Wie viel Linkwachstum ist noch natürlich?

Christoph Cemper
Christoph Cemper

Christoph C. Cemper ist seit 2003 auf das Thema Links spezialisiert. Als Gründer von LinkResearchTools (LRT) und Link Detox beschäftigt er sich im Tagesgeschäft mit jedem noch so kleinen Detail rund um Links und deren Bewertung. Privat ist ihm die Zukunft der Erde und unseres Klimas sehr wichtig, welche er auch durch die Charitykonferenz LRTcon unterstützt. Schon als Teenager hat er Computerspiele entwickelt und vermarktet, später kamen das BWL-/Marketingstudium und diverse Lehrverpflichtungen dazu.

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Wer sich ernsthaft mit Suchmaschinenoptimierung beschäftigt weiß, dass Links in der Regel ein wichtiger Bestandteil für ein gutes Ranking sind. Experten warnen allerdings schon seit Längerem davor, zu schnell zu viele Links aufzubauen. SEO-Fachmann Christoph C. Cemper erklärt, was Linkwachstum ist, und beschreibt, dass sich das Linkwachstum von Branche zu Branche durchaus unterscheiden kann.

Was ist Linkwachstum?

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass man im Linkbuilding auf die Qualität von Links zu achten hat und keine Linkpakete von irgendwelchen dubiosen Zwischenhändlern kaufen sollte. Was zusätzlich aber oft außer Acht gelassen wird, ist der Aspekt des Linkwachstums.

Unter Linkwachstum versteht man grundsätzlich den Zuwachs (oder die Reduktion) von Links zu einer Domain in einer gewissen Zeiteinheit, also z. B. monatlich. Das passiert von ganz allein, denn eine Webseite mit qualitativ hochwertigem Inhalt wird sich früher oder später „selbst verbreiten“ und damit Links bekommen. Das heißt, sie zieht im Laufe der Zeit automatisch Besucher an, die ihre Inhalte weiterverbreiten, teilen und sogar zu der Seite verlinken.

Die Diagramme in Abbildung 1 und 2 zeigen schematisch den positiven Linkwachstums-Trend gegenüber dem negativen Linkwachstums-Trend. Einerseits wird die Menge der neuen Links pro Monat jeden Monat mehr (positiver Trend) und im anderen Beispiel wird dieser monatliche Zuwachs immer geringer.

Da man nicht davon ausgehen kann, dass der Content, den man produziert, so herausragend ist, dass die komplette Community ihn freiwillig verlinkt, bedarf es oft zusätzlichen Linkbuildings – ganz abgesehen davon, dass der Idealfall, bei dem sich Content automatisch verbreitet, kaum auftritt, nicht steuerbar und noch weniger kontrollierbar ist. Ein virales Spaß-Video, das nach etlichen Anläufen voll einschlägt, ist z. B. ein Erfolgsfall, aber wie viel „kreativen“ Content kann ein durchschnittlicher Online-Shop produzieren?

„Was gestern gut funktioniert hat, kann morgen schon den Absturz von Suchergebnissen zur Folge haben.“

Möchte man also diesen Prozess der externen Verlinkung unterstützen oder gar beschleunigen, ist Vorsicht geboten. Selbst wenn sehr aggressive Methoden (wie automatisiertes Linkbuilding oder Spamlinks) jahrelang funktionierten, gibt es nicht erst seit Kurzem ausgefeilte Algorithmen der Suchmaschinen, die das Aufdecken und Abwerten solcher Linkkampagnen fast sicherstellen. Ob Google diese Art der Linkaufdeckung bis vor einigen Jahren nur zurückhielt oder erst in den letzten Jahren entwickelte, bleibt nach wie vor ein Geheimnis, doch heute kann man mit Sicherheit sagen , dass unnatürliches Linkwachstum negative Auswirkungen auf das Ranking in Google hat.

Die vergangenen Google-Pinguin-Updates und versandten Linkwarnungen seitens Google zeigen erneut, dass deren Methoden und Wege, unnatürliche Links zu entdecken, enormen Innovationen unterliegen. Das Linkwachstum ist eine entscheidende Komponente bei der Betrachtung eines Linkprofils und soll so „natürlich“ wie möglich sein.

Bis vor kurzer Zeit war es z. B. noch gang und gäbe, eine sog. Expired-Domain (eine Domain, die vom vormaligen Besitzer auf- bzw. zurückgegeben wurde) mit z. B.: einem PageRank von sieben zu projektieren und deren über die Jahre aufgebautes Linkprofil ohne weitere Links zu übernehmen, also den Bonus der Domain einfach weiter auszunutzen. Dies ging sogar zwei bis drei Jahre lang gut. Heutzutage verliert eine Expired-Domain innerhalb kürzester Zeit an Wertigkeit, weil der Trend des Linkwachstums der Vergangenheit nicht fortgeführt wird oder werden kann. Gerade in den Pinguin-Updates wurden sehr viele (linkgebende) Seiten dieser Art entwertet, was deutlich macht, wie wichtig ein kontinuierliches Linkwachstum ist.

Wie viele Links sind zu viel und wie viele Links sind genug?

Diese altbekannte Fragestellung ist das Um und Auf eines jeden SEOs, wenn es darum geht, Kampagnen abzuschätzen oder zu planen. Man muss seinem Kunden oder Vorgesetzen einen konkreten Jahresplan vorlegen, wie man mit der SEO-Kampagne weiter verfahren möchte. Wie lange budgetiert man seine Linkbuilding-Kampagne? Über welchen Zeitraum möchte man wie viele Links aufbauen?

Eine der wichtigsten Eigenschaften von natürlichem Linkwachstum ist die Kontinuität. Eine natürlich populäre Seite generiert, wie bereits erwähnt, automatisch über einen gewissen Zeitraum eine bestimmte Anzahl von Links. Möchte man diesen Zeitraum nun künstlich beschleunigen, sollte man sich der Tatsache bewusst sein, dass eine plötzliche Explosion des Linkvolumens keinesfalls natürlich wirkt. Die Ausnahme bilden besondere Ereignisse oder auch erfolgreiche Linkbaits (Link-„Köder“), die klarerweise zu außergewöhnlichen Spitzen führen können, doch der generelle Linktrend bleibt konstant. Es sei hier angemerkt, dass der Grundsatz gilt: Jeder Link (oder jede Linkspitze) muss eine passende Story haben, die sich ein Google Quality Rater vorstellen kann.

Der Linkwachstums-Trend gibt Aufschluss über die Kontinuität und Geschwindigkeit des Linkwachstums. Je gleichmäßiger dieser Verlauf, umso natürlicher das Linkprofil. In Abbildung 3 sieht man, dass das Linkwachstum schwankt, aber über das Jahr hindurch eigentlich fast konstant bleibt.

Deshalb sollte man gerade in der Planungsphase besonders darauf achten, wann neue Links erstellt werden. Jede Seite hat Schwankungen und gewisse Spitzen durch Veröffentlichungen, Gewinnspiele etc., was vollkommen in Ordnung ist, nur sollten diese auch im Linkaufbau berücksichtigt werden.

„Aggressives Linkwachstum ist in jedem Fall zu vermeiden.“

Deswegen sollte man das Linkwachstum auf keinen Fall zu aggressiv ansteuern, sondern sich möglichst einem natürlichen Wachstum annähern und keine kurzlebigen Linkbuilding-Kampagnen planen. SEO ist und bleibt ein langfristiges Unterfangen. 

Natürlich verlieren einmal aufgebaute hochwertige Links nicht an Wertigkeit, wenn man das Linkbuilding komplett beendet, doch bei einer drastischen Veränderung der Linkwachstums-Geschwindigkeit können selbst die besten Links abgeschwächt oder sogar abgestraft werden, wenn diese aus der Sicht Googles Teil einer zu aggressiven Kampagne waren.

Woran kann man sich beim Linkwachstum orientieren?

Wir sind längst über den Punkt hinaus, wo man Google mit einfachsten Taktiken oder kleinen Hilfstools im Linkgraphen austricksen kann, indem man hier und da automatisierte Verfahren im Linkaufbau benutzt. Genau wie alle anderen Branchen muss sich auch SEO dem Lauf der Zeit anpassen und von dem heutzutage zuhauf angebotenen schnellen Linkaufbau durch Agenturen oder anderen manipulierten Taktiken absehen. Eine Linkbuilding-Strategie muss gut recherchiert, entwickelt, geplant und schließlich umgesetzt werden.

Wie es auch in anderen Disziplinen des Marketings üblich ist, muss man nicht zwingend das Rad neu erfinden, sondern kann sich an bestehenden „Top-Produkten“ bzw. seiner Konkurrenz orientieren. Wenn es für den Erstplatzierten in der jeweiligen Nische funktioniert, ist es sehr wahrscheinlich, dass es auch für andere gelingt.

Grundsätzlich geht es nicht darum, seiner Konkurrenz ständig hinterherzudackeln und einfach deren Linkprofil zu kopieren. Es geht auch nicht darum, den perfekten Link tausendmal zu bauen, sondern darum, die perfekte Kopie  eines gesamten Backlink-Profils mit Verbesserungen anzulegen.

Bei der Konkurrenzanalyse geht es darum herauszufinden, wie Sie sich dem Konkurrenzumfeld anpassen können (so dass Sie es „verdienen“, unter den Top10 zu sein) und eben noch ein wenig besser sind als die anderen.

Folgende essenzielle Faktoren lassen sich z. B. aus dem Linkprofil Ihrer Konkurrenz ablesen:

  1. Wie viele Links hat die Konkurrenz über den Zeitraum X aufgebaut?
  2. Welche Art von Links hat die Konkurrenz über den Zeitraum X aufgebaut?
  3. Welche Qualität an Links ist in der Nische überwiegend vorhanden?

Aus diesen Erkenntnissen lassen sich nicht nur die „Rahmenbedingungen“ für eine Nische (definiert durch Sprache, Land, Keywords) herausarbeiten, sondern man bekommt auch einen guten Einblick, in welchem Umfeld und in welchen Größenordnungen man sich bewegen sollte, um für das gewünschte Keyword entsprechend zu ranken.

Man kann den Schluss ziehen, dass das, was für die eigene Branche, die Nische, das Keyword, das Land, die Sprache als natürliches Linkwachstum zutrifft, dann aus der Sicht von Google den „erlaubten“, ergo „natürlichen“ Rahmen definiert.

Das Linkwachstum lässt sich weiter in mehrere Arten von Links, z. B. Text-Links, Bild-Links oder NoFollow-Links, aufschlüsseln und danach, wie und wann die Konkurrenz an die jeweiligen Links gekommen ist. Durch diese Aufschlüsselung anhand des Linktyps ergeben sich weitere Erkenntnisse.

Die Grafik in Abbildung 6 zeigt eine Bilder-Kampagne einer Domain in einer umkämpften Nische im Februar 2011 und Juli 2012. Die relative Ansicht und die grafische Hervorhebung vermitteln einen guten Eindruck über die Anzahl der aufgebauten Bild-Links während der Kampagne. Wenn man weiter ins Detail recherchiert, lassen sich oft Informationen wie die Platzierungen (also verlinkenden) der Bild-Links und darüber auch mögliche Ansprechpartner finden – oder z. B. eine gute kreative Idee für die eigene Kampagne.

Wenn man zu wenige Links baut, wird man genauso erfolglos sein, wie wenn man zu viele Links baut. Wenn die Top-Konkurrenz ein durchschnittliches Linkwachstum von einem Link pro Monat aufweist, dann können schon zehn neue monatliche Links zu viel sein. Umgekehrt können diese zu wenig sein, wenn alle Konkurrenten im Durchschnitt tausend neue Verlinkungen pro Monat erreichen. Im ersten Fall riskiert man eine Abstrafung, im zweiten Fall erreicht man zu wenig oder keine Verbesserung.

„Frage: Wie viele Links darf man bauen? Antwort: Das kommt ganz darauf an …“

In jedem Fall lautet die einzig richtige Antwort auf „Wie viele Links muss ich pro Monat bauen?“, dass dies in jedem Einzelfall pro Nische, Keyword, Land und Sprache anhand des Konkurrenzumfelds untersucht werden muss.

Qualität vor Quantität?

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Linkaufbaus und speziell beim Planen einer Kampagne ist nach wie vor die Frage nach der Qualität der Links. Wie bereits oben erwähnt, orientiert man sich üblicherweise an den Backlink-Profilen der bestehenden Top-Konkurrenten und lässt diese in die Linkbuilding-Kampagne einfließen. Da sich diese von Nische zu Nische komplett unterscheiden können, ist es umso wichtiger, sich über seine Konkurrenz im Klaren zu sein und die richtige Wahl der Links schon vor dem Start der Kampagne zu treffen.

Möglicherweise ist es in der jeweiligen Nische üblich, eine Unmenge an z. B. NoFollow-Backlinks, Image-Bannern oder ganz abstruse Anchortexte zu verwenden. Genau so unterschiedlich, wie man zwischen den Arten des Links differenziert, kann auch der Aufbau an Links auf verschiedenste Weise geschehen:

  • Kauf/Tausch
  • Kampagnen
  • Content-Marketing (Linkbaits, Gewinnspiele etc.)
  • Events/PR
  • Werbung

So gesehen ist es sinnlos, nur die besten oder teuersten Links zu bauen, wenn die Konkurrenz nicht annähernd die gleiche Anzahl, Menge und Qualität an Links vorweist. Es kommt auf den richtigen Mix an.

Zusammenfassung

Eine gute Linkbuilding-Kampagne steht und fällt mit der richtigen Strategie. Wenn man seine Konkurrenten und deren Linkwachstum nicht laufend beobachtet und daraus Maßnahmen für den Linkaufbau ableitet, wird man weder auf kurze noch auf lange Sicht erfolgreich sein. Der entscheidende Faktor dabei ist weiterhin die „Natürlichkeit“ des Linkwachstums als eines der ausschlaggebenden Kriterien für Google.

Die Natürlichkeit definiert sich über die zur Konkurrenz relative Menge, Qualität und den zeitlichen Verlauf sowie die Kontinuität, mit der man seine Links aufbaut.  Es gibt keine absolute Empfehlung für die richtige Anzahl an Links, die noch als natürlich gilt. Diese Eckdaten werden über die jeweiligen Top-Ergebnisse in Google, also das Konkurrenzumfeld, definiert. Linkbuilding ist ein laufender Prozess in der Suchmaschinenoptimierung, der ständig geprüft und angepasst werden muss, um den nachhaltigen Erfolg einer Kampagne zu garantieren.