Seit der Markteinführung des iPhones im Jahr 2007 hat das mobile Internet kräftig an Fahrt aufgenommen und beeindruckt mit rasanten Wachstumszahlen. Der Erfolg des App Store übertrifft alle Erwartungen und hat in diesen Dimensionen selbst Apple überrascht. Inzwischen haben die meisten Anbieter das Konzept für ihre Smartphones übernommen. Der SEO-Berater und Herausgeber der iPhone App „SEO Post“, Hanns Kronenberg, wirft einen Blick auf die aktuelle Marktentwicklung und gibt Tipps für Ihre mobile-Strategie.
App Boosting Teil 1– Marktanalyse mobiles Internet
Das mobile Internet kommt in großen Schritten
Mittlerweile hat es sich weitestgehend herumgesprochen, dass Mobilität „das nächste große Ding“ im Internet wird. Im letzten Jahr wurden weltweit jede Sekunde 4 Menschen geboren, 9 PCs und 36 Handys verkauft. Bereits 6 von diesen 36 Handys waren Smartphones. Nach Expertenmeinungen werden ab 2013 mehr Smartphones als PCs verkauft. In den nächsten 5 Jahren werden die mobilen Zugriffe auf das Internet die stationären Zugriffe über Desktop-Rechner (PC) überholen.
Die Zugriffszahlen auf das mobile Google-Netzwerk waren beim iPhone nach dessen Markteinführung 50-mal so hoch wie bei anderen Mobilgeräten. Laut Nielsen Media Research war Google so verunsichert, dass die Zahlen mehrfach geprüft werden mussten. Angesichts der Marktentwicklung seit 2007 hat Google seine Strategie geändert. Google-Chef Eric Schmidt betonte dieses Jahr mehrfach, dass Google ab sofort nach dem Prinzip handelt: „Mobile first“. Er erläuterte auf dem Mobile World Congress 2010 in Barcelona auch gleich, was damit gemeint ist. Google setzt jetzt seine besten Programmierer darauf an, Applikationen für das mobile Web zu entwickeln. Neue Anwendungen werden zuerst für Mobilgeräte entwickelt und erst danach für das stationäre Internet adaptiert. Das ist ein großer Wandel und brachte Google-Produkte wie Android (Betriebssystem für Smartphones), Google Voice Search (Suche über Spracheingabe) und Google Goggles (Suche über Bilderkennung) hervor. Das sind nur einige Beispiele.
Seit der Markteinführung der Touchphones (z. B. iPhone, Android-Smartphones) entwickelt sich das mobile Web um ein Vielfaches schneller als das stationäre Internet vor 10 Jahren. Vor diesem Hintergrund sollte selbst dem größten Zweifler klar werden, welche gewaltigen Zukunftschancen das mobile Internet bietet. Unternehmen, die jetzt zögern, riskieren, ihre erreichte Marktstellung im Internet an die Wettbewerber zu verlieren, welche gegenüber den Nutzern auch mit mobilen Angeboten glänzen können.
Native Apps oder mobile Website?
Wer seine Chancen im mobilen Internet nutzen möchte, steht grundsätzlich vor der Frage, ob er eine native App (App) oder aber eine angepasste mobile Website entwickeln soll. Unter nativen Apps versteht man proprietäre Programme, die für ein bestimmtes (mobiles) Betriebssystem (z. B. iOS, Android, RIM OS, Symbian, Windows Mobile, webOS) geschrieben wurden und via Download auf den Mobilgeräten installiert werden. Mobile Websites können hingegen über den Browser plattformübergreifend von Geräten mit verschiedenen Betriebssystemen aufgerufen werden. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile.
Native Apps bieten derzeit in vielen Fällen das bessere Nutzungserlebnis. Sie wurden speziell für ein Betriebssystem entwickelt und reizen dessen Möglichkeiten aus. Sie haben Zugriff auf das Adressbuch, GPS-Daten, die E-Mail-Applikation, den internen Speicher und weitere Funktionen. Zudem sind viele Daten schon auf dem Gerät gespeichert und müssen nicht erst aus dem Web geladen werden. Das macht Apps sehr komfortabel und schnell. Bequeme und schnelle Nutzung sind zentrale User-Kriterien. Einfache und häufig genutzte Datenbankabfragen wie etwa aktuelle Nachrichten, das Wetter oder Fahrpläne erfolgen oft ohne umständliche Texteingaben mit einem Fingertipp (One-Click-Solutions). Datenhungrige und rechenintensive Anwendungen wie Navigationssysteme (inkl. Kartenmaterial) und aufwendige Multimedia-Spiele sind derzeit nur als App und kaum als mobile Website vorstellbar. Der Nachteil von nativen Apps besteht darin, dass theoretisch für jedes mobile Betriebssystem eine eigene App programmiert und vermarktet werden muss.
Diesen Nachteil besitzen mobile Websites grundsätzlich erst einmal nicht. Mit Standards wie HTML5 und CSS3 lassen sich anspruchsvolle Websites entwickeln, die über einen Browser mit jedem internetfähigen Handy verwendet werden können. Eine Website kann zudem für Suchmaschinen optimiert werden, sodass Nutzer sie gut finden können. Im direkten Vergleich zu nativen Apps ist das Nutzungserlebnis jedoch oftmals eingeschränkt. Das liegt zu einem großen Teil auch an einer mangelhaften kostengünstigen Breitbandabdeckung (z. B. Funklöcher, Netzüberlastungen, hohe Roaming-Gebühren im Ausland).
Man könnte noch viele Vor- und Nachteile der beiden Alternativen aufzählen. Tatsache ist, dass die Nutzer von Smartphones derzeit beide Varianten intensiv anwenden. Diverse Studien belegen, dass sich die Nutzung etwa gleich verteilt. Die von Google und der Otto Group beauftragte Studie „GO SMART 2012: ALWAYS-IN-TOUCH. Studie zur Smartphone-Nutzung 2012“ zeigt, dass dieses auch für die Nutzer in Deutschland zutrifft. Laut Studie (Seite 26) erfolgt die mobile Internetnutzung zur Hälfte über den Browser und zur anderen Hälfte über Apps. Probleme gibt es noch bei der Definition und Abgrenzung von Apps. Letztendlich sind auch E-Mai-Programme und Browser vorinstallierte Apps. Besonders intensiv werden Apps auf dem iPhone genutzt. Laut einer Studie von compete.com aus dem Jahr 2009 sagen 54 % der befragten iPhone-Nutzer, dass sie mehr Zeit mit Apps als mit dem Browser verbringen.
Es wird heftig diskutiert, ob in Zukunft aufgrund einer besseren Breitbandabdeckung native Apps ihre Geschwindigkeitsvorteile und damit auch einen gewissen Teil ihrer Berechtigung verlieren werden. Für manche Kategorien von Apps mag das zutreffen, bei anderen ist es schwer vorstellbar. Egal, wie man darüber denkt – mit einem Anteil an der Nutzung von etwa 50 Prozent kann für eine erfolgreiche Mobilstrategie auf Apps derzeit nur schwer verzichtet werden. Viele Unternehmen setzen daher nicht nur auf ein Pferd, sondern bieten sowohl eine native App als auch eine mobile Website an. Dieses Vorgehen sollte im Einzelfall geprüft werden, kann zum heutigen Zeitpunkt aber grundsätzlich als „Best Practice“ bezeichnet werden. Bei genauerer Analyse wird man zudem feststellen, dass in Deutschland 1–2 Betriebssysteme die mobile Internetnutzung dominieren. Bei einer Konzentration auf diese beiden Systeme bleiben die Entwicklungskosten für native Apps überschaubar.
Für welche Plattformen lohnt es sich, Apps zu entwickeln?
Wichtiger als die Marktposition verschiedener Betriebssysteme bei den verkauften Geräten ist die Verteilung der Marktanteile bei der mobilen Nutzung des Internets. So verkauft Nokia nach wie vor viele Geräte mit dem Betriebssystem Symbian. Die Käufer nutzen die Nokia-Geräte in Europa aber selten für das mobile Internet. Das Berliner Webanalyse-Unternehmen Webtrekk veröffentlichte jüngst Zahlen für das 3. Quartal 2010, wonach in Deutschland 85,3 Prozent der mobilen Zugriffe über Geräte mit dem Betriebssystem iOS (iPhone, iPod, iPad) erfolgen. Dabei wurden von Webtrekk Angebote des Kundenportfolios untersucht, welches u. a. BILD.de, Esprit, Tchibo, Zalando, KfW-Bankengruppe, DIE ZEIT, Bundesliga, Stiftung Warentest, Allianz, MEDION und Hubert Burda Media umfasst. Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Wer mobile Angebote und Apps für den deutschen Markt entwickeln möchte, sollte mit den Apple-Geräten beginnen.
Weit abgeschlagen belegt in der Studie das Betriebssystem Android von Google mit einem Anteil von 3,98 Prozent den zweiten Platz vor Symbian (Nokia) mit 3,35 Prozent. Es folgen auf den weiteren Plätzen RIM (Blackberry), webOS (Palm) und Windows Mobile. Ähnliche Verhältnisse sind in Deutschland beim Download von Apps zu beobachten.
Hat man positive Erfahrungen mit Apps für iOS gesammelt, ist es ratsam, als nächste Plattform Google Android zu bedienen. In den USA hat Android in diesem Jahr ein rasantes Wachstum hingelegt. Da es sich bei Android im Gegensatz zu iOS um eine freie Software handelt, findet man das Betriebssystem auf immer mehr Geräten von verschiedenen Herstellern. Langfristig hat Android daher auch in Deutschland glänzende Aussichten.
Wichtig ist zu beachten, dass sich die Marktanteile verschiedener Betriebssysteme von Land zu Land sehr unterschiedlich verteilen. Daten zu einzelnen Ländern bietet die Website StatCounter unter gs.statcounter.com. Für den Zielmarkt Deutschland empfiehlt es sich derzeit aber, im ersten Schritt Apps für iOS und im zweiten Schritt Apps für Android zu entwickeln. Selbstverständlich kann nicht jeder Inhalt einer Website sinnvoll als App umgesetzt werden. Vielmehr sind die speziellen Bedürfnisse der Smartphon-Nutzer zu berücksichtigen und es muss sichergestellt werden, dass eine App tatsächlich für eine ausreichend große Zielgruppe einen Mehrwert liefert. Im Vorteil sind Inhalte, bei denen Aktualität und Aufenthaltsort eine überdurchschnittliche Rolle spielen (z. B. lokale Suche, Navigation, Social Media, Nachrichten).
Wurde ein Erfolg versprechendes Konzept für eine App gefunden, kann im nächsten Schritt mit deren Entwicklung und der Vermarktung begonnen werden.
Erfolge von Apps
Inzwischen gibt es zahlreiche Beispiele für erfolgreiche Apps. So wurden bei eBay im Jahr 2009 Umsätze in Höhe von 600 Mio. Dollar über Mobilgeräte erzielt. Weltweit wird alle 2 Sekunden bei eBay ein Kauf über ein Mobilgerät durchgeführt. Eine herausragende Rolle spielen dabei die Apps für das iPhone und das iPad. Für 2010 erwartet eBay einen mobilen Umsatz in Höhe von 1,5 Mrd. Dollar.
Aber auch in Deutschland gibt es einige Erfolgsgeschichten. So konnten beispielsweise die iPhone Apps von stern.de und meinestadt.de jeweils mehrere Hunderttausend Downloads innerhalb des ersten Jahres verzeichnen. Über die Nutzer der Apps werden monatlich mehrere Millionen Seitenaufrufe generiert. Auch wenn dem mobilen Internet noch die größte Wachstumsphase bis hin zum Massenmarkt bevorsteht, lassen sich heute schon nennenswerte Umsätze generieren, welche die Entwicklungskosten für Apps rechtfertigen.
Lesen Sie in der nächsten Ausgabe von Website Boosting „App Boosting Teil 2 – erfolgreiches App-Store-Marketing für iPhone und iPad Apps“. Hanns Kronenberg hat den App Store durchleuchtet und zeigt, wie die Suche nach Apps und das App-Ranking bei iTunes funktionieren.