SEOs, auf nach Salzburg!

Mario Fischer
Mario Fischer

Mario Fischer ist Herausgeber und Chefredakteur der Website Boosting und seit der ersten Stunde des Webs von Optimierungsmöglichkeiten fasziniert. Er berät namhafte Unternehmen aller Größen und Branchen und lehrt im neu gegründeten Studiengang E-Commerce an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg.

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Am 22. November fand zum vierten Mal die österreichische Suchmaschinen-Konferenz SEOKomm im schönen Salzburg statt. In 16 teilweise parallelen Fachvorträgen wurde den 500 Teilnehmern Neues und Bewährtes rund um das Thema Suchmaschinenoptimierung geboten. Wem das nicht genügte, der konnte sich auch tags davor auf der erstmals neu angebotenen OMX, der Konferenz für Online-Marketing, aufschlauen lassen. Website Boosting hat für Sie wie immer die wichtigsten Take-aways der SEOkomm aufgesammelt.   

406 Folien in 45 Minuten. Was jedem Präsentationsprofi automatisch tiefe Runzeln über den Augen einfurchen würde, zauberte Marcus Tandler bei seiner Keynote scheinbar mühelos locker derart aus dem Hut, dass die Zuhörer im Gegenteil fasziniert waren. Auf Nachfrage versicherte Tandler allerdings, dass diese Art der Highspeed-Präsentationstechnik in Wirklichkeit eine Menge Vorbereitungsaufwand darstellt. Er gab mit seiner Eröffnungspräsentation einen guten und nachvollziehbaren Einblick in das, was aller Voraussicht nach in nächster Zeit auf die Branche zukommen wird. Mittlerweile würden über Google 5 Milliarden Suchvorgänge pro Tag getätigt. Der Markt der mobilen Betriebssysteme hat Ende 2013 deutlich gezeigt, dass Android sich mittlerweile mit über 80 % Marktanteil endgültig gegenüber Apples iOS (mittlerweile unter 13 %) durchgesetzt hat – und jeden Tag kommen 1,3 Mio. Android-Geräte dazu. Das bedeutet einen enorm verbreiterten Zuwachs an nutzbaren Informationen für Google. Allein in Deutschland gäbe es über eine halbe Million Internetsüchtige, so Tandler. In China und Korea hat der Traffic über mobile Endgeräte den über Desktops bereits überholt. Ebenso bezöge sich aktuell etwa ein Drittel aller Suchanfragen auf aktuelle Themen.

„Bei aktuellen Themen kann Google zur Bewertung nicht auf Backlinks warten.“

Für SEO ist dies ein wichtiger Umstand, denn Suchmaschinen wie Google können bei der Beurteilung aktueller Seiten schon lange nicht mehr auf das ansonsten gewichtige Signal der Backlinks warten. Man wäre hier schlicht zu langsam. Tandler führte weiter aus, welche Anstrengungen Google bisher unternommen hat, an strukturierte Daten zu bekommen, um sog. Entitäten miteinander verknüpfen bzw. in Beziehung setzen zu können. Er empfahl, die knapp einstündige von OMReport aufgezeichnete Keynote von Matt Cutts (Leiter des Webspam-Teams) auf Youtube anzusehen (http://einfach.st/mcpub13). Dort erläutert er die Anstrengungen und Änderungen von Google, zu „verstehen“, was hinter einer Suchanfrage steht.

„Wir bringen Google gerade das Lesen und Rechnen bei.“ Matt Cutts, Pubcon 2013

Tandler führte an mehreren Beispielen aus, was das im Kern bedeutet. Das Wort „Place“ kann viele Bedeutungen haben. Kommt aber das Wort „Pizza“ in unmittelbarem Zusammenhang damit vor, handelt es sich um ein Restaurant (Pizza Place) und es geht in diesem Fall eben nicht mehr um die semantische Bedeutung, für die das Wort „Place“ ansonsten steht. Das letzte Update Hummingbird zeigt ganz deutlich, wie weit Google hier schon gekommen ist. Marcus Tandler führte aus, dass dies nur die Vorstufe einer echten Voice-Search ist. Es geht um das Verständnis, was ein Suchender will, nicht mehr um das Zerlegen in verwendete Keywords. Zukünftig könnte Google Now tatsächlich antizipativer arbeiten. Wenn das System über die Lokalisierung erkennt, dass man sich auf den Weg Richtung Kino macht und ggf. vorher sogar nach einem Film gesucht hat, könnte das Smartphone präventiv nach freien Parkplätzen suchen oder die nächste Abfahrtzeit der Straßenbahn nach dem Ende des Films anzeigen.

„SEO ist eine kreative Aufgabe geworden!“ Marcus Tandler

Wer sich intensiver mit dem Thema Suchmaschinenoptimierung beschäftigt hat, wird erahnen können, welche Folgen das für die Zukunft hat: Das „richtige“ Keyword zu finden und möglichst viele gute Backlinks einzusammeln, wird nicht mehr ausreichen. Google wird zum Teil völlig andere Signale (z. B. den Standort, die Bewegungen, die Historie des Nutzers, Terminkalenderinfos, ermittelte Vorlieben z. B. für italienisches Essen etc.) mit heranziehen, um zwischen einem Suchenden – der seine Suche möglicherweise noch nicht einmal aktiv formuliert hat! – und einer das Problem lösenden Webseite zu vermitteln. Unter dieser Perspektive wird sich SEO zukünftig inhaltlich womöglich völlig anders definieren müssen. Und Google legt ein so hohes Tempo vor, dass es bis dort gar nicht so lange hin sein dürfte.

Klaus Arent gab den Anwesenden in seinem Vortrag Tipps zum Thema „Contentmarketing“. Man solle, so seine Empfehlung, Schablonen entwickeln für die Texter. Dort stehen dann Dinge wie die Wortanzahl, Fristen, Hinweise zur Bildrecherche, Grammatik usw. Aber auch Hinweise wie „Verben zu 90 % im Aktiv schreiben“ und wie man ggf. für ein Thema gute Interviewpartner findet, sollte man den Textern mit auf den Weg geben. Diese Schablone wird vom Texter befüllt und danach wird die Qualität kontrolliert. Die anschließend von Arent aufgelegten Zahlen zu den Produktionskosten sorgten allerdings im Publikum für vergleichsweise angeregte Diskussionen. Der direkte Anteil für den Content betrug laut der Kalkulation nämlich nur etwa 10 Prozent der gesamten Produktionskosten, was von den Zuhörern zum Teil als viel zu niedrig angesehen wurde – wenn man denn wirklich Qualität produzieren wolle. Ob sich die entsprechende Domain möglicherweise deshalb im Pinguin-Filter von Google verfangen hatte, blieb in der Diskussion unklar.

Anschließend zeigten Fabian Rossbacher und Dominik Wojcik im Vortrag „Black Hat SEO funktioniert doch – Praxisbeispiele“ live in einer abgeschotteten Umgebung (auf eigenen Rechnern), wie Browser via Plug-ins manipuliert werden können. Diese Möglichkeit ist zwar praktisch so alt, wie es per Plug-in möglich ist, Browser entsprechend zu modifizieren, aber es führte den Zuhörern wieder einmal vor Augen, wie leicht man mit ein wenig Programmierkenntnis und genügend vielleicht auch unbewusster krimineller Energie richtig böse Dinge anstellen kann. Aufgrund der Bitte der Vortragenden halten auch wir uns daran, keine Details offenzulegen. Erschreckend war hier vor allem, was man damit alles anstellen könnte - eben auch um Google-Ergebnisse zu manipulieren oder sich fremder Affiliate-Provisionen zu bemächtigen.

„Der moderne Mensch googelt alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.“ Karl Kratz

Karl Kratz visualisierte mit „Schöner ranken“ äußerst kurzweilig die Inhalte, die in der letzten Ausgabe 23 der Website Boosting im gleichnamigen Beitrag exklusiv nachlesbar sind.

Kratz betonte noch einmal, dass man sich hüten müsse, das Potenzial der mobilen Devices mit unseren Augen zu sehen. Viele Nutzer deaktivieren erst einmal viele Funktionen, vor allem die zur Ortung. Junge Leute nähmen die Geräte so, wie sie kämen. Insofern fallen hier zukünftig auch immer mehr Daten an, die für die Optimierung von Suchergebnissen herangezogen würden und außerhalb der (einfachen) Kontrolle eines SEOs liegen. „Das Gerät legt fest, wo gesucht wird“, sagte Kratz, und weiter, dass es „unser Job als SEO ist, aus guten Texten einen exzellenten Inhalt zu machen“.

Bastian Grimm zeigte sehr anschaulich anhand einer Deep-Dive-Analyse, warum ein großes Preisvergleichsportal ein Pinguin-Opfer wurde und wie und mit welchen Werkzeugen man sein Backlinkprofil analysieren kann. Dies, und was man nach einer von Google verhängten Strafe tun kann, ist in dieser Ausgabe im Titelbeitrag von Grimm im Detail nachlesbar.

Die SEO-Experten Bruckschlögl, Dziki, Grimm, Hauser und Wojcik gaben in einer halbstündigen Session abwechselnd 20 Tipps, mit denen man an wertvolle Backlinks kommen kann. Die Spannbreite umfasste dabei Tipps, dass man sich als Student bei einer Hochschule einschreiben solle, um von dort (Hochschuldomain) Links posten zu können, oder die Nennung einiger Onlineportale, bei denen man über einen Useraccount – noch – einen Backlink erzeugen kann. „Noch“ deshalb, weil nach der Bekanntgabe solcher Quellen diese nicht selten den plötzlichen Zulauf an Usern registrieren und die „SEO-Lücke“ schnell wieder schließen. Einige Tipps zeigten deutlich, dass deutsche Hochschulen offenbar noch nicht erkannt haben, wie sie von Linkbuildern hinters Licht geführt werden. Sie verlinken fleißig auf gefakte Jobbörsen oder andere dubiose Quellen, die man den ahnungslosen Webmastern oder Verwaltungsangestellten unterschiebt. Aber sicherlich wird sich auch das bald ändern, wenn die Masse der Linkangler anrückt und sich in der Kommunikation mit den Universitäten vielleicht einen Tick zu ungeschickt verhält. 

„Low quality = low crawl!“

Am Ende der Konferenz gab Christop C. Cemper dann noch einen lange angekündigten und mit Spannung erwarteten Hinweis: „Wie werde ich einen Google Penalty in 3 Tagen los?“ Angenommen, eine Domain bekommt aufgrund schlechter Links eine Strafe. Nun kann man versuchen, diese Links wieder loszuwerden und den Rest, der sich nicht entfernen lässt, per Disavow-Tool (siehe Titelbeitrag in dieser Ausgabe) bei Google melden. Cemper machte klar, dass es ja gerade meist die schlechten, verwaisten und nur für SEO erstellten Seiten sind, von denen die schlechten Links kommen. Und genau hier liegt das Problem: Diese Seiten werden in der Regel vom Google Robot auch seltener besucht. Solange die Suchmaschine aber nicht festgestellt hat, dass die Links nun nicht mehr da sind, wirkt die Strafe noch. Wie kann man Google also dazu bringen, diese Seiten explizit außer der geplanten Reihe zu besuchen? Cempers Antwort: Indem man Google für diese URLs anpingt. Hier macht man sich die Technik der Blogs zunutze, die bei neuen Beiträgen automatisch Konzentratoren wie Technorati, aber eben auch Google, ein sog. Ping mit der URL schicken. Oft ist der Bot von Google bereits nach wenigen Millisekunden da und holt den Inhalt zur Indexierung ab. Hier werden eben nur keine neuen Blogbeiträge gemeldet, sondern all die Adressen der Seiten mit den entfernten Links, damit Google diese Entfernung nun auch zeitnah mitbekommt. Cemper war überzeugt davon, dass dies funktioniert, und hat diese Ping-Funktion mittlerweile sogar in seine SEO-Software (LinkReseachTools) eingebaut.

Wer es schon mal im Kalender notieren möchte: Die nächste SEOkomm wird am 21.11.2014 in Salzburg stattfinden, die OMX wieder am Tag zuvor. Neu ist ein vom Veranstalter installierter Fachbeirat, der dabei unterstützt, die richtigen Themen und Referenten zu finden. Anmeldungen über www.seokomm.at.