Wie würden Sie auf das Angebot reagieren, einen Teil Ihres Werbegeldes ohne Umsatzeinbußen einsparen zu können? Sie würden sich vermutlich ausrechnen, wie stark die Rentabilität Ihres Marketings dadurch steigt, oder abwägen, in welche Werbung Sie noch stärker investieren sollten. Aber am Ende werden Sie augenzwinkernd ablehnen, weil Sie das Angebot als unseriös einstufen. Weit gefehlt – zumindest für die Unternehmen, die von Ad-Hijacking betroffen sind. Wie eine aktuelle Analyse mithilfe eines spezialisierten Softwaretools zeigt, verlieren 2012 allein die deutschen Online-Shops schätzungsweise 14 Mio. Euro an Werbebudget, das zu keinerlei zusätzlichem Umsatz führt.
Wie unbemerkt 14 Mio. EUR Werbebudget verschwinden
Viele Unternehmen bezahlen Werbepartner (sog. Affiliates) für die Vermittlung von Kunden. Die Affiliates werden pauschal oder anteilig an den Abverkäufen beteiligt. Sie versuchen daher, Anzahl und Qualität der vermittelten Kunden zu erhöhen, um ihre Provisionen zu steigern.
Viele Affiliates tun dies mit großer Sorgfalt, Professionalität und Kreativität. Nicht selten waren Affiliates schon Vorreiter für neue Geschäftsmodelle oder Vertriebswege im Internet. Leider gibt es aber immer wieder auch schwarze Schafe, die auf zweifelhaften Wegen versuchen, sich Provisionen zu erschleichen. Verfügen Firmen dann nicht über das ausreichende Know-how und kennen die Hintergründe dieses dunklen Teils des Vertriebsnetzes nicht, kann es schnell zu einem spürbaren finanziellen Schaden für das Unternehmen kommen.
Wie gut es um den Professionalitätsgrad der Unternehmen bestellt ist
Wir wollten wissen, wie gut es in diesem Zusammenhang um den Professionalitätsgrad der Unternehmen bestellt ist und wie groß der Schaden ist, der durch eine der nach wie vor populärsten Betrugsmethoden im Affiliate-Marketing entsteht: durch Ad-Hijacking.
Dabei handelt es sich um eine Manipulation der Werbeanzeigen in Suchmaschinen. Durch Lücken in den Werbesystemen der Anbieter gelingt es Dritten, eine äußerlich identische Anzeige eines Unternehmens zu erzeugen. Sie unterscheidet sich häufig weder im Text noch in der angezeigten URL von der Originalanzeige. Auch ein Klick auf den Anzeigentext führt zur gleichen Zielseite. Dadurch bleibt es den Unternehmen oft verborgen, wenn ihren Kunden anstelle der eigenen Werbeanzeige ein Plagiat vorgesetzt wird.
„Durch Werbe-Plagiate entsteht bei Unternehmen ein hoher finanzieller Schaden.“
Erst eine technische Analyse legt offen, ob es sich tatsächlich um die unternehmenseigene Anzeige handelt. Affiliates leiten den Besucher beim Ad-Hijacking – für den Menschen mit bloßem Auge nicht zu bemerken – über ihre Partnernummer auf die Zielseite. Die Partnernummer signalisiert dem Unternehmen, dass der Besucher durch Initiative des Affiliates auf die Seite kam und im Erfolgsfall eine Vergütung erfolgen muss.
Dagegen ist nicht immer etwas einzuwenden. Manche Unternehmen machen sich das zunutze, wenn sie beispielsweise keine Agentur für Suchmaschinen-Marketing beauftragen möchten. Geht es jedoch um den Markennamen des Unternehmens, liegen die Dinge oft anders, denn bei den Besuchern, die direkt nach dem Unternehmen suchen, handelt es sich um Bestandskunden oder Interessenten, die mithilfe vorausgegangener Marketingaktionen vorqualifiziert wurden. Deshalb weisen sie außerordentlich hohe Kaufabschlussquoten und folglich überdurchschnittliche Provisionspotenziale auf.
Da die Besucher eigeninitiativ nach dem Unternehmen suchten, handelt sich aber um keine vertriebliche Leistung des Werbepartners. Dieser hat sie lediglich zu der Seite weitergeleitet, zu der sie ohnehin bereits wollten. Deshalb schließen viele Firmen die Nutzung der Unternehmensmarken als Keyword im Suchmaschinen-Marketing für ihre Werbepartner kategorisch aus.
Für einzelne Affiliates scheint die Verlockung aber zu groß und sie versuchen, durch Ad-Hijacking an diese Kunden heranzukommen. Sie kapern – der Begriff ist wie auch der Name der Methode der modernen Luftpiraterie entlehnt – wie beschrieben die Unternehmensanzeige. Durch die Plagiate entsteht bei Unternehmen dann ein hoher finanzieller Schaden, da die ausgezahlten Provisionen aufgrund der hohen Kaufabschlussquoten die zu zahlenden Klickpreise häufig um ein Vielfaches übersteigen.
Die zwielichtigen Machenschaften werden verschleiert
Um die zwielichtigen Machenschaften weiter zu verschleiern und nicht durch zu hohe Provisionsansprüche Misstrauen zu wecken, tarnen Affiliates häufig ihre Aktivitäten.
Dazu erfolgen mehrere Anmeldungen der gleichen Person unter verschiedenen Namen oder die Anzeigen werden nur sehr dosiert geschaltet. Dies gelingt durch eine auf gewisse Tageszeiten oder Städte/Regionen eingeschränkte Werbeschaltung, die in den Werbeprogrammen der Suchmaschinen obligatorisch einstellbar ist. Alternativ wird gelegentlich auch das Kampagnenbudget im Anzeigenprogramm so eingeschränkt, dass die Werbeanzeige über den Tag verteilt nicht kontinuierlich erscheinen kann.
Daneben erfordert auch die Zunahme der Suchmaschinennutzung auf mobilen Endgeräten besondere Beachtung. Ad-Hijacker können in diesem Zusammenhang sogar gezielt auswählen, ob eine Anzeigenschaltung auf einem Tablet, dem iPhone oder Android-Smartphone erfolgen soll, und ihre Aktivitäten dadurch weiter verschleiern.
Um gleichzeitig das Aufdeckungsrisiko zu reduzieren, beschränken die Werbepartner die Auslieferung der Plagiate auf Zeiträume außerhalb der Bürozeiten. Oft wird auch auf eine Werbeschaltung in dem Bundesland oder der Stadt verzichtet, in dem das Unternehmen oder dessen Suchmaschinen-Agentur beheimatet ist.
„Den Suchmaschinen ist es unmöglich, diese Machenschaften automatisch zu identifizieren und einzuschränken.“
Den Suchmaschinen ist es unmöglich, diese Machenschaften automatisch als betrügerisch zu identifizieren und einzuschränken. Das hat den Grund, dass sich einzelne Firmen bewusst dazu entscheiden, Affiliates das Bewerbungsrecht auf die Unternehmensmarken freizugeben, denn dadurch kann auf eine spezialisierte SEA-Agentur verzichtet werden. In diesen Fällen erscheint die Anzeige autorisiert mit dem gleichen technischen Muster wie beim Ad-Hijacking. Dadurch gibt es keinerlei automatisiert nutzbare Regel, die eine eindeutige Identifizierung ermöglicht.
Um Schaden vom eigenen Unternehmen abzuwenden, ist zunächst zu prüfen, ob die Bewerbung der Unternehmens- oder Produktmarke(n) in der Programmbeschreibung des Affiliate-Programms ausgeschlossen ist. Gleichzeitig sollte man in den Affiliate-Netzwerken Werbeformen vermeiden, die eine Identifikation Ihrer Werbepartner aufgrund der zugrundeliegenden Richtlinien verhindern.
Anschließend ist es wichtig, Transparenz über das Partnerportfolio herzustellen. Durch die Affiliate-Agentur, den Netzwerk-Betreiber oder den Affiliate selbst erfährt man, welche Akquisemethoden die eigenen Partner einsetzen. Seriöse Affiliates haben gegen die Offenlegung nichts einzuwenden. Durch eine Partneranalyse kann man schließlich die Provisionshöhe pro Partner ermitteln. Spätestens, wenn Verdacht aufkommt, sollte gehandelt werden. Wirklich effektiven Schutz bieten dann spezialisierte Software-Anbieter, welche die eigenen Markenbegriffe rund um die Uhr und in jedem Winkel eines Landes überwachen können.
Viele Firmen setzen noch immer keine Software zur Schadensbegrenzung ein
Obgleich das Phänomen des Ad-Hijacking seit Jahren bekannt ist, setzen viele Firmen noch immer keine Software zur Schadensbegrenzung ein. Das ist deshalb fahrlässig, weil oft schon die stornierte Provision des ersten überführten Ad-Hijackers die zur Erkennung anfallenden Toolkosten auf Monate refinanzieren würden. Die Unternehmen tolerieren damit einen finanziellen Schaden in nicht unerheblicher Höhe, wie eine aktuelle Erhebung offenlegt.
Um den Schaden zu quantifizieren, der Unternehmen pro Jahr durch Ad-Hijacking entsteht, haben wir mithilfe der Software „SEM-Scout“ die AdWords-Anzeigen von über 200 der größten Online-Shops in Deutschland untersucht. Überwacht wurde jeweils die gängigste Markenschreibweise der Unternehmen. Dazu rief die Software in engen Zeitabständen und an unterschiedlichen Orten in Deutschland die Markenbegriffe in der deutschen Suche von Google auf. Die Untersuchung bezieht sich daher gezielt nur auf die größte Suchmaschine. Andere Anbieter wie Yahoo oder Bing blieben zunächst unberücksichtigt.
Das Ergebnis war dennoch frappierend: Im Untersuchungszeitraum trat bei mehr als einem Viertel der Unternehmen mindestens einmal Ad-Hijacking auf, obwohl die Analyse nur auf der stichprobenartigen Erhebung aus zwei Wochen basiert. Der Schaden, der durch sporadisches oder kurzzeitiges Ad-Hijacking entsteht, floss in die Erhebung daher tendenziell eher mit zu niedrigen Werten ein.
Wie die Daten ermittelt wurden
Als Ausgangsbasis der Schadenkalkulation wurde für die gebräuchlichste Schreibweise der Marke das durchschnittliche exakte Suchvolumen bei Google ermittelt. Da sich Affiliates häufig auch auf verwandte oder fehlerhafte Schreibweisen verlegen, würde diese Zahl die Realität allerdings nur unzureichend abdecken. Für die Ermittlung des gesamten Suchvolumens wurde sie deshalb um den Faktor 1,5 erhöht. Dieser Faktor hat sich bei einer Überprüfung anhand sorgfältiger Stichproben als durchaus belastbar für die Analyse erwiesen.
Mithilfe einer angenommenen Klickrate bei Markensuchen von 60 % wurde die Zahl an Besuchern hochgerechnet, die die Webseite des Werbers monatlich über Anzeigen erreichen. In der Analyse fand allerdings nur der tatsächliche Klickanteil Berücksichtigung, der sich aus Zeitpunkt, Dauer und Ort der Schaltung einer Ad-Hijacking-Anzeige ergab (siehe Abb. 2). Dadurch konnte ein einstündiger Ad-Hijacking-Vorfall um 20 Uhr in Hamburg stärker einfließen als ein zehnminütiger Betrugsfall um 3 Uhr morgens in Buxtehude.
Den Unternehmen ging bei Suchvorgängen nach ihren Marken demnach unbemerkt ein Klickanteil von ca. 9 % an Affiliates verloren. Bewertet man diese Klicks mit Annahmen zu Abverkaufsrate und Bestellhöhe und den anhand der Affiliate-Programme stichprobenartig ermittelten Provisionen, so summieren sich die zu unrecht ausgezahlten Partnervergütungen für die beobachteten Unternehmen im Jahr 2012 auf 8,2 Mio. Euro (Annahmen für Provisionsermittlung: Kaufabschlussrate 8 % | Netto-Umsatz (exkl. Retouren) 100,- € | Provision 6 % – für die 15 größten Unternehmen wurden diese Annahme individuell getroffen).
Geht man weiter von einer Gleichverteilung der Methoden in den Top 1.000 E-Commerce-Unternehmen aus, so lässt sich der Gesamtschaden für das laufende Jahr anhand der erwarteten Unternehmensumsätze sogar auf die schwindelerregende Höhe von 14 Mio. EUR beziffern. Die Basis für die Berechnung war die Top-1.000-Liste der EHI/Statista-Studie „E-Commerce-Markt Deutschland“ – einer Marktstudie der größten Online-Shops für physische oder digitale Güter. Die errechnete Schadensumme wurde zur Vervollständigung bereits um die Klickkosten reduziert, die den Unternehmen durch die Schaltung eigener Anzeigen entstünden.
Unternehmen | Amazon | beispielhaft ausgewählt |
Untersuchtes Suchwort | Amazon | Hauptschreibweise der Marke; auf google.de überwacht |
Ø Suchvolumen/Monat | ca. 20.400.000 | Anzahl an Suchen nach der exakt gleichen Schreibweise in Deutschland, Quelle: Google (Stand: Oktober 2012) |
Klickanteil Ad-Hijacking | 2,0 % | beispielhafte Annahme (liegt unter dem im Untersuchungszeitraum tatsächlich ermittelten Wert) |
Stolen Clicks/Monat | ca. 410.000 | verlorene Klicks des Unternehmens bei genanntem Ad-Hijacking-Anteil und einer geschätzten Klickrate von 60 % |
Stolen Order Value/Monat | ca. 2.000.000 EUR | verlorener Gesamtumsatz (exkl. Retouren) bei geschätzter Abverkaufsrate von 8 % und einem unterstelltem Netto-Umsatz pro Bestellung von 100,- EUR |
Provisionsschaden/Monat | ca. 120.000 EUR | bei durchschnittlicher Provisionshöhe von 6 % |
Alternative Klickkosten/Monat | ca. 10.000 EUR | bei geschätztem Klickpreis von 0,04 EUR auf AdWords-Anzeige bei der Eingabe der o. g. Marke |
Schaden effektiv/Monat | ca. 110.000 EUR | hochgerechneter Provisionsschaden abzüglich alternativer Klickkosten bei einer eigenen Anzeige des Unternehmens |
Schaden effektiv/Jahr | ca. 1.300.000 EUR | zwölffacher Wert des monatlichen Effektivschadens |
Tabelle 1: Beispielhafte Ermittlung des jährlichen Gesamtschadens durch Ad-Hijacking für die Marke des Marktführers Amazon
Stichprobenartige Screenings legen nahe, dass eine vergleichbare Durchdringung von Ad-Hijacking auch in anderen Branchen wie Reisen, Versicherungen oder Immobilen herrscht. Dies entspricht auch den logischen Erwartungen, denn prinzipiell eignet sich Ad-Hijacking für alle Unternehmen, die für Vermittlungen aller Art Provisionen auszahlen. Folglich liegt der durch diese Methode tatsächlich verursachte Schaden in deutschen Unternehmen mit Sicherheit noch sehr viel höher.
Zufällig und aus Versehen werden Anzeigen wohl nicht kopiert
Wie arbeiten Tools zur Aufdeckung von Ad-Hijacking? Sie rufen zunächst die überwachten Markennamen wie oben beschrieben in engen Zeitabständen von den verschiedensten Orten und in den unterschiedlichsten Suchmaschinen auf. Anschließend analysieren sie die Suchergebnisseite. Stellt die Software fest, dass es sich nicht um die Originalanzeige des Unternehmens handelt, wird eine Alarmmeldung erzeugt. Als Reaktion kann man dann Details zum Fund abrufen und den Affiliate anhand seiner eindeutigen Partnernummer identifizieren.
Anschließend sollte man umgehend Kontakt mit dem Partner aufnehmen und ihn zur Rede stellen. Man kann getrost davon ausgehen, dass dem ersten entdeckten Betrugsfall weitere folgen bzw. vorausgegangen sind. Je nachdem, wie die Stellungnahme ausfällt, kommt es aufgrund der nachhaltigen Schädigung des Vertrauensverhältnisses zumeist zu einem Ausschluss aus dem Partnerprogramm. Da auszuschließen ist, dass die zeitlich und/oder regional beschränkte Buchung einer Anzeige, die der eigenen zum Verwechseln ähnlich sieht, unbeabsichtigt erfolgt, sollte man auch alle noch offenen Provisionen stornieren, sofern der Partner keinen anderen potenten Vertriebsweg belegen kann. Je nach Verhandlungsgeschick kann es sogar gelingen, bereits zu Unrecht ausgezahlte Provisionen zurückzuerhalten. Professionelle Ad-Hijacker wissen aber um die Gefahr der Aufdeckung via Software und tarnen daher ihre wahre Identität oder warten mit einem Firmensitz in Ländern auf, in denen es schwierig und aufwendig ist, ihnen rechtlich beizukommen.
Verweigert der Partner die Rückzahlung bereits ausgeschütteter Provisionen, bleibt den Unternehmen nur der Weg zum Anwalt. Leider sind aber auch in dieser Profession nur wenige Fachleute wirklich in der Materie zu Hause und spätestens die Gerichte haben oft Probleme, den komplexen Sachverhalt zu erfassen. Nach wie vor strengen Unternehmen deshalb nur selten eine juristische Klärung an, was die Eindämmung des Phänomens leider nicht befördert.
Warum so wenige Unternehmen ihre Marken gegen Ad-Betrug schützen
Diese Frage drängt sich nun geradezu auf, denn das Problem ließe sich, wie gezeigt, durch den Einsatz spezieller Überwachungssoftware relativ stark und effizient eindämmen.
Eine erste Erklärung ist wahrscheinlich in der komplexen und technischen Natur des Themas zu suchen. Viele Unternehmen verfügen nicht über ausreichende Transparenz und Kenntnisse der Marktmechanismen im Affiliate-Marketing oder wissen schlicht nicht einmal, dass es Ad-Hijacking überhaupt gibt.
Nicht selten begegnete man während der Recherchen auch einer gewissen Kontaktscheu gegenüber dem Thema. Diese kann ihren Ursprung beispielsweise in einem Interessenkonflikt des Affiliate-Managers im Unternehmen haben. Deckt dieser erstmals Ad-Hijacking auf, reduzieren sich die im Affiliate-Marketing verbuchten Abverkäufe mitunter deutlich. Sie laufen jetzt – im Sinne des Unternehmens – zu verminderten Kosten im Suchmaschinen-Marketing auf. Aus einer kanalisierten Sicht werden die Verantwortlichen in Unternehmen und Agenturen nun aber gefragt, welchen Grund diese Kostenreduktion bei gleichzeitig stabilen Gesamtumsätzen hat. Wird erläutert, dass man Betrüger identifiziert und ausgeschlossen habe, folgt seitens des Managements möglicherweise die Frage, wie lange das denn schon so gehe, um sogleich die unangenehme Folgefrage anzuschließen, warum man nicht schon früher reagiert, sondern über Jahre zugesehen habe, wie dem Unternehmen Schaden entstand. Obendrein reduzieren sich durch die Aufdeckung des Betrugs bei Affiliate-Managern und -Agenturen mitunter auch noch erfolgsabhängige Vergütungen.
Alles in allem entsteht damit in vielen Unternehmen eine Situation, die wenig dazu geeignet ist, eine aktive Bekämpfung des Ad-Hijackings zu fördern. Hier wäre eigentlich das Controlling gefragt – dem man von seiner oft rein betriebswirtschaftlichen und weniger webtechnischen Ausbildung her natürlich am allerwenigsten zutrauen dürfte, überhaupt Verdacht zu schöpfen.
Viele Unternehmen verlassen sich auf ihre Partner
Andererseits verlassen sich viele Unternehmen auch auf die vermeintlichen Sicherheitsvorkehrungen ihrer Partner. Hier kommt allerdings zum Tragen, dass leistungsfähige Tools teuer sind und aus Rentabilitätsaspekten innerhalb der Standard-Vergütungsmodelle von Suchmaschinen- und Affiliate-Agenturen schlicht nicht angeschafft werden können. Daher wird oft ohne oder mit eigenentwickelten Tools operiert, die den Schein von Sicherheit erwecken, um den Kundenwünschen gerecht zu werden. Hier sollten Unternehmen durch eine Aufstockung der Agenturvergütung aktiv werden. Recherchen bei betroffenen Unternehmen ergaben, dass bei Weitem nicht alle Vorfälle von Ad-Hijacking durch die eingesetzte Methode erkannt wurden. Auch traten wiederholt Fälle auf, in denen die Unternehmen nicht in der Lage waren, betrügerische Affiliate-Partner zu identifizieren. Dies lag zumeist an fortgeschrittenen technischen Verschleierungsmethoden, die man dann nur noch mit hoch spezialisierten Systemen wirklich komplett aufdecken kann.
Die beteiligten Agenturen und Affiliate-Netzwerke verdienen zunächst natürlich in der Regel auch an den durch Ad-Hijacking ungerechtfertigt ausbezahlten Provisionen. Gerade die Netzwerke werden nicht müde zu versichern, alles zu tun, um Betrügern das Handwerk zu legen. Wären sie damit tatsächlich erfolgreich, würden auch sie nennenswert an Umsatz verlieren. Eine paradox klingende Situation, die man sich bewusst machen sollte: Man soll bei knappen Margen aufwendige Systeme betreiben, um damit weniger Umsatz zu generieren. Hier dann doch nicht so genau hinzusehen, wäre durchaus verständlich – wenn auch nicht hinnehmbar für die werbetreibenden Unternehmen, die am Ende der Kette alles bezahlen.
Experten vermuten, dass sich die schwarzen Schafe im Hintergrund organisieren und sich über die Schutzmechanismen einzelner Firmen austauschen. Nach der Säuberung dieses Werbekanals durch den Einsatz eines professionellen Tools werden also in der Regel nur noch wenige Betrugsversuche auftreten. Den Schutz dann allerdings wieder zu lockern, würde sich recht schnell herumsprechen, und man käme wieder auf den Schirm der Ad-Hijacker. Dagegen hilft tatsächlich nur ein dauerhafter Einsatz, der natürlich auch eine abschreckende Wirkung aufbaut. Auf mehr Aufklärung und eine damit einhergehende Abschwächung derartiger Betrugsmethoden werden wir wohl noch sehr lange warten müssen.