Der zentrale Satz auf den ausgelegten gelben Postkarten gab wohl recht exakt die Empfindungen der Teilnehmer/-innen am Ende der Un-Konferenz wieder: „War geil hier“. Das Programm war erneut so breit gefächert, dass für jeden genügend dabei war, etwas Neues zu lernen, vorhandenes Wissen aufzufrischen oder sich inspirieren zu lassen, welche Methoden, Vorgehensweisen oder Tools man im eigenen Unternehmen angehen bzw. ausprobieren könnte.
Wisdom of the Nerds
Angenehm erschreckend ist mittlerweile, wie viele noch sehr junge Menschen sich im Bereich der professionellen Datenanalyse durch eigene Leidenschaft so extrem gut auskennen, dass sich die Experten mancher größerer Unternehmen davon sicher mehrere Scheiben abschneiden könnten. Da werden just for fun Analysen im Umfang mehrerer Terabyte nur um der Erkenntnis willen in wenigen Sekunden oder Minuten durchgerechnet oder linguistische Modelle in Algorithmen umgesetzt. Schnell mal einige Hundert Server oder Proxies mieten, Speicherplatz und die Power von Hunderten Prozessoren und Hauptspeicher im hohen zweistelligen Gigabytebereich nutzen? Kein Problem für einige der versierten Daten-Nerds. Klick, klick, klick – und schon laufen Programme auf Cloudsystemen in einem Umfang, die bei einem traditionellen Rechenzentrumsleiter sicherlich eine hochgezogene Augenbraue verursachen würden und ggf. längeres Nachdenken. Zehn Terabyte Bewegungsdaten einer Website, alle Daten aus AdWords, der Google-Webmasterkonsole und dem Tag-Manager erst mit OnPage-SEO-Analysedaten und dann allen Werten aus den internen Shop- und Fakturierungsdaten anreichern? So ein Projekt würde bei Unternehmen vom Schlage Siemens wahrscheinlich eine Laufzeit von über einem Jahr benötigen und mehrere Genehmigungsinstanzen beschäftigen – von den Kosten ganz zu schweigen. Die Daten-Nerds erledigen das heute im günstigsten Fall in wenigen Stunden oder Tagen. Dabei entsteht eine Transparenz für notwendige Erkenntnisse, die ihresgleichen sucht. Was an höheren mathematischen Kenntnissen benötigt wird, eignet man sich durch Selbststudium und Ausprobieren an – eben weil man es an einigen Stellen in der Praxis einfach benötigt. Und eben nicht, weil ein Lehrer oder Dozent es theoretisch und meist ohne konkreten Anwendungsfall in der Schule oder der Universität erklärte und in einer Prüfung verlangte. Und wenn es an einigen Stellen einmal doch nicht weitergeht, hilft man sich untereinander offen und bereitwillig aus. Hier greift statt wisdom oft he crowds eher wisdom of the Nerds. Solche hoch agilen Verbünde sind von Mitarbeitern in normalen Unternehmen nicht mehr zu schlagen. Moderne Start-ups sind voll von solchen Tatendränglern und den oft zwar gut ausgebildeten, aber prozessual und strukturell gebundenen Normalo-Mitarbeitern in Normalo-Unternehmen daher oft weiter voraus, als manch einer sich das eingestehen will. Kein Wunder, dass es die echten Highflyer auch nicht gegen übertarifliche Bezahlung in traditionelle Unternehmen zieht. Wie das mittelfristig ausgeht, werden wir sehen.
SEO 2016 – erstellt Google Algorithmen noch manuell?
Stefan Fischerländer weiß, wovon er spricht. Schließlich ist er einer der wenigen, die in der Vergangenheit tatsächlich eine eigene Suchmaschine gebaut haben (Neomo). Er zeigte den Zuhörern auf, warum Tricksereien beim SEO künftig immer weniger funktionieren werden. Schon seit vielen Jahren kam der Einsatz von sog. Machine Learning prinzipiell zu besseren Ergebnissen als rein manuell programmierte Such- bzw. Bewertungsalgorithmen, so Fischerländer. Googles „… best machine-learned model is now as good as, and sometimes better than, the hand-tuned formula on the results quality metrics that Google uses“, zitierte er Peter Norvig, Director of Search bei Google. Das war im Jahre 2008, und wer verfolgte, wie rasant sich die Technologien seither entwickelten, kann erahnen, was hier heute bereits möglich ist. Die Möglichkeiten der automatisierten Klassifizierung und einer feingliedrigen Clusterbildung schreiten mit hoher Geschwindigkeit voran.