ONLINE DISPLAY ADVERTISING BOUNCES BACK lautet die Headline einer Studie der IAB Europe. Mit einem durchschnittlichen Wachstum von 21,3 % war das Display Advertising im vergangenen Jahr das am stärksten wachsende Format in der Online-Werbung. Grund dafür sind neben neuen Technologien auch Display Ads im Mobile- und Social-Media-Bereich, die für Aufschwung sorgen. Das Zauberwort im Display Advertising lautet aber „Targeting“, das nach jahrelanger Weiterentwicklung heute echte Chancen bietet. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Anfänge und die Entwicklung der Targeting-Technologie.
Display Advertising ohne Streuverluste: Targeting und Retargeting
Unsere Bedürfnisse sind grundsätzlich individuell, weshalb es Sinn macht, die Gesamtheit der Konsumenten auf dem Markt in mehrere in sich homogene Gruppen einzuteilen. Über diesen Weg ist es möglich, einzelne Gruppen auf ihre Bedürfnisse hin mit passender Werbung anzusprechen.
Was hier erwähnt wird, nennt sich Zielgruppensegmentierung und wird offline sowie online in der werblichen Kommunikation seit Jahren praktiziert. Der große Vorteil von Targeting: Konsumenten werden zielgenau angesprochen und dabei Streuverluste minimiert.
Zu den wichtigsten Targeting-Formen, die sich in den letzten Jahren etabliert haben, gehören folgende:
- Targeting nach geografischen Kriterien
Lokal gestreute Werbung ist vor allem dann von Bedeutung, wenn einer der wesentlichen USPs eines Unternehmens in der regionalen Nähe liegt. Mittels des geografischen Targeting ist es möglich, nur jene Konsumenten anzusprechen, die sich auch in regionaler Nähe befinden. Eine Zuordnung eines Users zu einer bestimmten Region ist heute problemlos über die IP-Adresse oder aufgrund von Nutzerprofilen möglich. Im letzteren Fall liegen Daten durch eine Registrierung vor.
- Targeting nach zeitlichen oder saisonalen Kriterien
Zu bestimmten Tages-, Wochen- oder Jahreszeiten haben Konsumenten unterschiedliche Bedürfnisse. Werbung für Eis, Sonnencreme oder Urlaubsreisen bevorzugen wir im Sommer. Zeit für das Online-Shopping haben wir außerhalb der regulären Arbeitszeiten oder am Wochenende und den Pizza-Service beanspruchen wir eher am Abend als am Morgen eines Tages. Ähnlich funktioniert das sogenannte „Wetter-Targeting“, das kürzlich von Tomorrow Focus Media eingeführt wurde. „Den Einfluss, den das Wetter auf Kaufentscheidungen haben kann, erlebt jeder von uns im Sommer in der Schlange beim Eisladen“, so Director AD Operation Carsten Sander in einer Pressemeldung von TOMORROW FOCUS Media. Durch die Verarbeitung aktueller Wetterdaten in Echtzeit können passende Banner ausgestrahlt werden, die die Temperatur- und Wettersituation vor Ort aufgreifen.
- Targeting nach soziodemografischen MerkmalenSind Nutzerprofile der User vorhanden, kann das soziodemografische Targeting effizient eingesetzt werden. Auf diese Weise kann Werbung beispielsweise nur Usern zwischen 20 und 30 Jahren eingeblendet werden, die im Umkreis von Stuttgart wohnen und über ein Einkommen von mehr als 3.000 Euro verfügen.
- Behavioral Targeting
Der Gedanke hinter dieser Targeting-Form ist, dass man aufgrund des Surfverhaltens eines Nutzers feststellen kann, welche Interessen und Affinitäten auf ihn zutreffen. Besucht ein User auf einem Newsportal beispielsweise mehrfach die Rubrik „Reisen“, so wird ihm hierfür passende Werbung gezeigt. Beim Behavioral Targeting gibt es kaum Grenzen. So wird jede Aktion, jeder gelesene Artikel, jedes geklickte Banner verwendet, um das Profil des Users stärker auszuformulieren und ihn letztendlich in ein Zielgruppensegment zu setzen, das am besten zu seinem Verhalten passt.
- Contextual Targeting
Bei der Umfeld-Platzierung geht es nicht darum, irgendwo Werbung passend zu den Userprofilen zu schalten, sondern darum, die Banner dem jeweiligen Umfeld-Thema anzupassen. Es wird beispielsweise davon ausgegangen, dass die Besucher eines Portals für Tierfreunde selbst auch Tiere haben oder sich für diese interessieren. Entsprechend werden Anzeigen geschaltet, die mit der Thematik „Tier“ einhergehen.
Entwicklung und Formen des Targeting
Die Anfänge des Targeting im Display Advertising liegen in den Jahren 2000 bzw. 2001 in den USA bei den Unternehmen Revenue Science und Tacoda. Etwa zeitgleich starteten auch in Deutschland WEB.DE und Wunderloop mit Targeting-Technologien der ersten Generation.
Wo lange ein Webseiten- und damit Inhalte-basierter Media-Einkauf herrschte – d. h. Werbeplätze auf definierten Webseiten gebucht wurden, die allen Usern gleichermaßen Bannerwerbung zeigten – herrscht nun der sogenannte Audience-basierte Einkauf vor. Nicht der Werbeplatz wird gekauft, sondern ein ausgewählter Teil des Publikums der Webseite. Wesentlich dabei ist auch, dass sich Werbeeinblendungen damit nicht mehr nur auf einzelne Seiten beschränken: Da sich der User frei durch das Internet bewegt, wird er an mehreren Stellen mit gleicher Werbung angesprochen. Durch diesen Wandel spielen nun auch Non-Premium-Seiten eine immer größere Rolle im Display Advertising. Ihre Zielgruppe ist im Vergleich zu Premium-Seiten sehr breit, weshalb sie sich für den Webseiten-basierten Einkauf wenig eignen, aber dennoch verfügen Sie über einen hohen Traffic, der es erlaubt, viele User auf einer Plattform individuell anzusprechen.
Sinn und Zweck des Targeting im Display-Advertising ist es, Werbebanner so auszuliefern, dass Streuverluste vermieden werden und somit die Effizienz der Kommunikation verbessert wird. Hieraus entsteht eine Win-win-Situation: Werbetreibende können ihr zur Verfügung stehendes Budget effizienter einsetzen und Publisher generieren mit ihrem beschränkt verfügbaren Werbeplatz höhere Konversionsraten und damit auch höhere Erträge.
Retargeting – den Kunden wiederfinden
Eine besondere Form des Targeting, die vor allem in den letzten zwei Jahren ihren Durchbruch erlebte, ist das Retargeting. Der Grundgedanke ist, einen User, der sich bereits auf einer Webseite aufgehalten, aber nichts gekauft hat, mittels dynamischer Bannereinblendungen wieder in den Shop zurückzuholen. Die Banner werden ihm nach dem Verlassen des Shops auf anderen Seiten im Netzwerk angezeigt, damit er seinen Einkauf fortsetzt und bestenfalls abschließt. Im Schnitt sieht sich ein User vor einem Kauf auf vier weiteren Webseiten von Mitbewerbern um und 98 % aller Besucher verlassen einen Shop wieder, ohne zu kaufen. Retargeting setzt genau hier an. Infolgedessen erhält dieser User auf zahlreichen Seiten im Web Bannerwerbung des Online-Shops, in welchem er seinen Kaufprozess abgebrochen hat. Voraussetzung für den Erfolg dieser Maßnahme ist ein großes Werbenetzwerk mit Traffic-starken Webseiten, die es wahrscheinlich machen, dass der eben genannte User auf sie zugreift.
Ein weiterer Vorteil dieser Art des Targetings ist, neben der zielgenauen Aussteuerung der Werbung für eine Zielperson, die Möglichkeit der dynamischen Bannergestaltung. Der User erhält also nicht nur ein Banner des Unternehmens, bei welchem er den Kauf abgebrochen hat, sondern auch noch exakt die Produkte eingeblendet, die sich in seinem Warenkorb befanden oder die er sich im Shop angesehen hat. Werbung wird für den User durch Retargeting also deutlich relevanter.
Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang auch eine Ansprache mittels einer „sich steigernden Bannerserie“. Zunächst wird der User lediglich mit dem Produkt konfrontiert, das er sich im Shop angesehen hat. Im zweiten Schritt kann das Banner von einem „Bestellen Sie versandkostenfrei“ unterstützt werden und im dritten Schritt mit einem „20 % reduziert“-Störer den Kunden schlussendlich überzeugen.
Arten des Retargeting
Zu den wichtigsten Retargeting-Formen gehören folgende:
- Statische Bannerserien
In diesem Fall werden Banner im Voraus als Serie angelegt. Das können Banner mit gleichem Inhalt und unterschiedlichem Design sein sowie Cross-Selling-Banner, die nach dem Kauf angezeigt werden. Je nachdem, in welcher Kaufphase sich ein User befindet, wird ihm ein anderes Banner der Serie angezeigt.
- Dynamische Banner
Im Vergleich zur statischen Bannerserie werden die Inhalte des Werbemittels dynamisch generiert. Je nachdem, welche Produkte sich ein User im Shop angesehen hat, erhält er genau diese oder ähnliche Artikel angezeigt. Der große Vorteil ist hier, dass es Banner individuell für jeden User gibt und die Werberelevanz somit deutlich größer ist.
- Banner für Warenkorb-Abbrecher
Häufig lassen Shop-Besucher ihren Warenkorb stehen und schließen einen Kauf nicht ab. Ähnlich wie bei den dynamischen Bannern ist der Inhalt der Werbemittel nicht fix, sondern wird individuell nachgeladen. Es werden dann keine Produkte gezeigt, die dem User möglicherweise gefallen könnten, sondern exakt jene, die er bereits in seinen Warenkorb gelegt, aber noch nicht gekauft hat. Ziel dieser Form des Retargeting ist es also, den User, der bereits Interesse gezeigt hat, zum ausstehenden Kaufabschluss zu bringen.
- Cross-Selling-Banner
Mit diesem Retargeting werden dem User gezielt Produkte gezeigt, die zu seinem ersten Einkauf passen. Ziel ist es, den Kunden erneut zum Käufer im Shop zu machen.
- Marken-Banner für Nutzerprofile
Über User, die bereits häufiger in einem Online-Shop eingekauft haben, bestehen Nutzerprofile, in denen genau festgehalten wurde, für welche Produkte sich der User interessiert hat, welche er bereits gekauft hat und welche ihm demnach ebenfalls gefallen müssten. Mittels dieser Nutzerprofile ist es möglich, anhand von Retargeting-Bannern die Bindung an den Online-Shop zu erhalten und damit den Kunden zum Wiederkäufer zu machen.
Im Vergleich zu herkömmlichen Display-Kampagnen ganz ohne Targeting können durch die Retargeting-Technologie die Konversionsrate sowie die Konversionen allgemein um ein Vielfaches erhöht werden. Während eine gewöhnliche Anzeigenschaltung ohne Retargeting bei einer Konversionsrate um die 0,5 Prozent liegt, können mit Retargeting Ergebnisse bis zu 6,5 Prozent erreicht werden (siehe einfach.st/adnolo). Folglich sinkt auch der CPO drastisch. Laut einer Studie von comScore ist Retargeting die effizienteste Form, um potenzielle Kunden im Web via Display Ads anzusprechen. Die Zahl der Seitenbesuche könne um 726 Prozent, die Suchanfragen sogar um 1.046 Prozent innerhalb von vier Wochen gesteigert werden, so die Studie (http://einfach.st/compdf). Daraus wird ersichtlich, dass sich Retargeting auch gut für Branding-Kampagnen eignet, da die Marke sich mit jeder Einblendung in das Bewusstsein des Interessenten schiebt.
Technische Voraussetzungen für das Retargeting
Um Retargeting betreiben zu können, sind einige technische Voraussetzungen zu erfüllen. Zum einen muss der eigene Online-Shop verpixelt werden. Dies geschieht üblicherweise anhand eines Javascript-Tracking-Tags, welches auf Produktdetailseiten sowie auf der Bestellbestätigungsseite eingebunden wird. Besucht ein User nun den Shop, wird ihm durch den Aufruf dieses Pixels vom AdServer ein Cookie gesetzt. In diesem Cookie werden Nutzerinteressen gespeichert. Welche das sind, hängt ganz von den Retargeting-Zielen ab. Klassisch sind Nutzerinformationen über angesehene Produkte oder solche, die in den Warenkorb gelegt, jedoch nicht gekauft wurden.
Damit der AdServer dann auf anderen Seiten die richtigen Produkte ausliefert, muss eine Schnittstelle zum Produktsortiment hergestellt werden, die Angaben über Produkt, Produktnummer, Produktdetails, Preis und Produktabbildung übermitteln kann. Anhand dieser Daten kann ein Banner dann dynamisch generiert und dem User angezeigt werden.
Es empfiehlt sich, einen Update-Zyklus festzulegen, der die Produktinformationen einmal täglich auf den neuesten Stand bringt. Durch das regelmäßige Update wird vermieden, dass falsche Preise oder nicht mehr verfügbare Produkte angeboten werden.
Grenzen des Retargeting
Um ungewollte Reaktanzen zu vermeiden, ist es wichtig, einige Grundregeln im Retargeting einzuhalten, denn nicht selten fühlt sich ein User von einem Banner verfolgt und misstraut dem „aufdringlichen“ Online-Shop dann erst recht. Abhilfe schafft ein Frequency Capping, das heißt, die Häufigkeit der Banneranzeige wird beschränkt und auf das jeweilige Userverhalten anpasst. Das bedeutet, dass ein User, der ohnehin einen Shop regelmäßig besucht, nicht in dem Maße in den Shop zurückgeholt werden muss wie ein User, der einmalig oder nur selten vorbeischaut. Auch nicht jedes Produkt ist für das Retargeting gleichermaßen geeignet – unter Umständen wird das nachträgliche Wiedersehen in Werbebannern sogar als unangenehm empfunden.
Neben dem Abverkauf darf auch nicht vergessen werden, dass sich in jedem Banner das Unternehmen präsentiert. Der dynamische Inhalt des Banners spielt eine große Rolle – ist jedoch nicht allein verantwortlich für den Erfolg der Kampagne. Vielmehr müssen Marken wie auch im Shop präsentiert und dem Unternehmensauftritt gerecht werden. Das Werbemittel muss an ein Design, an das Unternehmensimage, an das Produkt und auch an die Saison angepasst werden und bestenfalls auch crossmedial unterstützen können.
Ein weiterer Punkt, der den Erfolg der Retargeting-Kampagne unterstützt, ist die passende Abrechnungsform mit dem Retargeting-Dienstleister. Den besten Nutzen auf allen Seiten – auf Seite des Werbetreibenden, des Users und des Vermarkters – gibt es mit einer CPO- bzw. CPL-Abrechnung. Hier liegt der Fokus nicht auf einem Klick und damit dem hohen Werbedruck, sondern auf einer Kampagne, die den User weder überfordert noch abschreckt. Mit der richtigen Dosierung wird der User zum Käufer und sowohl Unternehmen als auch Publisher profitieren.
Eine wichtige Entscheidungsgrundlage, ob Retargeting überhaupt sinnvoll eingesetzt werden kann, liegt außerdem bei der Anzahl der Unique User in einem Shop. Erst ab etwa 100.000 bis 120.000 Unique Usern im Monat lohnt es sich, die Aussteiger per Retargeting wieder einzufangen.
Checkliste für erfolgreiches Retargeting
- Einsatz von Frequency Capping vermeidet Reaktanz und Banner-Blindness.
- Häufigkeit und Art des Retargeting sollten sich immer am Userprofil orientieren.
- Nicht jedes Produkt eignet sich für das Retargeting, denn nicht jedes Produkt möchte ein User in einem Banner wiedersehen.
- Imageschäden sind die Folge einer rein abverkaufsorientierten Strategie. Auch im Retargeting sollte das Markenimage deswegen nie zu kurz kommen.
- Der richtige Partner und eine geeignete Abrechnungsform sorgen für hohe Kosteneffizienz.
- Erst ab einer Anzahl von 100.000–120.000 Unique Usern pro Monat im Shop lohnt es sich, Retargeting zu betreiben.
- Für das nötige Controlling sollte der Retargeting-Kanal in die vorhandene Webanalyse-Software integriert werden.
Den richtigen Dienstleister finden
Eine Zusammenarbeit im Retargeting mit professionellen Dienstleistern ist auf jeden Fall zu empfehlen. Prinzipiell könnte ein Unternehmen zwar einen eigenen AdServer betreiben, der die Retargeting-Funktionalität beherrscht, hätte dann aber immer das Problem, passendes und qualitativ hochwertiges Mediainventar zu erhalten. AdServer-Dienstleister verfügen darüber und können deswegen auch eine gewisse Reichweite garantieren. Durch erfolgsabhängige Abrechnungsmodelle in der Zusammenarbeit ist das monetäre Risiko außerdem überschaubar, denn Sie zahlen nur, wenn tatsächlich geklickt und/oder gekauft wird.
Bevor Sie loslegen, sollten Sie sich allerdings eine Strategie zurechtlegen und die wichtigsten Dinge wie ein klickstarkes Layout, die Zielgruppen und deren Ansprache sowie die Einblendungs-Frequenz und das Produktangebot definieren. Auch über das Thema Datenschutz im Retargeting sollten Sie sich umfangreich beraten lassen. Um die Ausstrahlung der Banner kümmert sich dann der AdServer-Dienstleister. Die Liste im PDF zum Artikel zeigt einen Teil der zahlreichen Dienstleister in Deutschland, die ihnen bei der Realisierung Ihrer Retargeting-Kampagne behilflich sein können. Welcher Anbieter letztendlich für Sie der richtige ist, hängt von Ihrer Kampagnenstrategie und Ihren individuellen Anforderungen ab.