Unter diesem Motto startete die zweitägige Conversion Conference am 7. und 8. November in Hamburg. Internationale Spitzenexperten erklärten, was nach dem Klick auf die eigenen Seiten und dem Auftreffen eines Besuchers notwendig ist, um aus flüchtigen Besuchern begeisterte Kunden zu machen. Einmal mehr zeigte sich, dass die Umsatzhebel in der Conversion-Optimierung deutlich länger als im Online-Marketing sind – und noch immer viel zu wenig beachtet werden.
It´s all about the conversion!
Jeffrey Eisenberg, Autor der Beststeller „Call to Action“ und „Waiting für your Cat o bark?“, eröffnete die Konferenz und lüftete die Geheimnisse der Websites mit Top-Conversion-Raten. Erneut wies er auf einen Umstand hin, den Webdesigner und Seitenbetreiber einfach nicht wahrhaben wollen: dass Menschen online nicht bzw. nur wenig lesen. Das Design muss dies berücksichtigen und allzu viel Text auf dem Weg zur gesuchten Information oder einem Produkt vermeiden. Er zeigte Landingpages, bei denen die Besucher acht Bildschirmseiten nach unten scrollen müssten, um die angebotene Information auch nur in Ansätzen wahrzunehmen.
„US-Unternehmen geben pro 92 $ für Traffic nur 1 $ für Conversion-Optimierung aus!“
Mit den amerikanischen Websitebetreibern ging Eisenberg hart ins Gericht. Das Verhältnis der Ausgaben für Online-Marketing zu den Ausgaben für Conversion-Optimierung betrage aktuell 92:1. Und er ging noch weiter. Für das Antriggern eines Kaufprozesses reiche es bei Weitem nicht aus, sich einfach nur auf die Optimierung der Landingpages zu konzentrieren. Sein Plädoyer galt der gesamten Sicht auf die Kundenreise durch das Web: Die Online-Marketing-Maßnahmen müssen durchgängig und aufeinander abgestimmt sein. Das beginnt bei der Kampagne, den Anzeigentexten und Bannern und geht über die Landingpages bis in den Checkout-Prozess hinein und natürlich darüber hinaus bis zur Betreuung nach der Kaufphase. Die meisten Seiten hätten eigentlich gar kein Traffic-Problem – aber durchaus ein Conversion-Problem. Er spielte damit auf den auch in Deutschland verbreiteten Umstand hin, dass die Webverantwortlichen das Management durch falsche und oft zu einfache Reportings dazu gebracht hätten, immer nur und immer wieder auf eine Steigerung der Visits und Visitors zu schielen. Amazon hat es ja für alle sichtbar vorgemacht. Gründer Jeff Bezos gab nach vielen Analysen die Losung aus, das Geld, statt es dafür auszugeben, um in die Welt zu schreien, wie gut man sei, lieber in die Kundenzufriedenheit und ein gutes Einkaufserlebnis zu investieren. Dies erzählen sich die Kunden gegenseitig weiter und machen damit einen großen Teil des Online-Marketing-Budgets wieder verfügbar.
„Es gibt keinerlei Entschuldigung, nicht zu testen.“
Was am besten funktioniert, könne und müsse man testen, so Eisenberg. Die Prinzipien guter Usability einzuhalten, sei wichtig, bringe aber allein für sich noch nicht den durchschlagenden Erfolg. Er wies dazu auf ein nettes Zitat von Joel Spolsky hin: „If usability engineers designed a nightclub, it would be clean, quiet, brightly lit, with lots of places to sit down, plenty of bartenders, menus written in 18-point sans-serif, and easy-to-find bathrooms. But nobody would be there. They would all be down the street at Coyote Ugly pouring beer on each other.“
Eisenberg zeigte viele verschiedene Darstellungen des Warenkorbs von Amazon, die er im Laufe der Zeit gesammelt hatte. Einzelne Unterschiede sind teilweise auf den ersten Blick verschwindend gering, sodass einem diese ständigen Änderungen gar nicht auffallen, wenn man nicht wie Eisenberg Screenshots speichert. Die Learnings sind, dass selbst Amazon noch immer und ständig testet, welches die beste Darstellungslösung für den Kunden ist und ob man diese nicht doch noch weiter optimieren könnte.
Das erzielbare Umsatzplus kann sich erstaunlich aufsummieren, wie an einem Rechenbeispiel in Abbildung 1 zu sehen ist. Dort wurde ein monatlicher Umsatz von 100.000 Euro angenommen (blaue Line). Ließe sich eine weiterhin angekommene Conversion-Rate von 3 % durch Optimierungsmaßnahmen monatlich um 5 % steigern, läge das Umsatzplus am Jahresende bei 391.713 Euro (und einer Conversion-Rate von 4,8 %).
Eisenbergs fünf Schritte für die zielgerichtete Conversion-Optimierung:
- Ein Problem identifizieren (z. B. Seiten mit hoher Absprung- oder Bouncerate)
- Eine To-do-Liste mit möglichen Verbesserungen erstellen
- Fixieren, warum dies eine Verbesserung darstellt und was man sich davon erwartet
- Priorisierung nach Zeitaufwand, Ressourcen und Auswirkung (jeweils 1 bis 5 Punkte vergeben, dann alle drei multiplizieren)
- Den Test starten
Zum Punkt 2 zeigte Eisenberg etliche Praxisbeispiele und gab Tipps, welche Verbesserungen in der Regel gut laufen. Das Prinzip der Verknappung „nur noch bis …“ oder „nur noch 4 Artikel auf Lager“ zieht seiner Meinung nach meistens. Ebenso wie Seriosität, die z. B. durch Garantien oder Siegel untermauert werden kann, wirkt auch der „Social Proof“, also Hinweise, dass soundso viele andere dies schon gekauft und/oder als gut bewertet hätten. Als gute Beispiele empfahl er, sich Lands‘ End oder auch Sears anzusehen. Gleichzeitig warnte er aber auch davor, andere zu kopieren, denn das funktioniere meistens nicht richtig. Wörtlich sprach er sicher nicht ganz zu Unrecht sogar von „the danger of case studies“. Entscheidungen sollten immer datengetrieben sein. Ein „Aus-dem-Bauch-heraus-Entscheiden“ hält Eisenberg für den zweitschlechtesten Weg. Schlechter wäre nur noch die berüchtigte HIPPO-Entscheidung (Highest Paid Persons Opinion, also die Person, die im Raum das höchste Gehalt hat).
Tim Ringel von Metapeople zeigte auf, dass es für gute Conversions notwendig ist, bereits zu Beginn des Prozesses die richtige Zielgruppe im Online-Marketing zu treffen. Wie ein Beschreibungstext bei Adwords geschrieben wird, beeinflusst stark, wer am Ende darauf auch wirklich klickt. Geht es darum, Aktualität, eine große Auswahl, einen Testsieg, niedrige Preise, eine 24-Stunden-Lieferung oder z. B. eine Rabattaktion in den Fokus zu bringen, dann sollten die wenigen Zeilen im Adtext darauf auch konkret und deutlich Bezug nehmen. Auch die neuen sog. „Live Ads“ verhelfen hier zu mehr Aufmerksamkeit. Dabei werden in Echtzeit über Variablen konkrete Daten aus dem eigenen IT-System in die Werbetexte übernommen. Dies zeigte Ringel u. a. am Beispiel der Lufthansa, die zu einem exakt gesuchten Flug direkt im Adwordstext angibt, wann der nächste Flug geht und wie viele Plätze noch buchbar sind.
Markus Hoevener zeigte mittels einiger Beispiele, dass viele Unternehmen noch immer die Herstellung eines konkreten Bezugs des Adtextes mit der Landingpage verbummeln. So forderte die HUK-Versicherung im Werbetext dazu auf, den Tarifrechner zu starten. Dieser entpuppte sich dann allerdings zum schnöden „Angebot berechnen“, in das konkrete, personenbezogene Daten eingegeben werden müssen. Hier sind Abbrüche vorprogrammiert.
David Richter vom SEO-Team der Deutschen Telekom gab einen guten Einblick, wie man dort den Wertbeitrag von (Such-)Wortbestandteilen am Umsatz kontrolliert und steuert. Am Beispiel einer Spielesoftware wurde der Anteil an Besuchern mit einem Keyword mit dem jeweiligen Umsatzanteil in Verbindung gebracht. Der Name des Spiels sorgte für knapp 80 % des entsprechenden Traffics. Waren die Longtail-Wortbestandteile „kaufen“ und „download“ bei einer Suche mit enthalten, belief sich der Trafficanteil zwar nur noch auf 1,19 %, aber der Umsatzanteil lag bei dieser Suchkombination bei deutlich über 4 %. Gegenüber dem Basis-Keyword lag der Uplift hier um fast 600 % höher. Nur in der Kombination mit „download“ stieg der Umsatzanteil auf über 40 % und war damit größer als bei der Einzelwortsuche und allen anderen Kombinationen außer „download“ und „kaufen“. Diese Rückkoppelung von Verkäufen mit Suchworten bzw. den Wortbestandteilen bei Mehrwortsuchen gibt wertvolle Hinweise sowohl auf die Gestaltung der Landingpages und die Kampagnenstrategien im bezahlten Suchwort-Marketing als auch auf die Snippet-Optimierung in den organischen Trefferlisten. Richter empfahl, Bestandteile für Relevanz, Mehrwert und Call-to-Action gezielt in das Snippet mit einzubauen.
Tipps von Gabriel Beck und Tom Streefkerk: Häufige Fehler beim Testen:
- Testen ohne Hypothesen, dies gleicht einem „Tappen im Dunkeln“
- Einfluss des Testelements wird unterschätzt
- Einfluss des Testelements wird überschätzt
- Zu viele Varianten im Test
- Tests laufen zu lange
- Einfluss externer Faktoren nimmt damit zu
- Signale sind nicht mehr eindeutig
- Der Einfluss nachfolgender Prozesse wird unterschätzt
- Ein Testergebnis wird übergeneralisiert
- Die notwendige Statistik „nervt“
- Testing ohne sorgfältige Kanalsegmentierung
In ihrem Keynote-Vortrag zur Conversion-Optimierung für mobile Websites ließ Ami Africa, CEO von Eight by Eight, ein wahres Feuerwerk an Tipps abbrennen. Ihr Tipp Nummer 1 und „the only thing that really matters“ war, den eigenen Sitespeed zu optimieren. Gerade Mobil-Shoppers sind extrem ungeduldig und warten keine 15 Sekunden, bis eine Seite übertragen und skaliert ist. Weiterhin muss man sich klar auf eine Sache fokussieren und vor allem eine klare und schlüssige Navigation für mobile Besucher entwickeln. Kein Flash, kein horizontales Scrollen und keine Tabellen, so ihr Credo. Stattdessen brauchen Besucher Breadcrumbs, gute Sortiermöglichkeiten und sog. Jump-Links, um schnell zu der gewünschten Information zu kommen. Die Suchbox sollte immer oben und mittig angebracht sein und „make it BIG“, so Ami Africa. Wichtig ist weiterhin, eine leicht zugängliche E-Mail-Option anzubieten, damit man sich per E-Mail selbst an via Handy gefundene Informationen erinnern lassen könne. Dieser Tipp Nr. 34 gehörte sicherlich zu den wichtigsten und zugleich am seltensten umgesetzten. Ein weiteres wichtiges Takeaway war, pro Bildschirm nicht mehr als fünf Auswahlmöglichkeiten anzuzeigen. Hier ist für die Anbieter mobiler Websites also noch einiges zu tun.
„Conversion-Rate-Optimierung = Web-Analyse + Usertest + Hypothesen + UX + IA / Testing + (Statistik-Know-how mal Technologie“ (André Morys, Webarts).
Auch André Morys von Webarts hatte als Conversion-Killer Nr. 1 das Top-Management auserkoren (HIPPO-Syndrom). Danach folgten gleich die fehlende Kundenorientierung, fehlende Ziele, fehlende Budgets und am Ende ein nicht dauerhaft implementierter Optimierungsprozess. Positiv gedreht lauteten daher seine Empfehlungen, zunächst beim Top-Managment Verständnis für echte Conversion-Optimierung zu schaffen. Wer mit guten und beeindruckenden Zahlenwerken glänzt und nicht mit „könnte“ oder „vielleicht“ ein „Sollten-wir-mal-Machen“ vorbringt, tut sich sehr viel leichter. Das Budget ergibt sich bei den meisten Optimierungen relativ schnell über die Zuwächse an Umsätzen (siehe oben). Hier können zunächst überschaubare Pilotprojekte das Potenzial deutlich machen und damit den Kredit für weitere, umfassende Optimierungsmaßnahmen erzeugen. Morys zeigte in eindrucksvollen Beispielen, dass Conversion-Rate-Optimierung sehr viel mit Psychologie zu tun hat und die Forderung, den Kunden im Speziellen, aber eben auch die Menschen im Allgemeinen zu kennen, daher nicht aus der Luft gegriffen ist. Er verdeutlichte dies z. B. an dem folgenden Experiment: Gibt man Besuchern zwei Biersorten zur Auswahl, kaufen 57 % die günstigere Sorte für 1,60 Euro und die restlichen 43 die teurere für 2,80 Euro. Fügt man nun eine dritte Sorte für 3 Euro hinzu, verändert sich das Kaufverhalten schlagartig. Die neue teure Sorte kaufen nun zwar nur 1 % der Kunden, aber die Sorte für 2,80 Euro wird nun von 63 % statt wie vorher von 43 % gekauft. Der Anteil am billigen Bier ging auf 36 % zurück. Dies bedeutet einen Uplift im Umsatz um 12 % und Mehreinnahmen von 2.370 Euro pro 1.000 Flaschen.
Dieses und weitere Beispiele machten sehr deutlich, dass Conversion-Rate-Optimierung eben doch weit mehr ist, als nur an Buttons, Farben und Texten zu schrauben, und ein tieferes Verständnis über Kaufprozesse erfordert. Allein schon das Ändern der Reihenfolge vergleichbarer Produkte von aufsteigend zu absteigend kann einen Uplift um 35 % zur Folge haben. Würden die Betriebsleiter eines Supermarktes durch bloßes Umsortieren einiger Produkte über ein Drittel mehr Umsatz machen, würde man wahrscheinlich vor den ständig durch die Gegend fliegenden Champagner-Korken in Deckung gehen müssen. Auf Websites liegen solche Potenziale noch immer brach und Morys zeigte, dass und wie man sie realisieren kann.
Conversion-Rate-Optimierung heißt, dem Wettbewerber die Kunden schneller wegnehmen, als er neue gewinnen kann (André Morys, Webarts).
Hans-Georg Häusel präsentierte sich im letzten großen Keynote-Vortrag als Vor- und Querdenker. Mittels modernster medizinischer Technik versucht er mit der Nymphenburg-Gruppe aus München, direkt in die Vorgänge im Hirn der Konsumenten zu blicken und vor allem Emotionen sichtbar zu machen.
Dabei kommt oft Erstaunliches heraus. Die Ergebnisse aus Befragungen scheinen zum Teil tatsächlich oft eher für den Papierkorb als für die Unternehmensstrategie geeignet. Häusel erklärte, dass die teils martialisch formulierten Hinweise auf Zigarettenpackungen bei Rauchern eindeutig das Lustzentrum stimulieren – statt abzuschrecken. Eine andere Analyse zeigte, dass bei Frauen zum Teil deutlich mehr Hirnregionen neuronal feuern, wenn man ihnen Bilder ihres Haustieres zeigt – im Vergleich zu Bildern ihres Mannes.
30 % der Frauen lieben ihr Haustier mehr als ihren Mann.
Wir können keine einzige Entscheidung ohne Emotionen treffen, so Häusel. Er zog daraus die Schlussfolgerung, dass alles, was keine Emotionen auslöst, für unser Gehirn ohne Sinn und wertlos ist. Menschen haben weiterhin eine natürliche Aversion gegen Verluste. Auch dies kann zur Erhöhung der durchschnittlichen Warenkorbhöhe genutzt werden, wie Abbildung 3 zeigt.
Häusel zeigte ebenfalls, dass Frauen und Männer auch vom Hirn her gesehen völlig unterschiedliche Zielgruppen darstellen. Während Männer es im Schnitt auf 125 Wörter pro Minute bringen, schaffen Frauen mit 250 Wörtern das Doppelte. Daher ist deren Sensibilität auf allen Wahrnehmungskanälen etwa um 10 bis 20 % höher. Frauen haben im Mittel zweimal pro Tag sexuelle Gedanken, bei Männern sind es deutlich mehr: Sie denken alle 52 Sekunden an Sex, womit das Klischee „Sex sells“ für diese Zielgruppe recht eindringlich bestärkt wird.
Zusammenfassend konnte man in Hamburg lernen, dass das Einfach-mal-drauflos-Optimieren mit Sicherheit nicht zielführend und wahrscheinlich der häufigste Grund für einen recht schnellen, frustrierten Abbruch der Versuche ist. Es empfiehlt sich, strukturiert und planvoll vorzugehen. Das Kondensat der meisten Experten folgte grob dem Muster „Hypothese aufstellen“, Web-Analyse“, „Maßnahmen ermitteln“, priorisieren, umsetzen, testen und interpretieren. Dabei ist es wichtig, die Ursachen des Ergebnisses (vor allem bei Misserfolgen) auch wirklich zu verstehen. Eine gezielte Ansprache der Nutzer durch entsprechende Segmentierung z. B. nach Besucherkanälen (Adwords, organische Suchmaschinentreffer, Banner-Kampagne, Affiliate usw.), ob Erstbesucher oder wiederkehrend, anhand der GEO-Location oder anderer trennscharfer Merkmale ist nicht nur beim Testen wichtig, sondern kann den Erfolg einer Website ganz generell erheblich beeinflussen und positiv verbessern.