Webseitenoptimierung in Zeiten knapper Budgets

Matthias Blaß
Matthias Blaß

Matthias Blaß ist seit 2009 bei der Hanseatic Bank in Hamburg und dort als Leiter E-Business mit seinem Team verantwortlich für den Vertrieb der Bankprodukte über die eigenen Online-Kanäle bzw. über Online-Kooperationen. Neben mehrjährigen Erfahrungen im Online-Marketing und als Product Owner sowohl auf Dienstleister- und Unternehmensseite entwickelt und betreibt er auch eigene Webprojekte.

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Das Ziel ist klar: Umsatz steigern. Aber wie? Google liefert hierzu Millionen von Lösungen, zumeist nach der simplen Formel „Mehr Traffic = mehr Besucher = mehr Umsatz!“. Klingt einfach. Ist es mit großen Budgets auch. Aber selbst im Profifußball musste schon so mancher Verein lernen, dass ein millionenschwerer Kader noch keine Erfolgsgarantie ist. Der sinnvolle Einsatz des Budgets ist wichtig. Für uns bedeutet das: Nicht einfach mehr Traffic einkaufen, sondern den vorhandenen Traffic bestmöglich in Umsatz wandeln.

Das Umfeld der Finanzprodukte ist attraktiv und daher schon immer stark umkämpft. Nicht von ungefähr findet man auf den ersten Ergebnisseiten in den Suchmaschinen meistens Vergleichs- oder Themenportale, die sich um die besten Plätze streiten. Mit entsprechenden SEO-Maßnahmen kann man als Finanzdienstleister hier nur bedingt mehr Traffic generieren. Durch alternative Online-Marketing-Kanäle wie Newsletter, Display oder SEM kann man zwar ebenfalls mehr Besucher auf die eigenen Websites lenken, aber das ist verhältnismäßig teuer. In den bereits genannten Portalen sind in der Regel auch die eigenen Produkte gelistet, daher lohnt es sich, hier an anderer Stelle zu unterstützen. Ein zufriedener Partner sorgt bei Erfolg ganz allein für mehr Besucher auf den eigenen Websites oder Landingpages.

Welche Maßnahmen kann man nun ergreifen, wenn man nicht nach dem Gießkannenprinzip verfahren möchte oder kann? Eine praktikable Möglichkeit ist es, durch Testen die Konversionspfade zu optimieren. Damit hat man alle Stellschrauben selbst in der Hand – auch für Direktzugriffe oder den generischen Suchmaschinentraffic.

Testen, testen, testen …

Doch wie geht man dieses Thema am besten an? Welches ist die beste Landingpage oder das Design mit der besten Conversion? In Unternehmen treffen hier die Kollegen aus Marketing und Vertrieb aufeinander. Selbstredend hat jeder dieser Experten alles schon mal gesehen und glaubt, den besten Weg zum Erfolg zu kennen. Da wurden Fachmagazine gewälzt oder man hat sich auf Konferenzen mit Kollegen ausgetauscht. Oder man entscheidet sich – vielleicht aus politischen Gründen – für einen Mix aus mehreren Designvorschlägen der beratenden Agentur. Wohl dem Online-Verantwortlichen, der hier freie Hand hat. Er kann letzten Endes den potenziellen Neukunden entscheiden lassen und muss sich nicht auf irgendwelche Glaubensbekenntnisse verlassen.

„Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt.“ – Wilhelm Busch, Plisch und Plum, erstes Kapitel

Die eigentliche Herausforderung liegt darin, dass jede Zielgruppe zwar den grundlegenden Gesetzen des Neuromarketings folgt, aber dann doch anders tickt. Was gestern funktioniert hat, muss morgen schon nicht mehr für die gleichen Ergebnisse sorgen. Was für ein Smartphone tolle Conversions liefert, muss für ein Kreditprodukt nicht zwangsläufig erfolgreich sein. Und der Digital Native interagiert gänzlich anders als der Silver Surfer.

Hier hilft wirklich nur testen, testen, testen! Und natürlich, die Ergebnisse auch auszuwerten und auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse Folgetests zu starten.

Generell hilft ein Testplan, in dem die Ausgangslage festgehalten wird und die gewünschten Ziele definiert werden. Anhand eines solchen Testplans kann einerseits leichter auf laufende Marketingaktionen oder saisonale Einflüsse Rücksicht genommen werden. Andererseits kann dieser Plan dabei helfen, alle Maßnahmen übersichtlich anhand der Einzelmaßnahmen zu bewerten. In dem Plan benennt man die zu testenden Seitenbereiche und Elemente und stellt entsprechende Testhypothesen dazu auf. Will man nur die unterschiedlichen Wege (Einstiegspunkte) zur Landingpage untersuchen? Oder möchte man die Landingpages selbst überprüfen – und damit den direktesten Weg zum Lead oder Sale. Auch Begrifflichkeiten und einzelne grafische Elemente können von Interesse sein? Verbessert sich die Conversion durch Entfernen vorhandener Elemente? Oder funktioniert ein roter Button besser als ein blauer? Idealerweise bauen die einzelnen Tests aufeinander auf und laufen nicht parallel. Nur so kann man die Ergebnisse den konkreten Maßnahmen zuordnen und ggfs. weitere Erkenntnisse daraus ableiten.

Hat man noch keine Erfahrung mit Webseitenoptimierung und damit keine wirkliche Vorstellung, wo es zu Abbrüchen kommen könnte, kann ein erster Schritt zur Evaluierung etwaiger Schwachstellen ein Usability-Test sein. Das geht heutzutage sehr kurzfristig und ohne den Besuch eines Labors. Bei sogenannten Rapid-User-Tests erzielt man auch mit überschaubaren Einstiegsbudgets schon valide Ergebnisse. Die Tester liefern dabei zeitnahe Feedbacks zu ermittelten Problemen, die oft schon eine erste Optimierung ermöglichen.

A/B-Tests: Reduzierung von Ausstiegspunkten

Geht es um „einfachere“ Hypothesen, bieten sich klassische A/B-Tests an. Mit diesen kann man beispielsweise Ausstiegspunkte auf den Seiten ermitteln, die zu Abbrüchen im Antragsprozess führen. Diese Elemente sind ein oftmals vernachlässigter Aspekt bei der Entwicklung von Antragsstrecken. Einerseits möchte man dem Interessenten in der Kaufanbahnung möglichst viele Informationen bereitstellen. Bei Finanzprodukten kommen noch zahlreiche rechtlich notwendige Informationen hinzu, die über Unterseiten oder Downloads zur Verfügung gestellt werden müssen. Aber jeder unnötige Klick, der nicht auf den Call-to-Action erfolgt, erhöht das Abbruchrisiko. Hier kann z. B. ein Blick in die Trichter-Visualisierung bei Google Analytics (> Conversion > Ziele > Trichter-Visualisierung) wichtige Informationen liefern. Hat man solche Ausstiegspunkte erkannt, kann man diese für einen Zeitraum x deaktivieren. Der Testzeitraum hängt dabei vom jeweiligen Traffic auf der Seite ab. Nach Ablauf des Testzeitraums stellt man die Daten „vorher“ und „nachher“ gegenüber. So kann durch das Entfernen eines einzigen Links bereits ein erster Uplift in der Conversion erreicht werden.

Entfernt man gar ganze Navigationselemente, die für den zu testenden Bereich entbehrlich sind, kann die Conversion sogar noch deutlicher gesteigert werden.

Eine weitere Möglichkeit, den Interessenten zum Verbleib auf der Seite zu bewegen und am Ausstieg zu hindern, besteht darin, ihn direkt beim Verlassen der Seite anzusprechen. Nach Definition aller möglichen Ausstiegspunkte wird dem User bei Klick auf einen solchen (z. B. den Browser-Back-Button) ein Hinweislayer eingeblendet, der ihn idealerweise von seinem Wunsch, die Seite zu verlassen, abhält. Diese Methode ist zwar etwas aggressiver, aber es konnte damit ein Uplift von fast 5 % auf die Leads erreicht werden.

Multivariates Testing

Eine effektivere Testmethode sind multivariate Tests, bei denen toolbasiert in Echtzeit mehrere Varianten der zu testenden Elemente ausgespielt werden, die zuvor ebenfalls über Hypothesen entwickelt wurden. Bei entsprechendem Traffic kann man mit dieser Testmethode wesentlich schneller und effektiver valide Ergebnisse erhalten als mit klassischen A/B-Tests, wobei Letztere ein Anfang sind und bereits mit Google Analytics durchgeführt werden können. Verbindet man multivariates Testing mit dem zuvor erwähnten Abbruchlayer-Test, erhält man hier nicht nur die Erkenntnis, dass ein solcher Layer die Abbruchquote reduzieren kann, sondern auch, welche Art der Ansprache die effektivste ist. Was kann man mit multivariaten Tests testen? Eigentlich alles! Von der Bezeichnung eines Buttons oder Links bis hin zu kompletten Designs gibt es quasi keine Grenzen. Und man erhält die Gewissheit, dass der User selbst entschied, welches Testdesign ihn am effektivsten ansprach.

Ein erster Test auf einer Landingpage kann z. B. die Darstellung der Produktvorteile sein. Produktmanagement oder Rechtsabteilung neigen per se eher zu einer Überinformation. Dabei kann weniger häufig mehr sein, wie man am Beispiel von Abb. 4 sehen kann. Allein durch die Reduktion der Produktvorteile konnte im konkreten Fall eine Steigerung der Leads im nachfolgenden Antragsprozess um 12 % erreicht werden.

Gemeinhin geht man davon aus, dass kurze und konkrete Handlungsanweisungen an den Rezipienten das beste Ergebnis nach sich ziehen. Das sollte man auch für Call-to-Actions annehmen. Wie man in Abb. 5 jedoch erkennen kann, hat der persönliche Bezug im Call-to-Action einen Uplift auf die Leads von 58 % erreicht. Durch nachträgliche Änderung von Größe und Form des Buttons konnte der Uplift um weitere 15 % gesteigert werden.

Je nach Zieldefinition der jeweiligen Seite können auch Designvarianten getestet werden. Bei der Frage, welches Design mehr Klicks auf das Log-in zum Kundenbereich bringt, kann man sicherlich auf die Erfahrung der Designer zurückgreifen. Besser ist es jedoch, wenn man die Kunden selbst entscheiden lässt. Schließlich muss der Wurm dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Wie man in Abb. 6 sehen kann, wurde durch eine optimierte Darstellung der unterschiedlichen Kundenbereiche (Endkunden vs. Partner) eine Steigerung um 14 % auf die definierten Endkunden-Log-ins erreicht.

Heatmaps und Mousetracking

Ein Blick in kostenlose Webanalyse-Tools wie Google Analytics kann über Heat- oder Clickmaps weitere optimierungswürdige Bereiche offenlegen, indem farbig dargestellt wird, dass die User gar nicht auf den Weiter-Button klicken, sondern auf einen ganz anderen Seitenbereich. Detailliertere Auswertungen erhält man mit der sogenannten Mousetracking-Methode. Bei dieser werden – ebenfalls in Echtzeit – einzelne Usersessions anonymisiert aufgezeichnet. In diesen Sessions kann man anhand von Heatmaps oder Videosequenzen genau sehen, wo in einem Antragsformular der User Probleme hat.

Anhand der Mousebewegung kann man so z. B. erkennen, dass User in bestimmte Felder häufiger klicken als in andere. Dies kann Rückschlüsse auf fehlende Validierungen oder missverständliche Hinweistexte liefern. In einem Test konnte so festgestellt werden, dass man im Feld „Geburtsname“ eine zusätzliche Inline-Validierung auf die Eingabe von Ziffern benötigt. Es gab User, die in dieses Feld ihr Geburtsdatum eingetragen hatten und später, beim tatsächlichen Feld für das Datum, irritiert waren und zurückgingen, um ihre erste Eingabe zu korrigieren. Diese mehrfache Hin- und Herbewegung innerhalb des Formulars mag zunächst nicht dramatisch erscheinen. Aber gerade bei Finanzprodukten, bei denen sehr viele individuelle Kundendaten abgefragt werden, kann sich durch die Optimierung solcher „Kleinigkeiten“ die Antragsdauer über die gesamte Antragsstrecke schnell um ein paar Sekunden reduzieren und damit positiv auf die Gesamtkonversion einzahlen.

Fazit

Wenn nur begrenzte Budgets zur Gewinnung neuer Kunden bzw. neuen Umsatzes zur Verfügung stehen, sollte man sich genau überlegen, für welche Maßnahmen man diese einsetzt. Vielleicht bringt eine Optimierung der eigenen Konversionspfade deutlich mehr und vor allem nachhaltigeren Erfolg, als auf den neuesten Online-Marketing-Hype aufzuspringen. Die Hanseatic Bank konnte nach einer strategischen Neuausrichtung im Online-Kanal und dem dadurch verursachten Wegfall von Kampagnentraffic durch die richtigen Maßnahmen genau dies erreichen: Trotz einer Trafficreduzierung um rund 25 % konnte die Lead-Conversion für das Kernprodukt innerhalb eines Jahres nahezu verdoppelt werden. Um dies zu erreichen, setzt die Hanseatic Bank auf eine Kombination aus eigenen Reports, Google Analytics zur Webanalyse sowie die Systemlösungen von Maxymizer und m-pathy für multivariate Tests bzw. Mousetracking.