Mehr als 5.000 Besucher aus über 50 Ländern folgten dem Ruf von Adobe zum jährlichen Adobe Summit nach London. Im Fokus des Kongresses mit mehr als 100 Sessions und Workshops stand die Transformation zum „Experience Business“, d. h., den Kunden datengetrieben Erlebnisse zu bieten – konsistent, kontinuierlich, fesselnd über Mediengrenzen hinweg. Neben der Vorstellung von Produktinnovationen bot das Adobe-Management einen Blick in die aktuellen Forschungs-und Tätigkeitsfelder des Unternehmens. Eins scheint nach den beiden Tagen in London klar: Kunden können und sollten zukünftig noch relevantere Anknüpfungspunkte seitens der Unternehmen geboten werden. Tobias Aubele sah sich für Sie in London um.
Adobe Summit – der Start ins Zeitalter des Experience Business
Der Adobe Summit bot den Teilnehmern ein spannendes Konzept: Vermittlung von Fachwissen in Vorträgen und Case Studies, Hands-on-Schulungen direkt an Modulen des Adobe-Ökosystems, Keynotes durch das Management von Adobe sowie inspirierende Interviews mit Prominenten. Das ExCel in London ermöglichte ausgezeichnete Rahmenbedingungen, um in zehn Tracks den Wissensdurst nach aktuellen Themen wie bspw. Personalisierung, Analyse, Innovationsmanagement und Mobile Engagement zu stillen. Die Führungsriege präsentierte neben der aktuellen Unternehmens- und Produktstrategie Sneak Previews von potenziellen Features der technischen Plattform und schien für die Teilnehmer greifbar nahe zu sein. Prominente wie Schauspieler Colin Farrell, Moderatorin Davina McCall oder Sternekoch Heston Blumenthal berichteten zudem sehr authentisch, wie sie selbst durch die Schaffung von Kundenerlebnissen ihren eigenen Weg meisterten.
Spannendste Zeit im digitalen Business – ever!
Brad Rencher, Executive Vice President (Adobe Digital), prognostizierte in seiner Eröffnungskeynote die spannendste Zeit im digitalen Business – das kommende Zeitalter des Experience Business. Konsumenten erwarten konsistente Erlebnisse einer Marke, online und offline, was bei den Unternehmen großartigen Contents, Kreativität und intensiver Nutzung von Daten bedarf. Digitale Möglichkeiten werden immer vielfältiger, Dinge des täglichen Lebens wie bspw. eine interaktive Litfaßsäule oder ein Auto werden Teil des digitalen Lebens (werden). So mag es aktuell noch surreal klingen, dass Fahrer aus dem Auto heraus Donuts per Touchscreen konfigurieren, bestellen und sofort digital bezahlen, ein Tesla auf der Bühne zeigte jedoch, dass dies keine Fiktion ist, sondern bereits die nahe Zukunft. Was erwarten lt. Rencher Kunden, welche eine immer größere Macht in den Unternehmen innehaben?
- Kenne und respektiere mich!
- Sprich mit mir mit einer Stimme!
- Mache eingesetzte Technologie transparent!
- Erfreue mich zu jeder Zeit!
Konsistente Erlebnisse mit einer Marke – Experience Business
Die Forderung nach konsistenten Kundenerlebnissen wird bereits in diversen Unternehmen wie Aston Martin erfolgreich praktiziert bzw. war ebenfalls die Essenz des Erfolges von Sternekoch Heston Blumenthal. Was in der Küche die perfekte Komposition von Gerichten mit ungewöhnlichen Materialen und Werkzeugen ist (Eisproduktion direkt am Tisch der Kunden mittels -80° C kalten Trockeneises), entspricht im digitalen Marketing der medienübergreifenden relevanten Ansprache mittels Storytelling bzw. letztlich Erlebnisschaffung. Simon Sproule, CMO von Aston Martin, welcher mit James Bond eine besonderes Testimonial vorweisen kann, versprühte in Bild und Ton die Leidenschaft und letztlich Authentizität, mit der Kundenerlebnisse personalisiert geschaffen werden. Kunden danken dies durch fast lebenslange Treue zu den Autos. Fun Fact: Bislang wurden seit Firmengründung nur 4.000 Aston Martins zerstört bzw. verschrottet, was im Vergleich zu 2.500 Verschrottungen pro Tag im UK als wahrlich gering anmutet.
Tipp: Der Report Adobe Digital Index (ADI) EMEA Best of the Best 2015 bietet Einblicke in Cross-Device-Nutzerverhalten und dessen „Experience-Killer“ wie erneutes Einloggen auf diversen Geräten oder Schwierigkeiten der Dateneingabe (http://einfach.st/cmo3).
Im Zuge des Summits berichteten weitere Unternehmen ihren Ansatz zur Schaffung von Kundenerlebnissen. So treibt Simon Chatfield das Marketing im Londoner Flughafen Heathrow medienübergreifend erlebnisorientiert voran. Mittels Personas wird auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Wünsche von bspw. Geschäftsreisenden und Familien mit Kindern konzeptionell reagiert. Das Ergebnis ist u. a. personalisierter Content auf der Website, Einsatz von Beacons und Free WIFI. In Summe ist jedes Restaurant, die Sicherheitskontrolle, die Geschäfte und Anzeigen ein wichtiger Touchpoint zwischen Heathrow und Passagieren (d. h. den Kunden) und damit existenzieller Teil des Kundenerlebnisses. Extrem selbstkritisch berichtete auch Giles Richardson, Head of Digital Analytics bei der Royal Bank of Scotland, wie sich das Unternehmen von einer „Firework Culture“ – Light, run away, everyone claps – zu einer Kultur von „Superstar DJs“ entwickelte (Abb. 3). Anstelle von Bauchgefühl treten datengestützte Entscheidungen (50 Mitarbeiter im Bereich Optimierung und 400 durchgeführte Tests im Jahr 2015). Richardson skizzierte den Weg der erfolgreichen organisatorischen Transformation der RBS:
- Gain Control and Insight (Implementierung von Journey-Manager und CMS, Implementierung Tag-Management, Demokratisierung der Daten mittels 110 Live-Dashboards, Optimierungen)
- Share the Learning, Share the Success (Lernen, Kollaboration, Testen)
- Engage the Audience (wöchentliche Information über Learnings, Humor und Lockerheit, „gesunder“ Wettbewerb unter den Optimierern)
Die Sessions vermittelten neben hartem Fakten- bzw. Anwenderwissen Impulse verschiedenster Ausprägung, sowohl auf strategischer als auch auf operativer Ebene. Narry Singh, Managing Director von Accenture, betonte bspw. die fortschreitende Spezialisierung und Professionalisierung von Dienstleistungen/Services und den damit verbundenen „death by a 1000 mice“. Dies führt zu einem Druck kontinuierlicher Innovationen in Unternehmen. Als probate Lösung offerierte er eine Kooperation mit Start-ups, welche für beide Seiten eine Win-win-Situation durch Vorteile wie Zugang zu spezialisiertem Wissen, Eintritt in neue Märkte bzw. Zugang zu einer bestehenden Kundenbasis eröffnet. Gleichzeitig warnte er humorvoll vor den Auswirkungen des „Corporate Innovation Theatre“ wenn zwanghaft nach Innovationen um der Innovationen willen gesucht wird.
Die Vorteile von Data Storytelling durch die perfekte Kombination von Daten (Logik) und Story (Emotion) wurden von Chris Haleua aufgezeigt. Daten sprechen das rationale, logische Denken an. Sofern dies im Einklang mit der Gefühlswelt steht bzw. diese zusätzlich bewusst adressiert, wird das Ergebnis einer Datenanalyse leichter verständlich, einprägsamer und unterstützt positiv eine Entscheidungsfindung. Die Präsentation bot viele Ideen zur Visualisierung von Daten, Erläuterungen zu den Hintergründen von Storytelling sowie den Aufbau einer perfekten Story. Tipp: Umfassende Präsentation online unter einfach.st/slide44.
Potenzielle Möglichkeiten des zukünftigen crossmedialen Marketings zeigen „Sneak Previews“ von Ideen bzw. Prototypen, welche mittels vorhandener Daten bzw. Techniken realisiert werden könnten – sofern der Markt es erfordert bzw. Kunden dies annehmen würden. Ein Bodyscanner, realisierbar bspw. über eine Kinect, verfüge über technische Möglichkeiten, passende Artikel aus dem Sortiment des Unternehmens basierend auf dem aktuell getragenen Outfit bzw. dem Abbild des Körpers zu empfehlen (Abb. 6).
Ein weiteres Beispiel zukünftiger Technologien ist die Zusammenstellung einer mobilen Applikation ohne jegliche Programmierkenntnisse durch Drag & Drop von Elementen aus der Mediendatenbank. Mittels Verlinkungen und Platzierungen kann somit sehr schnell eine Anwendung für eine Marketingkampagne konzipiert und in den Markt gebracht werden.
Da Personalisierung von Websites aktuell in aller Munde ist, wurde auch auf dieses Thema mit einer Sneak Preview reagiert. Gibt der Nutzer auf der Website seinen Twitter-Namen ein, ermittelt das System mittels der Tweets eine Einschätzung des Besuchers anhand des Konzepts der Big Five der Persönlichkeitseigenschaften (Ausprägung von Offenheit, Extraversion, Neurotizismus, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit). Basierend auf den zugrunde liegenden Charaktereigenschaften wird die Website situativ im Design angepasst: Das Wording in den Texten sowie die Farbauswahl und visuelle Präsentation der Waren sollte dann den persönlichen Vorlieben folgen und demnach relevanter sein bzw. werden.
Sowohl die Keynotes als auch viele der Sessions waren für Anwender der Adobe-Plattform mit vielen Tipps und Hinweisen zu aktuellen und zukünftigen Funktionen im Marketing angereichert. So kehrt neben umfassenden Möglichkeiten der Personalisierung von Content bspw. auch Maschine Learning in das Adobe-Ökosystem ein, was dazu führt, dass automatisiert klickfreudige Betreffzeilen vorgeschlagen werden oder Bilder maschinell mit Schlagworten („Smart Tags“) versehen werden und dadurch eine große Bilddatenbank noch effizienter genutzt werden kann.
In Summe bot der Adobe Summit dem Fachpublikum eine sehr gute Balance zwischen Anwenderinsights bzw. (Marketing-)Wissen und strategischen Impulsen hinsichtlich der Ausrichtung der Marketingstrategie bzw. Kundenorientierung. Durch die Vielzahl an Fachvorträgen, den direkten Kontakt zu Adobe-Spezialisten sowie das Networking im Zuge einer Abendveranstaltung ist der Summit eine Reise wert, unabhängig von der aktuellen Nutzung eines der Adobe-Produkte. Sofern der Einsatz einer der Services geplant ist bzw. eine Ergänzung mit Partnerprodukten von Adobe vorgesehen ist, lohnt der Summit durch die angeschlossene Fachmesse umso mehr.
Tipp: Die Keynotes sowie ausgewählte Session sind unter einfach.st/adobsum3 abrufbar.