking lieferte den Besuchern eindrucksvolle Tipps zur Kundengewinnung sowie Umsatz- und Aufmerksamkeitssteigerung. Beim Growth Hacking geht es darum, in Kombination aus Kreativität und analytischem Vorgehen mit minimalen finanziellen Mitteln eine maximale Wirkung zu erzielen. Dabei spielen vor allem soziale Netzwerke und virale Kampagnen eine große Rolle.
Für Growth-Hacking-Kampagnen sollten 10 % des Marketing-Budgets zur Verfügung gestellt werden, ohne dass erwartet werden darf, den ROI damit zu erreichen. Es geht hier um das Testen vieler unterschiedlicher Kampagnen – dabei können auch einige schiefgehen –, bis eine erfolgreiche gefunden ist.
Disrupt or Die – A Publisher's Experience
Dr. Andreas Wiele, President of Marketing and Classified Divsion bei Axel Springer, zeigte in seiner Keynote eindrucksvoll, wie der Konzern es schaffte, vom sinkenden Print-Zug auf den digitalen Express aufzuspringen und seine Business-Modelle aus der Vergangenheit in das digitale Zeitalter zu übertragen!
„Cannibalize yourself and you will not be cannibalized."
Die klassischen Modelle waren: Paid – der Verkauf von Zeitungen, Classified – Anzeigenschaltung von Job- und Immobilienangeboten sowie der Verkauf von Werbeanzeigen im Marketing-Modell.
Für den Paid-Bereich wurde z. B. Bild Plus eingeführt – eine kostenpflichtige Erweiterung der regulären Homepage-News. So hatte Axel Springer im August 2015, zwei Jahre nach dem Start, bereits knapp 300.000 zahlende Leser für diesen Dienst. Im Classified-Bereich investierte die Axel Springer AG in Portale wie Stepstone oder Immowelt und für das Marketing-Modell wurden z. B. Anteile an zanox oder auch Idealo übernommen.
Reaktivierung inaktiver Publisher
Geno Prussakov (AM Navigator) gab den Besuchern eine Auswahl an Reaktivierungsmöglichkeiten inaktiver Affiliates an die Hand. Seine Lösung: G. R. I. T. S – Great Resources, Incentives, Tools und Support.
Zu den Ressourcen eines Affiliate-Managers zählen unter anderem, die Affiliates nach Freigabeprüfung mit einer Willkommensnachricht zu begrüßen und auf Aktionen oder Incentives aufmerksam zu machen. Prussakov rät zudem zu einer Corporate-Affiliate-Website mit wichtigen KPIs des Programms und auch eine FAQ-Sektion sollte angeboten werden. Die sozialen Netzwerke eignen sich ebenso hervorragend, um mit Affiliates in Kontakt zu treten.
„90 % Anteil inaktiver Affiliates als Chance nutzen.“
Incentives spielen eine wichtige Rolle für die Partner. So motivieren etwa ein attraktives Staffelmodell oder auch Sales Rallyes die Affiliates und sorgen für mehr Umsatz und Aufmerksamkeit für das Partnerprogramm.
Des Weiteren kann man den Partnern auch Tools anbieten, welche die Arbeit des Affiliates vereinfachen. Hierzu zählen beispielsweise Plug-ins für Blogger oder Ad Widgets. Darüber hinaus können Listen mit Topic-Keywords Potenziale für organischen Traffic aufzeigen. Der Hinweis auf Top-Seller ist für Affiliates zudem ein Indikator, welche Produkte besonders häufig verkauft werden, so ist es möglich, die Conversion-Rate und damit i. d. R. auch den Umsatz zu steigern.
Ebenso relevant ist der Support für die Partner – es sollten stets alle Kontaktmöglichkeiten mit dem Affiliate-Manager transparent kommuniziert und binnen kürzester Zeit Feedback auf Anfragen gegeben werden.
Fazit:
Mit knapp 650 Besuchern war die Veranstaltung weniger besucht als im Jahr zuvor in Berlin. Dies war sicherlich auch dem gestiegenen Ticketpreis von inzwischen knapp 800 Euro geschuldet, der auch von einigen Teilnehmern kritisiert wurde. Die Konferenz lieferte mit einem breiten Spektrum an Vorträgen und Diskussions-Panels eine große Auswahl im Programm und auch die Umstrukturierung auf drei unterschiedliche Themenschwerpunkte wurde positiv angenommen.