Die SES New York lockte im März 2012 Online-Marketers aus aller Welt in den Big Apple und lud zum internationalen Austausch auf einem der größten Events in den Bereichen Suche und Social Media ein. Eine Ausstellung, diverse abendliche Programmpunkte und spezielle Trainingsangebote rundeten das Programm ab.
SEO-Invasion im Big Apple
In der Woche vom 19. bis 23. März fand in New York die Search Engine Strategies Conference & Expo, kurz SES, statt. Die Konferenz an sich umfasste ein dreitägiges Programm, welches von Trainingsveranstaltungen zu unterschiedlichen Online-Marketing-Themen am Montag und Freitag eingerahmt wurde.
55 Sessions und eine Ausstellung in drei Tagen
Von Dienstag bis Donnerstag wurden über 55 Sessions in jeweils 5 parallelen Slots gehalten, die inhaltlich nach verschiedenen Fachbereichen gegliedert waren. Ergänzend zu SEO, Paid Search und einem Social-/Local-/Mobile-Track gab es täglich wechselnde Vortragsreihen zu Spezialthemen wie Suche in regulierten Industrien, E-Mail-Marketing oder Linkbuilding. Auch an die Neulinge der Branche war gedacht: Einige Slots richteten sich insbesondere an Einsteiger und legten den Fokus auf die Vermittlung der Grundlagen des Online-Marketings.
Ergänzend zur Konferenz bot die zugehörige Messe 70 Ausstellern ein Forum, um ihre Tools, Dienstleistungen und weitere Produkte zu präsentieren. Aus Deutschland war Searchmetrics mit einem Stand vertreten.
Sinkende Besucherzahlen auf der SES New York
Laut Angaben des Veranstalters sollte der „größte Suche- und Social-Media-Event seiner Art“ zwischen 3.500 bis 4.000 Online-Marketer aus aller Welt ins Hilton New York ziehen. Eine offizielle Information bezüglich der Teilnehmeranzahl war im Nachhinein allerdings nicht zu finden. Den Aussagen langjähriger Besucher der SES nach zu urteilen, lichten sich die Reihen jedoch seit einiger Zeit zunehmend. Insgesamt waren rund 900 Firmen mit Teilnehmern vertreten, darunter auch eine überschaubare Gruppe aus Deutschland.
Avinash Kaushik rockt die Keynote
Der erste Konferenztag startete nach einer kurzen Einführung mit der Keynote von Googles Digital-Marketing-Evangelisten Avinash Kaushik mit dem Titel „Business Optimization in a Digital Age“, welche sich im Verlauf des Tages als absolutes Highlight herausstellen sollte. Sowohl inhaltlich als auch vortragstechnisch bewegte Avinash sich auf einem extrem hohen Level und legte so die Messlatte für alle weiteren Vorträge in eine oftmals leider unerreichbare Höhe.
"Information is powerful. But it is how we use it that will define us." - Avinash Kaushik
Seinem Vortrag legte Avinash die folgenden drei Fragen zugrunde:
- Wie kann man Menschen erreichen und beeinflussen? à Marketing
- Wie kann man ihnen ein tolles Erlebnis verschaffen? à Magic
- Wie kann man dadurch einen Wert schöpfen und sie dazu bringen, Geld dafür auszugeben? à Money
Die durchschnittliche Conversion-Rate, so Avinash, liegt bei etwa zwei Prozent. Was aber, so fragt er sich, ist mit dem Rest? Was kann ich mit den Besuchern machen, die nicht sofort dazu bereit sind, auf meine Seite zu konvertieren? Für diesen hohen Anteil an Nutzern sollte ein langfristiger Ansatz entwickelt und verfolgt werden, der über Micro-Conversions Schritt für Schritt immer näher zur Makro-Conversion führt – und den Besucher früher oder später zur Erfüllung des Hauptziels einer Website bringt.
"If people do not jump in bed with us right away, is there anyting else we can get of them?" - Avinash Kaushik
Als Beispiel für einen solchen Zwischenschritt nennt Avinash einen Versicherungsanbieter, der eine Studie zum Download anbietet. Diese zeigt auf, wie hoch das Schadensrisiko ist, und appelliert so an das Sicherheitsbedürfnis der Leser, welche auf subtile Art von der Notwendigkeit, eine Versicherung abzuschließen, überzeugt würden.
Die Ansprache der potenziellen Kunden erfolgt über diverse Kanäle, deren Skalierung basierend auf der Analyse und Evaluierung von Conversionswegen vorgenommen werden sollte, so Avinash. Die seiner Meinung nach hohe Bedeutung von Social Media in diesem Zusammenhang bot das optimale Forum, um an dieser Stelle das neue Social-Media-Monitoring-Tool in Google Analytics anzukündigen.
Die Take-aways fasst Avinash in die folgenden fünf To-dos zusammen:
- Focus on measuring holistic success.
- Be less wrong over time. Understand, test, learn.
- Rethink social: Dig into the „So what?“, „Where?“ and „Why?“ .
- Stop guessing. Use controlled experiments.
- Have insane focus. Have a clear line of sight.
Der erste Einblick in das neue Social-Media-Analyse-Tool von Google Analytics im Rahmen der Keynote von Avinash Kaushik war vielversprechend und so lag die Entscheidung nahe, gleich im Anschluss die Session von Phil Mui und Ilja Gregorik von Google Analytics zu besuchen. Hierbei handelte es sich im Wesentlichen um eine Live-Demo des neuen Moduls, in dem sämtliche Features und Möglichkeiten vorgestellt wurden.
Neben der Keynote von Avinash Kaushik sind als weitere Highlights der diesjährigen SES in New York zwei Diskussionsrunden zu nennen, die sich zum einen um die Gegenwart und Zukunft von SEO, zum anderen um das Thema Links drehten. In beiden Sessions vertrat mit Marcus Tandler auch ein deutscher Online-Marketer seine Ansichten und leistete keinen unerheblichen Beitrag zum großen Unterhaltungswert der beiden Panels.
SEO is dead. Long live SEO.
Unter dem vielsagenden Titel „SEO is dead. Long live SEO“ diskutierten Bruce Clay (Bruce Clay, Inc.), Thom Craver (Saunders College), Kristopher Jones (KBJ Interactive) und Marcus Tandler (Tandler.Doerje) unter der Moderation von Richard Zwicky (BlueGlass) und gestützt durch Fragen aus dem Publikum die immer wieder aufpoppende Phrase. Spannend ist hier die Tatsache, dass es sich dabei um kein auf Deutschland beschränktes Phänomen handelt.
Zum Einstieg wurde die Abstrafung eines zu offensiven Vorgehens bei der Optimierung thematisiert. „Aggressive SEO will be penalized ... for example, when you’re into links. But ‚aggressive‘ is not defined!“, so Clay. Wer also massiv auf Linkaufbau setze, müsse gegebenenfalls mit Konsequenzen rechnen. Eine Definition jedoch, was „aggressives SEO“ ist, gäbe es aktuell nicht. (Nachdem über das bevorstehende Google-Update, welches in diese Richtung zielen sollte, noch im März auf der SES diskutiert worden war, wurde dieses Ende April in Form des SEO-/Pinguin-Updates bereits realisiert.)
Nach Einschätzung des Expertenpanels muss Google neue Signale finden und ausprobieren, beispielsweise aus den Bereichen Social und User Generated Content. Aktuell sei die Suchmaschine von vielen Signalen, die von Menschen wie uns beeinflusst werden können, stark abhängig.
Die Definition von SEO, so Clay bezugnehmend auf den Titel der Session, habe sich im Laufe der Zeit gewandelt. Früher funktionierten Dinge wie Keyword Stuffing oder Spam Tactics, aber Google habe gelernt, derartige Tricks zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren. Gutes SEO hätte so gesehen einen positiven Einfluss auf die steigende Qualität von Webseiten. SEO sei nicht tot, aber die Definition von 2000 sei es. Genauso würde die Definition von heute in ein paar Jahren tot sein, aber eine neue und gültige existieren. Zudem werde die Personalisierung der Suche nach Ansicht der Experten dazu beitragen, dass SEO, wie wir es kennen, möglicherweise sterben wird beziehungsweise sich weiterentwickeln muss.
Nach Ansicht von Jones ist Google derzeit frustriert, denn im Bereich Social gewinnen neben Facebook auch Twitter und Pinterest. Google+ hingegen habe sich bisher nicht richtig durchgesetzt, könne sich aber nach der Niederlage im Bereich der Produktsuche, so Tandler, nicht auch noch leisten, in Sachen Social einen Verlust einzustreichen.
Das Nutzerverhalten und die Art, wie wir konsumieren, ändert sich nach Meinung der Diskussionsteilnehmer zunehmend, auch bedingt durch die Entwicklung im Bereich Mobile. Früher haben wir recherchiert, uns entschieden und dann gekauft, heute gehen wir zu Facebook und fragen unsere Freunde nach Feedback.
Lords of the Links
Die Diskussionsrunde über Links mit Dixon Jones (MajesticSEO), Will Reynolds (SEER Interactive), Marcus Tandler (Tandler.Doerje) und Moderator Loren Baker (BlueGlass) bildete einen spannenden und niveauvollen Abschluss der SES New York. Diese verrieten ihre Tipps wie die Nutzung von Links von .edu-Domains oder das Sharen von Tier- und Babybildern, um den eigenen Klout Score zu erhöhen. Zudem seien gekaufte Fans und Follower bei Facebook, Twitter & Co gut als Backfill geeignet. Als sinnvolle Metrik zur Bewertung von Links verweisen sie auf die Domainautorität. Das allgemeine Credo in Sachen Linkbuilding lautet jedoch: „Don’t buy blogs, buy bloggers.“
Search Bash und Black Hat, White Hat Session als Abendprogramm
Am Abend des ersten Tages war mit dem Search Bash von WebmasterRadio.FM für Unterhaltung gesorgt. Als Location diente hierbei die Hudson Terrace, wo bei Musik und Drinks ein entspanntes Networking stattfand.
Am Dienstag trafen sich die Teilnehmer im Anschluss an die letzte Session in der Americas Hall. Unter dem Titel „Black Hat, White Hat: Unconferenced“ war jeder in lockerer Atmosphäre dazu eingeladen, einen persönlichen Tipp mit den übrigen Besuchern zu teilen. Von echten Innovationen und überraschenden Geheimtricks konnte hier allerdings nicht die Rede sein.
Einsteigerniveau statt High-Quality-Fachwissen
Als Fazit lässt sich festhalten, dass sich viele Sessions entgegen den Erwartungen eher auf Einsteigerniveau bewegten. Slots mit nur einem Speaker stellten sich oftmals als Risikoveranstaltung heraus, denn eine Fehlentscheidung führte hier gelegentlich dazu, dass man am Ende gar nichts Sinnvolles für sich selbst mit hinausnehmen konnte, auch wenn die anschließende Diskussion in den häufigsten Fällen durchaus interessant war. Bei den Panels mit mehreren Vortragenden standen die Chancen hingegen wesentlich besser, von einem Teil der Sprecher interessante Informationen vermittelt zu bekommen.
Fokus auf persönlichem Austausch und internationalem Networking
Generell lässt sich wohl sagen, dass das Event mit zunehmendem Know-how eher zum Austausch und Networking mit anderen Teilnehmern vor und nach den Vorträgen geeignet ist und weniger dazu, neues Wissen aufzubauen. Wer sich hier zu viel von den amerikanischen Online-Marketer erhofft, wird ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und muss sich klar eingestehen, dass diese uns nicht oder kaum voraus sind. Mit einer SEO Campixx kann diese Konferenz vom fachlichen Niveau her beispielsweise nicht mithalten. Doch auch wenn die wirklich großen Highlights eher spärlich waren, konnten viele interessante und hilfreiche Eindrücke gewonnen werden. Alles in allem also eine sinnvolle Veranstaltung, sofern man mit der richtigen Einstellung an die Sache heran geht.