Während in Printmedien alles schön sauber seinen Platz hat, verschwimmen im Internet die Stilformen von Texten. Allerdings sind sie auch online eine Lesehilfe und bieten dem Autor Orientierung darüber, was er eigentlich sagen möchte. Eric Kubitz dröselt für Sie die Online-Beitragsarten auf und gibt wertvolle Tipps für alle, die bisher online eher darauflosgeschrieben haben.
Was willst du mir eigentlich sagen?
Eine Tageszeitung oder ein Printmagazin ist einfach zu lesen: Da gibt es News, Reportagen, Kommentare und Hintergrundinformationen. Alles ist gut sortiert und Kommentare werden als solche gekennzeichnet. Schreiben Autoren aber für das Internet, legen sie einfach los und überlassen dem Leser, zwischen Meinung, Ratgeber und News zu unterscheiden. Das ist schade, denn wer die Beitragsformen im Web kennt, öffnet sich seinen Usern und kann ihnen das liefern, was sie erwarten. Das Ergebnis sind zufriedene Leser, längere Verweildauer und bessere Conversions.
Die DNA eines Textes
Die wichtigsten Eigenschaften, die ein Text haben kann, sind wohl sein Umfang, seine Aktualität und ob er eher objektiv oder eher subjektiv ist. Das widerspricht der Ansicht vieler Suchmaschinenoptimierer, dass ein Text für den Crawler mindestens 300 Wörter umfassen sollte. Etwa die News – beispielsweise über ein Google-Update – können kurz sein und werden angesichts der Situation nicht viele Informationen beinhalten. Je mehr über die Hintergründe und die Auswirkungen dieses Updates bekannt wird, umso mehr verschwindet der News-Charakter und Ratgeberbeiträge werden den Betroffenen helfen, ihre Situation einzuschätzen. Dann, in ihren Blogs, werden die Suchmaschinenoptimierer vielleicht über Google schimpfen und die Betreiber von Search-Analyse-Tools werden Pressemitteilungen verschicken, in denen ihre Vorzüge gerade für dieses Update aufgezählt werden. Und die ganz cleveren Online-Marketer veröffentlichen Tutorials, in denen erklärt wird, wie man dem Google-Tierchen entgehen kann, um Backlinks einzusammeln.
All diese unterschiedlichen Beitragsformen haben ihre Berechtigung und nützen dem Leser auf ganz unterschiedliche Weise. Und jede der Beitragsarten hat eine ganz eigenständige DNA, die übrigens auch Google kennt und deshalb bei News andere Rankingfaktoren einsetzt als bei umfassenden Ratgeberbeiträgen. In der Tabelle sind alle wichtigen Beitragsarten mit ihren Ausprägungen zusammengefasst.
Beitragsart | Aktualität | Umfang | objektiv/subjektiv | Inhalt |
News | hoch | gering (50 Wörter reichen oft) | objektiv | Was ist neu? |
Ratgeberbeitrag | niedrig | so umfassend wie möglich (ab 300 Wörter) | objektiv | Erläuterung von Zusammenhängen und Know-how |
Produktvorstellung | niedrig | je nach Komplexität des Produkts | subjektiv (scheint objektiv) | Beschreibung des Produktes |
Pressemitteilung | hoch | 1 PDF-Seite | subjektiv | Informationen oder Story zu Unternehmen oder Produkten |
Test | mittel | so umfassend wie möglich (ab 300 Wörter) | objektiv | Ergebnisse einer möglichst detaillierten Prüfung des Produktes |
Blogbeitrag | hoch | dem Thema angemessen | subjektiv | Kommentar zu einem definierten Standpunkt |
Landingpage/ | mittel | zunehmend länger | subjektiv | je nach Ziel der Landingpage |
Social Media Posting | sehr hoch | kurz bis sehr kurz | sehr subjektiv | ein kurzer Meinungs- oder Wahrnehmungsimpuls |
Die News: der Quickie
Schnell und ohne Vorspiel: News erklären nicht lange, sondern vermelden, was gesagt werden muss. Hier steht in den ersten zwei Sätzen, was neu ist. Und wenn Zusatzinformationen notwendig sind, werden diese in möglichst wenigen weiteren Sätzen angefügt. Das war’s, da bleibt kein Raum für Meinungen oder lange Erklärungen. Merke: News sind aktuell – aber nicht sonderlich umfangreich.
Wer mit News die Aktualität seiner Seite steigern möchte, braucht also nicht viele Worte – aber es muss auch klar sein, dass News keine gute Seite sind, für ein wichtiges Keyword zu ranken, denn schon morgen sind sie nicht mehr aktuell. Doch als „Futter“ für Themenseiten und für die interne Verlinkung können auch News ein wichtiger Punkt bei der Suchmaschinenoptimierung sein.
Übrigens: Für eine Integration bei Google News spielt es nicht einmal eine Rolle, ob der Beitrag „unique“ ist, also einzigartig. Selbst „Duplicate Content“ kann im Nachrichtenportal von Google eine starke Position erreichen. Doch Vorsicht! Wer seine Seite ausschließlich mit DPA-Meldungen aufbaut, wird schnell merken, dass diese keine Chance auf echte SEO-Reichweite hat.
Viel Arbeit: Ratgeberbeitrag
Der beste Ratgeber beginnt mit einem Versprechen. Und zwar mit dem Versprechen, was der Leser alles lernen und erleben wird, wenn er sich auf die Reise durch diesen Beitrag macht. Alles Weitere ist dann „nur“ noch die Erfüllung dieses Versprechens. Und zwar so umfassend und anschaulich, wie nur irgendwie möglich.
Das funktioniert übrigens am besten mit einer klaren Beitragsstruktur: Der Einstieg vermittelt die Zusammenfassung und alle Unterpunkte des Ratgebers werden von möglichst „sprechenden“ Zwischenüberschriften eingeleitet. So kann ein Leser, der sich etwa bei einem Ratgeber zum Handykauf weniger für die Technik als für die Handhabung interessiert, nur die für ihn wichtigen Kapitel lesen.
Bei einem Ratgeber kommen alle Mittel zum Einsatz: Bilder, Grafiken, Videos, Aufzählungslisten, Zwischenüberschriften. Je liebevoller der Beitrag gestaltet wird, umso eher wird er gelesen. Übrigens: Umso häufiger wird er auch verlinkt, zum Beispiel von Blog- oder Redakteurkollegen, die sich diese Arbeit nicht machen wollen – aber ihren Lesern etwas Gutes tun wollen. Ein wirklich guter Ratgeber (oder „Tutorial“) ist deshalb schon der erste Schritt für ein ordentliches Content-Marketing.
Vertraue mir: Produktvorstellung
Natürlich ist eine Produktvorstellung subjektiv. Sie will das Produkt verkaufen – und nicht darüber diskutieren, ob dieses oder jenes Produkt in den Warenkorb gehört. Und trotzdem sollte sie sachlich gehalten sein, denn ihre Aufgabe ist es, dem Leser den letzten Zweifel zu nehmen, auf „Kaufen“ zu klicken.
Dazu ist es aber notwendig, auch kritischen Kunden die Vorteile dieses Produktes zu zeigen. Und kritische Kunden möchten Informationen, keine Kurzprosa. Wer also glaubt, dass ein oder zwei kurze Sätze reichen, der verschenkt die Chance der Überzeugung. Je mehr detaillierte Informationen auf einer Shopseite stehen, umso mehr Vertrauen strahlt sie aus.
Zugegeben: Das ist in einem Shop mit mehreren Tausend Allerweltsprodukten nicht einfach. Es lohnt sich also, wenn der Shopbetreiber seine Produkte gut kennt und sie in drei Kategorien einteilen kann:
- Kategorie A: Das sind die Top-Seller, für die man einfach alles tun sollte, damit sie bei Google ein gutes Ranking haben. Diese werden möglichst liebevoll und mit besten Inhalten aufbereitet. Oft sind dies nicht mehr als fünf bis zehn Prozent aller Produkte in einem Shop.
- Kategorie B: Eine weitere Gruppe sind Produkte, die sich vielleicht (noch) nicht so gut verkaufen oder bei denen die Marge eher gering ist. Natürlich können sie im Laufe der Zeit auch in die Kategorie A aufsteigen. Aber vorerst bekommen diese Produkte einen nicht so aufwendigen Text – da eh kaum jemand hinschaut.
- Kategorie C: Das ist bei vielen Händlern die größte Gruppe, nämlich die Produkte, die im Sortiment sind, damit dieses vollständig ist. Kleinwaren, alte Versionen oder andere Non-Seller. Wieso sollte man sich übermäßig darum kümmern? Bei einem ansonsten gut organisierten und funktionierenden Shop werden diese Seiten auch ohne viel Text gut ranken können.
Dank einer solchen Kategorisierung lässt sich auch mit relativ wenig Aufwand der Umsatz mit angemessenem Content-Einsatz bewerkstelligen.
Wir finden jeden Fehler! Der Test
Da es in den lukrativen Bereichen des Webs vor allem um Produkte geht, ist ein Produkttest neben Produktvorstellung und Ratgeber eine der wichtigsten Stilformen. Doch ist es schon ein Test, wenn ein Nerd sein neues iPhone auspackt und mal schaut, wie schnell es ihm erscheint? Nein, natürlich nicht! In einem Produkttest geht es hart zur Sache. Schon am Anfang erfährt der Leser, wie erbarmungslos die Tester mit dem Gerät umgegangen sind – und ihm wird schon im Vorspann vermittelt, dass dabei Fehler oder zumindest Überraschungen gefunden wurden. Sonst wird er sich nicht die Mühe machen, den Test zu lesen.
Und ein Test ist möglichst lang und umfangreich. Das hat er mit einem Ratgeber ebenso gemeinsam wie eine möglichst gute Strukturierung. Auch hier gilt: Wer sich für die technischen Details nicht interessiert, sollte diese leicht überspringen können. Der Autor sollte auch hier nicht glauben, dass seine Zielgruppe bereit ist, alles zu lesen. Zwar erwarten die Leser viel Text – aber sie wollen nicht alles auch wirklich lesen. Darin kann sich vermutlich jeder wiedererkennen, der schon einmal im Internet nach einem Handyvertrag gesucht hat ...
Und nicht vergessen: Ohne ein ausdrückliches Testfazit ist ein Test kein Test. Es muss ein Ergebnis geben. Und damit ist nicht die persönliche Meinung des Testers gemeint – sondern die Summe aller positiven und negativen Punkte, die er gefunden hat. Vielleicht ist das getestete Produkt ja für die eine Käufergruppe ein Tipp, für andere ein Flop.
Gute Story gesucht: Pressemitteilungen
Ziel einer Pressemitteilung ist, dass Redaktionen und Blogger den Text oder zumindest den Inhalt aufgreifen und auf ihrer Seite veröffentlichen. Da sollte man nicht vergessen, dass auch diese „anderen“ vielbeschäftigte Gatekeeper sind und keine Lust auf gestelzte Schachtelsätze in Konzernbeamtendeutsch haben.
Die klassische Zielgruppe von Pressemitteilungen sucht nach Stories für ihre eigenen Leser und hat meist keinen Mangel an Masse. Also sollte eine Pressemitteilung neben einer eingängigen Überschrift eine wirklich interessante Story bieten und diese gleich am Anfang gut „verkaufen“. Am besten ist die Story auch so formuliert, dass sie mit möglichst wenigen Änderungen übernommen werden kann. Und natürlich führen die vermeldeten Informationen irgendwann auf das Unternehmen oder auf neue Produkte. Das ist in Ordnung. Aber das sollte so sachlich und unterhaltsam geschrieben sein, dass ein Redakteur kein schlechtes Gewissen bekommt, wenn er daraus einen schnellen Beitrag bauen kann. Wie gesagt: Die Kollegen haben ja nur wenig Zeit ...
Meinungsstark und unfertig: Blogbeitrag
Falls man den Erfolg eines Blogbeitrags an der Zahl seiner Kommentare messen möchte, dann wäre dieses Ziel mit einer schrecklich einseitigen, aber vehement vorgetragenen Einzelmeinung am einfachsten zu erreichen. Im besten Fall lässt der Autor sogar wichtige Themendetails offen, damit diese von seinen Lesern hinzugefügt werden können.
Das erscheint übertrieben? Ist es nicht: Wohlausgewogene, vollständige Blogbeiträge funktionieren möglicherweise bei kuschelbedürftigen Lesern – aber das dürfte eine kleine Gruppe im Web sein. So richtigen Blogerfolg hat man mit einer klaren Position, an der sich andere reiben können. Und wenn die Leser auch mal anderer Meinung sind, ist das ein gutes Zeichen.
Das ist in den zahlreichen Unternehmensblogs natürlich nicht so einfach. Häufig wird ja zusätzlich zum Shop-CMS noch Wordpress installiert und darin nette Artikel über die Schönheit und die Nützlichkeit der eigenen Produkte geschrieben. Das mag einem SEO-Konzept entsprechen, in dem mehr Text gefordert wird. Doch ein erfolgreicher Blog mit Kommentaren und Backlinks wird niemals daraus. Dazu braucht es mehr Mut.
Freestyle: Landingpage
Was ist eigentlich eine Landingpage? Nehmen wir einmal an, dass eine Landingpage das ist, was Google und sein Crawler zu einem bestimmten Produkt oder Keyword finden sollte. Was sollte dort zu lesen sein? Nun, das kommt darauf an. Es gibt so viele Formen von Landingpages, wie es Ziele gibt, die damit verfolgt werden.
Doch genau das ist ihre Gemeinsamkeit: dass sie ein klares Ziel verfolgen. Und diesem Ziel entsprechend sollten die Inhalte auf den Seiten gestaltet und getestet werden – hinsichtlich Umfang, Aktualität und Objektivität. Hier gibt es keine allgemeingültigen Tipps. Wer eine Landingpage baut, sollte sich die Wettbewerber in den Google-Suchergebnissen anschauen und am besten mehrere Varianten testen. Vielleicht ein Hinweis: Landingpages werden offenbar derzeit immer länger, aber bei sehr hoher Strukturierung der darauf verwendeten Inhalte.
Ächz, stöhn, grummel: Social Media Postings
Der Grund, warum so manche Facebook-Unternehmensseite nur von den verantwortlichen Marketern besucht wird, liegt wohl an der leider vorher nicht ausreichend beantworteten Frage: „Was sollen wir denn darauf posten?“ Wen interessiert schon das 10-jährige Jubiläum der Firma? Wen interessiert irgendeine andere sachliche Information aus dem Unternehmen? Genau: Niemanden außer dem, der es schreibt. Hier gilt noch deutlicher, was auch für Blogs gilt: Facebook, Twitter & Co sind dazu da, Stellung zu beziehen.
Auch wenn das gerade in der Unternehmenskommunikation problematisch ist: Twitter hat uns längst gezeigt, dass Emotionen prima in 140 Zeichen zu packen sind – ausgewogene Informationen aber nicht. Wer also Follower, Likes und Shares möchte, braucht vor allem eines: Mut zur Meinung.
Im Zweifel sachlich: Weitere Webseiten-Texte
Und was ist mit dem Glossar? Wie stelle ich ein Unternehmen auf der Startseite vor? Wie sieht der optimale Kategorietext auf der Produktkategorie eines Shops aus? Zwei Tipps dazu:
Erstens: je sachlicher, umso besser. Das gilt eigentlich für alles auf der Webseite, was nicht in die meinungsstarken Kategorien weiter oben eingeordnet werden kann. Bei der Länge sollte man dem Rat eines erfahrenen Suchmaschinenoptimierers oder eines Usabiltityberaters folgen.
Zweitens: 300-Wörter-Kategorie-Texte im Footer für „Gartenstühle“ oder „Bleistifte“ gehören im Jahr 2014 nicht mehr auf die Seite. Die sind bestenfalls Lesefutter für den Crawler – und dafür ist Google zu klug geworden.
Und bei allem: Planvoll vorgehen
Die hier genannten Beitragsarten decken sicherlich 70 bis 80 Prozent aller Texte im Internet ab. Und es lohnt sich auch aus Sicht des Suchmaschinenoptimierers, Inhalte in diese Formen zu bringen. Denn auch, wenn die Leser nicht explizit nach den drei wichtigsten Eigenschaften (Umfang, Objektivität und Aktualität) eines Textes schauen, werden sie sich erst dann wohlfühlen und die Seite zu Ende lesen, wenn ihre unbewussten Erwartungen befriedigt sind. Und der Crawler misst dies mit Bouncerate und Verweildauer, beides sicherlich wichtigere Rankingfaktoren als die Keyword-Density oder selbst eine perfekte WDF*IDF-Hüllenkurve.