In der letzten Zeit schießen sie wie Pilze aus dem Boden. Gemeint sind die sogenannten Personen-Suchmaschinen. Im Sekundentakt durchforsten sie das Internet, speichern Daten und stellen Verknüpfungen und Querverweise her. Die wohl bekanntesten Vertreter im deutschsprachigen Raum sind Yasni und 123people. Viele rechtliche Fragen stellen sich beim Betrieb einer solchen Personen-Suchmaschine und bislang gibt es kaum Urteile, die weiterhelfen könnten. Der vorliegende Artikel skizziert die ersten „Gehversuche“ der deutschen Rechtsprechung im Umgang mit Personen-Suchmaschinen.
Überschrift Dos & Don´ts bei Personen-Suchmaschinen
Datenschutzrechtliche Problematik
Die wohl erste Frage, die sich beim Betrieb einer Personen-Suchmaschine stellt, ist datenschutzrechtlicher Natur: Darf diese Suchmaschine wirklich alles speichern und archivieren, was einmal im Netz veröffentlicht wurde? Die Veröffentlichung einer einzelnen Nachricht über mich auf unterschiedlichen Seiten mag noch datenschutzrechtlich in Ordnung sein. Gewinnt aber nicht durch den Umstand, dass diese einzelnen, verstreuten Informationen durch Yasni & Co. zusammengeführt werden, die gesamte Angelegenheit eine neue, qualitativ schwerwiegendere Bedeutung?
Die Antworten, die die Juristen hierauf geben, sind mannigfaltig. Praktisch wird von dem einen Extrem hin zum anderen alles vertreten. Vor allem die Front der Verbraucherschützer und der selbst ernannten Datenschützer schreit tagtäglich auf und hält die Funktionsweise der Personen-Suchmaschine für höchst bedenklich, wenn nicht für rechtswidrig.
Diese Äußerungen überraschen ein wenig, wenn man in das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) schaut, denn eine Norm, die den Betrieb von Personen-Suchmaschinen grundsätzlich und in aller Allgemeinheit verbietet, findet sich gerade nicht. Die Frage lautet vielmehr: Ist die konkrete Ausformung bei Yasni & Co. zu beanstanden?
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die herkömmlichen Personen-Suchmaschinen die Inhalte der fremden Seiten nicht selbst abspeichern. Die Informationen bleiben also auf den Homepages der User. Die Suchmaschinen-Anbieter indizieren vielmehr nur.
Die Erlaubnisnorm, auf die sich die Personen-Suchmaschinen berufen, ist § 29 BDSG. Nach dieser Norm ist es unter anderem erlaubt, personenbezogene Daten zu speichern und anzubieten, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen stammen. Da Yasni & Co. nur Webseiten indizieren, die öffentlich zugänglich sind, scheint diese Norm zu greifen.
Freilich beinhaltet die Norm noch einen einschränkenden Halbsatz. Danach ist auch eine Speicherung von allgemein zugänglichen Informationen nur dann erlaubt, wenn „das schutzwürdige Interesse des Betroffenen nicht überwiegt". Im Klartext: Es ist eine konkrete Rechtsgüterabwägung vorzunehmen zwischen den Interessen des einzelnen Betroffenen, dessen Name oder Foto indiziert wird, und den wirtschaftlichen Interessen des Suchmaschinen-Betreibers. Es versteht sich von selbst, dass diese Worthülse schlechterdings das Einfallstor für jede noch so subjektiv geprägte Lobby-Interpretation ist. Nach einer Ansicht soll das Schutzinteresse des Betroffenen stets und immer überwiegen, die genau gegenteilige Meinung hingegen sieht keinerlei Schutzbedarf für den Betroffenen.
Wie immer in solchen Fällen liegt die Wahrheit in der Mitte. Die Informationen, die im Netz rechtmäßig öffentlich zugänglich gemacht werden, sind für jedermann frei zugänglich. Warum sollte es hier im Regelfall einen besonderen Schutzbedarf gegenüber Personen-Suchmaschinen geben, wenn an anderer Stelle diese Informationen frei publiziert werden? Diese Wertung nimmt auch das Gesetz vor. Nach § 29 BDSG ist das Speichern und Übermitteln von frei zugänglichen Daten die Regel und somit grundsätzlich erlaubt. Und nur in einzelnen, besonderen Ausnahmefällen ist von einem Verbot auszugehen.
Nichts anderes gilt hinsichtlich des Argumentes, dass durch die von den Personen-Suchmaschinen betriebene Verknüpfung einzelner, verstreuter Informationen ein neuer, qualitativ schwerwiegenderer datenschutzrechtlicher Eingriff stattfinde. Hierzu hilft eine Parallelbeobachtung aus dem Offline-Bereich: Seit vielen Jahrzehnten gibt es hier die sogenannten Auskunfteien, wie z. B. Hoppenstedt, SCHUFA oder Bürgel. Auch diese Unternehmen sammeln, neben anderen Datenquellen, ihre Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen. Die Rechtsprechung hat ein solches Handeln stets für rechtlich einwandfrei gehalten. Warum sollte dies nun im Online-Bereich bei Personen-Suchmaschinen anders sein?
Die bislang veröffentlichte Rechtsprechung zu diesem Bereich hilft leider nicht weiter. Soweit ersichtlich gibt es erst zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamburg dazu. In einem Beschluss von Oktober 2009 (Beschl. v. 23.10.2009 - Az.: 7 W 119/09) lehnen die Hamburger Richter bereits die Anwendung des BDSG in Gänze ab, weil der Anbieter selbst überhaupt keine eigenen Daten verarbeite, sondern lediglich auf die Dritter zurückgreife. Nach dieser Ansicht gäbe es bereits von vornherein keinerlei datenschutzrechtliche Probleme, weil das BDSG überhaupt nicht anwendbar sei.
In einem weiteren Beschluss, diesmal von Mitte November (Beschl. v. 13.11.2009 - Az.: 7 W 125/09) äußern sich die hanseatischen Juristen etwas ausführlicher zu dieser Frage. Sie verneinen erneut die Anwendbarkeit des BDSG, weil die Daten zu keiner Zeit von der Personen-Suchmaschine gespeichert würden. Ein datenschutzrechtliches „Verarbeiten“ liege nicht vor, weil keine Speicherung erfolge. Die anderen Möglichkeiten wie „Erheben“ oder „Beschaffen“ seien ebenfalls nicht gegeben, denn dies setze voraus, dass die Daten sich in der Verfügungsgewalt der Suchmaschine befänden. Hier könne aber weder von einem Speichern noch von einer Verfügungsgewalt gesprochen werden, denn die relevanten Daten selbst würden nicht bei der Personen-Suchmaschine gespeichert, sondern auf den Webseiten der indizierten Inhalte, so die Robenträger. In jedem Fall sei das Anbieten der Informationen erlaubt, denn es handle sich um frei zugängliche Quellen.
Urheberrechtliche Problematik
Auch die urheberrechtliche Problematik von Suchmaschinen steht noch am Anfang der rechtlichen Klärung. Erfreulicherweise existiert hier eine Entscheidung des OLG Köln vom Februar 2010 (Urt. v. 09.02.2010 - Az.: 15 U 107/09), das wenigstens eine erste Orientierung bieten kann.
123people hatte Fotos des Klägers, welche dieser auf der Internetplattform Facebook eingestellt hatte, bei sich als „embedded Links“ wiedergegeben. Der Kläger hielt dies für rechtswidrig, da er sein Einverständnis dazu nicht gegeben hatte. 123people hingegen war der Auffassung, dass das Vorgehen zulässig sei. Schließlich handle es sich um Bilder, die im Internet frei verfügbar seien.
Die Richter wiesen die Klage ab und gaben somit 123people recht. Sie begründeten die Entscheidung damit, dass der Kläger durch das Einstellen der Fotos auf der Online-Plattform Facebook auch in den Zugriff durch andere Medien eingewilligt habe. Der Kläger habe mit der Einstellung seines Bildnisses zumindest konkludent seine Einwilligung in einen Zugriff durch Suchmaschinen wie 123people erklärt. Zudem sähen die allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook vor, dass der Nutzer gerade mit der Veröffentlichung von Inhalten in andere Medien einverstanden sei. Dies gelte nur dann nicht, wenn der Nutzer von der Option Gebrauch mache, seine Daten für Dritte zu sperren. Von dieser eingeräumten Möglichkeit der Sperre habe der Kläger keinen Gebrauch gemacht, insofern sei die Verwendung durch 123people zulässig gewesen.
Haftungsrechtliche Problematik
Auch im Bereich der allgemeinen haftungsrechtlichen Problematik gibt es inzwischen eine oberinstanzgerichtliche Entscheidung.
Der verklagte Anbieter war diesmal Yasni. In dessen Suchergebnissen fanden sich Links zu der rechtswidrigen Seite eines Dritten, die den Mord am Schauspieler Walter Sedlmayr zum Gegenstand hatte. Nachdem Yasni daraufhin abgemahnt worden war, entfernte es die Links. In der Folgezeit waren dennoch einige Suchergebnisse zu Walter Sedlmayr abrufbar. Die Klägerin sah darin eine erneute Rechtsverletzung und begehrte Unterlassung.
Zu Unrecht, wie das OLG Hamburg Ende Oktober 2009 (Urt. v. 23.10.2009 - Az.: 7 W 119/09) entschied. Zur Begründung führte es aus, dass eine Personen-Suchmaschine vor Kenntnis nicht als Mitstörer für etwaige Rechtsverletzungen Dritter hafte. Es sei nicht ersichtlich, dass die Personen-Suchmaschine ihre Prüfungspflichten verletzt habe. Denn sofort nach Kenntnis habe sie reagiert und die rechtsverletzenden Beiträge und Links entfernt. Damit sei sie in ausreichender Weise ihren Verpflichtungen nachgekommen.
Den Betreiber einer Personen-Suchmaschine treffe lediglich eine Verpflichtung dahingehend, dass auf eine konkrete Abmahnung hin für Abhilfe zu sorgen sei. Die Beklagte sei jedoch nicht verpflichtet, alle Suchergebnis-Positionen nach möglichen Rechtsverletzungen zu durchsuchen. Es bestehe vor allem keine vorbeugende Prüfungspflicht.
Fazit
Die ersten „Gehversuche“ zeigen, dass die derzeit größte rechtliche Problematik bei Personen-Suchmaschinen datenschutzrechtlicher Natur ist, auch wenn vor allem von Verbraucherschutz-Seite häufig das Gegenteil behauptet wird: Die auftauchenden rechtlichen Probleme sind lösbar.
Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung darf daher mit Spannung erwartet werden.