Conversion-Optimierung ist ja eigentlich doch das Einfachste auf der Welt. Fehler finden – Fehler beheben – fertig. Leider zeigt sich, dass sich die Fehler auf der Website, die berüchtigten „Conversion-Killer“, sehr ungern finden lassen. Lesen Sie im dritten Teil unserer Serie des Conversion-Experten André Morys, wie man mit einem einfachen Modell bei der Fehlersuche zielgerichtet und effizient vorgehen kann: Das Sieben-Ebenen-Conversion-Framework.
So finden Sie Conversion-Killer (3/3)
Das Durchführen von Nutzertests hat sich inzwischen als Standardmethode zur Identifikation von Schwachstellen einer Website oder eines Onlineshops etabliert. Vielen Betreibern eines Webangebots ist jedoch nicht klar, dass ein Nutzertest (Usability-Lab) nicht alle Schwachstellen entdecken kann. In den letzten beiden Teilen des Artikels wurde beschrieben, wie das unsystematische Vorgehen bei der Schwachstellensuche zu schwachen Optimierungshypothesen führen kann.
Dass auch ein Nutzertest nie die „gesamte Wahrheit“ zutage fördern kann, liegt daran, dass den meisten menschlichen Entscheidungen bestimmte unterbewusste Prozesse zugrunde liegen, die in einem normalen Usability-Lab nicht erkannt werden. Zum einen ist meist die Aufgabenstellung (Szenario) des Labs nicht geeignet, zum anderen gibt es wenige Möglichkeiten, die unbewussten Entscheidungsprozesse sichtbar zu machen.
Daher sind im 7-E-Conversion-Framework Erkenntnisse aus der Verhaltensökonomik verankert, die im realen Entscheidungsprozess der Nutzer eine wichtige Rolle spielen. Diese Elemente sind sehr wichtig, um die wahren Conversion-Killer zu finden.
Ein Framework hilft, Conversion-Killer zu finden
In den letzten beiden Ausgaben der Website Boosting wurde das 7-E-Conversion-Framework bereits vorgestellt. Es beinhaltet die sieben wichtigsten Faktoren in einer zeitlichen Abfolge, die für das Erreichen einer „Conversion“ erfüllt werden müssen. Dieses Modell hilft wie eine Art Schablone, Schwachstellen auf einer Website oder in einem Onlineshop zu finden. Dabei ist es besonders hilfreich, dass die Faktoren in ihrer zeitlichen Abfolge aus Nutzersicht dargestellt werden.
Das Framework kann so als Grundlage für eine Expertenevaluation dienen. Da im 7-E-Conversion-Framework auch Prinzipien aus Konsumpsychologie und Verhaltensökonomik enthalten sind, liefert diese Methode unter anderem die Erkenntnisse, deren sich Nutzer in einem Nutzertest nicht bewusst sind. Daher ist die Analyse einer Website mithilfe des Frameworks oft der effizienteste Weg, um erste Optimierungshypothesen für einen A/B-Test zu gewinnen.
In der letzten Ausgabe habe ich die Ebenen „Vertrauen“ und „Orientierung“ anhand von Praxisbeispielen erläutert. Heute werden die letzten vier Ebenen erklärt: Stimulanz, Sicherheit, Komfort und Bewertung. Jede Ebene lässt sich dabei wie eine Art Checkliste verwenden. Während der Expertenevaluation kann man sich beispielsweise die Frage stellen: „Was tun wir auf unserer Seite, um das Gefühl von Sicherheit zu erzeugen?“ Die Methodik lässt sich auch gut in der Gruppe umsetzen. Dabei kann mit kleinen Klebe-Notizzetteln jeder die zur jeweiligen Ebene passenden Beobachtungen an eine Wand pinnen.
Jede Ebene verfügt dabei wiederum über weitere Unterelemente – dadurch wird das 7-E-Framework zur einer Art Conversion-Checkliste. Beginnen wir mit der Vorstellung der nächsten Ebene des Modells: Stimulanz.
Ebene 3: Stimulanz
Ganz egal, wie ein Nutzer auf eine Seite gelangt ist, er wird sich an einem bestimmten Punkt immer fragen: „Sollte ich das jetzt und hier wirklich tun?“ Sein innerer Dialog wird abwägen und er wird versuchen, eine Antwort auf folgende Fragen zu finden: „Gibt es auf anderen Seiten eventuell bessere (günstigere) Alternativen?“ „Was bringt mir das hier überhaupt?“ Eventuell stellen Nutzer die gesamte Kaufabsicht infrage.
Jeder kennt diesen inneren Dialog auch vom eigenen Einkaufsverhalten. (Ja, es ist normal, sich solche Fragen selbst zu stellen.) Das Medium Internet macht es jedoch im Gegensatz zur Einkaufssituation im realen Leben besonders leicht, zu vergleichen. Daher ist die Ebene „Stimulanz“ aus Sicht der Conversion-Optimierung ein besonders wichtiger Faktor.
Das Ziel der Arbeit auf dieser Ebene ist es, dem Nutzer möglichst implizit klarzumachen, dass sich ein „Weitersuchen“ nicht lohnt. Eine Strategie kann es sein, einen alleinstellenden Wert hervorzuheben, eine Eigenschaft, die kein anderer Wettbewerber bieten kann. Eine andere Methode ist es, die Begrenztheit eines Angebotes zu betonen. Dies sind die zwei Stimulanz-Faktoren, die ich hier vorstellen möchte, es gibt jedoch noch viel mehr:
- Unique Value Proposition
- Verknappung
Stimulanz-Faktor 1: Unique Value Proposition
Die sogenannte Value Proposition ist die explizite oder implizite Darstellung des Nutzwerts einer Sache. Explizit ist es dann, wenn es eindeutig beschrieben wird („Dieser Akku hält mehr als 1.000 Ladevorgänge“), implizit heißt, dass der Wert über Bilder oder Ähnliches „codiert“ wird. In dem ersten Teil dieser Serie wurden die Prinzipien im Bereich „Relevanz“ erläutert, denn Nutzer suchen primär nach einem Nutzwert.
In diesem Bereich möchte ich jedoch die Alleinstellungskraft solcher Werte verdeutlichen, denn darin liegt – neben dem Aspekt der Relevanz – ein weiterer sehr wichtiger Faktor, den wir in der Conversion-Optimierung nutzen können. Die simple Antwort auf die Frage „Warum sollte ich nicht noch einmal woanders nach einem besseren Angebot schauen?“ lautet ganz einfach: „Weil es das nur hier gibt und nirgends anders.“ Ursprünglich lautet die korrekte Bezeichnung für dieses Alleinstellungsmerkmal „USP – Unique Selling Proposition“. Eine wichtige Anforderung ist jedoch, dass dieses Alleinstellungsmerkmal einen „veritablen Kundenvorteil“ – also einen Nutzwert – darstellt. Daher bevorzuge ich die Bezeichnung Unique Value Proposition als Verbindung aus USP und Value Proposition.
Die beiden Screenshots zeigen zwei typische Landingpages für das Keyword „Risikolebensversicherung“. Es wird auf den ersten Blick klar, welcher der beiden Anbieter (auch aus Relevanzgründen) seine Nutzwerte in Form von Bulletpoints hervorhebt.
Dabei stellt die Hannoversche zunächst drei Leistungsmerkmale als Value Proposition dar: Preis-Leistungs-Verhältnis, Bewertungen in Tests und flexible Anpassungsmöglichkeiten. Diese Merkmale finden sich unter Umständen auch bei anderen Anbietern. Als Nächstes wird der Punkt „Sofortschutz bei Antragseingang“ genannt – ein Leistungsmerkmal, dass wahrscheinlich nicht viele Anbieter haben.
Als letzten Punkt (Faustregel: Das Wichtigste zuerst, das Zweitwichtigste zuletzt!) wird ein kostenloser Reiseführer im Bundle angeboten. Bundles sind erprobte Methoden, um Alleinstellung zu schaffen. Über die Sinnhaftigkeit dieser Kombination lässt sich streiten – es ist jedoch ein glaubwürdiges Gesamtpaket, dass es in dieser Kombination zweifelsfrei nicht woanders geben wird.
Im Gegensatz dazu sind die Value Propositions bei der HUK24 sehr schwer zu identifizieren. Rechts unten stehen Leistungsmerkmale, die alle auf das Produkt abzielen. Es gibt kein erkennbares Alleinstellungsmerkmal.
Es zeigt sich, dass ein Alleinstellungsmerkmal entweder vorhanden ist und nur dargestellt werden muss (einfach) oder dass es vom Produktmanagement entwickelt werden muss. Besonders im E-Commerce wird es schwer, von den eigentlichen Leistungsmerkmalen Sortiment, Preis, Lieferzeit und Versandkosten wegzukommen und echte Alleinstellung zu schaffen. So begann Zalando damit, die Rücksendefrist auf 100 Tage zu setzen, um Alleinstellung zu schaffen (retourentechnisch ein teures Versprechen), andere Versandhändler arbeiten mit Eigenmarken und exklusiven Sortimenten.
Ein meist unentdeckter und deutlich günstigerer Weg sind Verpackungen:
In der Verpackung steckt aus Sicht der Marke ein hohes emotionales Potenzial. Das Auspackerlebnis ist eines der wichtigsten Elemente der „User Experience“. Nicht umsonst werfen viele Kunden die Verpackungen (und Einkaufstaschen) ihrer Lieblingsmarken nicht ohne Weiteres weg. Bei ebay erzielen Apple-Verpackungen immer wieder unglaublich hohe Preise.
Doch nicht immer sind solche Eingriffe in das Angebot und die Produktpolitik eines Unternehmens möglich, daher ist es für viele Conversion-Optimierer schwer, echte Alleinstellung zu schaffen. Um so wichtiger ist es daher, noch weitere Werkzeuge parat zu haben, die Stimulanz erzeugen, wie zum Beispiel „Verknappung“.
Stimulanz-Faktor 2: Verknappung
Die drei Psychologen Worhel, Lee und Adewole zeigten in einem einfachen Experiment mit Keksen bereits im Jahr 1975 die Auswirkung von Verknappung auf die Bewertung und Entscheidung von Menschen. Sie gaben einer Gruppe einen Teller mit zehn Keksen und einer anderen Gruppe einen Teller mit nur zwei Keksen. Die Probanden mit nur zwei Keksen bewerteten die Kekse preislich um 21,6 Prozent besser verglichen mit der Gruppe, die zehn Kekse auf dem Teller hatte.
Doch der eigentliche Verknappungseffekt kam in einer weiteren Gruppe zustande. Hier wurde ebenfalls ein Teller mit zehn Keksen gereicht – es wurden jedoch recht schnell acht Kekse wieder weggenommen. Die Begründung: Für andere wartende Gruppen würden auf einmal mehr Kekse benötigt als geplant.
Das überraschende Ergebnis: Diese Gruppe bewertete die Kekse (Geschmack, Verlangen, Preiseinschätzung) um ein Vielfaches besser. Das Verlangen war gestiegen. Der Preisvorschlag war 53,8 Prozent höher als bei der Kontrollgruppe mit zehn Keksen auf dem Teller. Wie kann es passieren, dass die Verfügbarkeit des Angebots sogar unseren Geschmack beeinflusst?
Es ist die Angst, etwas zu verlieren (engl. „Loss Aversion“), die die rationalen Entscheidungsprozesse aushebelt. So arbeiten vor allem Anbieter, die ein begrenztes Kontingent einer Sache vermarkten, sehr gern mit dem Element der Verknappung. Bekannt sind vor allem Tourismus- und Hotel-Portale wie z.B. „booking.com“ für ihre deutliche Kennzeichnung: „Nur noch 2 Zimmer verfügbar.“ Wesentlich herausfordernder ist es hingegen, Verknappung dort einzusetzen, wo die Warenverfügbarkeit eigentlich ein Leistungsmerkmal ist. Amazon macht es vor, indem stets geschrieben wird: „Noch 2 Artikel verfügbar.“ Deutlich implizitere und authentischere Beispiele gibt es jedoch auch im E-Commerce wie z. B. bei the-affair.com. Dieser Shop zeigt den Lagerbestand stets visuell und dezent an, ohne dabei reißerisch zu wirken:
Eine weitere Möglichkeit ist die zeitliche Verknappung durch die Begrenzung der Angebotsgültigkeit. Oft werden die Signale, die dem Konsumenten eine solche Verknappung klar kommunizieren sollen, nicht eindeutig übertragen. Im nachfolgenden Beispiel wurde z. B. in einer E-Mail-Kampagne die kurze Laufzeit der Aktion stärker hervor gehoben. Dies führte zu 136 Prozent mehr Umsatz gegenüber der Variante, die den Preisvorteil in der Headline in den Vordergrund brachte:
Weitere Stimulanz-Faktoren
Dies sind nur zwei von unzähligen Faktoren, die die Kaufentscheidung von Konsumenten positiv stimulieren können. In meinem Buch „Conversion-Optimierung“ gehe ich noch detaillierter auf weitere Faktoren wie z. B. Spieltrieb (Gamification), Wettbewerb sowie Jagd- und Sammeltrieb ein.
Ebene 5: Sicherheit
Verkaufsexperten wie der US-Amerikaner Michael T-Bosworth („Solution Selling“) haben bereits Ende der 1970er-Jahre herausgefunden, dass kurz vor dem positiven Abschluss eines Verkaufsgesprächs der Kunde meist sogenannte Sicherheitsfragen stellt. Dazu gehören typische Einwände wie z. B.: „Was mache ich denn im Garantiefall?“, oder: „Kann ich die Hotline auch am Wochenende erreichen?“ Ein guter Verkäufer weiß, dass in dem Moment, in dem der Kunde solche Sicherheitsfragen stellt, die Kaufentscheidung eigentlich schon fast gefallen ist. Er muss nur noch die letzten Einwände und Bedenken klären, um zum Abschluss zu kommen.
Manche Verkäufer sind sogar der Meinung, dass das Provozieren eines solchen Einwands ihre Verkaufschancen erhöhen könnte. Im Onlinegeschäft gilt das sicher nicht, hier gilt es zunächst herauszufinden, was die typischen Bedenken kurz vor dem Abschluss (also der Conversion) denn überhaupt sein können.
Nicht umsonst sind daher Methoden wie Commercial Ethnography oder die Entwicklung von Personas im Bereich des UX-Designs populär geworden. Während es bei der Commercial Ethnography darum geht, Konsumenten in ihrem „natürlichen“ Lebensraum zu beobachten und daraus sinnvolle Ableitungen für das Onlinegeschäft zu finden, werden bei der Entwicklung von Personas archetypische Kunden und ihre Ängste in einem Workshop modelliert. Bei beiden Methoden geht es darum, den Kunden und seinen inneren Dialog (inklusive Ängste und Bedenken) genauer kennenzulernen.
Eine pauschale Art, Sicherheitsbedenken zu zerstreuen, sind kostenlose Services. Dan Ariely, Professor für Psychologie und einer der weltweit führenden Experten in Fragen der Verhaltensökonomik, demonstrierte ebenfalls in einem Experiment mit Süßigkeiten die Kraft irrationaler Verhaltensmuster. Er bot zwei Arten von Pralinen an: einen Lindt-Trüffel (wert ca. 50 Cent) zum Preis von 15 Cent und einen Hersheys Kiss (vergleichbar mit einem Ferrero-Küsschen) für 1 Cent. 73 Prozent aller Probanden entschieden sich für den Lindt-Trüffel. Die Erklärung ist einfach, denn schließlich hatte dieses Produkt den größeren Preisvorteil (ca. 35 Cent Ersparnis).
Das Ergebnis drehte sich jedoch fast komplett, als Ariely auf einmal den Preis beider Produkte um 1 Cent senkte. Der Lindt-Trüffel kostete jetzt 14 Cent und Hersheys Kiss 0 Cent. Er war kostenlos. 69 % aller Probanden entschieden sich nun für das kostenlose Produkt. Die Erklärung der Verhaltensökonomen für dieses Verhalten ist erneut Verlustangst, also die Angst, von dem begrenzten kostenlosen Angebot nichts abzubekommen. Dieser Effekt wird auch im englischsprachigen Raum „The Power of Free“ genannt – die Kraft des Kostenlosen, die die Entscheidung des Konsumenten zugunsten der 0,00-Euro-Variante dreht.
Ein weiterer Aspekt dieses Effekts ist die Beseitigung aller Risikofaktoren. Da das Angebot nicht mehr mit Kosten verbunden ist, gibt es in einer Kosten-Nutzen-Analyse auf einmal eine deutliche Verlagerung der Verhältnisse. Genau diesen Aspekt nutzen Anbieter, die ihr Angebot in einer kostenlosen Testversion für einen begrenzten Zeitraum oder in einem limitierten Leistungsangebot zugänglich machen („Freemium-Modell“).
Der Fokus verlagert sich je nachdem, ob der Standard die kostenlose Variante ist oder nicht. Bei „Things“ ist der Standard das Kaufen einer Lizenz zu 49 $, die kostenlose Testversion läuft nur 14 Tage. Bei Wunderlist ist die kostenlose Lizenz der Standard, es gibt auf Wunsch eine Pro-Version, auf die sich upgraden lässt.
Im E-Commerce wird es schwieriger, kostenlose Anreize zu schaffen, um Sicherheitsbedenken zu zerstreuen. Schließlich geht es nicht nur um die Leistung des Versandhändlers, sondern auch um die Kosten der Ware an sich. Die Qualität eines Kundenservice muss gut sein, auch wenn der Service kostenlos ist. Zusätzlich werden kostenloser Versand und Rückversand ebenso wie kostenlose Hotlines inzwischen zum Standard. Wer derart intensiv investiert, der sollte sicherstellen, dass die Botschaft beim Nutzer auch wirklich ankommt. Zappos.com kann hierbei als Best Practice gelten. Die Information über kostenlosen Versand und Rückversand wird konsistent in alle Templates gespielt. Spätestens in Warenkorb und Check-out wird die Kommunikation dazu jedoch immer deutlicher.
Unabhängig von den Kosten für eine Sache empfiehlt es sich, alle möglichen Einwände und Bedenken am kritischsten Punkt auszuräumen. Warenkorb und Check-out sind daher geeignete Seiten, um zum Beispiel „häufige Fragen“ zu beantworten, Kundenservice-Möglichkeiten explizit zu erklären und auch Garantien und ihre Bedingungen besser zu erläutern.
Oft sehe ich Shops, die aufwendige und kostenintensive Services (Hotline, Garantien, etc.) bieten und es versäumen, diese Leistungen auf Warenkorb und Check-out explizit darzustellen. Warenkorbseiten haben meist Exit-Rates von über 50 %, d. h. Nutzer mit einer konkreten Kaufabsicht können nicht in den Check-out „konvertiert“ werden. Meist sind es offene Fragen und fehlende Informationen, die dazu führen. Das Klären dieser Einwände kann die Exit-Rate in diesem Schritt senken.
Wir sind jedoch noch nicht am Ende der Conversion-Reise aus Nutzersicht angelangt, denn im nächsten Schritt geht es um hirntechnisches Energiesparen.
Ebene 6: Komfort
Das menschliche Gehirn verbraucht rund 20 Prozent der gesamten Energie des Körpers. Im Verhältnis zu seinem Gewicht ist es damit ein wahrer Energiefresser. Energie ist jedoch überlebensnotwendig – daher ist das Gehirn auch ein Meister im Energiesparen. Es erscheint daher völlig logisch, dass jeder Mensch danach strebt, kognitive Aufwände zu vermeiden.
Genau das passiert, wenn Nutzer auf dem Höhepunkt ihrer emotionalen Kaufmotivation auf ein langweilig gestaltetes und kompliziert aussehendes Formular treffen. Aus technischen Gründen endet fast jede Conversion in einem Formular – schließlich müssen die nötigen Daten für die Transaktion abgefragt werden.
Das menschliche Gehirn hasst kognitiven Aufwand und versucht, solche Belastungen zu vermeiden, wo es nur möglich ist. Im Kopf läuft eine Bewertung ab, die sich fragt „Muss das jetzt sein?“ und die positive Handlungsbereitschaft (Belohnung) gegen den zu erwartenden Aufwand (Kosten) setzt. Diese Analyse läuft permanent – nicht nur bei Formularen. Der Bruch zwischen emotionaler Einkaufswelt und kognitivem Aufwand ist jedoch an keiner Stelle so hoch wie zwischen Produktdetailseite und Check-out.
Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Analyse eine gefühlsmäßige Abschätzung ist. Eingangs wurde von Szenarien in Usability-Labs, die nicht die gewünschten Resultate bringen, gesprochen. Diese Stelle ist ein typisches Beispiel dafür, denn in der Regel lautet das Briefing: „Füllen Sie diese Testdaten aus.“ Ein extrinsisch motivierter Nutzer wird sich anders verhalten als jemand, der in einer natürlichen Kaufsituation abwägt, bei welchem Anbieter er günstiger wegkommt. „Günstiger“ meint dabei nicht nur die tatsächlichen Kosten, sondern auch den antizipierten Aufwand.
Der folgende Screenshot zweier Formulare verdeutlicht das Problem. Wer sich selbst testen möchte, der fragt sich, welches Formular einfacher zu bedienen sein wird, und zählt anschließend die Anzahl der Pflichtfelder nach.
Das Ergebnis nach der rationalen Auswertung ist verblüffend: Formular A verfügt inklusive der obligatorischen Checkboxen über acht Pflichtfelder. Formular B benötigt neun Pflichtangaben – also eine mehr. Dennoch wirkt Formular A aufgrund der Gestaltung deutlich komplexer. Ein paar einfache Maßnahmen sorgen dafür, dass Formulare auf den Nutzer möglichst einfach wirken:
- Vermeiden Sie so viele optionale Angaben wie möglich
- Verwenden Sie keine dunklen Farben oder Schatten
- Machen Sie Felder nicht zu klein und lassen Sie Abstand
- Stellen Sie die Feldbezeichner rechtsbündig an das Feld oder über das Feld
- Bilden Sie visuelle Hierarchien bzw. sinnhafte Gruppen
- Verwenden Sie einen farblichen Kontrast für die Callto-Action
- Nutzen Sie möglichst eine InlineValidierung
Ebene 7: Bewertung
„War das das Richtige? Entsprach es meinen Vorstellungen?“ So, wie Sie sich am (fast) Ende dieses Artikels fragen, ob er Ihren Erwartungen entsprach, so fragen sich auch die Nutzer Ihrer Website oder Ihres Onlineshops nach jedem Schritt, ob die erlebte Realität den antizipierten Erwartungen entsprach. Die letzte Ebene „Bewertung“ findet daher in Wahrheit nicht am Schluss der Customer Journey, kurz vor dem Erreichen des Conversion-Ziels, sondern permanent statt. Jeder kennt das positive Gefühl, wenn eine Tätigkeit einfacher oder besser geklappt hat, als erwartet – und umgekehrt fühlt es sich nicht besonders gut an, wenn Dinge aufwendiger, komplizierter oder sogar nur anders als erwartet waren.
Auf diese Bewertung können wir nur positiv Einfluss nehmen, in dem wir möglichst viele positive Rückmeldungen geben. Gute Verkäufer wissen, wie wichtig es ist, den Kunden auf dem Weg zur Conversion positiv zu bestärken. Besonders emotional getriggerte Impulskäufe verlangen in der anschließenden Post-Mortem-Analyse einen rationalen Grund („Der neue Wagen hat einen viel besseren Verbrauch, Schatz!“).
Im richtigen Verhältnis von Belohnung (Spaß, User Experience, erwarteter Nutzen) zu kognitiver Forderung (Aufwand, Kosten) kann sich aus einer dauerhaft positiven Bewertung der Zustand des sogenannten „Flows“ ergeben. In diesem Bereich, den viele z. B. aus eigener Erfahrung beim Computerspielen kennen, vergisst der Mensch beinnahe Zeit und Raum und befindet sich in einem Zustand maximaler Fokussierung. Auch wenn es kaum möglich sein wird, echten Flow beim Onlineshopping zu erreichen, zeigt es doch, wie wichtig die positive Handlungsbewertung in jedem Schritt ist.
Natürlich wird auch am Ende des Einkaufsvorgangs eine Gesamtbewertung stattfinden. Der sogenannte Peak-End-Effekt besagt, dass just dieses letzte Erlebnis sogar besonders stark in Erinnerung bleiben wird. Leider wird diese Erinnerung meist durch komplexe Check-out-Erlebnisse und kognitiv aufwendige Formulare geprägt und weniger durch ein angenehmes Flow-Erlebnis. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass Websites wie booking.com mithilfe der Inline-Validierung bei jedem einzelnen Feld eine positive Rückmeldung geben.
Ebenfalls völlig unterschätzt ist die Danke-Seite. Auch hier kann der ansonsten nutzlose Raum für mehr als nur Gutscheine der Partner genutzt werden. Eine positive Wertschätzung der vom Nutzer soeben durchgeführten Handlung ist wichtig. Noch einen Schritt weiter wird das Auspacken der Ware ein weiterer „Moment of Truth“ werden, bei dem sich der Nutzer fragen wird, ob die gesamte Aktion eine gute Idee war oder nicht. Die meisten Versandhändler legen an oberste Stelle die Rechnung statt einer kleinen Aufmerksamkeit mit einem herzlichen „Danke für Ihren Einkauf“.
Sie sehen, es gibt noch viel Raum, um Nutzern Material für eine positive Bewertung der Handlung zu geben. Diese positive Rückkopplung sorgt für ein insgesamt positives Nutzererlebnis und ist damit dann auch die Grundlage für positive Bewertungen im Sinne eines „Reviews“ des Shops durch den Nutzer. Noch viel wichtiger: Diese positive Bewertung ist vor allem die Grundlage für eine mögliche weitere „Folge-Conversion“. Conversion-Optimierung sollte sich nicht ausschließlich auf die Conversion von Besuchern zu Neukunden beschäftigen, sondern vielmehr auch mit der wirtschaftlich viel wertvolleren Conversion vom Einmal- zum Stammkunden. Das Ziel ist selten Conversion-Rate, sondern viel mehr Deckungsbeitrag – und der ist bekanntlich bei Stammkunden deutlich höher.
Fazit:
Überprüfen Sie Ihren Onlineshop oder Ihre Website stets im Vergleich mit Wettbewerbern. Die einzelnen Ebenen des 7-E-Conversion-Frameworks können Sie als „Leitplanken“ bzw. Checkliste verwenden, um aus dem Blickwinkel der Nutzer die richtigen Faktoren zu identifizieren. Dabei können Sie die eigenen Schwachstellen ebenso wie die Best Practices der Wettbewerber besser erkennen. Diese Hypothesen lassen sich priorisieren und in A/B-Tests validieren.
Viel Erfolg beim Optimieren!