Infografik-Marketing: 
Vom Brainstorming zum ROI

Olena Sikorska
Olena Sikorska

Olena Sikorska ist Digital-Marketing-Enthusiastin und seit 2007 in der Online-Marketing-Branche tätig. Sie sammelte ihre Erfahrungen bei renommierten Unternehmen wie BMW, Esprit, Bigpoint, HP und transparo. Heute arbeitet Fr. Sikorska als Senior Consultant für die eviom GmbH und leitet dort den Bereich Social-Media- und Content-Marketing. Als Chefredakteurin des Online-Magazins Digital East Factor bloggt sie in ihrer Freizeit über die feinen Details des Online-Marketings in Osteuropa und Asien.

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Das Marketing über Infografiken ist beileibe alles andere als neu. Mittlerweile sind sie mit über 15 Millionen Google-Suchergebnissen allgegenwärtig. Blogger, Online-Marketing-Experten, Webdesigner, Brands und große Medien verwenden die informationsgeladenen Visualisierungen, um die Aufmerksamkeit des verwöhnten Users zu wecken und für das Auge oft komplexe Zahlenverhältnisse in leichter verdauliche und hübsch anzusehende Infohappen zu verwandeln. Der Kampf um das User-Engagement ist hoch, jedoch kann eine gut durchdachte und zielführende Infografik im Rahmen Ihrer Content-Marketing-Strategie Wunder wirken. Der nachfolgende Artikel zeigt Ihnen auf, welche Infografikarten es gibt und wie Sie diese Schritt für Schritt strategisch aufbereiten und innerhalb kurzer Zeit in eine Lead generierende „Maschine“ verwandeln können.

Was ist eine Infografik?

Entsprechend der größten Online-Enzyklopädie der Welt, Wikipedia, ist eine Infografik (oder Informationsgrafik) die visuelle Repräsentation von Gesamtzusammenhängen in einer Abbildung. Darüber hinaus bemühen sich Infografiken um eine möglichst effiziente Vermittlung von Fakten und legen dabei großen Wert auf Klarheit, Genauigkeit und Anschaulichkeit. 
Diese Definition hat auf jeden Fall ihre Existenzberechtigung und ist durchaus richtig. Nun stellt sich aber die Frage, ob sie sich eins zu eins in eine Online-Marketing-Strategie übertragen lässt. Allein schon die Formulierung „Klarheit, Genauigkeit und Anschaulichkeit von Fakten“ bringt einen leichten Hauch an Leblosigkeit mit sich, die im sozialen Web von heute wenig bis keine Resonanz findet. 
Betrachtet man die Infografik aus dem Blinkwinkel des Online-Marketings, kann sie wie folgt definiert werden:

Eine Infografik stellt ein effektives Content-Marketing-Instrument dar, um die Erreichung spezieller Marketingziele, wie beispielsweise Produktlaunch, Steigerung der Markenbekanntheit, Erhöhung des Trafficvolumens oder Intensivierung des Abverkaufs, zu unterstützen. Dabei werden besondere Fakten, Markenattribute und Unternehmensgeschichten mit Mehrwert für den User visuell aufbereitet und zielgruppenorientiert dargestellt.

Infografikarten

Nach der Analyse der im Netz bestehenden Infografiken lassen sich die visuellen Storys je nach Informationsgehalt und Darstellung in acht Arten unterscheiden:

Der visualisierte Artikel

Hierbei wird beispielsweise ein Blogartikel als Grundlage für die Erstellung einer Infografik genommen und in die visuelle Darstellung konvertiert. Dabei ist es wichtig, der Infografik einen starken Titel zu geben, der den Inhalt des Artikels widerspiegelt.

Das Flussdiagramm 

Die Flussdiagramm-Infografik ist wohl eine der populärsten Formen der Informationsdarstellung und ist häufig in sozialen Netzwerken auf dem eigenen Newsfeed zu treffen. Dabei wird zum Beispiel ein Problem gelöst oder eine Frage beantwortet, indem der User verschiedene Entwicklungsoptionen auswählt und mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet. Diese Art der Infografik ist optimal einzusetzen, wenn es darum geht, die Verweildauer auf der Website zu erhöhen und User-Interaktionen zu erzeugen.

Die Timeline

Die Timeline-Infografik liefert Fakten rund um ein bestimmtes Thema, die chronologisch visualisiert sind. Um solch eine Grafik teilbar zu machen, sollten die Informationen so kreativ wie möglich dargestellt werden. Der User soll mittels der abgebildeten Informationen von Anfang an auf die Reise mitgenommen werden. Eine interaktive klickbare Flash-Variante wird der Timeline Infografik zu mehr Erfolg verhelfen.

Der Mehrwertköder 

Das ist eine der Lieblings-Infografikarten von Verischerungsunternehmen und im Finanzwesen. Dabei werden komplizierte Sachverhalte oder Informationen kompakt und einfach erklärt. Anschließend kommt idealerweise ein Link zu der enstprechenden Dienstleitung, der den User zur Conversion führen soll. Hier gilt die Regel: Usability und Information über das Design und jeglichen Schnickschnack. Aber Achtung: Wie wichtig die Information auch sein mag, es sollten jedoch die Teilbarkeitsfaktoren sowie die User-Präferenzen bei der Erstellung berücksichtig werden. 

Die „Versus“-Infografik

Diese Art der Infografik ist im Normalfall der Eyecatcher schlechthin und sichert bei optimaler Darstellung eine hohe Verweildauer sowie mehrere Likes und Shares. Warum? Es handelt es sich dabei um eine direkte Gegenüberstellung abgebildeter Gegenstände, Personen oder Informationen. Als Beispiele können hier die berühmten Infografiken „Altes SEO vs. neues SEO“ oder „Geek vs. Hipster“ und andere genommen werden. Bei der Konzeption solcher Infografiken liegt der Schwerpunkt definitiv auf dem Design, das die Unterschiede exzessiv hervorhebt, aber auch auf dem Unterhaltungsfaktor.

Die Zahlen-Infografik oder „Numberporn" 

Zahlen-Infografiken sind in der Regel sehr zahlenlastig und umfassen eine aggregierte Darstellung verschiedener Statistiken und Fakten rund um ein Thema. Als Beispiel könnte eine Infografik zum Thema „Kaloriengehalt von McDonald’s-Produkten" kreiert werden.  
Die Voraussetzungen für die Erstellung solcher Infografiken sind eine gute repräsentative Datenquelle und ein Designer, der sich mit Diagrammen, Charts und jeglichen statistischen Darstellungen auskennt. 

Die Foto-Infografik

Auch Foto-Infografiken sind ein gängiges Format, das etwas seltener, aber ebenfalls sehr gern bei der Darstellung komplexer Informationen angewendet wird. Foto-Infografiken sind praktisch, denn der Design-Aufwand ist nicht so hoch wie bei der Erstellung der Vektor-Infografik. Die Mischung der beiden Formate kann zu ausgezeichneten Ergebnissen führen.

Data-Visualisierung

Bei diesem Format geht es ähnlich wie bei der Numberporn-Infografik um die Darstellung umfassender Datenmengen, die in visualisierter Form aggregiert werden. Solche Infografiken sind besonders für die B2B-Unternehmen, Forschungsinstitute, Software- und Hardwarehersteller und ähnliche Industrien geeignet. Dabei ist das Design ein entscheidendes Element, denn trotz des hohen Informationsgehalts soll die Usability nicht leiden.

Der Entwicklungsprozess im Infografik-Marketing

Eine erfolgreiche Infografik-Marketing-Kampagne sollte nicht ad hoc gestartet werden, sondern es bedarf eines guten Plans, denn ohne Planung kann vieles schiefgehen. 
Der Durchführungsprozess sieht idealerweise wie folgt aus:

Ziele der Kampagne

Dieser Schritt ist einer der wichtigsten im gesamten Prozess, denn hier wird definiert, zu welchem Zweck die Infografik erstellt wird und welche Metriken oder User-
Aktivitäten anschließend gemessen werden sollten. Ebenfalls 
hängen vom Ziel der Kampagne die finale Darstellung der 
Infografik, die Zielgruppe und die Vermarktungsplattformen ab.


Themenanalyse und Research  

Nach der Zieldefinition werden Themen oder Schlagwörter 
definiert, die zur Kernaussage der Infografik werden. Im Idealfall 
wird die Nachfrage des Users nach dem Thema mittels Listening- & Monitoring-Tools wie bspw. Brandwatch genau analysiert und als Basis für die Erstellung der nachfolgenden Informationen herangezogen. Anschließend folgt die tiefere manuelle Recherche rund um das nachgefragte Thema. Dabei können relevante Foren, Frage- & Antwort-Portale, Social Networks, thematische Blogs und Fachmedien zum Einsatz kommen.

Kreatives Brainstorming

Beim kreativen Brainstorming findet das Matching von Zielen, Markenattributen und Produkteigenschaften mit der User-Nachfrage nach dem speziellen Thema und der allgemeinen Relevanz dieses Themas statt. Dabei ist es wichtig, keine Hemmungen bei neuen und verrückten Ideen zu haben und viele verschiedene Kreativköpfe zusammenzubringen. Nachfolgend werden die generierten Ideen aggregiert und nach speziellen Kriterien wie Markenrelevanz, Informationsgehalt, Teilbarkeit, Zielführung und weitere einsortiert. Die Idee, die nach der Bewertung optimal zum Erreichen der gesetzten Ziele beiträgt, wird in der weiteren Konzeptionsphase näher ausgearbeitet. 

Konzeption 

Die Konzeptionsphase umfasst die feine Ausarbeitung der Idee. Hier werden die einzelnen Design-, Text- und Informationsbausteine der Infografik definiert. Über den inhaltlichen und visuellen Teil hinaus werden SEO-Faktoren wie der Titel, ALT-Tags, Metatags, der optimierte Anleitungstext und die Einbettungsmöglichkeiten festgesetzt. Anschließend befassen sich die letzten Seiten des Konzepts mit den Vermarktungsmöglichkeiten der Infografik. 

Design

Nun geht es an die eigentliche Umsetzung. Hierbei ist das klare Briefing des Designers ausschlaggebend. Gehen einige Details unter, sollte man mit mehreren Feedbackschleifen und somit mit einer allgemeinen Unzufriedenheit rechnen. Im Idealfall wird ein Dokument erstellt, in dem alle Anforderungen an das Design, von Farbcodes bis Corporate-Darstellungsrichtlinien und Platzierung der einzelnen Elemente aufgelistet sind. Diese Mühe sollte man sich auf jeden Fall machen, es wird sich definitiv auszahlen. 

Seeding oder die Vermarktung der Infografik

Die Vorbereitung des Seeding-Prozesses beginnt schon während der Erstellungsphase. Schließlich soll eine Grundlage für eine erfolgreiche Vermarktung geschaffen werden. Die eigentliche Seeding-Phase besteht aus drei Stufen

  1. Vorbereitung und Optimierung von Seeding-Plattformen sowie der damit zusammenhängenden Content-Formate (z. B. Text, Pressemitteilung, Präsentation etc.)
  2. Schrittweiser Infografik-Outreach und Rollout der geplanten Vermarktungsmaßnahmen 
  3. Laufendes Monitoring mit den gängigen Analyse-Tools (wie bspw. Google Analytics, Facebook Insights oder kostenpflichtigen Lösungen wie Brandwatch und Socialbakers) und Optimierung

Folgende Vermarktungsmöglichkeiten können in Betracht gezogen werden:

1. Eigene Online-Kanäle:

  • Die Website als Contentzentrale, auf die ebenfalls anschließend verlinkt werden soll
  • Der Corporate-Blog, der zusätzlich einen Artikel rund um das visualisierte Thema beinhalten kann
  • Eigene Social-Media-Kanäle wie Facebook, Twitter, Slideshare, LinkedIn, Tumblr, Pinterest etc.
  • Newsletter

2. Earned Media:

  • Foren sowie Frage- und Antwort-Portale
  • Blogger und Social Influencer 
  • Diverse Social-Media-Plattformen wie bspw. Social Bookmarks oder Foto-Portale

Hinweis der Redaktion

Wenn Sie Infografiken erstellen, dann achten Sie unbedingt darauf, einen echten Mehrwert zu erzeugen und solche Grafiken nicht (nur) im Hinblick auf das Einsammeln von Backlinks anzufertigen. Matt Cutts, der oberste Spamhüter von Google, äußerte sich bereits im Juli 2012 in einem Interview (http://einfach.st/infog) sehr kritisch zu diesem Thema: „What concerns me is the types of things that people are doing with them [den Infografiken; Anm. d. Red.]. They get far off topic, or the fact checking is really poor. The infographic may be neat, but if the information it’s based on is simply wrong, then it’s misleading people […] I would not be surprised if at some point in the future we did not start to discount these infographic-type links to a degree.“ Diese Aussagen sind im Kontext des „Infografik-Hypes“ zu sehen, den die Suchmaschinenoptimierer vor ca. drei Jahren starteten. Dabei wurde oft ohne sichtbaren Sinn und erkennbaren Verstand alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war, in eine Infografik verwandelt und verbreitet. Oft erkennen die Sitebetreiber, die solche Grafiken dann einbetten, gar nicht, dass sie damit auch oft zweifelhafte Backlinks zu fragwürdigen Seiten erzeugen. Cutts betonte allerdings auch: „In principle, there’s nothing wrong with the concept of an infographic.“ Daher ist gegen die Verwendung dieser Art der Visualisierung ganz generell nichts zu sagen und die Besucher mögen sie in der Regel auch – wenn sie gut und themenrelevant gemacht sind!

3. Paid Media:
Wenn es das Budget erlaubt, können auch bezahlte Maßnahmen zur Beschleunigung der Vermarktungseffekte eingesetzt werden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um das Social Advertising wie bspw. Facebook-Anzeigen, das zur Promotion der Infografik am besten geeignet ist.

Auswertung

Messung und Auswertung der durchgeführten Maßnahmen sind ein signifikanter Teil der Infografik-Marketing-Kampagne. Schließlich geht es darum, die Effektivität des Aufwands und der getroffenen Entscheidungen zu messen sowie die Ergebnisse in die ROI-Kennzahlen zu konvertieren. Hier stellt man sich wahrscheinlich spontan die Frage, ob dies überhaupt möglich ist. 
Die Antwort auf diese Frage lautet: Ja, es ist möglich. Mit dem Einsatz spezieller Tracking- und Analyse-Tools lassen sich definierte KPI wie die Interaktionsrate, die Verweildauer, das Trafficvolumen, die Sichtbarkeit sowie die daraus abzuleitenden User-Aktivitäten ausreichend messen. 
Beispielsweise bietet Google Analytics eine Anzahl an Möglichkeiten, den Erfolg der eigenen Infografik-Kampagnen zu verfolgen, indem die einzelnen KPI zu repräsentativen Scorings modelliert werden. Ebenfalls spiegeln kostenpflichtige Social-Media-Tools wie Socialbakers und Socialbench die Kampagnenresonanz in sozialen Medien wider. Zu guter Letzt kann durch den Einsatz von Paid-Maßnahmen der Mediawert der durchgeführten Maßnahmen mit Leichtigkeit ausgerechnet werden. 
Zusammengefasst können mit einigen Tools und etwas Kreativität die nachweisbaren Zahlen gut generiert und für die Optimierung zukünftiger Maßnahmen sowie die Budgetverteilung verwendet werden.

Warum man das Infografik-Marketing nicht ignorieren sollte

Das Infografik-Marketing wird im Zuge der vermehrten Visualisierung des Web noch einige Zeit als ein wichtiges Content-Marketing-Instrument gelten. Große Marken wie General Electric, Cisco, Samsung, Dolce Gusto und andere bestätigen dies Tag für Tag. Darüber hinaus lassen sich die SEO-Effekte einer Infografik durch den Einsatz professioneller Tools hervorragend nachweisen. Man sollte also nicht bei der Herstellung sparen, ein Ziel und einen entsprechenden Plan sowie ein Konzept haben und experimentierfreudig sein. Last, but not least sollte man auch immer die erzielten Ergebnisse den eingesetzten Maßnahmen gegenüberstellen und damit den Erfolg messen.