Anfang des Jahres hieß es überall mit großem Trommelfeuer vor roter Hintergrundfarbe: „Große Neueröffnung Onlineshop“. Der Media Markt blies zum Sturm auf den eigenen Online-Shop. Die Kritik aus dem Web fiel zum Teil recht harsch aus. Von „Trauerspiel“ über „Versandkosten sind ein Witz“ bis hin zu „Amateure“ war fast alles vertreten. Website Boosting hat den neuen Shop einer ausführlichen und ernsthaften Analyse unterzogen. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Bezeichnung „#fail“ für ein Unternehmen dieser Größe wohl zu harmlos ist und „Desaster“ fast noch eine Liebeserklärung wäre. Wenn es die strategische Zielrichtung war, die Onliner aus dem Webshop zu vertreiben, damit sie lieber weiterhin im stationären Laden einkaufen, könnte das Fazit lauten: Mission erfüllt! Doch auch mit diesem Ziel hapert es noch.
Das Media-Markt Desaster
Dass sich der Media Markt mit der Umgestaltung des alten Webauftrittes in einen neuen Online-Shop mit vielen guten Suchbegriffen praktisch aus dem sichtbaren Google-Index katapultierte, darüber wurde im Web schon viel geschrieben. Die Häme, die dabei über die Mega-Marke ausgeschüttet wurde, konnte man bei den meisten Berichten ganz offen erkennen oder zumindest zwischen den Zeilen lesen. Pünktlich zur Liveschaltung am 16.01.2012 stürzte das Ranking in den Keller, wie man zum Beispiel in der Sistrix-Toolbox gut nachverfolgen konnte (Abbildung 1). Auch Xovi zeigt vernichtende Werte an (Abbildung 2). Die Gründe für die Abstürze waren auch schnell ausgemacht: Man nahm gut rankende Seiten bzw. URL für gute Suchbegriffe wie z. B. PlayStation, Xbox 360, Kühlschrank, LCD-Fernseher oder Navigationsgeräte einfach vom Netz und ließ sie auf Fehlerseiten laufen, statt zumindest die größten Trafficschätze manuell auf die neuen Adressen der neuen Seiten für diese Produkte oder Kategorien per 301-Umleitung umzubiegen. Ob das allein aber die Rankings gerettet hätte, darf bezweifelt werden. Der Siten-Title der neuen Detailseiten wurde offenbar arg mechanistisch mit einem internen Produktcode gefüllt, dem teilweise Markenbezeichnungen fehlen, und der wichtige Meta-Tag „Desc“ (Description) fehlt völlig! Fehler bei solch essenziellen Basics zu machen, lässt Experten wohl zu Recht den Kopf schütteln. Wichtige Long-Tail-Begriffe wie „kaufen“ oder „online kaufen“, die von Suchenden oft bei Suchmaschinen hinter einer Produktbezeichnung eingegeben werden (z. B. Epson XYZ online kaufen), fehlen völlig. Kurzum, Google erkannte die fehlende Relevanz und auch das Löschen der entsprechenden Seiten offenbar innerhalb von Stunden und löschte die Positionen mehrerer Tausend Keywords sowie einen Großteil der vorher indexierten Seiten. Seit dem Caffeine-Update 2010 (http://einfach.st/caff) reagiert die Suchmaschine nicht nur auf neue Seiten sehr viel schneller, sondern wirft eben auch augenscheinlich nicht mehr passende Seiten genauso fix wieder weg.
Die gute Nachricht für Media Markt ist, dass die Anzahl der indizierten Seiten sicher schnell wieder steigen wird bzw. schon wieder gestiegen ist, wenn Sie diese Zeilen lesen. Damit die neuen Seiten allerdings die alten Rankings wieder erreichen, muss sicherlich noch Arbeit investiert werden. Umgekehrt zahlen nun natürlich auch die vielen (neuen) Links aus Diskussionen und Beiträgen über den missglückten Launch auf die errechnete Attraktivität der Domain bei Google ein. Den Algorithmen ist es schließlich relativ egal, ob ein verlinkender Beitrag Negatives oder Lob enthält. Und da auch größere Websites berichteten und oft zusätzlich verlinkten, wird sich hier aller Wahrscheinlichkeit nach ein begünstigender Effekt einstellen – wenn man ihn zu nutzen weiß.
Das SEO-Tool von Searchmetrics überwacht aktuell für diese Domain automatisiert fast 49.000 Keywords in der Datenbank und zeigt durch diese einzigartige Tiefe sehr zuverlässig an, dass mediamarkt.de seinen Traffic von Suchmaschinen bisher zu über 90 % aus den organischen (unbezahlten) Suchergebnissen bezieht, was die Wichtigkeit dieses Kanals sicher deutlich macht. Durch die vergleichsweise großflächige Überwachung lässt sich dem Tool eine weitere interessante Information entnehmen: Die Suchtreffer nach lokalen Mediamärkten sind stark abgerutscht. Wenn man also den Abverkauf in den Märkten selber stützen wollte, wäre das sicher nur durch die aufwendige Werbekampagne für den Online-Shop gelungen, aber nicht über das Web. Wer über Suchmaschinen einen lokalen Mediamarkt sucht, hat seit dem Relaunch deswegen eher Pech (Abbildung 3). Fast noch schlimmer sind allerdings die Positionsverluste bei Suchanfragen, die Standorte des Wettbewerbers Saturn zum Ziel hatten. Die Media-Markt-Seiten hatten bisher nämlich durch die Bank gute Seite-1-Positionierungen bei Anfragen nach dem Muster „Saturn Chemnitz“ (Platz 4) oder „Saturn Berlin Steglitz“ (Platz 2).
Seltsame Rankings bei Google
Eine weitere gute Nachricht: Für das Suchwort „Saturn“ steht mediamarkt.de mittlerweile auf Platz 2 bei Google, was eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Stand vor dem Relaunch und gleichzeitig ein recht interessantes Phänomen ist. Auf der Startseite des Media-Markt-Auftritts wird das Wort Saturn weder sichtbar im Text noch versteckt im Quelltext aufgeführt. Offenbar sieht Google Saturn und Media Markt als ähnliche Begriffe an. Je nachdem, ob man dem Suchbegriff die sog. Tilde (~) voranstellt, bekommt man unterschiedliche Ergebnisse. Sucht man mit „mediamarkt“, wird Saturn nicht unter den ersten 100 Treffern aufgeführt. Bei der Suche „~mediamarkt“, also mit dem vorangestellten Tildezeichen, wird saturn.de gleich auf Platz 2 gelistet. Offenbar dominiert mediamarkt.de aber gegenüber saturn.de, denn bei der Suche nach „Saturn“ ist es egal, ob mit oder ohne Tilde gesucht wird: Media Markt steht in beiden Fällen auf Platz 2! Eine Erklärung wäre, dass über Klick- bzw. Bewegungsmuster viele Suchende sich in jeweils einer Session zu einem nennenswerten Anteil auf beiden Domains bewegen und dadurch sowie durch andere „stützende“ Muster eine Verbindung hergestellt wurde. Die Funktionsweise solcher „Verbindungserkennungen“ hat sich Google sogar mit einem US-Patent vom 24.08.2010 schützen lassen, das zwar hauptsächlich auf Linkbeziehungen abzielt, aber eben auch beschreibt, wie Bewegungsmuster von Besuchern einzelne Dokumente zu sog. „Affiliate Documents“ machen können (http://einfach.st/gpat). Wie auch immer diese „Nähe“ zustande kommt, der Verlierer in diesem Spiel scheint saturn.de zu sein und für diese Marke kann man nur hoffen, dass dieser Effekt sich irgendwann abschwächt. In gut unterrichten Kreisen wurde gemunkelt, dass Media Markt sich, aufgeschreckt durch die massive Kritik in Sachen SEO, entsprechende Experten ins Haus geholt hat, um den Trafficschaden wieder zu beheben. Mit der Power der Domain wäre das sicher durchaus kurzfristig zu schaffen.
Der Blick in den Shop: Was erwartet den Besucher?
Eine umfassende Analyse darf natürlich nicht bei den Kennzahlen von Suchmaschinenrankings stehen bleiben. Was erwartet denn den Besucher im Shop selbst? Der erste Eindruck beim Betreten des neuen virtuellen Ladens lässt sich am besten mit den Worten „irgendwie unruhig“ umschreiben. Das hängt einerseits mit den zum Teil vergleichsweise sehr langsamen Ladezeiten zusammen, weil nach einem Klick nicht immer sofort eine sichtbare Reaktion erfolgt. Die lange Reaktionszeit ist sicher auch der Grund, warum gerade bei der Nutzung der Hauptnavigation oben ständig Untermenüs aufblitzen und gleich wieder verschwinden. Selbst beim (nutzlosen) Klick auf „Onlineshop“ lädt die Seite nochmals nach, was unnötig ist, denn weitere Aktionen kann man nur durch das aufgeklappte Untermenü auslösen. Apropos: Ist oben wirklich die Hauptnavigation? Oder ist sie links? Schwer zu sagen, denn die linke Navigation bleibt optisch eisern gleich, egal, ob man „Home“ oder „Onlineshop“ anklickt. Bei „Mein Media Markt“ klappt hingegen kein Untermenü auf, stattdessen fehlen plötzlich einige Optionen in der optisch dominanten Linksnavigation. Hier haben wir die erste echte Designsünde. Für den Besucher sollte immer zweifelsfrei erkennbar sein, wo die Haupt- und wo die Unternavigation ist. Und die Navigation sollte sich funktionell immer gleich verhalten, was hier leider nicht der Fall ist. Die erste Aufgabe der Besucher besteht also darin, zu lernen, wie die Site funktioniert. Das ist lästig und immer dann notwendig, wenn Shopbetreiber von dem abweichen, was Benutzer gewohnt sind. Wie in Abbildung 4 zu sehen, ist noch nicht einmal die Reihenfolge der aufklappenden Unterpunkte mit denen der linken Navigation identisch. Schlimmer: Der Punkt „Spielekonsole“ (links zwischen 7 und 8 in der Abbildung) wurde in der Klappnavigation gar vergessen. Solche Inkonsistenzen erwartet man allenfalls bei kleineren Mittelständlern, die aus oft falsch verstandenen Kostengründen den Freund eines Freunds den Webauftritt erstellen lassen oder eben den lokalen Webdesigner beauftragen, der sein Büro im Kassenraum der in Konkurs gegangenen Tankstelle am Stadtrand eröffnet hat. Wer hier versucht zu verstehen, wie der Shop aufgebaut ist und wie man sich darin bewegt, erhält bei solchen Inkonsistenzen praktisch den Dolchstoß: Man erkennt, dass die beiden Navigationen oben und links eben doch nicht identisch sind, sondern nur fast, und dass man also doch wieder akribisch überall vergleichen muss. Fazit: Es macht Mühe, hier einzukaufen. Die Learnings für Websitebetreiber sind ebenso trivial wie bekannt: Trenne Haupt- und Unter-/Nebennavigation optisch klar und lasse keinen Zweifel aufkommen, wo die Schränke und wo die Schubladen sind. Hier darf keine Verwechslung möglich sein. Zweites Learning: Wenn man schon unbedingt mehrfache Möglichkeiten, zu einem Ziel zu gelangen, über unterschiedliche Navigationen anbietet, dann sollten diese inhaltlich und in der Reihenfolge konsistent sein. Nur dann hat der Besucher das Aha-Erlebnis, dass die aufgeführten Punkte identisch sind und es egal ist, in welche Navigation er klickt.
Das Versprechen gleicher Preise – online und offline
Der Media Markt hat sich auf die Fahnen geschrieben, dass alle im Online-Shop verfügbaren Preise identisch mit den Preisen in den lokalen Märkten sind. Dies organisatorisch umzusetzen, ist keine leichte Aufgabe. Online-Preise müssen im schlimmsten Fall mehrmals am Tag geändert werden, weil man mit anderen Anbietern wie Amazon oder Redcoon (gehört seit Kurzem auch zur Media-Saturn-Holding GmbH) in direkter, leicht vergleichbarer Konkurrenz steht. Im Shop ist dies leicht zu bewerkstelligen, aber um diese Änderungen zeitnah in die Läden zu bringen, braucht man kompatible IT-Systeme bzw. schnell operierende Schnittstellen. Zudem müssen die Mitarbeiter neben der Produktberatung die neu ausgedruckten Regalpreise umstecken. Diese Gleichpreis-Strategie bremst natürlich den schnellen Aufbau eines umfangreicheren Online-Sortiments und hat Media Markt wegen der Schnittstellenproblematik sicher auch bei der Auswahl des Shopsystems arg eingeschränkt. Dass Media Markt mit einem selbst programmierten Warenwirtschaftssystem arbeitet, hat diese Auswahl sicherlich nicht leichter gemacht.
Magere Auswahl kann einen fatal falschen Eindruck hinterlassen
Etwa 2.500 Artikel hält der Shop aktuell online vorrätig. Das entspricht grob nur fünf Prozent von dem, was im Ladengeschäft zur Auswahl steht. Wer online kauft, wird sicherlich in jeder Rubrik etwas finden. Wer aber online nachsieht, was der Media Markt anbietet und was es kostet, um es später im Laden zu kaufen, der wird sich wohl einen anderen Anbieter suchen. Im Online-Marketing ist dieser Effekt unter dem Kürzel ROPO (research online, purchase offline, also online suchen und im Laden kaufen) bestens bekannt und sorgt für Messprobleme. Der Kaufanreiz wird online angetriggert, aber die Menschen kaufen dann doch im Laden. Gut für das Unternehmen, schlecht für die Erfolgsbilanz der Online-Truppe. Die kann wegen dieses Effekts jeweils nur einen Bruchteil als eigenen Erfolg nachweisen. Die Umsätze im Laden steigen dagegen, ohne dass eine saubere Zurechnung zu „online“ möglich ist. Der Media Markt hat hier sicherlich aus mehreren Gründen keine Probleme. Zum einen geht man womöglich gar nicht erst in den Laden, wenn man ein gesuchtes Produkt nicht online gefunden hat. Schließlich kennen wir alle das hässliche: „Ist bestellt und kommt wahrscheinlich nächsten Freitag wieder rein“, und es kostet eine Menge Zeit, verschiedene Läden abzuklappern und diesen Satz immer und immer wieder zu hören. Wenn man auf etwas schon nicht per Lieferung warten möchte und es gleich haben will (eine Domäne der Männer), ist ja genau dies unbefriedigend. Daher scheint die Vermutung nicht so weit hergeholt zu sein, dass man sich vorab im Web erst mal informiert, wer eine bestimmte Marke oder ein bestimmtes Gerät überhaupt führt.
Ob Media Markt überhaupt „online“ will?
Man fragt sich nun unmittelbar, warum ein Handelsriese wie der Media Markt und dahinter die Metro es zum Start nicht geschafft hat, mehr als magere 2.500 Artikel online zu stellen. Bereits an dieser Stelle drängt sich der Verdacht auf, dass man vielleicht gar nicht so engagiert auch tatsächlich online verkaufen will. Kann es sein, dass der Shop nur als halbherziges Alibi gedacht ist, weil man die Menschen viel lieber in den Märkten hat? Warum hat es bis 2012 gedauert, ehe man diesen Schritt gewagt hat? Wer profitiert vom Online-Umsatz, der teilweise ja direkt mit dem Umsatz im Ladengeschäft konkurriert? Dazu muss man wissen, dass die einzelnen Media Märkte rechtlich eigenständige (!) GmbH sind und vor Ort jeweils ein geschäftsführender Gesellschafter, der Anteile (meist um die 10 Prozent) an diesem Markt hält, das Sagen hat. Weitere Anteilseigner sind noch der ursprüngliche Media-Markt-Gründer Erich Kellerhals und die Media-Saturn-Holding GmbH, die letztlich mit der Metro-Gruppe verflochten ist. Ladenumsatz ist also „lokaler“ Umsatz und „lokaler“ Erfolg bzw. Gewinn. Daher hat auch jeder Media Markt offiziell die Preishoheit über die Produkte. Es ist wichtig zu verstehen, dass es nicht das Unternehmen „Media Markt“ gibt, das verschiedene Märkte betreibt. Jeder Markt ist ein autonomes Unternehmen und teilt sich mit den anderen Märkten den Markennamen „Media Markt“, die Werbung und diverse andere Dienstleistungen. Man hat es also hier mit vielen Entscheidern zu tun, die selbstverständlich auch ihre eigenen Interessen verfolgen müssen. Dass man die Online-Herausforderungen zu spät angegangen sei, sagte der Metro-Chef Cordes bereits letztes Jahr. Fast mag man nicht glauben, dass dies tatsächlich verschlafen wurde. Viel wahrscheinlicher erscheint es, dass die zersplitterte Gesellschafterstruktur –es gibt allein in Deutschland weit über 200 Läden – sich möglicherweise eben bisher nicht richtig einigen konnte, wie man sich selbst und zum Besten für alle Beteiligten im Web Konkurrenz macht. Beispiele für halbherzige Online-Engagements gibt es genügend. Man muss sich z. B. nur die Allianz, den Staubsaugerhersteller Vorwerk oder auch Tupperware ansehen. Überall da, wo es einen starken und relativ unabhängigen Vertrieb gibt, haben Unternehmen verständlicherweise Probleme mit dem Online-Verkauf an diesem Vertrieb „vorbei“. Letzterer lebt von Provisionen und diese Butter lässt sich niemand ohne Kampf vom Offline-Brot nehmen.
Online-Profis werden jetzt möglicherweise innehalten und sich fragen, was dies denn für abwegige Gedanken sind. Dass man sich in der heutigen Zeit nicht massiv ins Web bewegt, kann doch nur verkehrt sein? Nicht unbedingt, wie eine weitere Überlegung zeigt: Der durchschnittliche Warenkorb in einem Media Markt, Karstadt, Hornbach, Conrad Elektronic oder auch bei IKEA dürfte ungleich mehr Artikel enthalten als die Online-Pendants. Warum ist klar: Beim Laufen durch das verführerische und breite Angebot findet man in der Regel dann am Ende doch mehr als beim nüchternen und gezielten Einkauf im Webshop. Bei Amazon sucht und legt man sich die Netzwerkfestplatte in den Warenkorb und geht bezahlen. Beim Schlendern durch einen Media Markt sieht man oft auch eben noch dies und das, worüber der visuelle Kortex gerade Männern ständig einflüstert, man müsse es unbedingt haben. Diesen wichtigen Aspekt darf man bei der Beurteilung einer Online-Strategie natürlich nicht außer Acht lassen. Könnte es sein, dass Media Markt tatsächlich gar nicht online verkaufen will und den Shop in Wirklichkeit nur als unvermeidbaren Teaser für die Läden betreibt? Einiges spricht durchaus für diese Vermutung. Und es wird auch eine Vermutung bleiben, für die zwar einerseits viel spricht, aber andererseits wurde dieser Job (Menschen in die Märkte zu holen) eben auch nicht so richtig erledigt – wie die weitere Analyse zeigen wird.
Man wird förmlich in den nächsten Media Markt vor Ort gedrängt
Nein, nicht die Menschen. Der ganze Aufbau des Online-Shops drängelt und schreit einen an vielen Stellen praktisch an, besser in den Laden zu gehen. Den ersten Berührungspunkt findet man in der Bestellstrecke. Wie man in Abbildung 5 sehen kann, ist die Abholung im Laden vorbelegt. Man kann über die Wirksamkeit des Hinweises „Abholung im“ sicher streiten. Wenn man online einkauft, wird erwartungsgemäß normalerweise auch geliefert. Übersieht man diesen Hinweis, kann man wohl lange auf die vermeintlich folgende Lieferung warten. Klickt man auf „Lieferung an meine Rechnungsadresse“, erhält man ein Pop-up mit dem Hinweis: „Bitte prüfen Sie die Versandkosten!“ Aufschlussreich ist aber erst ein nochmaliges Umentscheiden und der folgende Klick auf „Lieferung“. Der Shop freut sich und lobt: „Gute Wahl! Durch eine Abholung in Ihrem Media Markt vor Ort sparen Sie sich die Versandkosten“ (vgl. Abbildung 6). Nur am Rande und an der Sache vorbei überlegt: Für die meisten Kunden wird dies aus rein wirtschaftlicher Sicht in der Regel wohl die dümmste aller Lösungen sein. Ins Auto setzen, zum Media Markt fahren (Parkgebühren) und nicht selten mindestens eine Stunde Zeit verbummeln – die wahren Kosten liegen weit über den Versandkosten. Dafür kann man oft nicht mal ein Ticket der öffentlichen Verkehrsbetriebe lösen.
Dem Offlinekauf legt Media Markt aber auch Steine in den Weg
Es sind programmiertechnisch gesehen nur Kleinigkeiten. Aber sie zeigen, dass man sich über eine geschmeidige Hinführung in den Laden leider auch keine Gedanken gemacht hat: Ist ein online gewähltes Produkt im ausgewählten Laden nicht zur sofortigen Abholung verfügbar (leider keine Seltenheit), wird empfohlen zu prüfen, ob es vielleicht woanders auf Lager liegt. Statt die Märkte in unmittelbarer Umgebung anzugeben oder gar lieber gleich anzugeben, wo in der Nähe es verfügbar wäre, wirft man dem Kaufwilligen ein Pull-down-Menü vor die Maus. Hier darf er dann gefälligst selbst die infrage kommenden Märkte aussuchen und jeden einzeln abfragen. Die Orte der Märkte sind alphabetisch sortiert, weswegen das besondere Mühe macht. Natürlich könnte eine Maschine diese Aufgaben einfacher und in Bruchteilen einer Sekunde erledigen. Eine Abfrage im Hintergrund nach den umliegenden Media Märkten, verbunden mit einer Bestandsabfrage für das bereits ausgewählte Produkt, würde man wohl programmieren lassen, wenn es wirklich um eine gleichwertige Geldverteilung ginge. Auch hier drängt sich der Verdacht auf, dass ein vermeintlicher Kunde nicht von einem einmal gewählten Laden automatisiert zu einem anderen geschickt werden soll. Den Umsatz würde dann womöglich der andere Media Markt machen und der anteilige Gewinn würde auch aus Sicht der Geschäftsführer woandershin fließen. Vielleicht ist es aber auch schlicht und einfach Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen eines potenziellen Kunden?
Irgendwie so „1995“: Registrierungszwang
Möchte man bei Media Markt etwas online kaufen oder auch aus dem Laden holen, muss man sich zwangsweise registrieren. Die meisten Shops, die sich zumindest ansatzweise mit Conversion-Optimierung beschäftigen, haben den Registrierungszwang schon vor vielen Jahren wieder abgeschafft. Warum muss ein Kunde auch zwingend einen Nutzernamen und ein Passwort wählen, mit dem ggf. jemand anders Schindluder treibt? Warum soll man jemandem nicht die Wahl lassen, doch gern auch zehnmal am Tag seine Adressdaten einzugeben und einkaufen zu dürfen, wenn er sich partout kein Kundenkonto anlegen will? Media Markt muss diese Anfängererfahrungen erst noch machen. Aber es ist ja alles noch viel schlimmer! Abbildung 7 zeigt die Registrierungsmaske, in der aktuell oben eine Fehlermeldung angezeigt wird. Der Schriftzug ist nicht korrekt. Welcher Schriftzug? Auflösung: Gemeint ist das verbeulte Wort „vernetzung“ links unten, das von Fachleuten als Captcha bezeichnet wird. Das soll man korrekt eingeben. Wohin? Auflösung: in den gelben Balken rechts unten. Gelb ist nämlich die Fehlerfarbe bei Media Markt, weil das Rot schon vom CI belegt ist. Statt eines verbalen Hinweises direkt am Eingabefeld findet man dieses gelbe Feld vor. Die Fehlermeldung kommt links oben mit ziemlich vagem Hinweis, der „Schriftzug“ ist links unten (man hätte sicher auch Schriftzug dazuschreiben können, dann hätte es aber am Ende jeder gefunden) und das Eingabefeld ist rechts unten und auch noch so dargestellt, dass man es gar nicht als Eingabefeld wahrnimmt. Apropos Captcha, das ja dazu dient, maschinellen Traffic von Menschen zu unterscheiden. Merke: Nicht der Mensch ist der Feind! Es wäre für uns alle nützlich, wenn sich das mal bei den Sicherheitssystem-Designern rumsprechen würde. Insgesamt gesehen kann man das erste auftauchende Formular in einem Shop wohl nicht schlimmer als hier gestalten. Wirklich? Nein, tatsächlich geht es noch schlimmer: Wir alle sind gewohnt, dass man uns oft um der Sicherheit willen die verschwurbeltsten Passwörter bzw. Richtlinien abringt. Nach Eingabe eines von uns gewählten Passworts erscheint dann: „Das Passwort muss mindestens x Zeichen lang sein“. Erfüllen wir diesen Wunsch, erscheint nicht selten der Hinweis, auch noch eine Zahl oder gar ein Sonderzeichen verwenden zu müssen. Der Media Markt denkt hier scheinbar voraus und schreibt „Passwortrichtlinien“ mit einem Fragezeichensymbol unter das E-Mail-Adressfeld (Warum dahin?). Klickt man jedoch darauf, gelangt man zur Übersicht über alle FAQ (häufige Fragen), in deren „Antworten“ dann wiederum kein einziges Wort über das Passwort verloren wird. Was es mit dem Wort „Passwortrichtlinien“ auf sich hat, erfährt man beim ersten Benutzen des Passwortfeldes (Abbildung 8): Schon nach einem Buchstaben bekommt man die optisch wie eine Fehlermeldung wirkenden Richtlinien angezeigt. Die Mindestlängen-Information hilft tatsächlich. Aber warum genügen nicht auch sechs Stellen? Die stereotype Antwort der Programmierer lautet immer, dass man diese zu schnell hacken könne. Dies geht aber nur mit einem sog. Brute-Force-Angriff, bei dem eine Maschine eine hohe Anzahl an Versuchen in kurzer Zeitspanne vornimmt. Wenn die Shopsoftware einfach nach ein paar Hundert Fehlversuchen eines Accounts dichtmachen würde, müsste man den Besuchern keine solchen Regeln aufzwingen. Man muss wohl die Balance finden zwischen der Sicherheit eines Zugangscodes für Atomraketen und der Bequemlichkeit eines Kunden, der durch den Registrierungszwang (!) Probleme beim Einkaufen bekommen kann, wenn er sein Passwort vergessen hat. Beim Media Markt kann man dann ein „Standardpasswort“ anfordern – was auch immer das sein mag (siehe Abbildung 9).
Der Wohlfühlfaktor im Shop
Sicherlich ist die Zeit vor einem Going-Public bei einem Webshop gefühlt immer zu knapp bemessen und es stellt sich gegen Ende arger Zeitdruck ein. Vielleicht ist das auch der Grund, warum man nicht rechtzeitig zum in dieser Branche wohl extrem wichtigen Weihnachtsgeschäft online gehen konnte, sondern dies auf den 16.01.2012 verschob. Allerdings hätte man sich, als der Druck etwas nachließ, weil Weihnachten online ohne den Media Markt stattgefunden hatte, vielleicht doch etwas mehr Zeit nehmen sollen, um es richtig zu machen. Wer den Online-Shop des Media Marktes besucht, findet nämlich durchaus einige Hindernisse vor, die ihm das Einkaufen dort verleiden. Die Frage ist, wie viel Werbung man später aufbringen muss, um die durchaus wichtigen Erstbesucher zurückzugewinnen, die den Webauftritt mit einem „Nö-so-nicht“-Feeling im Hinterkopf verlassen haben: „Jetzt aber richtig mit mehr Produkten und besserer Bedienbarkeit!“ als Slogan? Wahrscheinlich nicht. Was sind die Dinge, die beim virtuellen Bummel stören können?
„You never get a second chance to make a first impression!“ – Shampoowerbung
Es ist mühsam
Es ist bekannt, dass die Sortierkriterien von Herstellern und Verkäufern nicht immer mit den Denkkategorien oder Schubladen der Kunden übereinstimmen. Insofern ist es wichtig, Suchenden und Kaufwilligen über die Navigation vernünftige Hilfestellungen zu geben. Wählt man nun den ersten Navigationspunkt „Computer & Büro“ aus, wäre es sicher nicht abwegig, dort auch Software zu finden. Beim Media Markt scheitert man bereits hier, wie die Abbildung 10 zeigt. Während es für E-Book-Reader eine eigene Rubrik gibt, sucht man Software vergebens.
Wo finde ich?
Was tut der unbedarfte Besucher, der z. B. das Brennprogramm „Nero“ sucht, wenn er keine passend scheinende Kategorie findet? Wahrscheinlich wird er die Suche nutzen. Das Suchfeld ist textlich vorbelegt mit „Angebote, Themen oder Service suchen“ und zur Suche wird nicht wie üblich ein Symbol zum Klicken auf der rechten Seite (in Richtung Schreib- und Lesefluss) angeboten. Hier hat man sich für eine Lupe auf der linken Seite entschieden. Dieses falsche Symbol (mit einer Lupe sucht man in der realen Welt nicht, man vergrößert Dinge) wird aber in so vielen Shops verwendet, dass sich die Anwender daran bereits gewöhnt haben. Viel frustrierender ist das Suchergebnis nach der Brennsoftware „Nero“ (Abbildung 12). 2.859 Treffer listet der Shop auf. Zwar ließe sich die Suche weiter filtern („Filtern nach“), aber dieses ist ausgegraut, ebenso rechts „Anzahl pro Seite“. Diese Farbe ist im Web besetzt und gelernt als „disabled“ und bedeutet in der Regel „aktuell nicht verfügbar“. Die gelisteten Produkte könnte man auch theoretisch miteinander vergleichen, wenn man nicht vergessen hätte, die Klickkästchen zu setzen (linke Spalte mit Fragezeichen in Abbildung 12). Nutzt man die ausgegraute Filtermöglichkeit dann doch, kommt man des Rätsels Lösung und damit der fehlenden Softwarekategorie ein Stück näher: Es gibt gar keine Softwarepakete im herkömmlichen Sinn zu kaufen, sondern nur Downloads. Dort würde man übrigens auch über die Navigation fündig. Im Bereich „Multimedia“ werden dann auch alle sofort ladbaren Produkte angezeigt, darunter auch „Nero“ (Abbildung 13). Hier lernt man allerdings, dass Nero 11 „Alles rund um ihre Fotos, Musik & Videos“ ist, aber kein Brennprogramm. Die Blätternavigation wurde nicht bei den Seitenzahlen 1 2 3 4 5 angebracht, sondern (zu) weit weg am linken und rechten Rand. Das Pull-down bei „Anzahl pro Seite“ wird zu klein dargestellt, ein kleiner, aber eigentlich unübersehbarer Programmierfehler, dessen wochenlanges Bestehen vermuten lässt, dass kritisches Durchsehen des Shops seitens Media Markt offenbar unterbleibt.
Was wohl der kleine, fast unsichtbare Pfeil neben „Beliebtheit“ zu bedeuten hat? (Umsortieren der Liste von unten nach oben – aber Pssst – das darf offenbar niemand wissen.) Der Hinweis bei Mixvibes Home DJ „für Windows“ löst zugleich die Frage aus, ob es dieses Programm für den Mac nicht gibt? Dann hätte man wohl besser „nur für Windows“ verwendet, denn beispielsweise das Mix-Programm „Cross DJ“ wird tatsächlich zweimal für beide Betriebssysteme angeboten. Angesichts solcher Inkonsistenzen mag man vielleicht auch die etwas irreführende und eigentlich nichtssagende Beschreibung „Mixe Deinen Sound, wo immer Du auch bist“ bei der Software Mixvibes verzeihen. Auf den ersten Blick erscheint es vielleicht konsequent, Software nur als Download anzubieten – schließlich ist man gerade online. Wer jedoch auf dem Land wohnt und gerade deswegen gern im Online-Shop einkaufen möchte, hat nicht selten auch eine langsame Internetverbindung und damit stundenlange Datenübertragungen vor sich. Sicher möchte auch nicht jeder wichtige Software „nur“ online kaufen, denn eine CD kann man halt beim Computerwechsel oder -crash leicht einlegen.
Man versteht es nicht
Nicht alle Shopbesucher sind IT-Profis. Was passiert eigentlich, wenn man sich Software per Download kauft? Wird diese gleich installiert? Kann man sie wie bei den Installations-CD auch später noch auf einem neuen Rechner installieren? Wer sich ein Video aus dem Downloadbereich laden möchte, weiß möglicherweise nicht, wie das konkret abläuft. Bekommt man ein File auf die Festplatte, das man auch auf anderen PC ansehen kann? Oft ist der Rechner, auf dem man solche Käufe tätigt, ja nicht der, der zu Hause mit dem Fernseher verbunden ist? Vielleicht hat man bei Apple schon schlechte Erfahrungen damit gemacht, dass man gekaufte Musik eben doch nicht überall abspielen kann oder Hörbücher nur auf den Geräten abspielbar sind, auf denen ein Schlüsselcode hinterlegt ist. Solche ungeklärten Fragen mögen der Grund sein, warum viele Konsumenten noch immer die reale der virtuellen Ware vorziehen und dann am Ende versuchen, sie selber zeitlich aufwendig in z. B. das MP3-Format zu konvertieren. Klar wollen viele Anbieter vom Video- und Musikboom im Netz profitieren. Aber fast niemand denkt an den armen Konsumenten, der gar nicht versteht, wie das funktionieren soll. Diese wichtige Antwort bleibt auch der Media Markt schuldig. Man kann Filme per Download leihen oder kaufen (Abbildung 14), wobei sich der Laie die Frage stellt, wie man die Leihfrist von 48 Std. (im Pfeilsymbol mit „h“ gekennzeichnet) auf dem eigenen heimischen PC kontrollieren soll. Experten wissen, wie dies funktioniert, alle anderen vermuten wohl Prüfsoftware oder etwas Ähnliches, die man sich zusätzlich laden muss. Am Ende muss man zum Ansehen sogar dauerhaft online sein? Muss man einen speziellen Player installieren? Vielleicht kommt aber auch nach zwei Tagen ein Mitarbeiter von Media Markt vorbei, bittet um Einlass und löscht den Film auf der Festplatte dann wieder? Wenn die letzte Überlegung auch sicherlich nicht ernst gemeint ist, einen wahren Kern hat auch sie. Nirgends wird erklärt, wie das eigentlich funktioniert. Als Nicht-Freak lege ich mir doch nicht ein Video zur Ausleihe in den Warenkorb und bezahle es, ohne zu wissen, was dann passiert? Und ob Freaks sich ihre Videos nicht eh dauerhaft und nicht legal an anderer Stelle besorgen, bleibt dahingestellt. Aber selbst einige Profis werden vielleicht nicht wissen, ob sie das Format „Silverlight“ abspielen können (Abbildung 15). Es bleiben also am Ende möglicherweise mehr Fragen offen, als man als kaufwilliger Kunde vorab befürchtet hatte. Strategisch drängt sich die Frage auf, welche Zielgruppe man hier anpeilt: die Experten, denen man nichts erklären muss, oder Laien, die für erklärende Worte sicher dankbar wären.
Bei einigen Produkten kann man im Shop auch einen Produktvergleich machen, d. h. mehrere Produkte übersichtlich nebeneinanderstellen. Das Template (Vorlage) zum Aktivieren für diese Vergleichsfunktion wird wohl bei allen Produktdarstellungen verwendet, egal, ob solche Vergleiche tatsächlich möglich sind. Dies erklärt wahrscheinlich auch den überflüssigen Pfeil am rechten Rand in der Abbildung 12. Insgesamt stellt diese Vergleichsmöglichkeit eine wirklich nützliche Funktion dar, wenn sich Produkte tatsächlich in Details unterscheiden, die aber je nach Verwendung durchaus wichtig sein können. Um es vorwegzusagen, hier kann Media Markt durchaus spürbar punkten. Würde man statt des „-„-Zeichens (Abbildung 16) noch ein „nicht bekannt“ ausgeben, gäbe es hier nichts auszusetzen, sieht man von dem Eingabefehler „v“ als Bildverhältnisangabe ab. Der Bindestrich suggeriert, die Funktion oder das Feature sei nicht vorhanden, was nicht der Fall ist. Es fehlen offensichtlich einige Daten und würde man dies klar erkennen, könnte man sich als Kunde die zur Not bei Bedarf auch z. B. beim Hersteller besorgen.
Es wird lästig
Übersteht man all die kleinen oder mindestens unschönen Hürden bei der Auswahl der Produkte, hat man mit den nächsten Barrieren zu kämpfen, denn leider funktioniert auch der Warenkorb nicht immer stabil und zuverlässig. Geklickte Produkte erscheinen dort schon mal eben nicht oder tauchen erst nach dem Löschen anderer Produkte urplötzlich wieder auf. Man kann an vielen Stellen schlampig programmieren. Aber wenn man ausgewählte Produkte erst gar nicht in den Warenkorb übernehmen kann, weil der Link mal funktioniert und mal eben nicht, dann ist das für einen Online-Shop tödlich (Abbildung 18). Ärgerlich wird es für Besucher, die vorab genau wissen möchten, was mit ihren Daten passiert. So etwas soll es ja geben. Hier wartet der Media-Markt-Shop auch aus rechtlicher Sicht mit einigen verwunderlichen Absonderlichkeiten auf. Die „Datenschutzrechtliche Einwilligung“, in die man bei der Registrierung einwilligen muss, ist zwar unterstrichen dargestellt, verlinkt wird dagegen nicht, was man in Abbildung 19 an der Darstellung eines Cursors statt einer Hand als Maussymbol erkennen kann. Auch das Ausdrucken ist nicht einfach, denn die „Datenschutzinformationen“ öffnen sich nur als Overlay. Dass bei einem Klick auf einen Punkt im Inhaltsverzeichnis dieses Overlays jeweils die komplette Seite im Browser nach oben an den Rand springt, mag ebenfalls wenig zur Verbesserung der Einschätzung der Programmiersorgfalt beitragen.
Über die Wirkung von „Social Plugins“ klärt man allerdings vorbildlich auf. Man erfährt, dass Facebook und Co. durch Plugins einen Besuch beim Media Markt ggf. registrieren und speichern können. Was dann mit diesen Bewegungsdaten passiert, dazu möge man sich – so der Hinweis – bei den sozialen Netzwerken informieren, oder auch beim Hersteller des Browsers, wie man mit „Web Beacons“ umgeht. Ob dies rechtlich gesehen entschuldigt, dass man anderen Plattformen teilweise detaillierte Daten über Besucher übermittelt, ist eine andere Frage und höchst umstritten. Zumindest der Hinweis auf die „Weitergabe“ ist schon mehr, als andere Shops an solchen Stellen freiwillig bekennen. Mit dem in den Datenschutzhinweisen hinterlegten Text, dass man auch ohne Einwilligung per E-Mail ungefragt und ungewollt Werbung zusenden könne, kann sich dagegen sicher so mancher weniger anfreunden. Spam ist zwar juristisch definiert, wird aber in der Regel im Auge des Betrachters entschieden. Insofern wird man sich wahrscheinlich über die vermeintlich nicht „angeforderten“ Newsletter freuen (toller Service), sich wundern (Hä? Wie kommen die dazu?) oder sich gar ärgern (Unverschämtheit) und dies zukünftig mit einem Klick auf den Spam-Button unterbinden und damit die viele Server füttern, die sog. Blacklists mit spammenden Domains führen. Die gravierende Folge kann ein zukünftig generelles Abfiltern solcher Mails bei Freemailern sein. Für Werbeunwillige hat man bei Media Markt das eher kundenunfreundliche Opt-out vorgesehen. Man muss die Zusendung später aktiv untersagen.
Fast schon ärgerlich ist es (wenn man mehr als nur ein Produkt bzw. gleichartige Produkte einkaufen möchte), dass der Button „weiter einkaufen“ im Warenkorb den Nutzer stur auf die Startseite wirft, statt zurück auf die Seite oder die Kategorie, auf der man eben war. Sich jedes Mal in die gleiche Unterkategorie durchklicken zu müssen, macht wohl nur gern, wer genügend Zeit mitbringt. Man kann hier einwenden, dass man eben einfach nur den Backbutton des Browsers klicken muss. Theoretisch ist das richtig. Wer allerdings beim Media Markt mit dem Backbutton schon schlechte Erfahrungen gemacht hat (siehe weiter unten), wird ihn wahrscheinlich nur ungern drücken. Damit bleibt tatsächlich nur die „ungefährliche“ Lösung, jedes Mal von vorne anzufangen. Hat man alle Herausforderungen am Ende dann doch gemeistert und möchte die ausgesuchten Produkte mit Kreditkarte bezahlen, baut sich für Besitzer einer Amercian-Express-Karte eine weitere unerwartete Hürde auf. Während es zunächst so scheint, dass Media Markt diese Karte akzeptiert (Abbildung 21), findet man auf der nächsten Seite diese Karte eben nicht mehr abgebildet (Abbildung 22).
Dass es dann doch geht, erfährt man, wenn man das Pull-down „Kartentyp“ anklickt – worauf man aber erst einmal kommen muss. Dem kleinen „i“ neben dem berüchtigten Feld „Prüfziffer“, das erklären soll, was dies überhaupt ist (Abbildung 22), hätte es sicher auch gutgetan, wenn man es zu einer entsprechenden Information verlinkt hätte, was leider nicht der Fall ist. Ganz generell sollte man den gewohnten Backbutton des Browsers am besten vermeiden. In der Bestellstrecke und mitten im Bezahlvorgang wird man damit auch schon gerne mal komplett aus diesem Prozess und zurück in den Warenkorb geworfen. Der zeigt allerdings dann „Ihr Warenkorb ist leer“ und füllt sich wundersam erst wieder nach einem Klick auf „weiter einkaufen“. Alle bisher eingegebenen Daten der Bestellstrecke sind dann freilich verschwunden und müssen neu ausgesucht in den Warenkorb gelegt werden. Kein besonders erfreulicher Zeitvertreib.
Usability steht hintenan
Man erkennt es in vielen Shops oft nur an Kleinigkeiten und merkt es tatsächlich erst, wenn man wirklich etwas sucht und kaufen möchte: Viele Betreiber machen sich nicht wirklich viele Gedanken über den Bewegungsfluss des Besuchers – vieles wird eher aus der Sicht und durch die Brille der Programmierung gesehen. Wie wäre es sonst zu erklären, dass man zur Auswahl des Geburtsjahres ein Pull-down-Feld von 2012 bis 1900 anbietet? Damit spart man sich natürlich das Programmieren von Fehlerroutinen, die ansonsten durch Fehleingaben in einem Zahlenfeld entstehen können. Umgekehrt müssen die Kunden nun ein langes Feld durchscrollen, denn natürlich startet die Auswahl im Jahr 1900. Und das Risiko eines Fehlklicks ist nach einer solchen Rollorgie ja auch noch nicht vom Tisch. Wie viele Kunden erwartet man beim Media Markt im Online-Shop, die über 111 Jahre alt sind?
Die umgekehrte Frage ist fast noch erheiternder: Wie viele Kunden erwartet man, die erst 2012 geboren wurden (Abbildung 23)? Sicherlich keinen Einzigen, wie die Fehlermeldung in Abbildung 24 zeigt. Dort wird den Neugeborenen vorgerechnet, dass ihr Geburtstag in der Zukunft läge. Der Screenshot entstand am 24.01.2012, als der 01.01.2012 ja definitiv bereits in der Vergangenheit und nicht in der Zukunft lag. Läge das Geburtsdatum allerdings am 31.12.2011, akzeptiert der Shop auch eine Bestellung eines vermeintlich zwei Monate alten Babys. Statt vernünftiger Fehlerroutinen herrscht hier also eher das Fehlermeldungschaos.
Man findet solche mehr oder weniger kleineren Unstimmigkeiten an mehreren Stellen. Und man findet sie nicht nur im Online-Shop von Media Markt. Sie zeigen als wichtiges Learning für alle Shopbetreiber, dass man sich schon in der Konzeptionsphase mit der Sicht des Besuchers vertraut machen und alles an dessen Bedienungsprozessen ausrichten muss. Das Ziel muss es sein, den Aufwand des Nutzers zu verringern und es ihm so leicht wie möglich zu machen – auch wenn das bedeutet, dass einige Zeilen Fehlercode mehr geschrieben werden müssen. Insofern kann man am Online-Shop des Media Markts eine Menge lernen, wie man Dinge besser nicht machen sollte. Das fängt an bei dem Relaunch des ansonsten gut in Google gerankten vorherigen Webauftritts und geht bis tief in die Benutzerführung beim Bestellvorgang hinein. Viele Dinge könnte man dem kaufwilligen Besucher durchaus wenigstens zu erklären versuchen, z. B. dass er (aus technischen Gründen) unterschiedliche Warenkörbe für Einkäufe oder Downloads hat. Aber auch das würde das Problem sicher nicht gänzlich beheben, weil nicht alle solche erklärenden Hinweise lesen, geschweige denn überhaupt wahrnehmen. Und ganz sicher trägt es nicht zum Verständnis bei, „Kaufberater“ anzubieten, durch die man dann beim Klick auf „Handy und Navigation“ auf eine wenig hilfreiche Seite „Ihr vernetztes Zuhause“ gelangt, wo man sich bei der Einrichtung seines WLAN helfen lassen kann. Nach einiger Zeit hat man den Fehler wohl bemerkt und den Kaufberater für Handy & Navigation im Menü entfernt. Die in der Abbildung 26 markierte Breadcrumb taucht allerdings noch immer auf, was auf unkoordiniertes Arbeiten schließen lässt - wenn man es freundlich formulieren möchte.
Die Zuordnung in Abbildung 25 ist offensichtlich fehlerhaft, aber das ist nicht der Punkt, sondern dass solche für jeden Erstbesucher sofort erkennbaren Fehler tage- oder gar wochenlang nicht bemerkt werden. Dies zeigt, wie wichtig es ist, gerade in der heißen Startphase den eigenen Webauftritt oder Shop ständig zu kontrollieren. Dies erscheint gerade dann ratsam, wenn man mit viel Werbung in allen anderen Medien Kunden darauf aufmerksam macht. Falsche Verlinkungen, fehlerhafte Nutzerführung, Inkonsistenzen in der Darstellung und in Prozessen haben dann nämlich oft die fatale Wirkung, dass man eben nur einmal dort hineinschaut und dann eben zu der Erkenntnis gelangt: „Och – das geht in Amazon aber viel leichter und schneller.“ Und damit würde auch das andere, leicht erkennbare Ziel sehr viel schwerer erreichbar – nämlich Besucher über den Shop tatsächlich in den Laden vor Ort zu locken. Wer einmal einen Online-Shop geistig als untauglich abgehakt hat, kommt wohl so schnell nicht wieder.
Hier liegt vielleicht das größte Learning versteckt: Oft hat man nur einen Schuss – bevor man abdrückt, sollte man sich nicht nur des Ziels sicher sein, sondern vor allem auch der genauen Munition, die man auf den Weg schickt. Wenn das erst einmal aufgeschreckte Wild zurück in den Wald und die sichere Deckung flüchtet, muss man möglicherweise lange ausharren, bis sich diese Gelegenheit wieder bietet …