Bing – the next big thing?

Mario Fischer
Mario Fischer

Mario Fischer ist Herausgeber und Chefredakteur der Website Boosting und seit der ersten Stunde des Webs von Optimierungsmöglichkeiten fasziniert. Er berät namhafte Unternehmen aller Größen und Branchen und lehrt im neu gegründeten Studiengang E-Commerce an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Würzburg.

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Mit Bing hat Microsoft den dritten Anlauf unternommen, eine Suchmaschine zu starten, die nennenswerte Nutzeranteile auf sich ziehen kann. Bing bezeichnet sich selbst nicht als Suchmaschine, sondern als „Decision Engine“. Der Focus liegt nicht darauf, Abermilliarden von Webseiten als Treffer vorzuhalten, sondern möglichst die Absicht des Suchenden zu erkennen und ihm eine vernünftige Entscheidungshilfe an die Hand zu geben. Website Boosting sprach mit Toni Pelg und Frank Fuchs von Bing Search Germany.   

Website Boosting: Welche Technik steht denn hinter Bing?
Frank Fuchs: 
Wir betreiben für Bing im Hintergrund mehrere Zehntausend Server. Allerdings nehmen wir nicht alle Seiten, die unsere Crawler finden, auch tatsächlich in den Index auf. In der sog. „Webmap“ sind sicherlich mehrere Trillionen Links gespeichert, aber gewisse Filterkriterien sorgen dafür, dass nur die Seiten in unseren Index und damit in die Ergebnislisten kommen, die wirklich für wert erachtet werden und gewisse Mindestvoraussetzungen erfüllen. Konkrete Zahlen dürfen wir leider nicht nennen. Die Frage und die Herausforderung für die Zukunft und die enorm ansteigende Zahl von ständig neuen Webseiten ist eher, wie clever man hier bereits vorselektieren kann, denn es wird bald umöglich sein, wirklich alle Seiten in die Datenbanken aufzunehmen.

Euer Slogan sagt ja, von der Suchmaschine zur Decision Engine, also zur „Entscheidungsmaschine“. Was versteht Bing darunter konkret und was macht ihr anders als vorher?
Toni Pelg: Wir haben im Lauf der Jahre gelernt, dass ein Philosophiewechsel nötig wird bzw. wurde. Die klassischen 10 Suchergebnisse bieten ja immer weniger eine echte Hilfe. Befragt man die Menschen, sind sie damit relativ zufrieden. Anders sieht es aus, wenn man sie beim Suchen wirklich beobachtet. Wir haben herausgefunden, dass nur jedes vierte Suchergebniss wirklich zur Nutzerzufriedenheit führt. Etwa die Hälfte ihrer Zeit verbringen Suchende mit komplexeren Tasks bei Suchmaschinen, etwa bei Themen wie Reisen, Einkaufen, lokale Suche oder Gesundheit. Hier werden Suchen immer wieder neu definiert und verfeinert. Jeweils einzelne Suchergebnisse zu zeigen, die unabhängig von vorherigen Ergebnissen sind und sozusagen den Problemkontext verlieren, hilft den Usern wenig. Diese Tasks müssen besser unterstützt werden. Hier stehen wir aber erst am Anfang und haben noch viel vor.

Was erhofft sich Bing vom Zusammenschluss mit Yahoo?
Toni Pelg: 
Gerade in den USA erhöhen wir natürlich unseren Reach ganz enorm, der dann in Kombination so um die 30 % liegen dürfte. Ein durchaus interessanter Marktanteil! Aber auch der Datenpool, den wir weltweit mit Yahoo dazugewinnen, ist nicht zu unterschätzen. Wir können damit noch besseres Testing machen und unsere Algorithmen noch weiter verfeinern. Wir verdoppeln damit z. B. in deutschen Markt unsere Datensets.

Wann dürfen wir denn in Deutschland mit dem neuen Ad-Center rechnen?
Toni Pelg: 
Einen exakten Termin können wir leider nicht nennen, aber wir gehen davon aus, dass es spätestens Anfang 2012 hier live gehen wird. An dem Thema bzw. dem Termin arbeiten wir sehr hart.

Stichwort „Street Side“. Was dürfen wir uns von eurem kürzlich angekündigen neuen Dienst erwarten, der ja als Gegenstück zu Google Street View antreten wird bzw. soll?
Frank Fuchs: 
Allzu viel können wir verständlicherweise auch hier nicht vorher verraten. Nur so viel: Wir legen sehr viel Wert auf eine echte 3D-Awareness. Dies bedeutet, dass die Maschine erkennen kann, wo Mauern oder Wände tatsächlich lokalisiert sind. Falsche virtuelle Bewegungen durch Objekte hindurch können so unterbunden werden. Es ist also ergänzend ein dreidimensionaler Layer dabei. Das gibt es bisher so noch nicht. Das lässt zusätzliche und interessante Applikationen zu.

Einen guten Eindruck über die Multi-Perspektive kann man sich mit einem kleinen Video verschaffen, den Microsoft auf seiner Lab-Site unter http://einfach.st/sside zeigt.

Toni Pelg: Unser derzeitiges Hauptaugenmerk liegt allerdings ganz eindeutig auf dem Thema Datenschutz. Hier arbeiten wir im Vorfeld mit Datenschutzrechtlern sowie der Politik zusammen und führen auch intensive Gespräche mit der Bitkom. Wir wollen hier insbesondere den deutschen Datenschutzanforderungen entsprechen.

Was müssen oder können den Webmaster speziell in Deutschland tun, um bei Bing ein gutes Ranking zu erzielen?
Frank Fuchs: 
Natürlich hüten wir unsere Algorihmen genauso wie andere Suchmaschinen. Aber für die Website-Boosting-Leser will ich mal eine kleine Katze aus dem Sack lassen: Bing hat einen sehr viel stärkeren positiven „Pegelausschlag“, was die Marktbezogenheit angeht. Eine in Deutschland gehostete .de-Domain ist also bei der Suche nach deutschen Begriffen, „deutschen Einstellungen“ klar im Vorteil. Eine .com-Domain, die z. B. in der Schweiz gehostet wird, hat es hier ungleich schwerer.

Oh – vielen Dank. Unsere Leser wird das sehr freuen. Hast du noch einen weiteren Tipp für uns?
Frank Fuchs: 
Für Suchmaschinen die richtigen Keywords zu finden und diese mit vernünftigen demografischen Daten für das Targeting anzureichern, ist ja oft nicht ganz einfach. Wir haben für das Ad-Center ein Plug-in für Excel gebaut, mit dem man direkt aus Excel heraus neben die Keywords eben auch weitere interessante Kennzahlen holen kann. Leider ist das für den deutschen Markt noch nicht verfügbar, da das Ad-Center hier noch nicht live ist. Man kann allerdings für bestimmte Themen auch heute schon über das Ad-Center in UK (United Kingdom) wertvolle demografische Daten holen, die ja zum Teil auf hiesige Verhältnisse übertragbar sind. Damit lassen sich wirklich interessante Keywordlisten zusammenstellen. Letztlich arbeiten viele Online-Marketer ja sowieso in Excel und mit dem Plug-in muss man nicht mehr umständlich Daten hin- und herkopieren. Um das Tool nutzen zu können, muss man sich beim Ad-Center in UK anmelden (http://einfach.st/bingaduk).
Das Plug-in läuft allerdings noch nicht mit der neuen Excel-Version 2010. (Hinweis der Redaktion: Das MAIT – Microsoft Advertising Intelligence Tool – gibt es kostenlos zum Download unter: einfach.st/ait.)
Auch die Webmaster-Toolbox von Bing (einfach.st/bgl) kann ich nur empfehlen. Man findet hier wertvolle Informationen darüber, wie Bing die eigene Domain „sieht“. Dort kann man auch gezielt einzelne Seiten aus dem Bing-Index löschen, die man, aus welchen Gründen auch immer, dort nicht mehr haben möchte. 

Wir danken euch sehr für das Gespäch!