Ich möchte aktuell kein Kunde einer SEO-Agentur sein müssen. Im Online-Markt herrscht so ein verwirrendes Verständnis, was SEO überhaupt sei: Linkaufbau? Content-Marketing? Infografiken? Anmeldung in Webverzeichnissen? WDF?
Abgekratzt …
Für SEO-Kunden aller Art werden gern die drei üblichen Pakete angeboten: Einsteiger, Profi, Enterprise. Und manchmal gibt es Knebelverträge und Link aufbauende Praktikanten zu Senior-Consultant-Tagessätzen inklusive. Das alles wird garniert mit Werkzeugen, deren Aussagen manchmal mehr mit Esoterik als mit Mathematik und Information Retrieval zu tun haben: Schwupp, hat sich wieder ein schwarzes SEO-Agentur-Schaf einen Kunden-Wolf-Welpen geschnappt!
Nein, nicht alle SEO-Agenturen zocken ihre Kunden ab. Die meisten sind sicherlich an einer dauerhaften und intensiven Kundenbeziehung interessiert und wollen ihre Klienten weiterbringen. Doch gerade im Online-Marketing-Bereich gibt es eine ganze Menge „schwarzer Schafe“, die für einen dauerhaften Unsicherheitsfaktor sorgen.
Was ist also gut? Was ist richtig? Wer ist zuverlässig? Wer zockt nur ab? Es ist ganz normal und folgerichtig, dass der Wunsch seitens der werten Kundschaft nach Entscheidungssicherheit und Zuverlässigkeit wächst.
Und alle paar Monate wird inmitten dieses Gewusels tatsächlich die Anstrengung unternommen, Sicherheit, Verlässlichkeit, Standards und Ordnung ins Chaos zu bringen: zum Beispiel von einer selbst ernannten „SEO-Agentur-Zertifizierungsstelle“.
Ein Zertifikat bedeutet Vertrauen, Entscheidungssicherheit und vieles mehr. Wer zertifiziert ist, hält Standards ein, ist seriös, zockt nicht ab. Zumindest ist das die Hoffnung. Werden diese „SEO-Siegel unabhängiger Zertifizierungs-Stellen" intensiv hinterfragt, klappt die schöne Welt oft schnell in sich zusammen. Wenn eine SEO-Agentur stolz auf ihre bunte Sammlung aus Siegeln und Zertifizierungen verweist, sollten sich potenzielle Auftraggeber mindestens diese Fragen stellen:
Wer kontrolliert den Herausgeber dieses SEO-Agentur-Zertifikats und stellt sicher, dass bei der Zertifikatvergabe Kriterientransparenz gegeben ist und Interessenkonflikte vermieden werden? Wie lange ist das Zertifikat gültig und in welchen Intervallen muss es erneuert werden? Welcher Aufgabe oder Tätigkeit gehen die Prüfer im Alltag nach? Ist ein hohes Maß an Objektivität sichergestellt – und wenn ja, wie?
Aus meiner Sicht ist es grundsätzlich kritisch, wenn beispielsweise Inhaber von SEO-Agenturen zeitgleich eine „SEO-Agentur-Zertifizierungsstelle“ betreiben: Hier ist vom Interessenkonflikt bis zur Verletzung von Geschäftsgeheimnissen Ärger regelmäßig vorprogrammiert.
Im hektischen Berufsalltag wünschen sich Menschen oft einfache Kennzahlen, einfache Faktoren, einfache Lösungen. Dazu gehört auch sicher ein Siegel, auf das ein Online-Marketing-Verantwortlicher blicken und sagen kann: „Diese Agentur kann ich buchen. Ich gefährde damit nicht meinen Job.“ Doch gerade diese Einstellung kann eventuell die Entscheidungssicherheit beeinträchtigen.
Da macht es oft mehr Sinn, Agenturen hinsichtlich ihrer Aktivitäten und ihres Verhaltens innerhalb der Branche zu beobachten: Welche Agentur bringt sich proaktiv und fördernd in die Branche ein? Von welchen Agenturen hört man überhaupt nichts? Welche positiven oder negativen Kommentare finden sich in sozialen Netzwerken? Welche SEO-Agentur sorgt für eine Wettbewerbsfreiheit unter den eigenen Kunden? Solche Betrachtungen vermitteln regelmäßig ein besseres Bild von einer SEO-Agentur als ein buntes Siegel auf der Website.