Content is King – aber oft regiert bisher noch das Bauchgefühl, wenn Online-Händler Content-Strategien umsetzen und ihr Angebot an Inhalten erweitern. Dabei sind handfeste Kennzahlen ein wichtiges Tool, um den Erfolg zu messen und das Ergebnis zu optimieren. Ein analytischer Blick auf den Content, ein erweitertes Instrumentarium und neue Indikatoren helfen, das Bauchgefühl bei der Inhaltserstellung zumindest teilweise durch Fakten zu ersetzen.
Vom Bauchgefühl zu neuen Kennzahlen
Etabliertes SEO-Handwerk, wie zum Beispiel Keywords in Title-Tags und Meta-Tag-Descriptions oder sucherfreundliche URLs, systematischer Aufbau von Link-Baits und selbst WDF*IDF-basierte Methoden sind zum Glück inzwischen „common sense“ bei den meisten Site-Betreibern. Bei aller Innovationskraft und einem immer ausgefeilteren Werkzeugkasten, die die Zunft in den letzten Jahren entwickelt hat – an zwei Tatsachen kommt keiner vorbei. Erstens setzt Google immer effizientere Grenzen für bestimmte Methoden, die nicht den Interessen der Kunden entsprechen, sondern rein rankinggetrieben sind. Mit jedem Update und mit jeder neuen Offensive gegen die Graubereiche der SEO verlieren einige ältere Methoden ihre Wirksamkeit oder führen sogar zur Abstrafung. Zweitens: Gerade weil es inzwischen einen guten handwerklichen Standard in der Branche gibt, kämpfen alle mit den gleichen Mitteln um die besten Plätze.
Nicht zuletzt deshalb sind unter dem Begriff Content-Marketing gute, einzigartige Inhalte in den Fokus der Webshop-Betreiber geraten. Damit gehen neue Funktionen dieses Contents einher: Rankings und Suchmaschinenergebnisse sind wichtig, aber nun soll der Content gleichzeitig die Nutzer ansprechen, die Konversion erhöhen und den Markenwert steigern. Content soll Kunden bringen, nicht nur Traffic.
Content: Mehr Klasse und Masse
Zielgruppengenaue Ansprache, gute Themen, ein emotional bindender Rahmen für die Markenbildung: Nutzerzentrierte Content-Marketing-Strategien haben trafficgetriebene SEO im Blick, aber der Fokus liegt zuerst auf den Bedürfnissen und Gewohnheiten der Website-Besucher.
Die Folgen: Die Unternehmen produzieren Content in einem viel größeren Umfang, in immer neuen Formaten und mit einer immer höheren Anreicherung durch Bild- und Bewegtbild-Elemente. Sie setzen internationale Content-Kampagnen auf, erstellen Themenpläne und planen systematische Produktionsprozesse für Content. Die Frage stellt sich, auf welcher Basis die Umsetzung bewertet werden kann. Themenauswahl und Ausgestaltung der Inhalte in bestimmten Formaten geschehen oft eher nach Bauchgefühl. Welche Themen, welche Ansprache des Nutzers, welche Formate tatsächlich funktionieren, kann bisher zwar post festum anhand von Konversion, Verweildauer und Absprungraten gemessen werden. Für eine gesicherte Umsetzung der Content-Strategie fehlen aber oft Zahlen, mit denen sich Erfolgsfaktoren für die Themenauswahl, Sprache und Formate ableiten lassen, die dann den Rahmen für die Content-Produktion abgeben.
Die neuen Fragestellungen lauten dabei zum Beispiel:
- Wie verständlich ist mein Inhalt?
- Welche Textlänge und Textstruktur ist ideal: umfassende Erklärungen oder knackige Listen?
- Welches Format bringt den meisten Mehrwert für den Nutzer? Soll ich eher auf Glossare und Blogartikel setzen oder nimmt der Nutzer ein EBook zum Thema als besonders wertig wahr.
- Ist die Qualität meiner Inhalte, auch bezüglich Rechtschreibung und Grammatik, über das Gesamtangebot meiner Inhalte hinweg gleichmäßig hoch?
Neue Indikatoren im Content-Marketing
Die derzeit wichtigste Herausforderung für Online-Marketer ist daher, Qualität und Konversionspotenziale zu evaluieren und zu verbessern. Das Problem dabei ist, dass sich jenseits von Verständlichkeitsmessungen und Rechtschreibprüfungen kaum veritable Tools finden, um die Antwort auf die neuen Fragestellungen mit aussagekräftigen Indikatoren zu untermauern. Die Produktion von Inhalten folgt mehr der Intuition von Textern und Webgestaltern statt klaren Indikatoren.
Guter Content aber braucht beides: Nutzerfreundlichkeit, Ästhetik und Emotionalität auf der einen, handfeste Messwerte und Erfolgsfaktoren auf der anderen Seite. Hier schaffen das Wissen und die Methodik von SEO-Experten eine wichtige Schnittstelle: Wer klassische Kennzahlen um Dimensionen erweitert, die der Bandbreite des Content-Marketing gerecht werden, verhilft den intuitiv gestalteten Inhalten zu einer validen, empirisch unterlegten Erfolgsmessung, womit sie letztlich auch anschlussfähig an wichtige KPIs und Kommunikationskennzahlen des jeweiligen Unternehmens sind.
Diese erweiterte Klaviatur ergänzt die bestehende technische Perspektive der Erfolgsmessung um drei weitere Dimensionen:
- Die technische Dimension bedient sich klassischer Tools und Methoden, um die Sichtbarkeit und Bewertung des Contents zu evaluieren. Textprovider setzt dabei Sistrix für die Sichtbarkeitsmessung ein und bewertet darüber hinaus die Zahl der indizierten Seiten und deren Ranking.
- Unter die semantische Dimension fällt beispielsweise der Wortschatz. Dazu gehört die Verständlichkeit der Texte, aber auch das richtige Sprachregister für die Ansprache der Kunden. So ist je nach Branche eine blumige Sprache mit vielen Metaphern und Bildern, eine jugendliche Ansprache mit Szene-Begriffen oder eine sachlich-fachliche Sprache zielführend. Und auch die Ansprache mit „Du“ und „Sie“ kann je nach Zielgruppe unterschiedliche Ergebnisse bringen. Die Messkriterien kommen aus der Linguistik und lassen sich mit den richtigen Tools auch automatisch erfassen: Daneben gibt es Kriterien wie das Verhältnis von idealer Satz- und Wortlänge, die Verwendung von Modalverben, die Anzahl der Passivkonstruktionen.
- Die formale Dimension berücksichtigt den Aufbau und die Gliederung von Content: Werden Zwischenüberschriften und Absätze eingefügt? Wie ist das Verhältnis zwischen Text und Bild? Unter die formale Dimension fallen auch Grammatik und Satzbau im Hinblick auf Komplexität und Länge.
- Die funktionale Dimension beinhaltet unterschiedliche Textformate. Viele Online-Shops haben inzwischen Glossare, Rankings und Blogs integriert. Mit Videotutorials und Checklisten nehmen sie konkrete Interessen der Nutzer auf und holen sie mit Selbsttests in ihrer Bedürfniswelt ab. In diese Dimension fallen auch die verschiedenen Medien wie Text, Bild und Video sowie ihre gegenseitig verstärkenden Beziehung zueinander.
Qualitätsdimensionen als Basis für einen Benchmark
Diese drei neuen Dimensionen und die bestehende technische Dimension lassen sich operationalisieren und auf jedes Angebot im Web übertragen. Anwender bekommen damit nicht nur Kennzahlen für die Performance des eigenen Angebots. Sie können auch andere Angebote vergleichen und erhalten so einen Benchmark. Als Beispiele hat Textprovider den Benchmark bereits auf Shops aus der Möbel-Branche und Beauty-Anbieter angewandt – mit teilweise erstaunlichen Ergebnissen: Während in der Möbel-Branche die Anbieter durch eine Vielzahl nicht gemachter Hausaufgaben auffielen, erreichten die getesteten Shops bei den Beauty- und Kosmetik-Anbietern durch die Bank gute Werte.
Die Möbel-Branche gehörte in den letzten 18 Monaten zu den Einsteigern in den E-Commerce. Vielleicht liegt es daran, dass die Werte fast durchgängig schlechter waren als bei den Beauty-Shops. Als eine der Ursachen ließ sich insgesamt ein liebloser Umgang mit dem Content identifizieren: Rechtschreibfehler, schlecht kaschierte Keyword-Textgräber und inkonsistente Nutzeransprache lassen die wenigen Highlights bei den Inhalten nicht wirklich glänzen.
Natürlich hat die Beauty-Branche bei der Content-Vergleichsanalyse die besseren Voraussetzungen: Wie kaum eine andere setzt die Kosmetik-Branche im Netz auf starke Marken und auf einen emotional inszenierten Auftritt, der Kunden anspricht. Sie versteht es vor allem, ihre Produktpräsentation in die Lebenswelt ihrer Kunden einzuflechten. Der Bezug zu aktuellen Anlässen und Lebensereignissen erzeugt nicht nur Aktualität und Abwechslung auf der Plattform, sondern liefert immer das, was potenzielle Kunden zu einer bestimmten Zeit im Netz suchen.
Schönheit und Attraktivität sprechen Menschen emotional direkt an. Kunden verbinden mit dem Produkt und der Marke hoch emotionale Momente. Gute Beauty-Shops setzen diese Emotionalität in guten Content um. Ihre Content-Strategie umfasst sowohl klassische Glossar-Texte wie auch dramatische Video-Clips.
Ein zentraler Erfolgsfaktor der Kosmetik-Shops ist die praktische Kundenorientierung: Die Shops liefern nicht nur das Produkt, sondern zeigen mit Foto- und Videoanleitungen gleichzeitig, wie es anzuwenden und zu kombinieren ist. Mit solchen Gesamtkonzepten wird der Shop vom digitalen Warenlager zum Ratgeber für Kunden.
Die Untersuchung zeigt, dass gute Content-Strategien aus digitalen Discountern Bühnen für gelungene Produktinszenierung machen. Während Nutzer anfangs darauf konditioniert waren, im Netz nur den besten Preis zu suchen, erwarten sie jetzt viel mehr: Sie wollen ein angenehmes Shopping-Erlebnis und Shops, die relevante Geschichten mit starken Marken erzählen – genau das setzt die Beauty-Branche gekonnt um.
Zusammengefasst: Der Benchmark liefert bereits Kennzahlen, die einen Vergleich zwischen den Anbietern zulassen. Er zeigt aber auch auf, wo die Potenziale liegen, die die Verantwortlichen am schnellsten heben können. Aus den bestehenden Benchmarks lassen sich Erfolgsfaktoren für guten Content identifizieren: Grammatikalisch und orthografisch einwandfreie Texte (eigentlich eine Selbstverständlichkeit), Vielfalt von Formaten bei Einheitlichkeit im Stil, Aktualität und Orientierung für den Nutzer im großen Content-Angebot.
Erfahrungswerte für SEO-Manager
Der Textprovider-Benchmark zeigt, dass die empirische Vergleichsanalyse sehr verschiedener Content-Ansätze neue Erfolgsfaktoren hervorbringen kann – in einem Feld, in dem der Zugriff über klassische Indikatoren nicht mehr ausreicht. Das Prinzip dahinter: Wer keine Instrumente und keine Kennzahlen hat, um die Qualität und Wirksamkeit seiner Arbeit zu messen, muss selbst welche entwickeln.
Dafür ergeben sich neue Chancen in den Unternehmen. Je mehr Inhalte zum Bestandteil der Marketing-Strategie werden, desto eher lässt sich eine Performance durch neue Methoden messen und bewerten. Dabei wird das Angebot auf der Website selbst zum Labor für optimierte Content-Strategien.
Die nächste Stufe: Das Live-Experiment als Basis für neue Kennzahlen
Ein Beispiel für die neuen Methoden der Performance-Messung: Wie bei Google-Ads stellen Site-Betreiber nach dem Vorbild des klassischen wissenschaftlichen Experiments mehrere Content-Versionen einander gegenüber, die sich in jeweils einem Faktor unterscheiden. Im Webauftritt kann das zum Beispiel eine Formatvariation sein (Checkliste statt Fließtext). Denkbar ist ebenso das Spiel mit Wortschatz, Satzlängen oder Zwischenüberschriften.
Auf diese Weise lässt sich etwa beantworten, ob unterschiedliche Formate und Medien wie Glossare, Tutorials, Checklisten und Videos auf die Konversionsrate einzahlen. Das Gleiche gilt für semantische Faktoren wie Ansprache oder Metaphorik, ebenso für die formalen Aspekte Textgliederung und Anordnung.
Auf dieser Basis können SEO-Berater und Content-Marketing-Profis gleichermaßen empirisches Wissen in Sachen Inhaltsqualität und Konversion aufbauen, das weit über das Bauchgefühl hinausgeht – und schließlich mit Fakten zum Intuitiven punkten.
Klassische SEO-Berater zeigen auf diese Weise, dass sie nicht nur anschlussfähig an die Content-Ära sind, sondern sie sogar um qualitätssichernde Dimensionen erweitern und so zum dringend nötigen Brückenschlag zwischen Bauchgefühl und Kennzahlen beitragen.