Wie ich aus zufälligen Besuchern engagierte Community-Teilnehmer mache – und was man dabei von Gamedesignern und Hundetrainern lernen kann
Egal, ob sie einen Welpen trainieren, einem Gamer ein neues Spiel schmackhaft machen oder einen neuen Nutzer an Ihre Community binden wollen, die mit Abstand erfolgversprechendste Methode ist der Einsatz von positivem Feedback in passender Frequenz. Der Welpe bekommt immer dann, wenn er auch nur eine Kleinigkeit richtig macht, ein „Leckerli“, ein Gamer erhält neue Waffen, Ausrüstung, Zaubersprüche etc. und ein Community-Member Zuspruch, Aufgaben, Badges für sein Profil, Moderatorenrechte und so weiter.
Das Verlangen nach Lob und Tadel
Wirklich interessant wird es, wenn man sich diese Dynamik genauer betrachtet. So bedarf es gerade bei neu entstehenden Beziehungen eines hochfrequenten positiven Feedbacks, da gerade in diesen Situationen die größte Gefahr der Frustration und des Motivationsverlustes besteht. Wenn etwa ein Welpe die Welt kennenlernt, ein User zum ersten Mal eine neues Spiel spielt oder ein neues Community-Mitglied seine ersten Schritte wagt, ist die neue Bindung sehr fragil und nur mit viel Lob kann man aktiv der Frustrations- und damit Abwanderungsgefahr entgegenwirken.
Dieses hochfrequente positive Feedback führt zu einem Lerneffekt. Hier können Sie bestimmen, was der User lernen soll – etwa mehr Postings zu verfassen, sein Profil zu vervollständigen, Spam und Missbrauch zu melden etc.
Je weiter eine solche Beziehung fortschreitet, umso mehr darf beziehungsweise muss die Frequenz des positiven Feedbacks zurückgehen. Da der User schon viel in die Community investiert hat, ist er bereit, erheblich mehr zu leisten, um auf die nächsthöhere Ebene zu gelangen. Es ist ein nur allzu menschliches Verhalten, nach mehr zu streben, und genau da gilt es an zusetzen. Später dann benötigt der Nutzer nur noch wenig Lob, um aktiv zu bleiben.
Sonst steigt die Gefahr, dem Nutzer mit zu vielen Feedbackschleifen auf die Nerven zu gehen. Dann sollte man die Kommunikation in einer Art verändern, die beim Empfänger neben Lob im Wechsel auch ein schlechtes Gewissen hervorruft.
Die Langzeitmotivation, die man hier fördern und steuern kann, ist essenziell, um eine Community langfristig und nachhaltig zu expandieren.
Wie man es umsetzt
Zum Anfang Excel – besser aber handgestrickt
Leider finden sich in den gängigen Foren- und Community-Systemen nur unzureichende Möglichkeiten, dieses Wissen auch umzusetzen. Wer nicht die Möglichkeit hat, sich eine maßgefertigte Lösung programmieren zu lassen, kann versuchen, sich im Bereich von E-Mail-Marketingsystemen umzusehen. Einige dieser Systeme bieten vieles, was für die erfolgreiche Umsetzung nötig ist.
Ganz einfach kann aber jeder auch die ersten Schritte mit ein wenig SQL, einer Tabellenkalkulationssoftware und einem Standard-E-Mail-Programm gehen.
Wichtige Werte, die Sie Ihrer Datenbank entlocken sollten
E-Mail-Adresse
Community-Nick-Name
Datum, seit wann Member der Community
Anzahl der Beiträge insgesamt
Anzahl der Logins
Datum letztes Login
Datum letzter Beitrag
Sortieren und Template-Archiv aufbauen
Ganz einfach lassen sich schon mit den Grundinformationen die Nutzer den entsprechenden Lebenszyklusstufen zuordnen. Dann legt man eine Reihe von Templates für verschiedene Mails oder Community-Messages an: für die Neulinge eine Willkommensmail, die mehr bietet, als nur ein müdes Hallo, eine Gratulationsmail nach dem ersten Beitrag, Tipps und Tricks nach 10 Beiträgen und so weiter und so fort. Für die altgedienten Nutzer legt man Nachrichten an, die ihnen ins Gewissen reden und sie dazu bringen, wieder mal aktiv zu werden, und entsprechend geht man auch bei den verbleibenden Nutzergruppen vor. Im Laufe der Zeit baut man sich so eine Art Bibliothek auf, die ein immer spezifischeres Kommunizieren möglich macht.
Die Schwellenwerte für die Kategorisierung sind immer systemspezifisch, daher ist Testen und Nachjustieren unbedingte Voraussetzung.
Sind diese Nachrichten dann an die Nutzer versendet worden, kann man mit den gängigen Kennzahlen wie Anzahl der geöffneten Mails, CTR etc. den Erfolg messen.
Was am Ende übrig bleibt
Eine Maxime von zentraler Bedeutung, die sich immer wieder als richtig erweist, ist, dass online nichts anderes gilt als offline. Und immer dann, wenn man funktionierende Offline-Modelle mit den Mitteln der Online-Welt umsetzt, sind die Chancen auf Erfolg groß. Wer also eine Community aufbauen will, sollte sich in seiner „Offline-Umgebung“ umsehen und rausfinden, wie das die Leute im Sportverein, im Schachclub, bei den Kaninchenzüchtern machen. Wer sich dort die „Best Practice“ abschaut und dann für seine Community umsetzt, ist auf dem besten Weg.