Jeden Tag werden allein in Deutschland 140 Millionen Suchanfragen an Google gestellt. Viele dieser Suchanfragen können zu einem Besuch auf Ihrer Website führen, falls Sie Ihre Keyword-Analyse sinnvoll durchgeführt haben. Lesen Sie hier, wie Sie die richtigen Suchbegriffe für Ihr Geschäftsmodell finden.
Wie Kunden suchen
Keyword-Recherche gehört zu den wichtigsten und auf lange Sicht betrachtet erfolgversprechendsten Tätigkeiten im Suchmarketing. Egal, ob Sie SEO oder SEA betreiben, ohne die richtigen Suchanfragen zu adressieren, verpulvern Sie einen großen Teil Ihrer eingesetzten Ressourcen.
Doch zahlt sich eine gute Keyword-Recherche nicht nur durch mehr und besseren Traffic aus, Sie lernen dabei auch jede Menge über Ihren Markt, die aktuelle Nachfrage und – wohl am wichtigsten – über Ihre Kunden. Letztlich ist die Keyword-Recherche also nichts anderes als Marktforschung, nur dass Sie sich hier selbst mit handfesten Informationen versorgen, die Sie zudem sofort für die Optimierung Ihrer Website oder der Adwords-Kampagne einsetzen können.
Füllen Sie Ihren Keyword-Korb
Am Anfang jeder Keyword-Recherche steht die Aufgabe, eine große Menge mehr oder weniger einschlägiger Suchanfragen zu sammeln. Dafür gibt es eine ganze Reihe technischer Hilfsmittel, doch sollten Sie zunächst mit dem naheliegendsten beginnen: Machen Sie eine Brainstorming-Runde. In dieser Phase notieren Sie einfach alle Suchbegriffe, die Ihnen zu Ihrer Website einfallen. Beziehen Sie dabei möglichst viele verschiedene Menschen mit ein. Geben Sie Ihren Kollegen, gerne auch aus anderen Abteilungen, vorbereitete Zettel, auf denen diese die Suchbegriffe eintragen können. Fragen Sie aber auch in Ihrem Familien- oder Freundeskreis nach; häufig herrscht im Unternehmen eine gewisse Betriebsblindheit, die sich auch auf die Sprach- und damit die Suchgewohnheiten erstreckt.
Der Klassiker dieser Sprachproblematik ist wohl das Begriffspaar „Spielwaren“ versus „Spielzeug“. Kein Hersteller hochwertiger Spielwaren würde auf die Idee kommen, das Wort „Spielzeug“ zu benutzen – aber es suchen doppelt so viele Menschen nach „Spielzeug“ wie nach „Spielwaren“.
Google Trends: Spielwaren oder Spielzeug?
Um den Brainstorming-Prozess etwas anzufachen, hilft oftmals ein Blick auf bereits existierende Publikationen. Lesen Sie die Veröffentlichungen Ihres Unternehmens, egal, ob Fachpublikationen oder die auf Hochglanz gedruckte Selbstdarstellungsbroschüre. Vergessen Sie dabei nicht, die Begriffe auf Ihrer bereits existierenden Website zu berücksichtigen. Schließlich ergänzen Sie die Liste noch um alle Produkt- und Markennamen Ihres Unternehmens.
Das Ergebnis dieses Brainstormings sollte bereits eine recht ausgiebige Liste sein, doch sind die gesammelten Begriffe noch zu stark von der jeweiligen Unternehmenssicht geprägt. Deshalb ist es nun an der Zeit, externe Quellen mit einzubeziehen. Schauen Sie sich an, welche Keywords Ihre Konkurrenten auf den Webseiten einsetzen. Fügen Sie diese Begriffe Ihrer Liste hinzu – lassen Sie dabei aber die Markennamen der Konkurrenz unbeachtet, damit Sie sich keine rechtlichen Probleme einfangen.
Werfen Sie ebenso einen Blick in die Referrer-Statistik Ihrer Website. Dort finden Sie zwar nur Suchanfragen, unter denen Ihre Site bereits gefunden wird, aber lassen Sie sich überraschen, welche Anfragen und vor allem Anfragekombinationen dort auftauchen! Garantiert sind dort Keywords aufgeführt, an die Sie nie gedacht hätten.
Häufig noch aufschlussreicher ist die Auswertung der internen Suchfunktion, denn die interne Suche wird von Besuchern genutzt, die sich ganz offensichtlich für Ihre Angebote interessieren, aber nicht auf Anhieb das finden, was sie erwartet haben. Und falls Ihre Website noch keine interne Suche haben sollte: Allein die Informationen, die Sie aus der Auswertung interner Suchen gewinnen können, sind es wert, sofort eine interne Suche einzuführen.
Keywords systematisch anreichern ...
Gehen Sie nun daran, die Liste der Suchbegriffe systematisch zu ergänzen. So werden in der Auflistung viele Synonyme vorkommen, teilweise auch in Kombinationen. Hier ist ein Ausschnitt aus einer solchen typischen Keyword-Liste für die Website eines hypothetischen Notebook-Ladens in Holzkirchen bei München:
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Ersetzen Sie nun systematisch diese Synonyme in allen vorkommenden Anfragen. Aus unserer Liste erhalten wir nun diese bereits deutlich längere Auflistung:
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(Die neu hinzugekommenen Suchanfragen sind fett hervorgehoben.)
Da in unserem Beispiel die Regionalität eine Rolle spielt, sollten Sie auch die regionalen Begriffe systematisch variieren. Sie können dazu zum Beispiel die Namen wichtiger nahe gelegener Städte nutzen oder alternative regionale Bezeichnungen. Und auch die Singular- bzw. Pluralversionen sollten Sie in den jeweiligen Kombinationen nutzen:
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So ergibt sich also sehr schnell eine lange Liste mit möglichen Keywords, die für die Optimierung interessant sein könnten. Wenn Sie in der Brainstorming-Phase fleißig waren, ist Ihre Ausgangsliste womöglich ziemlich lang. Dann können Sie die beschriebene Anreicherung auch auf die wichtigsten Begriffe beschränken. Aber bedenken Sie dabei: Keywords, die Sie während der Recherche nicht beachten, fallen später bei der Optimierung unter den Tisch! Investieren Sie also lieber etwas mehr Arbeit in diese Phase, als am Ende wichtige Suchanfragen nicht abzudecken.
... und bewerten
Natürlich ist nicht jedes Keyword gleich wichtig. Kann sich unser beispielhafter Notebookladen mit angeschlossenem Versandgeschäft für notebook versand auf Platz 1 positionieren, so bringt das mehr Umsatz, als wenn er lediglich für laptops holzkirchen vorne zu finden ist.
Eine erste Näherung, wie wichtig eine einzelne Suchanfrage ist, erhalten wir mit dem kostenlose nutzbaren Google-Adwords-Keyword-Tool [https://adwords.google.de/select/KeywordToolExternal], der uns anzeigt, wie oft die angegebenen Suchanfragen bei Google im Monat gestellt wurden. Um sinnvolle Ergebnisse zu erhalten, achten Sie darauf, dass als Sprache und Gebiet „Deutsch, Deutschland“ (1) eingestellt ist. Diese Einstellung wird aus Ihrem Browser übernommen und kann durchaus auch mal danebenliegen. Sollte hier beispielsweise „Englisch, Schweiz“ stehen, werden Ihnen die Ergebnisse nicht wirklich weiterhelfen. Stellen Sie ebenso den „Übereinstimmungstyp“ (2) auf „Exakt“. Nur dann zeigt das Keyword-Tool auch die korrekten Werte an.
Haben Sie diese Einstellungen vorgenommen, kopieren Sie einfach die Keywords in das Eingabefeld (3) und klicken auf „Keyword-Tool“. Sie erhalten eine Auflistung der Suchhäufigkeit der angegebenen Begriffe, die Sie als Excel- oder CSV-Textdatei speichern und weiterverarbeiten können. Vertrauen Sie bitte aber nicht blind auf die ausgegebenen Daten. Google scheint bei der regionalen Zuordnung weltweit geläufiger Begriffe wie „laptop“ oder „facebook“ häufig Probleme zu haben. Dies führt dazu, dass für diese internationalen Begriffe oftmals viel zu große Suchhäufigkeiten angezeigt werden.
Brainstorming-Helferlein
Sie können das Keyword-Tool aber auch nutzen, falls Sie beim Brainstorming zu wenige Begriffe finden. Wenn Sie die entsprechenden Häkchen setzen, zeigt das Tool verwandte Suchanfragen an, die natürlich ebenfalls exportiert werden können. Aber es gibt noch weitere Tools, die verwandte Keywords ermitteln und so Ihre Keyword-Liste anreichern helfen.
Ein kleines und höchst bequemes Helferlein ist die Firefox-Erweiterung „Search Cloudlet“ [www.getcloudlet.com]. Diese Erweiterung klinkt sich in die Google-Suche ein und zeigt eine Tagcloud mit Begriffen an, die inhaltlich zur gestellten Suchanfrage passen. Natürlich finden sich darunter auch viele Begriffe, die wenig hilfreich sind, aber für eine erste Anregung leistet „Search Cloudlet“ gute Dienste.
Deutlich mehr und zumeist erheblich bessere Vorschläge, die zudem noch sauber strukturiert sind, bietet die Funktion „Verwandte Suchvorgänge“ der Suchmaschine Semager [www.semager.de/keywords]. Dazu werden die Wortbeziehungen auf Webseiten mit semantischen Techniken untersucht, was häufig tief gehende Einblicke in die eigene Branche erlaubt und so für die Keyword-Recherche äußerst nützlich ist.
Ihre Keyword-Liste sollte nun entsprechend umfangreich sein; zudem kennen Sie für jedes Keyword die Suchhäufigkeit. Dies erlaubt Ihnen, die Topbegriffe für Ihre Suchkampagne zu ermitteln. Nehmen Sie dazu die meistgesuchten Begriffe Ihrer Liste (50 sollten reichen) und sortieren diese nach der Relevanz für Ihre Website, wobei Relevanz in diesem Zusammenhang bedeutet, wie gut der Begriff zur angebotenen Dienstleistung und zum Geschäftsmodell passt.
In unserem Beispiel mit dem Notebook-Versender werden zwar die Begriffe „notebook“ und „laptop“ am häufigsten gesucht, für die verkaufsorientierte Website sind aber entsprechend verkaufsorientierte Suchbegriffe (sogenannte „transactional queries“) wie „notebook versand“ oder „notebook verkauf“ relevanter und sollten höher gewichtet werden. Sollten Sie zu den Excel-Freaks gehören, lässt sich das ebenso bequem wie mathematisch sauber in einem Tabellenblatt aufzeichnen. Notieren Sie in Spalte A die Keywords, in Spalte B die Suchhäufigkeiten und in Spalte C die von Ihnen geschätzte Relevanz als Zahl, etwa zwischen eins und zehn. Spalte D nimmt dann Ihre ganz spezifische „Wichtigkeit“ auf, indem Sie die Suchhäufigkeit mit der Relevanz multiplizieren. Unter Umständen ist es sinnvoll, auf die Suchhäufigkeit den Logarithmus anzuwenden, um so den Einfluss der Relevanz zu erhöhen.
Wenn Sie sich unsicher sind, welche Ihrer vermeintlichen Topbegriffe tatsächlich auch relevant sind und letztendlich Umsatz bringen, müssen Sie sich Klarheit darüber verschaffen. Dafür gibt es einen einfachen Weg: Schalten Sie bezahlte Google-Adwords für die wichtigsten Begriffe! Sie bekommen dann schnell handfeste Zahlen dafür, welche Keywords tatsächlich auch zu Verkäufen (oder was auch immer sonst das Ziel der Website ist) führen. Sie sollten dafür aber durchaus eine vierstellige Summe einplanen; ist Ihr Budget zu gering, sind Ihre Daten nicht repräsentativ genug.
Google Suggest
Für die so erhaltenen Top-Keywords, die nun genau auf Ihr Geschäftsmodell zugeschnitten sind, lohnt es sich, nochmals nachzuarbeiten, um wirklich alle Begriffsvariationen und Synonyme zu erhalten. So hat etwa die Einführung von „Google Suggest“ im April 2009 zu einem erheblichen Einfluss auf das Suchverhalten der Nutzer geführt. Die Messungen zum Anteil der Suggest-Klicks variieren zwischen zehn und vierzig Prozent, in Einzelfällen kann der Einfluss aber noch gravierender sein.
Google Suggest funktioniert so, dass Google bereits beim Eintippen in einem Drop-Down-Menü passende Suchvorschläge anzeigt, die der Nutzer dann anklicken kann. Seit der Suggest-Einführung gibt es nun erhebliche Abweichungen, die eindeutig auf die eingeblendeten Suchvorschläge zurückzuführen sind. Besonders schön lässt sich das am Wort „Grunderwerbsteuer“ zeigen, das sich auch mit einem Fugenlaut als „Grunderwerbssteuer“ schreiben lässt.
Bis April 2009 hielten sich beide Schreibweisen bei der Google-Suche in etwa die Waage, von da an aber dominiert die Variante ohne das zusätzliche „s“. Der Grund dafür ist offensichtlich: Sucht der Nutzer in Google danach, erhält er nach wenigen eingetippten Buchstaben den Vorschlag „grunderwerbsteuer“ – und klickt darauf, um sich bei dem langen Wort nicht die Finger zu brechen.
Gehen Sie deshalb Ihre wichtigsten Suchbegriffe durch und geben Sie diese Buchstabe für Buchstabe in das Google-Suchfeld ein. Achten Sie darauf, welche Vorschläge dabei angezeigt werden. Womöglich finden Sie hier wichtige Keywords, die Sie bislang nicht beachtet oder deren Bedeutung Sie unterschätzt haben.
Aber nicht nur Google Suggest beeinflusst die Bedeutung von Suchanfragen. So verändert sich beispielsweise die Schreibweise von Wörtern durch die Rechtschreibreform. Untersuchen Sie auch, ob Ihre wichtigen Begriffe eher im Singular oder im Plural gesucht werden. Und unter Umständen kann es notwendig sein, regionale Sprachgewohnheiten zu berücksichtigen. Insbesondere im Bereich Ernährung haben sich viele traditionelle Begriffe im alltäglichen Sprachgebrauch erhalten, die von Gegend zu Gegend sehr unterschiedlich benutzt werden.
In der Vergangenheit habe ich oft empfohlen, auch Tippfehler der wichtigsten Begriffe mit aufzunehmen und dafür zu optimieren. Allerdings nimmt die Bedeutung von Tippfehlern kontinuierlich ab – nicht weil die Menschen besser schreiben könnten, sondern weil Google bei vielen Tippfehlern Ergebnisse für die korrekte Schreibweise anzeigt. Sucht der Nutzer etwa nach „notrbook“, listet Google die ersten beiden Treffer für die Suchanfrage „notebook“ auf. Somit ist es häufig nicht mehr sinnvoll, seine Website mit falschen Schreibweisen zu belasten, nur um durch Tippfehler gefunden zu werden.
Wichtig hingegen ist es, zeitliche Änderungen von Suchanfragen zu berücksichtigen. Auch diese Daten gibt uns das Google-Keyword-Tool preis. Allerdings müssen Sie die Anzeige erst unter „Wählen Sie die Spalten für die Anzeige aus“ einschalten.
Hier zeigen sich nun zum einen saisonale Schwankungen, die bei einzelnen Begriffen sehr ausgeprägt sein können. So gehört die Suchanfrage „tour de france“ für drei Wochen im Juli zu den am häufigsten gesuchten Begriffen, während sich im Rest des Jahres niemand dafür interessiert.
Andererseits lassen sich daraus auch Entwicklungen ablesen, die – ganz im Sinne des eingangs erwähnten Mottos „Keyword-Recherche ist Marktforschung“ – Hinweise geben auf grundlegende Veränderungen im Nutzerinteresse. Wie die nebenstehende Grafik deutlich macht, konnte der Computerhersteller Asus eine Steigerung des Interesses verzeichnen, während die eher traditionellen Produzenten wie Toshiba und IBM im Vergleich dazu stagnierten.
Erkenntnisse und Stolpersteine
Die Kunst der Keyword-Recherche liegt darin, möglichst unvoreingenommen ans Brainstormen und Bewerten heranzugehen und trotzdem das eigene Geschäftsmodell als Maßstab im Hinterkopf zu behalten. So falsch es ist, alle „Spielzeug“-Suchanfragen von vornherein zu verbannen, weil Sie ja schließlich hochwertige „Spielwaren“ verkaufen, so verhängnisvoll kann es sein, sich nur von den Suchhäufigkeiten leiten zu lassen und die erzielbaren Umsätze zu vernachlässigen. In der Beratungspraxis erlebe ich dabei oft das Problem, dass der Kunde seine eigene Zielsetzung im Web gar nicht kennt. Klar, die Site soll möglichst häufig gefunden werden, doch was die Nutzer dann auf der Webpräsenz tun sollen, ist unklar. Deshalb muss vor der Keyword-Recherche die Zielsetzung der geplanten Suchmarketing-Kampagne geklärt werden, denn wie wollen Sie die Relevanz einzelner Keywords beurteilen, wenn Sie gar nicht wissen, wie die Ziele Ihrer Website aussehen?
Werfen Sie zum Abschluss nochmals einen Blick auf Ihre Keyword-Liste. Diese wird einige Hundert oder, wenn Sie sehr fleißig waren, ein paar Tausend Suchbegriffe umfassen. Das ist viel, aber im Vergleich zu den einleitend erwähnten 140 Millionen täglich gestellten Suchanfragen doch nur ein winziger Teil. Möchten Sie mehr von diesem Kuchen abhaben, müssen Sie sich an die Optimierung des „Long Tails“ wagen. Damit sind all jene Suchanfragen gemeint, die einzeln zwar sehr selten gestellt werden, die aber aufgrund ihrer immensen Vielfalt einen großen Teil des gesamten Suchaufkommens ausmachen.
Versuchen Sie aber nicht, mit den hier beschriebenen eher traditionellen Mitteln der Keyword-Recherche den Long Tail angehen zu wollen. Dafür sind andere Methoden sinnvoller, die durch automatisierte Abläufe die großen Datenmengen bändigen. Wie Sie dabei vorgehen können, lernen Sie im zweiten Teil dieses Artikels in der nächsten Ausgabe!