Remarketing via Suchschlitz

Alexander Beck
Alexander Beck

Alexander Beck ist Geschäftsführer und Gründer der Online-Performance-Agentur traffic3 GmbH in Wien. Der Autor des deutschsprachigen Standardwerkes 'Google AdWords' ist insbesondere spezialisiert auf Suchmaschinen-Advertising, SEO und Conversion-Optimierung. Er betreut Unternehmen im gesamten deutschsprachigen Raum. Darüber hinaus hält Alexander Beck regelmäßig Schulungen und Vorträge zum Thema AdWords und Online-Marketing.

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AdWords-Remarketing wird klassischerweise über das Display-Netzwerk ausgespielt. Nun wird Remarketing auch im Such-Werbenetzwerk getestet. Dabei bieten sich viele Möglichkeiten, es lauern aber auch Gefahren. AdWords-Spezialist Alexander Beck zeigt anhand praktischer Beispiele, wie man mit den neuen Möglichkeiten richtig umgeht.

Das Remarketing bei Google durchlief in letzter Zeit einige Änderungen. Zunächst erfolgte die Umstellung auf den neuen Remarketing-Code. Dieser erspart den Einbau endloser unterschiedlicher Snippets, indem der gleiche Code nunmehr auf allen Seiten des Webauftritts implementiert wird. Die Festlegung der Zielgruppen erfolgt über die URL.

Auch über Google Analytics ist es nunmehr möglich, Remarketing-Listen zu erstellen. Da hierfür nur der Google-Analytics-Code angepasst werden muss, kann auf ein zusätzliches Remarketing-Pixel ganz verzichtet werden. Zudem sind mit den Analytics-Daten deutlich detailliertere Listen möglich – angefangen bei den potenziellen Zieltypen bis hin zu Besuchersegmenten.

Alle unterschiedlich generierten Remarketing-Listen hatten eines gemeinsam: Die Ausspielung der Anzeigen erfolgte bislang im Display-Netzwerk. Nun wird auch die Schaltung auf Google selbst getestet.

Der grundsätzliche Ablauf

Vom Ablauf her funktioniert das Remarketing in der Suche (Remarketing for Search Ads oder RFSA) dabei wie das klassische Remarketing im Display-Netzwerk. Der Unterschied ist lediglich, dass die Anzeigen in den Suchergebnissen erscheinen. Folgende Schritte sind nötig:

  • Mithilfe des Remarketing-Pixels werden Remarketing-Listen und Zielgruppen erstellt.
  • Es müssen separate Such-Kampagnen erstellt werden.
  • Die Zuordnung der Remarketing-Listen erfolgt auf Anzeigengruppenebene.

Hierfür wird auch bei Kampagnen im Such-Werbenetzwerk der Reiter Zielgruppen freigeschaltet:

Die einfachste und schnellste Methode für Remarketing-Kampagnen im Such-Werbenetzwerk ist es sicherlich, bestehende Kampagnen zu duplizieren. Hierzu ein Beispiel: Sie schalten über eine Kampagne Anzeigen zum Thema Gartenmöbel. Mit dem Remarketing-Pixel haben Sie die Besucher Ihrer Website gesammelt. Nun duplizieren Sie die Original-Kampagne und ordnen der Kopie die Remarketing-Liste „alle Besucher“ zu.

Was passiert? Die originale Kampagne läuft für die hinterlegten Suchanfragen und für alle suchenden User weiter. Die Remarketing-Kampagne hingegen spielt Anzeigen über die gleichen Keywords aus – jedoch nur für User, die Ihre Website bereits besucht haben.

Dabei gilt es zu beachten: Beide Kampagnen konkurrieren um die Ausspielung der Anzeigen bei Usern, die Ihre Website bereits besucht haben. Um diese Überschneidung zu vermeiden, sollten die Zielgruppen der Remarketing-Kampagne in der Original-Kampagne unbedingt ausgeschlossen werden.

Einsatzmöglichkeiten

Wann macht Remarketing in der Suche also Sinn bzw. wofür kann es erfolgreich eingesetzt werden?

  1. Ein Besucher Ihrer Website hat sich nach Gartenstühlen umgesehen. Nun sucht er auf Google mit dem allgemeineren Begriff Gartenmöbel. In der Anzeige können Sie ihm über das Remarketing nunmehr direkt Gartenstühle anbieten.

Spielen Sie dem User eine gezieltere Anzeigenbotschaft aus, so ist der zweite Vorteil nicht weit: Sie führen ihn direkt auf eine passendere Landingpage. In obigem Beispiel landet der User nach dem Klick also nicht auf der Einstiegsseite des Sortimentsbereiches Gartenmöbel, sondern sinnvollerweise auf einer Übersichtsseite mit Gartenstühlen.

Dieser Ablauf widerspricht dem ansonsten gerne unterstellten Modell, dass die Suchanfragen von Usern im Conversion-Prozess immer genauer werden. In der Praxis finden sich jedoch sehr häufig Pfade, die von diesem theoretischen Idealfall abweichen – etwa durch mehrmalige Suche mit dem Begriff Gartenmöbel. Hier können Sie Ihr Wissen nutzen, das Sie aus dem Website-Besuch gewonnen haben. Eine gezieltere Botschaft in der Anzeige kann Vorteile gegenüber der Konkurrenz bringen.

Beachten Sie, dass Sie in der Anzeige zwar Gartenstühle bewerben dürfen. Nicht erlaubt sind jedoch Formulierungen wie: „Sie suchen nach Gartenstühlen?“ Was diese Vorgabe von Google zulässt oder verbietet, muss sich im praktischen Einzelfall sicherlich noch genauer zeigen.

  1. Besucher ist nicht gleich Besucher. So tätigt ein User, der eine Website, eine Marke oder ein Produkt bereits kennt, mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Conversion als ein komplett neuer Besucher. Dies kann nun über das Remarketing in der Suche, genauer über den jeweils eingestellten maximalen Klickpreis der Remarketing-Kampagnen, berücksichtigt und gesteuert werden.
     
  2. Vom „normalen“ Remarketing bekannt ist der Einsatz entlang des Conversion-Prozesses. So kann beispielsweise Usern, die Produkte in den Warenkorb gelegt haben, eine andere Botschaft ausgespielt werden als den Nicht-Warenkörblern.
     
  3. Nicht nur für die Leistungsdaten, sondern auch für die Qualität im AdWords-Konto besonders interessant sind Anzeigenschaltungen, die bewusst unterlassen werden: bei Lead-Generierung etwa für User, die bereits konvertiert haben. Oder für Ex-Besucher, wenn das Kampagnenziel Unique Visitors sind.
     
  4. Weitere Möglichkeiten, bei denen unterschiedliche Bietpreise, Anzeigenbotschaften und Landingpages sinnvoll sind:
    1. Ein neuer Kunde hat noch den gesamten Life Time Value vor sich und mag daher mehr wert sein als ein bestehender Kunde.
    2. Unternehmen, die eine Trial- und eine Kaufversion anbieten, können den Trial-Convertierten nur noch Anzeigen (und Landingpages) zum Upgrade ausliefern.
    3. Schnäppchenjägern werden nur noch Anzeigen mit Sonderangeboten bei niedrigem Bietpreis ausgespielt.
       
  5. Mit Remarketing-Listen aus Google Analytics heraus können weitere Segmente gebildet und damit Wertigkeiten festgestellt werden: etwa nach Anzahl der Besuche, Verweildauer und vielem mehr.

Für das Remarketing in der Suche gelten die normalen Remarketing-Richtlinien, wie sie vom Remarketing im Display-Netzwerk her bekannt sind. Es dürfen keine Listen für „sensible Kategorien“ wie Krankheiten oder Finanzstatus erstellt werden. Der Einbau des Pixels ist nicht auf Seiten erlaubt, die Informationen sammeln, mit denen Personen identifiziert werden können.

Erfahrungen

Wie immer werden neue Google-Funktionen durch Erfolgsmeldungen wie „höhere Klickraten“ und „höhere Conversion-Raten“ begleitet. Tatsächlich können diese bei Tests bestätigt werden. Doch gibt es einige Punkte zu beachten. Hierzu erste Erfahrungen:

Gerade zu Beginn sind regelmäßig höhere Bietpreise (festgemacht beispielsweise am geschätzten Gebot für die erste Seite) nötig, die auch zu höheren tatsächlichen Klickpreisen führen. Dies lässt sich sicherlich zum einen damit begründen, dass sich die Elemente der neuen Kampagnenkopie bisher nicht die Leistungen der Original-Kampagne erarbeiten konnten. Zum anderen mag anfänglich aber auch die Qualitätskomponente „Relevanz von Keyword zur Anzeige“ aufgrund der spezielleren Anzeigenbotschaft niedriger eingeschätzt werden. Beides zeigt sich im Konto durch fast durchgängig niedrigere Qualitätsfaktoren.

Remarketing-Kampagnen weisen auch bei gleichen Anzeigenpositionen durchwegs deutlich höhere Klickraten auf. Dies hat für die Remarketing-Kampagne insbesondere zwei zügige Entwicklungen zur Folge: Die Klickpreise sinken wieder (wenn auch nicht zwangsläufig auf das Niveau der Original-Kampagne). Anfänglich feststellbare schlechte Impression-Share-Werte verbessern sich zusehends.

Bei der Conversion-Rate ergibt sich kein so eindeutiges Bild. Besonders gute Erfolge zeigen sich, wenn Anzeigenschaltungen bei nicht oder nicht mehr relevanten Zielgruppen ausgeschlossen werden. Hier stiegen regelmäßig alle Leistungsdaten.

Dies sieht bei der gezielteren Ansprache von Suchenden anders aus, wie es an obigem Beispiel zu den Gartenmöbeln beschrieben wurde. Bemerkenswert sind dabei insbesondere folgende Testergebnisse:

Für einen speziellen Anzeigen-Split-Test wurden in einer Remarketing-Kampagne zunächst zwei Anzeigenbotschaften hinterlegt – ein Text, der das Wissen aus dem Website-Besuch nutzte, ein anderer, der direkt aus der Original-Kampagne übernommen wurde. Die Klickrate lag in beiden Fällen höher: Für den gleichen Text stieg sie nur leicht, für die speziellere Botschaft hingegen stark.

Trotzdem konvertieren User nicht zwangsläufig besser, wenn sie zu einer Landingpage geführt werden, die sich aus dem Remarketing-Pixel ableitet. Auf genügend Websites war die allgemeinere Zielseite, die zur aktuellen Suchanfrage passte, deutlich erfolgreicher als die speziellere, die zum letzten Besuch passte.

Dies führte teilweise zu dem Ergebnis, dass die besten Resultate mit gezieltem Anzeigentext und allgemeinerer Landingpage erzielt wurden. Gerade für Remarketing in der Suche gilt es also zu testen, inwieweit das Wissen über den User mit seiner tatsächlichen Suchabsicht übereinstimmt – und nicht blind darauf zu vertrauen, dass genauere Ansprache und genauere Userführung immer auch zu besseren Erfolgen führen.

Beachten Sie zudem, dass bei der Bewertung der Remarketing-Kampagne die Auswirkung auf die Original-Kampagne berücksichtigt werden muss. Es ist wenig sinnvoll, mehr Conversions beim Original zu verlieren als durch das Remarketing zu gewinnen. Ebenso lohnt es nicht, günstige Conversions durch teure Remarketing-Conversions zu ersetzen.

Fazit

Die Erweiterung des Remarketings auch auf das Such-Netzwerk bietet viele Möglichkeiten. Sie macht  es aber auch immer zwingender, die Schaltung von AdWords-Kampagnen durch eine ausgereifte Remarketing-Strategie zu begleiten. Dies reicht vom Erfassen der richtigen Zielgruppen über das Planen von richtigen Zeiträumen und Botschaften bis hin zum gezielten Ausrichten der Kampagnen und Anzeigengruppen.

Hierbei gilt es zum einen, keine sinnvollen und Erfolg versprechenden Aussteuerungen zu vergessen. Es gilt aber auch, theoretisch denkbare Konstrukte auf ihre praktische Anwendbarkeit und ihren Aufwand zu prüfen.