Täglich wechseln unzählige Domains und manchmal auch ganze Internet-Projekte den Besitzer. Die Gründe sind unterschiedlich. Doch wie finden Käufer und Verkäufer zusammen und was darf ein Projekt kosten? Die kurze Antwort ist so einfach wie ernüchternd: „Kommt darauf an.“ Doch worauf genau? Trutz Fries versucht, eine etwas tiefer gehende Antwort zu dieser Frage zu geben.
Kauf und Verkauf von Internet-Projekten
Bevor es in die Vollen geht, zuerst eine Einschränkung: In diesem Artikel ist von einfachen Projekten die Rede, nicht von ganzen Firmen mit Personal, Lager und Finanzverbindlichkeiten. Diese Einschränkung ist wichtig, da Unternehmensverkäufe höchst komplex sein können, sowohl was die rechtliche, als auch was die finanzielle Sicht angeht. Ein gutes Beispiel für ein einfaches Projekt ist eine erfolgreiche Affiliate-Seite, die von einem Einzelkämpfer oder einem kleinen Team betreut wird. Aber schon der Kauf bzw. Verkauf eines solchen Projektes will gut geplant sein. Die Gründe für einen Projektkauf bzw. -verkauf sind vielfältig. Diese zu verstehen ist jedoch wichtig, haben sie doch einen großen Einfluss auf die spätere Bewertung.
Motive aus Käufersicht
Für Käufer könnte eine Motivation für einen Projektkauf der schnelle Einstieg in einen bestehenden Markt sein. Man stelle sich vor, man möchte schnell in den Markt für Tagesgeldkonten eintreten und hier mit einem eigenen Projekt präsent sein. Hier stellt sich die klassische Frage nach „Make or buy“ – also selber machen oder kaufen. Entscheidet man sich für die Erstellung eines eigenen Projektes, dürfte einige Zeit vergehen, bis man für bestimmte Money-Keywords in den Top 10 auftaucht – wenn überhaupt; denn der Erfolg bei neuen Projekten ist ungewiss, gerade in hart umkämpften Bereichen.
Auch der umgekehrte Fall ist denkbar. Ein etablierter Anbieter möchte seine Marktstellung absichern oder ausbauen und könnte hierzu Konkurrenten aufkaufen. Ein dritter Käufer interessiert sich vielleicht gar nicht für das zugrunde liegende Projekt, sondern allein für die Domain.
Last, but not least ist die Finanzinvestition einer der Hauptgründe, wenn nicht sogar der häufigste Grund für einen Projektkauf. Ein Käufer hat Geld übrig, und bevor er es für 1,5 % auf eins der oben bereits erwähnten Tagesgeldkonten legt, sucht er nach lukrativeren Anlageobjekten, und dies könnte neben Aktien, Sparbuch oder griechischen Staatsanleihen auch ein Internetprojekt sein. Hier geht es also hauptsächlich um die Frage, wie viel Geld ein Projekt pro Monat/pro Jahr abwirft bzw. abwerfen kann.
Gründe für einen Verkauf
„Ich habe nicht mehr genug Zeit, um mich um dieses Projekt in angemessener Form zu kümmern“, dürfte einer der häufigsten Sätze sein, den man von Verkäufern zu hören bekommt, wenn man nach dem Grund für den Verkauf fragt. Und das leuchtet ein, ist die eigene Arbeitskraft doch in der Regel nicht beliebig skalierbar. Jeder gute Webmaster sollte sein Portfolio daher mindestens einmal jährlich durchgehen und Projekt für Projekt prüfen, ob der Verbleib im Projektpool noch gerechtfertigt oder ein Verkauf angemessen ist. Solange ein Projekt noch einen gewissen Wert darstellt (dazu später mehr) und mit einer Steigerung nicht mehr zu rechnen ist, könnte ein Verkauf durchaus sinnvoll sein, nämlich genau dann, wenn damit gerechnet werden kann, dass der Wert zur Neige geht, wenn man keine Zeit mehr auf dieses Projekt verwendet. Erfolgreiche Internet-Marketer fokussieren sich heute eher auf wenige statt auf viele Projekte. Dies hat sich mit der Zeit verändert, da die Abkürzungen zum Erfolg seltener werden und man heutzutage einfach einen „guten Job“ machen muss, um erfolgreich zu sein.
Ein weiterer Grund ist schlicht Geldmangel, den ein Verkauf decken könnte, dies sollte man jedoch nicht offen kommunizieren, da der Käufer diese Situation ggfs. ausnutzen könnte.
Die unterschiedlichen Gründe für einen Kauf bzw. Verkauf erklären sehr anschaulich, warum Käufer und Verkäufer zu (in der Regel) unterschiedlichen Preisvorstellungen gelangen werden, ja gelangen müssen. Selbst unterschiedliche Käufer ein und desselben Projektes werden das gleiche Projekt unterschiedlich bewerten, da, wie gezeigt, auch die Motive der Käufer unterschiedlich ausfallen können.
Damit wäre auch die eingangs gestellte Frage nach dem einen „fairen Preis“ beantwortet. Es gibt ihn nicht. Ein realisierter Preis wird immer nur dann zustande kommen, wenn die Zahlungsbereitschaft des Käufers größer oder gleich dem Preis ist, den ein Verkäufer für ein Projekt erzielen will. Das gilt auch völlig unabhängig davon, wie die beiden Parteien ihre Preisgrenzen ermittelt haben.
Die Herausforderung des Käufers ist es daher, nicht mehr zu bezahlen als nötig, die des Verkäufers, die Schmerzgrenze des potenziellen Käufers zu finden. Beide Seiten können entsprechende Vorbereitungen treffen, um das Maximum herauszuholen.
Die Vorgehensweise
Der Verlauf einer Transaktion wird ganz wesentlich dadurch bestimmt, wer die Initiative ergreift. Ein Verkauf muss dabei nicht immer vom Verkäufer ausgehen, sondern kann auch vom Käufer angestoßen werden. Grundsätzlich ist bei einer Transaktion immer die Seite im Vorteil, die besser vorbereitet in einen Projektverkauf hineingeht. Dabei unterscheiden sich die Vorgehensweisen von Käufer und Verkäufer bei einer Transaktion grundlegend.
Die Käufersicht
Ein motivierter Käufer wird nicht darauf warten, dass er durch Zufall auf eine interessante Domain aufmerksam wird, sondern nimmt sein Schicksal selbst in die Hand. Basierend auf seinen Zielen, die er mit einer Transaktion verfolgt, identifiziert er im ersten Schritt die sog. „Targets“, also Projekte, die für ihn grundsätzlich infrage kommen. Der Linkverkäufer sucht Domains mit starken Backlinks, um hieraus langfristig selbst Links zu verkaufen, der Affiliate hält nach Domains mit interessanten Rankings Ausschau, um hier ein eigenes Projekt aufzuziehen. Für Marcus Tandler von Tandler.Dörje.Partner sind vor allem Projekte interessant, die noch nicht etabliert sind, aber das Potenzial für gute Rankings aufweisen. „Solche Projekte haben oftmals noch keine nennenswerten Umsätze und sind daher noch vergleichsweise günstig zu haben. Die Chance auf ein Schnäppchen ist hier definitiv höher“, so Tandler.
Nachdem die für einen Kauf infrage kommenden Projekte identifiziert wurden, gilt es, Hintergrundinformationen zu Projekt und Inhaber zu sammeln. Letzterer wird häufig in der Betrachtung ausgeblendet, gerade wenn es ein bislang vermeintlich unbekannter Name ist. Doch es macht einen riesigen Unterschied, ob man einem Profi oder einem Hobby-Webmaster gegenübersitzt. Und nicht jeder Profi betreibt einen Bekenner-Blog oder ist auf den bekannten Konferenzen als Redner unterwegs. Während der Amateur auf ein niedriges Kaufangebot freudig reagieren könnte, wird der Profi die gleiche Anfrage ggfs. noch nicht einmal beantworten, weil er diese für unseriös hält bzw. fühlt, dass ihn der Käufer über den Tisch ziehen will.
Eine Suche nach dem Namen bzw. den gängigen „Footprints“ (Affiliate-IDs, Analytics-ID, Adsense-ID, IP-Adresse, verlinkende Domains) ist also mehr als angebracht, um mehr über den Inhaber und dessen andere Projekte zu erfahren. Beim Namen hilft Google, bei den Footprints die gängigen SEO-Tools wie z. B. die SISTRIX-Toolbox oder das englischsprachige Whorush. Auch ein Blick in XING oder andere soziale Netzwerke kann ggfs. Interessantes ans Tageslicht befördern.
Weiß man nun, mit wem man es zu tun hat, sollte man sich das Projekt selbst genauer anschauen. Doch bevor die wertbestimmenden Einflussfaktoren erläutert werden, soll kurz auf die Vorgehensweise des Verkäufers eingegangen werden.
Die Verkäufersicht
Um bei einem Verkauf so viel herauszuschlagen wie irgend möglich, muss der Verkäufer zwei Dinge erreichen: Erstens sollte er so viele Käufer wie möglich an den Tisch holen und zweitens die wertbestimmenden Informationen so aufbereiten, dass aus Käufersicht keine Fragen/Bedenken offenbleiben.
Daher wird der Verkäufer im ersten Schritt mögliche Käufer identifizieren. Dies können Konkurrenten, aber auch befreundete Partner sein. Je nach Projekt kommen ggfs. auch professionelle Linkverkäufer in Betracht, die immer auf der Suche nach neuen Projekten sind. Ist die Domain für sich schon interessant, sollte man auch Domain-Händler mit einbeziehen. Und wer die ganz große Öffentlichkeit sucht, macht seine Verkaufsabsichten bei Twitter publik.
Spätestens dann wird als erste Frage kommen: „Um welches Projekt geht es denn?“. Bevor man dann breit sein Exposé verschickt, kann es sinnvoll sein, mit interessierten Parteien ein sogenanntes „NDA“ (non-disclosure agreement) zu schließen. Hierbei handelt es sich um einen „Vertrag, welcher das Stillschweigen über Verhandlungen, Verhandlungsergebnisse oder vertrauliche Unterlagen festschreibt“ (Quelle: Wikipedia). Wer möchte schon, dass seine persönliche Einnahmesituation am nächsten Tag in der Blogosphäre diskutiert wird.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, zwei verschiedene Exposés zu erstellen. Das erste Exposé enthält dabei deutlich weniger Informationen als das zweite und ist darüber hinaus vielleicht sogar anonymisiert. Ziel eines solchen ersten Exposés ist es, lediglich einen ersten Eindruck zu vermitteln. Hier braucht man dann nicht zwingend ein NDA und schreckt so nicht interessierte Käufer ab. Erst wenn dann begründbar Interesse bekundet wird, greift man zum NDA und schickt nach dessen Unterzeichnung das zweite Exposé hinterher, welches dann umfassend über das zu verkaufende Projekt und dessen wertbestimmende Faktoren informiert. Eins lässt sich nie ganz vermeiden: Dass ein Käufer nur Interesse vorspielt, in Wahrheit nur einen Blick hinter die Kulissen eines Projektes werfen will, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
Die wertbestimmenden Faktoren
Was sind nun die wesentlichen, wertbestimmenden Faktoren eines Projektes, die Käufer und Verkäufer im Vorfeld ermitteln sollten? In diesem Artikel soll lediglich auf die drei wichtigsten Faktoren eingegangen werden. Diese bauen dabei aufeinander auf, wie bei einer Pyramide (s. Abb. 1).
Je höher die Pyramide, desto besser. Aber je nach Motivation ist vielleicht gar nicht die Spitze der Pyramide (die Projekterträge) interessant, sondern etwas im Mittel- oder Unterbau (z. B. die Domain an sich). Daher sollte man auf alle Punkte eingehen und sich nicht nur auf die Projekterträge fokussieren.
Die Erträge eines Projektes
Die Erträge, die ein Projekt abwirft, sind für viele Käufer das interessanteste Kriterium. In jedem Fall sollte man sichergehen, dass Käufer und Verkäufer über das Gleiche reden, denn Umsatz und Gewinn sind zwei Paar Schuhe. Hier versuchen viele Verkäufer zu tricksen und stellen hohe Umsatzzahlen in den Vordergrund, verschweigen aber z. B. die hohen Kosten für Adwords oder Werbung, die nötig sind, um den Umsatz zu erwirtschaften.
Aber der Einfachheit halber sei angenommen, dass das Projekt einen stetigen monatlichen Gewinn abwirft. Hier hat sich in der Branche ein einfaches Verfahren durchgesetzt, um auf Basis eines monatlichen Gewinns den Wert eines Projektes zu schätzen: die Multiplikator-Methode. Diese ermittelt den Kauf- bzw. Verkaufspreis nach einem recht einfachen Prinzip:
Monatlicher Gewinn x Multiplikator = Verkaufspreis
Beispiel: Erwirtschaftet ein Projekt abzüglich aller Kosten 500 € pro Monat und legt man einen Multiplikator von 12 zugrunde, so beträgt der Verkaufspreis 6.000 €, also den Jahresgewinn. Je nach Einschätzung des mit den Einnahmen verbundenen Risikos variiert man den Multiplikator. Die Bandbreite beginnt bei einem Multiplikator von 6 (sehr risikobehaftetes Projekt) und endet in der Regel bei 24 (sehr risikoarmes Projekt). Häufig finden Multiplikatoren von 10-18 Anwendung.
Ginge man davon aus, dass es sich hierbei um einen fairen Preis handelte, und vernachlässigte man Zinseffekte, so träfe man bei einem Multiplikator von 12 die Annahme, dass ein Projekt nach 12 Monaten keine Überschüsse mehr erwirtschaftet. Falls doch, wäre der Preis zu gering gewesen. Hätte das Projekt schon vorher kein Geld mehr gebracht, hätte man zu viel bezahlt. An diesem Beispiel wird die Risikoscheu möglicher Käufer sehr schön deutlich, trauen diese doch bei einem Multiplikator von 12 einem Projekt keine mittelfristige Überlebenschance zu. Und das ist sicher auch nicht ganz ungerechtfertigt: In Zeiten von Panda- und Pinguin-Updates dürften viele Webmaster die schmerzhafte Erfahrung gemacht haben, dass die Lebensdauer eines Projektes endlich bzw. Schwankungen unterworfen sein kann. Andererseits sollte sich ein Verkäufer, der sich seiner Einnahmen über einen längeren Zeitraum als 12 Monate sicher ist, nicht dem Diktat der niedrigen Monats-Multiples unterwerfen. Nur weil sich diese eingebürgert haben, bedeutet das noch nicht, dass sie auch richtig sein müssen.
„Ein Käufer sollte sich jedoch nicht nur die IST-Situation anschauen, sondern auch in die Zukunft denken“, so Andre Alpar, Partner der Online-Marketing-Agentur AKM3. Beispiel: Nur weil eine Website, die Umsätze mit Adsense erzielt, heute einen eCPM (Einnahmen je 1.000 Impressionen) von 2 € erwirtschaftet, bedeutet das ja nicht, dass es auch in der Zukunft so bleiben muss. Man stelle sich vor, der Käufer besitzt besondere Fähigkeiten z. B. im Bereich der Usability- und/oder Adsense-Optimierung und er traut sich zu, den eCPM um 50 % auf 3 € zu erhöhen. Oder er schafft es, den Traffic signifikant zu erhöhen, z. B. durch gezielten Linkaufbau zu bislang vernachlässigten Keywords. In beiden Fällen würde der Käufer absolut betrachtet deutlich höhere Einnahmen erzielen. Dann könnte er natürlich von dieser Bewertung ausgehen und hat automatisch eine höhere Zahlungsbereitschaft. Der Verkäufer wiederum sollte solche Möglichkeiten vorherzusehen versuchen, um den Preis gleichermaßen in die Höhe zu treiben.
Man erkennt also schnell: Neben der absoluten Höhe sind die zukünftige Entwicklung sowie die Nachhaltigkeit der Erträge mindestens genauso wichtig. Und Letztere kann man nur dann abschätzen, wenn man sich die weiteren Wertfaktoren genauer anschaut.
Traffic-Mix
Für den finanziellen Erfolg ist häufig die Höhe des Besucheraufkommens ausschlaggebend. Hier sollte man sich die Zeit nehmen, um die Besucherquellen genauer zu untersuchen, denn die Analysemöglichkeiten sind vielfältig.
Grundsätzlich lassen sich Trafficquellen grob nach direktem Traffic und indirektem Traffic unterscheiden. Beim direkten Traffic ist z. B. die Marke so stark oder die Domain so bekannt, dass die User die Seite direkt aufrufen. Das ist natürlich der Idealfall, da hier die Unabhängigkeit am größten ist. Gerade reine Domainer, für die ggfs. nur die Domain interessant ist, freuen sich über diesen Fall.
Kommen die Besucher indirekt auf die Seite, handelt es sich in der Regel um Verweise anderer Seiten und natürlich Suchmaschinen wie Google. Im ersten Fall muss man prüfen, woher die Besucher kommen und wie beständig dieser Traffic-bringende Link ist. Nicht selten hängen diese Links am bestehenden Eigentümer und könnten verschwinden, wenn dieser das Projekt verkauft. Kommen die Besucher über Google, sollte man sich die zugrunde liegenden Suchanfragen genauer ansehen? Sind es nur wenige oder viele? Welche Suchanfragen sorgen letztlich für den Umsatz? Wie hoch ist die Konkurrenz für die wichtigen Suchanfragen? Und wie abhängig sind die Suchanfragen von technischen oder modischen Trends?
Man sollte sich auch genauer anschauen, warum die Seite für bestimmte Keywords rankt. Ein Blick auf die Backlinkstruktur hilft hier weiter. Sind diese organisch entstanden oder wurde nachgeholfen? Und wenn ja, mit welchen Mitteln und wie verteilen sich die Anchortexte? Nicht wenige Seiten, die es mit den Anchortexten beim Linkaufbau übertrieben haben, schauen jetzt in die Röhre. Droht Gleiches ggfs. beim zu erwerbenden Projekt? Hier helfen die gängigen SEO-Tools weiter, die ggfs. auch schön einen Penalty deutlich machen, sei es bei der Verteilung der Rankings auf die verschiedenen Suchergebnisseiten oder beim Verlauf der Sichtbarkeit über die Zeit.
Man sollte sich auch immer historische Daten über einen längeren Zeitraum betrachten, um Entwicklungen zu entdecken. So macht es bei der Bewertung einen großen Unterschied, ob sich ein Projekt im Steig- oder Sinkflug befindet. Auch die Qualität des Traffics ist interessant. Ein Blick auf die Bounce-Rate oder die Dauer der Seitenbesuche gibt Aufschluss, wie zufrieden die Nutzer mit dem Angebot sind.
Die Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen, doch man sieht schon jetzt: Ein detaillierter Blick auf längere Besucherzeitreihen in verschiedenen Dimensionen ist zwingend notwendig, um nicht versehentlich ein Luftschloss zu erwerben.
Liegen diese nicht vor, kann man sich als Käufer ggfs. mit einem kleinen Trick behelfen: Der Google Ad Planner (ehem. „doubleclick ad planner“) ermöglicht es, den Traffic einer Domain abzuschätzen. „Gerade bei trafficstarken Domains und Domains, die vor allem mit Google AdSense monetarisiert werden, liefert der Ad Planner recht gute Ergebnisse“, so Tandler.
Man kann sogar noch einen Schritt weitergehen und über den Google Ad Planner und das Content-Netzwerk direkt Werbung via Adwords auf der Seite buchen, sofern auf der Seite Adsense eingebunden ist. Hier bekommt man dann noch verlässlichere Daten.
Die Domain
Ein Blick auf die bekannten Marktplätze genügt, um festzustellen, dass eine gute Domain schon einen Wertgegenstand an sich darstellt. Um ein Gefühl für den Wert einer Domain zu ermitteln, kann man sich vergangene Transaktionen auf öffentlichen Marktplätzen anschauen. Wer sich nicht selbst traut, dem kann ggfs. mit einem externen Gutachten geholfen werden. Hier wird die Domain hinsichtlich verschiedener Kategorien auf ihre Werthaltigkeit geprüft. Typische Einflussfaktoren auf den Wert einer Domain sind:
- Top-Level-Domain (TLD) und Verfügbarkeit der Domain in anderen TLD?
- Kann die Domain nur national oder auch international verwendet werden?
- Handelt es sich um eine Keyword-Domain, die vermeintlich Vorteile bei der Suchmaschinenoptimierung oder wiederum Type-In-Traffic bringt?
- Wie lang ist die Domain? Hier gilt: Je kürzer, desto besser.
- Bekommt die Domain Traffic durch Tippfehler?
- Ist der Domain-Name als Marke registriert und wenn ja, in welchen Klassen?
- Für welchen Preis wurden ähnliche Domains gehandelt?
Nun lässt sich natürlich darüber streiten, wie exakt die Schätzung eines Gutachtens sein kann, denn letztlich entscheiden Angebot und Nachfrage über den Preis. Andreas Graap von ANGRON weist aber noch auf weitere wichtige Funktionen eines Gutachtens hin: „Ein externes Gutachten hat den Vorteil, dass es eine höhere Überzeugungskraft als eine selbst ermittelte Schätzung besitzt, und kann so im Kauf- bzw. Verkaufsprozess den Preis in die gewünschte Richtung treiben.“
Fazit
Erträge, Traffic und die Domain bzw. die Marke sind drei wichtige Faktoren. Es gibt natürlich noch viele weitere, die man in die Bewertung einfließen lassen kann, z. B. könnte der Inhalt einer Seite schon einen Wert für sich darstellen. Ein anderes Beispiel ist die technische Umsetzung: Kann man mit der bestehenden Architektur den Traffic weiter skalieren oder stößt man schon jetzt an technische Grenzen und muss ggfs. alles neu programmieren?
Und manchmal spielen auch handfeste Güter eine Rolle bei der Bewertung. So hat das Genussmittelportal Noblego.de, bei dem Alpar investiert ist, vor Kurzem einen Konkurrenten übernommen. „Bei der Ermittlung des Kaufpreises haben wir drei Dinge einfließen lassen: 1. Die aktuellen sowie die Zusatzumsätze, die wir mit der übernommenen Kundenbasis generieren können, 2. die 15 Jahre alte Domain und 3. den Wert des Lagers.“ Korrekt gelagert bleiben auch Zigarren lange haltbar.
Wer auf die umfassende Formel gehofft hat, die Sichtbarkeit, Domainalter und weitere Faktoren berücksichtigt, um am Ende einen Preis zu errechnen, wird spätestens jetzt enttäuscht sein. Diese Formel gibt es nicht und man sollte jedem kritisch gegenüberstehen, der glaubt, eine solche gefunden zu haben. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen auf Käuferseite, zu individuell die einzelnen Projekte. Aber wer sich Erträge, Traffic und die Domain bzw. Marke genauer anschaut, ist auf dem richtigen Weg.