Die persönliche Kundenansprache im Netz sowie die kanalübergreifende Betrachtung der Online-Marketing-Kanäle gehörten auf der Performance Marketing Insights Europe in Berlin zu den Hauptthemen der Konferenz.
Wandel in der digitalen Werbewelt:
Das war die Performance Marketing Insights 2015
Am 23. und 24. Juni fand im Berliner Estrel-Hotel zum zweiten Mal in Folge die Performance Marketing Insights, Europas größte Konferenz zum Thema Performance-Marketing, statt. Schätzungsweise waren es diesmal mit rund 800 Besuchern und Ausstellern aus über 40 verschiedenen Ländern etwas weniger Teilnehmer als im letzten Jahr.
„Sending the right offers to the right persons at the right time” – einer der Leitsätze der PMI Europe 2015.
An den beiden Konferenztagen gaben hochkarätige Speaker in 39 Vorträgen und Diskussionspanels ihr Fachwissen und Branchen-Insights zum Besten.
Im Mittelpunkt standen dabei die Nutzung von Big Data für personalisierte und zielgerichtete Werbung, der Zusammenschluss der Online-Werbekanäle zum Performance-Marketing, welches ganzheitlich betrachtet werden muss, sowie die Kundenbedürfnisse.
Außerdem wurde der Fokus auf das Thema Content-Marketing sowie die richtige Nutzung von Social Media und Empfehlungsmarketing gelegt.
Der Blick in die Zukunft auf Advertising 4.0
Im Vortrag von Matthias Stadelmeyer, CEO Tradedoubler, und dem Product Director Andreas Schwibbe „Deciphering The Digital Ecosystem with Performance” ging es um Digital Advertising 4.0 – die technische Zukunft bei Tradedoubler.
Der Fokus in der Entwicklung bei Tradedoubler liegt auf Second Screen und dem damit verbundenen Channel-&-Device-übergreifenden Tracking sowie auf einem persönlichen und zielgerichteten Targeting.
Es nutzen zum Beispiel mehr als die Hälfte der Smartphone-Besitzer das Gerät während des Fernsehens. 59 % davon kaufen etwas, das sie währenddessen in der Werbung gesehen haben. Eine weitere Herausforderung für Tradedoubler ist die Tatsache, dass 37 % aller Marken nicht wissen, wie sie ihre gesammelten Daten aus Bestellungen sinnvoll in eine gezielte Targetingstrategie umsetzen sollen. Die vielen unterschiedlichen Technologien und riesige Datenberge aus einzelnen Quellen zu verarbeiten und zielgerichtet zu nutzen, überfordert viele Marketer. Das Affiliate-Netzwerk hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, ein System zur Verfügung zu stellen, das bessere performancebasierte Ergebnisse und Trackinglösungen über alle Plattformen, Channels und Geräte gewährleisten wird. Diese technologische Entwicklung nennt Tradedoubler Digital Advertisting 4.0. Der erste Schritt war dabei der Launch von Adapt im November 2014, eine Funktion, mit der sehr detaillierte Auswertungen erstellt werden können. Dank vieler Auswahlmöglichkeiten können diese individuell aufbereitet und grafisch angezeigt werden und bis auf Publisher- und Event-Ebene runtergebrochen werden. Weitere Neuerungen werden Cross-Device-Trackinglösungen sein sowie persönlich erstellbare dynamische Werbemittel wie Banner und Videos, die über passende Targetingfunktionen zielgerichtet ausgespielt werden können.
„Mehr als die Hälfte der Smartphone-Besitzer nutzen das Gerät während des Fernsehens.”
The evolution of attribution
Im Vortrag von Seth Richardson (CTO, Rakuten Marketing) und Sophia Evgeniou (Senior Online Marketing Manager, House of Fraser) erfuhren die Teilnehmer mehr über die Entstehung und die Weiterentwicklung der Attributionsmodelle, mit dem Ziel, die Kunden und ihr Verhalten besser zu verstehen. Durch die Möglichkeit der Zuordnung einer Kundenaktivität zu bestimmten Online-Kanälen kann der Merchant unter anderem Schlüsse ziehen, wie und auf welche Art er innerhalb der Customer Journey am besten mit den Kunden in Kontakt tritt und diese zu einem erfolgreichen Abschluss begleitet.
Zu Beginn gab es lediglich ein Modell, welches auf einfachen Regeln basierte. Beispielsweise wurden in einem Fall über SEA 75 Sales gemessen, über Display 50 Sales. Im Shop-System selbst trafen aber nur 100 Sales ein. Duplikate traten auf und verfälschten die Zahlen, Kunden mussten folglich vor dem Kauf in mehreren Kanälen unterwegs gewesen sein. Eine Zuteilung der Bestellungen in die Kanäle wie E-Mail, Search und Affiliate war der erste Schritt, um den Weg der Kunden während des Kaufprozesses zu verstehen.
Wie auch im Vortrag von Tradedoubler erwähnt, mischten Smartphones und Tablets beziehungsweise neue Technologien wie Retargeting oder Prospecting die Karten neu. Diese Entwicklungen bieten dem Merchant völlig neue Möglichkeiten und Marketingkanäle, um mit dem Kunden in Kontakt zu treten. Durch statistische Auswertungen lassen sich nun unter anderem das Budget besser verwalten, die Customer Journey bis auf einen einzelnen Kunden herunterbrechen und die inkrementellen Kundenhandlungen weiter optimieren.
Als neueste Variante präsentierten Seth und Sophia ein auf „Engagement“ basierendes Modell, welches die Auswirkungen einzelner Kanäle und Kampagnen misst und dadurch eine gewisse Verantwortung am Gesamt-Sales-Volumen trägt. House of Fraser erfährt durch diese Methode ein nachhaltiges Wachstum und verbessert kontinuierlich das Affiliate-Provisionsmodell, das PPC-Tool oder die Display-Maßnahmen.
Abschließend gab Sophia den Rat, weise zu investieren und auf einen effizienten PPC zu achten, Auswertungen möglichst mit CRM-Daten anzureichern, offline und online miteinander zu verbinden, kontinuierlich den Profit zu optimieren und den TV-Impact auf die restlichen Kanäle zu analysieren.
How community works
Jeremy Waite zeigte in seinem Vortrag „5 Lessons on social Branding“ sehr eindrucksvoll, wie Coca-Cola den Aufstieg zum weltweit größten Social Brand schaffte und wie auch kleinere Unternehmen diese Strategie für sich selbst nutzen und umsetzen können. Er erklärte dabei, dass Coca-Cola verstand, wie eine Community funktioniert. Dass Coca-Cola den Satz „We don’t want to be a big brand on Facebook doing big brand advertising” ernst meint, stellten sie mit folgendem beeindruckenden Fallbeispiel unter Beweis: Zwei „Guys“ aus den USA erstellten ursprünglich die erste Coca-Cola-Facebook-Fanpage. Coca-Cola wurde auf die Seite aufmerksam, als bereits 3,5 Mio. Fans in der Community waren. Anstatt die Seite direkt ins Unternehmen zu integrieren, holten sie die beiden mit an Bord, wo sie sich weiterhin um die Seite kümmern durften.
In der Social-Strategie sollte niemals das Produkt in den Fokus gestellt werden, sondern die Kundenbedürfnisse und -erlebnisse. Dabei ist es erschreckend, festzustellen, dass 37 % aller Marken den Lifetime-Value ihrer Kunden nicht kennen.
Zum Thema Social Media und Empfehlungsmarketing gab es noch viele weitere Vorträge auf der PMI in Berlin. Zusammenfassend hatten sie aber alle die gleiche Kernaussage: Social Recommendations haben eine unglaubliche Macht. Als Unternehmen sollte man seine Kunden kennen, verstehen, von ihnen lernen, auf ihre Sprache hören und sie persönlich erreichen. Laut Peter Janes, Gründer von Shopa „kaufen 79 % aller 18- bis 34-Jährigen regelmäßig nach Weiterempfehlungen ein. Durch das bestehende Vertrauen ist eine Weiterempfehlung 45-mal erfolgreicher als eine klassische Werbemaßnahme!“
„37 % aller Marken kennen den Lifetime-Value ihrer Kunden nicht.”
„Strategy is the answer for success“
Mit großer Spannung wurde die Keynote von Ken Segall, ehemaliger Creative Director bei Apple, der zwölf Jahre lang direkt mit Steve Jobs zusammenarbeitete, erwartet,. Er gewährte dem Publikum exklusive Einblicke in das Leben als Apple-Mitarbeiter und gab dabei auch sehr amüsant viele Insights preis. So erwähnte er z. B. nebenbei, dass er der Erfinder des „i“ für die Apple-Produkte war. Hätte er sich damals nicht gegen Steve Jobs durchgesetzt, der den iMac MacMan taufen wollte, so wären wir heute mit PodMans und PhoneMans ausgestattet. Eindrucksvoll zeigte er in seiner Keynote, wie Apple die Einfachheit als Schlüssel für den Erfolg nutzte und wie auch andere Unternehmen diese Strategie nutzen können. Die Einfachheit als Kerngedanke zieht sich bei Apple durch alle Disziplinen – Marke, Produkte, Designs und Werbung – und somit etablierte sich „Simplicitiy“ als erfolgreichste Waffe im Wettbewerb.
Ein zweites absolutes Highlight der beiden Konferenztage war neben Ken Segalls Keynote die von Michael King, Gründer von @iPullRank, „The Content Marketing Overhaul“ am zweiten Konferenztag. Für ihn gibt es im Jahr 2015 keine Entschuldigung mehr für schlechten Content, da es nie mehr Möglichkeiten als heute gab, den Kunden mit zielgerichtetem Content in der User Journey anzusprechen. Dass viele Firmen im Content-Marketing nicht erfolgreich sind, liegt laut ihm daran, dass die Inhalte ohne Strategie erstellt werden. Deshalb ist es für jedes Unternehmen unabdingbar, einen eigenen festen Workflow festzulegen, Content zu erstellen, Aufmerksamkeit darauf zu lenken und diesen zu bewerben. In seiner Keynote gab King viele Tipps aus seiner eigenen Praxis sowie einen Einblick in hilfreiche Tools, angefangen bei Unterstützungen für die Ideenfindung bis hin zur Bewerbung des Contents.
Asia Online: Navigation M-Commerce in the East
Siddharth Puri (CEO, Tyroo) berichtet in seinem Vortrag über das enorme Wachstum des M-Commerce und die Erfahrungen, die er auf dem asiatischen Markt sammelte. Mit über 2,4 Milliarden potenziellen Nutzern ist Asien definitiv ein digitales „Mobile First“-Ökosystem. Ohne Mobile-Strategie haben Unternehmen keine Chance, in den Märkten Fuß zu fassen. Teilweise existiert bei den Merchants gar keine Desktop-Variante, sondern nur die Smartphone-App.
Ein paar Beispiele zur Veranschaulichung: In Indien verzehnfachte sich die Zahl der Mobile-Internet-Nutzer in den ländlichen Gebieten in den letzten Jahren. In Japan lebende Nutzer sehen sich dreimal mehr Produkte über ihr Smartphone an als über den Desktop. Baidu, die chinesische Top-Suchmaschine, erhält mehr Anfragen über Mobile als über Desktop-PCs.
Siddharth gab in seiner Präsentation zudem Aufschluss darüber, was Menschen motiviert, eine App auf ihrem Smartphone zu installieren. Das ist in vieler Hinsicht einer der ersten Schritte, um im M-Commerce Erfolg zu haben. Abhängig vom Betriebssystem sind es 18,23 % (Android) und 22,89 % (iOS) der User, die sich eine App aufgrund von WOM, also des Word of Mouth, installieren. Eine wichtige Rolle spielen die Ads (13,59 % Android | 16,85 % iOS) und Top Charts (12,19 % Android | 15,83 % iOS), durch die die User auf die App aufmerksam werden. Eine weitere Variante, über Recharge Apps für Prepaid-Karten seine eigene Anwendung bei Usern zu platzieren, funktioniert wie folgt: Der User lädt seine Karte beispielsweise mit 10 $ auf. Daraufhin erhält er vom Anbieter eine Nachricht mit der Info: „Wenn Du jetzt die App XY auf deinem Handy installierst, bekommst Du 2 $ on top!“
Auch klassische Affiliate-Modelle, z. B. Gutscheine-Publisher wie Coupon Duniya (1 Mio. Downloads), Dealseiten wie Cashitback (100K Downloads) oder Preisvergleicher wie All-in-One-Shopping mit 50K Downloads befinden sich auf dem asiatischen Markt.
Sehr interessant ist der Wandel im Ad Spend einzelner Unternehmen, welcher sich in letzter Zeit vollzog. War früher eine durchschnittliche Aufteilung in Search 35 %, Social 25 %, Display 20 % und Remarketing 10 % üblich, wird jetzt das Budget folgendermaßen verteilt: App Store Search 55 %, Display 20 %, Programmatic 10 %, Recharge Apps 5%, Remarketing 10 %.
Final gab Siddharth noch den Tipp, die aktuelle Content-Strategie der in Asien aktiven Unternehmen zu überdenken, denn auch diese wird sich in nächster Zeit ändern. Als Beispiel nannte er Offer Walls, die je nach Kundeninteresse zugeschnittene Angebote enthalten, sowie Product Ads innerhalb von Messaging- oder News-Apps.
Attention to Retail: E-Commerce, M-Commerce and Adapting to Customer Behaviour
So lautete der Titel der Session von Anne-Marie Schwab (General Manager & Vize Präsidentin, RetailMeNot, Frankreich) in der sie zwei der wichtigsten Trends in der Retail-Branche betrachtete: die durch die Decke schießende Verwendung mobiler Technologien und die „Sucht“ des Kunden nach Angeboten und Rabatten.
Aus unterschiedlichen Studien lässt sich anhand der Entwicklung des Traffic-Aufkommens eindeutig ableiten, dass der E-Commerce noch immer deutlich wächst. Jedoch beklagen Merchants einen Rückgang der Höhe des durchschnittlichen Warenkorbs sowie eine schlechtere Conversion-Rate ihres Online-Shops.
Nach Aussage von Anne-Marie Schwab liegt der Grund dafür im mobilen Traffic. Dieser nimmt überhand und bereits heute verbringen User in Großbritannien mehr Zeit im Netz mit ihrem Smartphone als mit ihrem Desktop-PC. Die Conversion-Rate bei Smartphones (2,79 %) ist zwar immer noch deutlich schlechter als bei Desktop-Computern (6,09 %), aber der Anteil der Sales wächst schnell und wird laut RetailMeNot im kommenden Jahr bei 30 % liegen. Doch das ist erst der Anfang, neue Technologien wie Beacons oder Smart Watches werden in Zukunft noch weitere Möglichkeiten eröffnen.
Kunden änderten ihre Denkweise – die Auffassung über den „richtigen“ Preis verlagert sich in Richtung Schnäppchen. Vier von fünf befragten Kunden finden, dass ein Produkt ohne Rabattierung automatisch überteuert angeboten wird, und verlassen den Shop. 50 % potenzieller Kunden brachen schon einmal einen Kauf ab, da sie keinen Gutschein finden konnten. Jedoch bestellten zwei Drittel der Befragten zusätzliche Ware, um einen Gutschein einlösen zu können.
„Omnichannel isn´t the future, it´s right now!”
„Omnichannel isn´t the future, it´s right now!“ Für Unternehmen heißt das Anpassung, denn der Kunde denkt an ein bestimmtes Produkt, an die Marke, und nicht an Marketingkanäle, in denen er kaufen möchte. Kunden suchen den „richtigen“ Preis. Doch was bedeutet das für die einzelnen Merchants? Anne-Marie Schwab stellte vier goldene Regeln des Retailing 2.0 auf.
In erster Linie geht es darum, den Kunden zuzuhören und auf ihre Wünsche einzugehen, denn 73 % der Konsumenten erwarten eine Aktion sowohl online als auch offline, aber nur 16 % der Unternehmen bieten in beiden Fällen den gleichen Preis an. Rund die Hälfte der Kunden möchte gern online shoppen und die Ware im Anschluss vor Ort im Ladengeschäft abholen, immerhin 30 % der Retailer bieten mittlerweile diesen Service an.
Des Weiteren fehlt bei einigen Merchants noch das Verständnis, dass Mobile nicht gleich Desktop ist. Aktuell sind immer noch 20 bis 25 % der europäischen Webseiten nicht für Smartphone und Tablet optimiert. Eine negative User Experience führt unweigerlich zum Kaufabbruch.
Ebenfalls spielt der Ort eine wichtige Rolle. Durch Geo-Fencing in Kombination mit Push-Nachrichten aus der App auf das Smartphone können potenzielle Kunden beispielsweise mit Angeboten in einen Shop in der näheren Umgebung gelockt werden. Die Case Study von RetailMeNot ergab eine Response-Rate von 51 %. Beacons innerhalb des Shops brachten es sogar auf eine Response-Rate von 63 %.
Als vierte Regel gilt es, das Angebot so persönlich wie möglich auf den Kunden zuzuschneiden, um die exakten Bedürfnisse des Users zu erfüllen. Dazu benötigt man ein CRM mit möglichst vielen persönlichen Daten. Laut der Studie von PwC aus dem Jahre 2012 sind 73 % der Befragten bereit, persönliche Informationen preiszugeben, wenn sie im Gegenzug einen Vorteil daraus ziehen können.
Goodbye und Auf Wiedersehen!
Wie auch im Jahr zuvor erwartete die Besucher an den beiden Eventtagen ein breites Spektrum an Vorträgen und Case Studies aus dem Performance-Marketing. Wenn auch, wie anfangs schon erwähnt, weniger Besucher zu Gast waren, so war es doch eine gelungene Veranstaltung und jeder Teilnehmer konnte viele Ideen und Anregungen mit nach Hause nehmen. Um es mit den abschließenden Worten von Sarah Personage (Managing Director PerformanceIN) zu formulieren: „It was great to build this event and I hope everyone enjoyed it as much as we did."